Bachstadt Leipzig - die Matthäikirche

  • (...) Erstmal muss bis Ende des Jahres der Denkmalschutz entscheiden was mit dem Stasi/VoPo-Block passiert. (...)

    Was passiert denn eigentlich, wenn das Denkmalamt den monströsen Riegel auf die Denkmalliste setzt? Das könnte ja tatsächlich passieren. Dann bliebe nicht mehr viel Raum für eine Neugestaltung.

    Auch ein partieller Erhalt des Gebäudes wäre schwierig. Welchen Teil sollte man lassen, und welchen Teil abreißen? Stören würden Teile des Komplexes wahrscheinlich immer von einer Seite.

    Mal abgesehen von der Nutzung durch Stasi und Volkspolizei, hat der geknickte Riegel doch eher keinen architektonischen und städtebaulichen Wert. Ein absoluter Zweckbau, ohne jeden Gestaltungsanspruch. Der komplette Abriss wäre hier sehr wünschenswert.

  • Also für ein Archivgebäude ist dieses Modell überhaupt nicht geeignet. Dementsprechend kommt man wenigstens um den Teilabriss nicht herum - das ist den Akteuren bewusst und es wird denke ich auch zum Abriss kommen. Alles andere wäre auch ein kapitulieren vor diesem Monstrum.

  • Erstmal muss bis Ende des Jahres der Denkmalschutz entscheiden was mit dem Stasi/VoPo-Block passiert.

    Leipziger Zeitung: Matthäikirchhof: Der alte Stasi-Verwaltungsbau genießt keinen Denkmalstatus

    Baubürgermeister Thomas Dienberg erklärt zu dieser neuen Entwicklung: „Erhalt, Erneuerung, Erweiterung, Abriss oder Teilabriss – zumindest vonseiten des Denkmalschutzes gibt es keine Einschränkungen. [...]“

    Am 12. Mai findet von 18:00 bis 20:30 Uhr eine "Livestream-Veranstaltung" statt, in der "die Ergebnisse des bisherigen Beteiligungsprozesses sowie Informationen zum städtebaulichen Wettbewerb" vorgestellt werden.

  • Kann weg. Danke.
    Selbst Umwelt- und Klimaforscher sagen ja, dass sich der aufwändige Erhalt und Umbau solcher Betonbausünden nicht lohnt und der Abriss die bessere Variante ist.

  • Da nun die begierigen Ambitionen, mit gewaltigen Fördergeldern ein "Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation" zugeteilt zu bekommen, glücklicherweise gescheitert und alle Werbemittel wie Kugelschreiber dafür verteilt sind, ist es an der Zeit, doch genauer zu überlegen, was denn wirklich als Musikstadt in der Welt der Stadt Leipzig wieder Geltung verschaffen kann. Nach dem Tode von Johann Sebastian Bach war dieser von der Stadt Leipzig vollkommen vergessen. Inzwischen sollte man eigentlich auch im Rathaus daraus gelernt haben ...

    Gerade dazu hatte ich bereits etwas verfaßt, weil mit der Wiederherstellung sämtlicher Wirkungsorte in ihren unterschiedlichen Ausprägungsformen und Möglichkeiten Leipzig bis zum Jahre 2050 tatsächlich Bachs weltweiter Beachtung würdig entsprechen kann.

    Bachstadt Leipzig

    Unabhängig davon wird weiter Material zur Matthäikirche gesammelt. Hier ein Druck des Aquarells von Wilhelm Heine (1876)

    neukheine.jpg

    Aber auch einfache Fotos wie Innenaufnahmen gehören dazu:

    matti2.jpg

    oder der Blick zum Altar:

    matti1.jpg

    Es gehört zwar nicht direkt zum Thema, aber der folgende Altarblick vom August 1930 war mir bisher auch unbekannt:

    kirchei1.jpg


    Es ist vermutlich eine Aufnahme aus der ebenfalls im Krieg zerstörten Anglikanischen Kirche in der Schreberstraße.

  • Gut, dass hier immer wieder der Finger in die Wunde "Leipzig" gelegt wird.

    Das muß deshalb erwähnt werden, weil das lokale Zentralorgan mit seinen Schreiberlingen nur das zuläßt, was z.B. vor zehn Jahren bei ZEIT, WELT und BILD bereits veröffentlicht wurde.


    Um es nochmals zu verdeutlichen: Am 30.5.1968 wurde eine völlig ausgeraubte und geschändete Kirche bereits als Ruine gesprengt, da an besagtem Wochenende tragende Säulen in der Suche nach weiteren Schätzen angebohrt wurden. Die Sprengungsfilme kann man mit dieser Kenntnis heute etwas anders betrachten ...


    Die Toten kamen somit weder in die Etzoldsche Sandgrube (zu dem Zeitpunkt stand die Kirche noch) noch auf den Südfriedhof (man kannte nicht den tatsächlichen Umfang der Gräber und folglich hätte dies bei hunderten Toten Aufsehen erregt ...). Sowohl "Verbringungsort" (s.o.) als auch Empfänger des Schmuckes sind genannt.


    Nur über einen DDR-Staatsvertrag konnte der "Paulinerschatz" ausgeführt werden. Das hat sein Gutes darin, daß dieser Schatz nicht irgendwie verstreut und verscherbelt werden konnte wie vieles bei der KoKo oder den Nachahmern in den eigenen Reihen der "Tschekisten" am Beispiel Sophienkirche.


    Nicht nur mit dem christlichen Erbe gibt es in Leipzig einen merkwürdigen Umgang. Auch um das Erbe jüdischer Menschen wird gestritten. Die deutschen Protagonisten scheinen dann doch klein beigegeben zu haben. Lange genug hat es ja gedauert.

  • Da mit dem Lexikon auch die Leipziger Synagoge in der Gottschedstraße Ecke Zentralstraße aus Stadtbild Deutschland verschwunden war, sei diese nochmals und wieder in Erinnerung eingebracht:

    synagoge1905.JPG

    Synagoge um 1910 (Sammlung Günter Oehmichen, Leipzig)

    Leider haben die deutschen Protagonisten immer noch nicht zu geschichtlicher Gerechtigkeit wiedergefunden, sonst würde sie längst wieder stehen. Zum oben eingefügten Medienbeitrag kann man gern die Sachverhalte abgrenzend nachlesen. Das wäre ein eigenes Thema.

  • Offensichtlich wurde jetzt auf einen Schlag sämtliche Beiträge der letzten Tage pauschal gelöscht. Das finde ich schon schade.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Die durch interne Debatten nach außen getragene Unruhe (hier lesen wirklich viele Leute mit! :smile: ) passt aber nicht wirklich zur Matthäikirche und der Leipziger Innenstadt. Aus dem Zusammenhang gerissene Fetzen stehen zu lassen, würde wohl bei Lesern schon in ein paar Monaten so manche Fragen aufwerfen.

    Ich finde es gut, dass im Forum jetzt wieder etwas Ruhe einkehrt ist und hier aufgeräumt wurde, es handelte sich ja nicht wirklich um eine kontroverse oder spannende architekturbezogene Debatte, sondern um ein komplettes "aneinander vorbeireden" in mehrheitlich privaten Angelegenheiten. Da ja ein Wettbewerb im Hinblick auf das Areal abgehalten wird, kann es ja durchaus dazu kommen, dass wir hier in naher Zukunft schon wieder Neuigkeiten zu diskutieren haben.

  • Gerade findet eine Online-Bürgerbeteiligung zum Matthäikirchhof statt, wo man seine Meinung zu den Wettbewerbsbeiträgen kundtun kann.

    Einen wirklich sensiblen Umgang mit dem geschichtsträchtigen Ort kann ich in keinem der Entwürfe erkennen. Eine richtige Stadtreparatur in kleinteiliger Bauweise ist auch nicht zu sehen.

    Hier bitte fleißig mitmachen: https://matthaeikirchhof-beteiligung.leipzig.de/#/conceptionlist

    Die Ostmodern-Liebhaber haben natürlich auch schon kräftig Werbung in den sozialen Medien für eine Teilnahme gemacht. Schon klar, daß die den DDR-Klotz erhalten wollen...

  • Ich sehe nur einen Beitrag, der den Klotz abreißen möchte, ist das richtig? Meiner Meinung nach auch der gelungenste Beitrag... Der Einäugige unter den Blinden, sozusagen, der leider auch auf einen klobigen Monolithen als Stellvertreter für die ehemalige Mathäikirche setzt und dem ein bisschen mehr Kleinteiligkeit noch gut zu Gesicht stünde. Zumindest ne gute Grundlage, ich fürchte aber, die Wahl wird aus Gründen der Ressourcenschonung in puncto graue Energie auf einen fallen, der den Stasiblock nur umbaut... Was seine sperrige Wirkung weiter zementiert.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Die Beteiligung, Punktevergabe und Meinungsäußerung zu den Entwürfen ist ohne Registrierung möglich.

    https://matthaeikirchhof-beteiligung.leipzig.de/#/

    Der Entwurf von Hinrichsmeyer + Partner Architekten aus Stuttgart, ist tatsächlich der einzige, der die DDR-Platten komplett aus der Planung entfernt hat. Wir sollten wenigstens für ihn abstimmen und einen Kommentar dazu abgeben.

    https://matthaeikirchhof-beteiligung.leipzig.de/#/conception/319

    Wenn man die Gebäuderiegel denn unbedingt, zumindest teilweise, erhalten muss, wäre ich für den Entwurf von Diercks & Schönberger Architekten.

    https://matthaeikirchhof-beteiligung.leipzig.de/#/conception/328

    Deren Konzept kann durch die Begrünung und Pflasterung der Innenhöfe und die Durchwegung punkten. Da kommt es dann natürlich auf die Fassadengestaltung der verbliebenen Blöcke an.

  • Nach diesen Entwürfen bin ich doch etwas resigniert. Wie bereits gesagt, hat immerhin der Entwurf von Hinrichsmeyer + Partner Architekten gewisse Qualitäten, denen ich etwas abgewinnen kann, auch wenn er sicherlich noch einiger Verbesserungen bedarf.

    Durch den Teilerhalt des DDR-Gebäudes in allen anderen Plänen ist es eigentlich nahezu unmöglich, einen wirklich attraktiven Stadtraum zu gestalten. Das Gebäude war und ist einfach nicht menschenfreundlich. Es gibt sicher auch andere Möglichkeiten, diesen Teil der Geschichte einzubeziehen.

    Insgesamt bleiben die Entwürfe leider hinter ihren Möglichkeiten zurück. Dabei sollte man eigentlich an diesem für Leipzig bedeutenden Ort etwas ambitionierter sein und sich im besten Fall mehr am Vorkriegszustand orientieren. Da eine Rekonstruktion keine Chance hat, wäre es wenigstens eine Idee, in moderner Formensprache an die Matthäikirche zu erinnern.

  • Insgesamt ist die Bürgerbeteiligung ein interessanter Einblick und eine Möglichkeit, Wünsche und Forderungen zu platzieren. Eine breite Beteiligung der Forumsmitglieder wäre hilfreich.

  • Da die Erläuterungen etwas ausführlicher sind, wird der Beitrag in vier Kapitel aufgeteilt.

    1. Internationale Kulturschande in Leipzig

    Städtebaulicher Wettbewerb Matthäikirchhof Leipzig ohne Matthäikirche

    Leipzig ist eine Musikstadt. Sie preist sich als Stadt der Wissenschaft, Kultur und Bildung.

    Doch anscheinend interessiert das Oberbürgermeister Burkhard Jung nicht, und er hat wiederum nichts gelernt, denn das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation wird eben nicht in Leipzig angesiedelt! Ohne Vergangenheit gibt es auch keine Zukunft!

    Nicht nur an Bildung fehlt es den Auslobern in der Leipziger Stadtverwaltung, sondern auch an Sorgfalt und Würde. Sie wollen wichtigste Repräsentanten wie Johann Sebastian Bach, Robert Schumann und Richard Wagner und die Stadt Leipzig ihrer einstigen Wirkungsstätte endgültig berauben.

    Sie treten gegen die geschichtlich u.a. mit König Gustav II. Adolf errungene Glaubensfreiheit und Glaubensvielfalt an, da die Reformatoren in der Matthäikirche u.a. auch bildlich vertreten war.

    mat10k.jpg

    Innenansicht der Matthäikirche mit einem der Glasfenster

    Statt sich den Musikfreunden weltweit zuzuwenden und wie in Dresden beim Wiederaufbau der Frauenkirche geschehen, gemeinsam mit diesen in Großbritannien und den USA die im Krieg und Nachkrieg erlittenen Schäden mit dem Wiederaufbau der Matthäi- bzw. Neukirche städtische Wunden zu schließen, folgen die Auslober nur der Referenz von SED und Stasi.

    matt1945a.jpg

    Foto um 1945 (Fotograf unbekannt)

    Man hätte auch beim Schwedischen Königshaus nachfragen können, um neue Traditionslinien aufzubauen in Hinblick auf das Jahr 2032 in Lützen, aber nichts dergleichen geschieht.

    Sie negieren all die Prediger, Gläubigen, Musikgruppen und Chöre, die mit ihr städtisches Leben bereicherten und hier ihre Wirkungsstätte hatten. Sie unterschlagen das karitative Wirken in der Matthäikirche, unter anderem des Gustav-Adolf-Werkes und seiner Stiftung. Man könnte die Aufzählung fortsetzen, aber da es hier um das Stadtbild Deutschlands geht und hier seit Januar 2016 zahlreiches Material zusammengestellt wurde, sei nur angemerkt, daß es den Auslobern auch jeglicher Baukultur ermangelt. Städtische Werte haben sich über Jahrhunderte ausgeprägt, die hier vier Jahren Stasi-Neubau weichen sollen!

    Demokratie beginnt, indem man mit den Menschen spricht. Dies ist nicht geschehen. Es ist ein zynischer Satz: „Der Beteiligungsprozess geht weiter“, wo öffentliche Beteiligung bisher gar stattfand und erst jetzt nur Kommentare zugelassen wurden. Sonst hätte längst die Matthäi- vormals Neukirche wieder ihren angestammten Platz und die Verbrecherbauten wären als Wettbewerbsgrundlage entfernt.

    Im Stile von SED, Stasi und deren Folgestrukturen in der Leipziger Stadtverwaltung unter Wolfgang Tiefensee und Burkhard Jung sind seither vom Bildermuseum über den Brühl bis zu den vorgesehenen Betonklötzen an der ehemaligen Esplanade nur überteuerte und städtebauliche Sehensunwürdigkeiten zu verzeichnen. Auch das wird die Jury zum Zukunftszentrum wohl erkannt haben.

    Da Kulturbarbarei in Deutschland keine Zukunft haben sollte, ist dieser Wettbewerb, der mit Lügen und Desinformation beginnt, strikt abzulehnen.

  • 2. SED- und Stasi-Gelände statt Matthäikirche und Matthäikirchhof

    20160110mfs6.jpg

    Dass Herr Burkhard Jung beim Zukunftszentrum durchgefallen ist, hat noch weitere Gründe, die der Erläuterung bedürfen. Denn wer mit dem Herbst 1989 und den Folgen argumentiert, sollte schon wissen, wovon er überhaupt spricht.

    aus dem Forum Paulinerkirche: Matthäikirche

    Zum einen gab es zwar zur Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 und auch am Montag danach das Kuriosum, daß die extra 5000 bestellten Genossen (auf der Seite von Egon Krenz) den Altgenossen (auf der Seite von Erich Honecker) gegenüberstanden und diese somit nicht aufeinander einschlagen konnten, weil sie von den eigentlichen Demonstranten nicht mehr zu trennen waren und somit alles friedlich bleiben mußte, aber der eigentliche Verteidigungsfall wurde schon Anfang Oktober 1989 ausgelöst.

    2.1.6. Zur B-Struktur

    Auch was danach im Verlauf des Restjahres 1989 folgte, wird bis heute auch weiter legendiert. Als „Bürgerrechtler“ Wolfgang Schnur am 4. Dezember 1989 die Leipziger Stasi-Zentrale stürmte, hatten die Mitarbeiter längst Arbeitsplätze geräumt. Die Feuer von Aktenvernichtungen brannten noch. Auch wenn vieles überstürzt lief, lag dies immer noch vollständig in der Hand der Stasi.

    Die erste Stasi-Ausstellung 1990 fand am Sachsenplatz statt. Das war sozusagen der Auftakt für das, was dann in die Runde Ecke abgegeben wurde. Die damals jungen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, inoffizielle Mitarbeiter und sonstig involvierte Kader

    bestückten dieses Panoptikum im wesentlichen mit ausgemustertem Gerät nebst Uniformen und überflüssigem Material nebst ein paar recht belanglosen, aber feilgeboten mit vielleicht einigen journalistisch reißerischen Fällen. Auch wenn dieses dann in der Runden Ecke schon grauenhaft genug ist, war absolut nichts an neuer Technik und nicht einmal IBM-kompatible Rechner, die die Stasi damals schon reichlich nutzte, vertreten. Da Ganze machte den Eindruck eines Auslaufmodells

    und Ramschladens einer Altherrentruppe. Im Prinzip fühlten und fühlen sich auch dort schon die aufmerksamen Bürger „vergackeiert“.

    Es ist sozusagen eine Rumpelkammer mit SED- und Stasi-Devotionalien, zu dem sich Herr Prof. Hollmann mit Beständen des Bundes hinzugesellen soll.

    Schon damals war aufmerksamen Bürgern klar und vermutlich auch der Jury des Zukunftswettbewerbes, daß die an Herrn Hollitzer (da hilft auch kein Beirat) übergebenen, abgelegten Relikte wohl nicht die tatsächlichen Abgründe des Spionageapparates tangierte, der sich rühmte, einer der besten weltweit zu sein. Zudem ist unklar, wie das Wechselspiel von Stasileuten mit den teils legendierten Bürgerrechtlern angelegt wurde.

    Matthäikirche (Neukirche) Leipzig - Johann Sebastian Bachs Wirkungsstätten

    (Man beachte das Lenin-Zitat.)

    Dafür wurden aber in den letzten drei Jahrzehnten gigantische Steuergelder verpulvert, mit denen nun Herr Burkhard Jung neue Impulse geben will.

    Daher muß für die Leser etwas erklärt werden, was sonst schwerlich nachlesbar ist. SED und Stasi hatten im Jahre 1989 genug Kompromat, um vieles in Westdeutschland, insbesondere in der Politik eventuell auffliegen zu lassen. Um den Einigungsvertrag nicht scheitern zu lassen, kam es kurzfristig eine Zusatzvereinbarung, die nicht veröffentlicht wurde.

    Solange die Veröffentlichung nicht erfolgt ist und die einstigen Mitwisser, Missetäter, Mitläufer, Gesinnungslumpen oder sogar Verbrecher ihr Handeln nicht zugeben und die Sachverhalte öffentlich nicht geklärt sind, kann von Demokratie keine Rede sein. Hier gibt es wirklich einen Haufen Fragen:

    Denn die Bürger wollen wissen, wer über die Verstrahlung z.B. von Gerulf Pannach, Renft und Bürgerrechtlern im Rat des Bezirkes, der SED-Bezirksleitung und in der Stasi entschied und dies letztlich ausführte.

    Mißbräuchliche Verwendung des Einigungsvertrages

    Und sollen vielleicht die vorgesehenen, entmenschlichenden Tigerkäfige der Stasi aufgebaut und vorgeführt werden?

    Wo sind die Arbeiten der ehemaligen Karl-Marx-Universität, die nachweislich auch für die Stasi ausbildete? Es geht hier nicht nur um Menschen als Versuchskaninchen in der Medizin, sondern um direkte Militärforschung wie in der Chemie oder den Biowissenschaften (Neurotransmitterforschung). Wie lief die Organisation für psychische Zersetzung von Menschen u.v.a.?

    Wo sind die immer noch geheimen Depots der Stasi, die mit der Räumung ihrer zahlreichen Standorte (innerstädtisch wie auch z.B. Gustav-Mahler-Straße) angelegt werden mußten?

    Obwohl hunderttausend HV A-Akten zur Karl-Marx-Universität in der BStU lagerten, sind nur

    Altfälle abgehandelt worden.

    Welche Ungeheuerlichkeiten erwarten die Bürger noch?

  • 3. Tatort Leipziger Stadtverwaltung

    Die Alte Stadtplanung hatte eine sagenhafte Sammlung von Stadtbildern mit tausenden großformatigen Glasnegativen in mehreren Schränken. Dies konnten mir der Fotograf Hans Lindner und Prof. Manfred Unger bestätigen. Als ich beim Stadtarchiv in den 1980er Jahren im Zusammenhang mit dem Erhalt des Mendelssohn-Hauses danach fragte, bekam ich vom damaligen Chef des Stadtarchivs und einer Mitarbeiterin, die später auch Direktorin wurde und bei der diese nie ankamen, keine Auskunft.

    D.h. es fand damals und auch später keine Untersuchung und Aufklärung zum Verbleib von Kulturgut und damit von SED-Verbrechen in der Leipziger Stadtverwaltung statt. Denn dazu zählen natürlich auch der Verbleib von Inventar aus DDR-Zeiten, das Kulturgut auf dem Neuen Johannisfriedhof, die Vernichtung denkmalgeschützter und erhaltenswerter Bausubstanz sowie der Verbleib von Grundstücks- und Bauakten.

    Natürlich hätte Leipzig auch nach der „Wende“ im Jahre 2000 schon zeitig ein beispielhaftes Stadtbild-Informationssystem haben können, das die Leipziger Firma forcont mit Lipsikon (und teils aus meinen Beständen) online zur Verfügung stellen und entwickeln wollte. Aber auch hier trat etwas ein, was erst im Nachhinein offenkundig wurde. Denn natürlich hatte die Stasi beste Informationen:

    test Konspirative Wohnungen in Leipzig - Bürgerkomitee Leipzig e.V.

    Mit diesem existierenden Know-how hätten die Bürger gern eine Karte mit Leipziger Immobilienbesitz im Jahre 1989 danach und was daraus geworden ist (also wie in der Geschichte der Leipziger Adreßbücher, wo Grundstückseigentümer genannt waren).

    Schon vor der „Wende“ wurden im Stadtarchiv fleißig Adreßbücher (damals noch handschriftlich) ausgewertet. Und gerade nach 1989 entstand nicht nur für die Stasi gewaltiger Bedarf für neue Objekte, gerade auch für eigenes und neues Personal – weiterhin ein offenes wie großes Betätigungsfeld für den investigativen Journalismus.

    So gab es folglich u.a. den langjährigen Skandal „Herrenloser Häuser“, wo gemäß Presseveröffentlichungen Immobilien an wen auch immer zugeschanzt wurden.

    Es hätte folglich leicht sein können, daß bei alten Aufnahmen hunderter Gebäude im Vergleich auch betreffende Objekte dabei waren, die dann bekannt geworden wären. Das durfte natürlich nicht sein ...

    So sind also ehrenamtlich und ohne jegliche Förderungen nur einige Leipzig-Themen bei Stadtbild Deutschland öffentlich dokumentiert, die man in der Leipziger Stadtverwaltung aussparte.

    Natürlich sind betreffende Gebäude in ihrer Anzahl kaum online gesetzt, aber zumindest kann man sehen, worüber die postensichernde und aus Staatsgeldern finanzierte Leipziger Stadtverwaltung in der Nachfolge von SED und Stasi die Bürger nicht informieren wollte.

    aus dem Forum Paulinerkirche: Matthäikirche

  • 4. Der Stasihof-Wettbewerb

    s070504b.jpg

    Stasihofteil im Jahre 2007

    Der aktuelle Wettbewerb müßte Stasihof-Wettbewerb betitelt werden, da er im Matthäikirchhof die Matthäikirche bzw. Neukirche gar nicht zuläßt.

    Wir haben hier in der Tat vergleichsweise dieselbe verdeckte Verhinderungspolitik wie bei der Paulinerkirche, die ja gesprengt und auch nicht mehr existent war. Jeder kennt die jetzige Situation am Augustusplatz Und vor 20 Jahren teilte mir ein HTWK-Professor namens Ingomar Beltz mit, daß es sich bei der Paulinerkirche um einen unsinnigen Wiederaufbau handelt und er es sich verbittet, künftig irgendwelche Nachrichten zu erhalten …

    aus dem Forum Paulinerkirche: Formierung von Nichtwissenwollen, Geschichtsfälschung und Geschichtsklitterung

    Auf diesem Auftragspfad mit größter Naivität bezüglich Stasi laviert auch Herr Prof. Ronald Scherzer-Heidenberger, indem er kulturelle und Jahrhunderte lange städtebauliche Maßstäbe mißachtet und er seinen Bildungsauftrag auf eine einzige Generation beschränkt. Nationale Werte versucht er, als „Emotionalität“ herabzuwürdigen. Glücklicherweise durfte ich nicht nur einige Bauhäusler persönlich kennenlernen, sondern einige der genannten Nobelpreisträger u.a. bezüglich Paulinerkirche. Da es mit der Matthäikirche auch um sogenannte Ewigkeitswerte der Geistes- und Musikgeschichte geht, irritiert mich das nicht. Im Gegenteil.

    Analog zur Verhinderung des von 27 Nobelpreisträgern und vielen Bürgern geforderten originalgetreuen Wiederaufbaus der Leipziger Universitätskirche unterschlagen die Auslober wiederum Jahrhunderte währende bedeutungsvolle Geschichte. Dafür begehren sie unter massiver Steuergeldverschwendung im Leipziger Stadtkern den Erhalt einer menschenverachtenden Zwingburg des 20. Jahrhunderts, in der viele Lebensläufe geschädigt und zerstört wurden und der Stadt und ihrer Bevölkerung über Jahrzehnte unermeßlichen Schaden zugefügt wurde und wie wir sehen – weiter wird.

    sakristei.jpg

    Sakristei Matthäikirche

    Der Religionslehrer Burkhard Jung aus Siegen setzte sich schon nicht für die Paulinerkirche ein, als ich ihm im Jahre 2007 in der Thomaskirche mein Flugblatt übergab.

    https://www.paulinerkirche.org/tmp/bach07.pdf

    So ist es auch nicht verwunderlich, daß er im Sinne von SED und Stasi die Matthäikirche vormals Neukirche völlig negiert. Deren Argumentation war mit der Sprengung der Paulinerkirche und anschließend bezüglich der Matthäikirche übrigens immer: Ihr habt doch noch die Thomaskirche …

    Der „Platz der Friedlichen Revolution“, der nichts mit dem Herbst 1989 zu tun hat, aber weiter fälschend in Leipziger Straßenbahnen angesagt wird, paßt dazu und ist bereits vor Jahren im Forum von Stadtbild Deutschland dokumentiert worden.

    Auch dazu muß man wissen: Kaderpolitik war bei SED und Stasi das Wichtigste. Die Hauptabteilung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR holte natürlich nach 1989 keine DDR-Kritiker in den Osten Deutschlands, sondern SED- und DDR-freundliche Nachwuchskader.

    Doch Demokratie leben heißt erst einmal Aufklärung. Wenn Burkhard Jung wirklich demokratisch handeln würde, hätte er längst die Namen bei seiner Anwerber, Einführer und Betreuer in der Leipziger Stadtverwaltung benannt und aufgeklärt, wie wer in der Leipziger Stadtverwaltung zu Immobilien bzw. „Herrenlosen Häusern“ kam. Er hätte auch die weiterhin bestehenden Legendierungen zum Herbst 1989 aufgegeben und Leipzig wieder in das Fahrwasser einer seriösen Stadtentwicklung gebracht, wo das Anknüpfen an Kleinteiligkeit, Qualität und zahlreiche andere Faktoren wieder beginnt.

    Und weil oben die Synagoge in der Gottschedstraße wieder eingeblendet werden mußte:

    Noch immer hat die Stadt Leipzig mit ihrer Verwaltung diese nicht wieder aufgebaut und nicht einmal ihren Wiederaufbau beschlossen. So muß man feststellen, daß dieses Verhalten insgesamt nicht koscher, grundgesetzwidrig und einfach unwürdig ist. So lange diese Vergangenheit nicht umfänglich aufgearbeitet ist, hat die Jury völlig zu Recht entschieden, daß die Wucherungen mit einer geschichtsklitternden wie postensichernden Folgegeneration von SED und Stasi in der Leipziger Stadtverwaltung als Zukunftszentrum keine Existenzberechtigung haben.

    Die Geschichte zeigt, daß man mit der im Sinne von SED, Stasi und der jetzigen Leipziger Stadtverwaltung auszulöschenden Matthäikirche heute wohl mehr im Abseits ist als vor einhundert Jahren.

    abseits.jpg

    Aufnahme: Naturkundliches Heimatmuseum Leipzig , um 1920

  • Ich kenne mich mit dem Thema nicht aus, aber wenn die hier engagierten Foristen wollen, kann der Vorstand eine Pressemitteilung oder offenen Brief formulieren. Aber da brauch ich eure Vorarbeit!