Leipzig - Esplanade alias Königsplatz alias Wilhelm-Leuschner-Platz und Umgebung

  • Vor dem ehemaligen Peterstor: Esplanade alias Königsplatz alias Wilhelm-Leuschner-Platz ...

    Mit dem Jahre 2016 ist der Anlaß dieses eigenständigen Themas wieder mal eine Fehlinformation aus den Medien, nachdem zu hören war, daß eine Ausstellung zur Bebauung am Burgplatz im Neuen Rathaus zu sehen sei. Da dies nicht der Fall war und derartige Ausstellungen dort meist in der 4. oder
    5. Etage "versteckt" sind, habe ich doch überlegt, künftig gegebenenfalls gleich einiges öffentlich zugänglich zu machen, was strukturfunktionale
    Grundinformationen und städtebauliche Qualitäten betrifft, mit dem insbesondere Auswärtige sich selbst schnell unabhängig von mir ein Bild verschaffen können.

    Der Grund, hier Themen explizit anzuschneiden, besteht darin, daß bei anstehenden Wiederbebauungen in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] weiterhin die Gefahr einer städtebaulichen Verwurstung in Form unverdaulicher kleiner und großer Betonklötze und Kuben droht, wo dann noch argumentiert wird, daß EU-Normen keine Architektur mehr zulassen und in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] schon immer "neu" gebaut wurde.

    Der Unterschied ist eben nur, daß in früheren Zeiten nicht die Mentalität der "grünen Wiese" bzw. "gesellschaftlicher Alzheimer" herrschte, sondern alte
    traditionelle Bezüge in unterschiedlichster Weise auch in die Zukunft fortgeschrieben wurden. Betrachten wir also mit der Amtlichen Meß-Postkarte vom Flugzeug die Szenerie um 1925, so sehen wir unten den Burgplatz mit dem Hirzelhaus, rechts den Rathausring mit der Nonnenmühlgasse und dann die Szenerie um den Königsplatz und den Roßplatz, der aufgrund der genannten Befürchtung wiederum explizit als eigenständiges Thema anschließend seine Bestimmung finden soll.


    Teile Stadtinneres mit Schloßgasse, Schillerstraße, Neues Rathaus, Königsplatz, Promenade um 1925

    Das Hirzelhaus am Burgplatz 1902

    Vergleich 2016 - Die Frage ist, welche städtebaulichen Qualitäten der Nachfolgebau übernimmt ...

    Bereits zum Thema wurde in den "[lexicon='Leipzig'][/lexicon] - Diktaturfolgen" der ahistorische Standort von St. Trinitatis u.a. auf dem Stadtvollstreckungsamt genannt

    Blick auf Stadthaus mit Stadtvollstreckungsamt 1905


    Vergleich 2015


    Zum eigentlichen Werdegang der Esplanade sei hier nur notiert, daß sich die Vorstädte um den Stadtkern erst entfalten konnten, nachdem das Stadtzentrum als alleiniges Ziel kriegerischer Auseinandersetzungen Geschichte war. Letztlich nach der Völkerschlacht 1813 entstanden die städtebaulichen Voraussetzungen für ein stetes Wachstum der Stadt.

    Esplanade 1790

    (mit freundlicher Genehmigung von Graphikantiquariat Koenitz) http://www.graphikantiquariat-koenitz.de

    Königsplatz um 1850 (ab 1839 umbenannt)

    (mit freundlicher Genehmigung von Graphikantiquariat Koenitz) http://www.graphikantiquariat-koenitz.de

    In den frühen fotografischen Ansichten der 1870er Jahre bietet sich von der Pleißenburg aus folgender Anblick:

    Fotografie um 1875

    Hier ist mittig entlang des Roßplatzes das Grunersche Haus zu sehen, dem das größere Panorama folgt. Darauf wird bei Thema Roßplatz noch näher
    eingegangen.

    Im Zusammenhang mit dem Königsplatz muß noch erwähnt werden, daß sich dahinter die Kleine Windmühlengasse befand, die dann zur Markthallenstraße umgebaut wurde.




    Kleine Windmühlengasse vor 1890 , Blickrichtung Innenstadt Schillerstraße - Bürgerschule


    gleicher Standort Markthalle1901

    gleicher Standort Markthalle 2016

    Von der anderen Seite gesehen:

    Markthalle von der Stadtseite aus gesehen, rechts Quartierbebauung Königsplatz

    gleicher Standort Markthalle 2015

    Zu DDR-Zeiten galt der Spruch: "Die Ruinen sind unsere Hoffnung." Leider wurden hier auch diese abgetragen, so daß von dem ehemals pulsierenden Leben derzeit nichts zu spüren ist.

    Postkarte 1896

    Hierzu noch ein Foto des Innenlebens.

    In den erhaltenen, umfangreich unterkellerten Räumen durften zu DDR-ZEITEN Strafgefangene Zwangsarbeit leisten. Auch dies ist ein bisher verschwiegenes Kapitel ...

    Zur Bebauung um den Königsplatz selbst wären umfangreichere Erläuterungen nötig, was aus den Abbildungen ablesbar ist ...

    Blick zum Neuen Rathaus über den Königsplatz, um 1910, u.a. mit Königsplatz 16 - Münchner Hof, Königsplatz 15 - Blaues Roß, Königsplatz 13 - Deutsches Haus

    Friedrich-August-Denkmal auf dem Königsplatz, 1908

    Blick zum Warenhaus Ury, um 1920

    Nicht nur zu Messen gab es viele Freiluftveranstaltungen, um 1910

    Concerthaus Wage 1900

    Blick stadtauswärts zum Peterssteinweg gesehen, um 1910

    Königsplatz mit Grassimuseum mit Blickrichtung Brüderstraße, um 1910

    Blick auf Steigerwald & Kaiser, Gasthaus Goldner Engel, Concerthaus Babelsberg u.a., 1910

    Von oben aus gesehen im Jahre 1911:

    Im Jahre 1918 entstand eine Ausstellungshalle.

    Foto aus den 1930er Jahren, bereits ohne Friedrich-August-Denkmal, das ins Gohliser Schlößchen kam

    Foto im Jahre 1943 - vor den ersten Bombardierungen

    Der Platz vor seiner Wiederumbauung - die Situation in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Stand 3. Januar 2016.

  • Ein schöner Beitrag nach langer Zeit der Forenabstinenz. Ich finde, St. Trinitatis fügt sich obgleich des ahistorischen Standortes akzeptabel in das Stadtbild ein. Besonders gut gefallen mir aber die postmodernen Bauten im Vordergrund des aktuellen Bildes. Obwohl mir die Postmoderne eigentlich überhaupt nicht gefällt, finde ich die Fassaden sehr gelungen, den Dachbereich könnte man vielleicht noch etwas anders gestalten.
    Gibt es eigentlich schon Neuigkeiten zur Bebauuung des Standorts der Markthalle? Eine äußere Rekonstruktion sowie eine Nutzung als überdachten Lebensmittelmarkt (moderne Markthalle) fände ich sehr gelungen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Dieser sowie der Beitrag zum Roßplatz sind eigentlich als Anregung gedacht, anstehende Planungsüberlegungen zu spezifizieren und zu differenzieren. Was derzeit über die Lokalpresse kommt, ist eher beunruhigend.

    Eigentlich wollte ich nicht mehr auf die genannte Kirche eingehen, aber wenn es gewünscht wird - bitte schön.

    Foto 03.01.2016

  • Ergänzung

    Zu einem Platz gehört eine Umbauung, sonst ist es keiner.

    Hier nochmals linksseitig die Ecke Markthallenstraße mit dem Quartier zum Königsplatz und Blick auf das Neue Rathaus (gelaufen 28.08.1913)

    Verdeutlicht werden muß auch das Warenhaus der Gebrüder Ury auf dem Königsplatz:

    und schließlich die verdichtete Teilszenerie von oben (gelaufen 05.08.1933)

  • Da in Leipzig weiter oberflächlich gelabert wird, hier zur Information die Ansicht des Hotels Deutsches Haus, ehemals Königsplatz 13 (gelaufen 4.8.1927), da diese Ansicht noch nicht zu sehen war:

    und dazu, zwar nicht passend, aber eben Realität in Leipzig, der Standort am 03.04.2017

  • Zu der großstädtischen Betriebsamkeit und Hektik Leipzigs im Jahre 2017 (Aufnahme heute 6. April 2017) möchte
    ich wieder auf ein Foto von oben zurückkommen.

    Es ist die Sicht nicht von der, sondern zur Pleißenburg, vermutlich vor 1890.

    Hier ist auch der richtige Standort der 1847 geweihten Katholischen Kirche zu sehen, davor das sogenannte Hufeisen.
    Eine weitere Aufnahme vom Rossplatz aus, folgt dann unter dem dortigen Thema.

  • Und alles jenseits von Romanik und Gotik ist nicht rekonstruktionswürdig? Leipzig hatte und hat weit mehr zu bieten als "Typenware" auch wenn der Schwerpunkt natürlich ganz klar in der Gründerzeitarchitektur liegt.

    Ich denke, die ganze Tristesse wird hier gut dargestellt. Keine Rekonstruktion. Nirgends. Dafür Brachen und Klötze.

  • Dies ist die Aufnahme mit der entsprechenden Betitelung des Hotels, von wo aus man einen schönen Blick zum Panorama wie über die Stadt und dann zum Neuen Rathaus von der dem Königsplatz abgewandten Seite hatte:

    Die Vorläuferkarte zeigt nochmals den Verlauf des ehemaligen Windmühlenwegs, der zur
    Markthallenstraße wurde:

    Dazu das Vergleichsfoto vom 15.02.2018,

    wo wieder die Hecken hinter dem Betrachterstandpunkt keinen besseren Vergleich zuließen.
    Der grüne Baum etwas näher betrachtet, aber typisch für die "baumstarke Stadt":

    Der Wildwuchs verrät mehr über die großen Taten im Neuen Rathaus als die Schlagzeilen in den lokalen Zentralorganen.

    Die Fläche der Markthalle am 14.02.2018:

    und nur mal so - ein annähernder Vergleich - 23.12.2006:

    Glücklicherweise existieren die bestimmt solide gebauten Keller der Markthalle weiterhin, die ja zu SED-Zeiten noch Geld durch die dortigen Häftlingsarbeiten einbrachten. Das derzeitige Niveau beschränkt sich hingegen auf Geldeinnahme durch die angrenzenden Parkplätze.

  • Da neben der "Heinz-Gronau-Kirche" - der Name daher, weil sie auf einen ahistorischen und vorsätzlich falschen Standort verdammt wurde - vermutlich bald gebaut wird, wäre auch die diesbezügliche Nonnenmühlgasse mehr ins Bild zu rücken. Hierzu hatten wir oben Luftaufnahmen, die diese Gasse nur anschneiden von der Harkortstraße zum ehemaligen Königsplatz.

    Nonnenmühlgasse 2 im Jahre 2014 und im Jahre 1913:

    Links daneben bis zur Wächterstraße ist gegenwärtig ein Leerfeld.

    Bezüglich der städtebaulichen Qualität gibt es als "Neuzugang" die Nonnemühlgasse 6.

    Dieser Platz wird folglich wieder bebaut,

    vermutlich auch mit Innenhöfen.

    (Als Karte gelaufen im Jahre 1922, wohl aber wesentlich älter.)

  • Es ist kein böser Wille, wenn aktuelle Erfolgsmeldungen grandioser Leipzig Architekturleistungen vergeblich gesucht werden. Doch jetzt kann man an der Stelle, wo sich u.a. Kürstens Buchdruckerei befand, also gleich gegenüber dem Neuen Rathaus, schon erahnen, welches bahnbrechende wie nachhaltige Niveau unter Frau Dorothee Dubrau mit Zukunftsplanern und Stadträten in Deutschland und weltweit neue Maßstäbe setzen wird:

    Nix für ungut.

    Nonnenmühlgasse 16. März 2019

  • Es ist kein böser Wille, wenn aktuelle Erfolgsmeldungen grandioser Leipzig Architekturleistungen vergeblich gesucht werden. Doch jetzt kann man an der Stelle, wo sich u.a. Kürstens Buchdruckerei befand, also gleich gegenüber dem Neuen Rathaus, schon erahnen, welches bahnbrechende wie nachhaltige Niveau unter Frau Dorothee Dubrau mit Zukunftsplanern und Stadträten in Deutschland und weltweit neue Maßstäbe setzen wird...

    Nix für ungut. Ein wenig korrekter sollten die Einlassungen aber schon sein. Nach ein wenig Recherche findet man leicht die echten Verantwortlichen für diesen Bau:


    Mit einer Andacht haben das St. Elisabeth-Krankenhaus Leipzig und der Leipziger Caritasverband den Grundstein für einen Neubau gelegt: In unmittelbarer Nachbarschaft der Leipziger Propstei gaben sie den Startschuss für einen Gebäudekomplex, der neben Wohnungen und Büros auch eine Kindertagesstätte beherbergen soll. ...


    Albrecht Graf Adelmann, Geschäftsführer des St. Elisabeth-Krankenhauses, und Tobias Strieder, Geschäftsführer des Caritasverbandes Leipzig e. V., zeigten sich erfreut bei der Andacht, die der Grundsteinlegung der beiden katholischen Institutionen den Rahmen gab. "Hinter uns liegt ein kompliziertes Genehmigungsverfahren, umso mehr freue ich mich, dass wir heute hier stehen und unser Projekt um diesen entscheidenden Schritt voranbringen", sagte Bauherr Graf Adelmann, als er die Zeitkapsel im Fundament versenkte. "Seit 2004 bemühen wir uns gemeinsam mit der Propstei, im Stadtzentrum einen Kitastandort zu entwickeln. Mithilfe des St. Elisabeth-Krankenhauses ist es uns nun gelungen, diese Pläne zu verwirklichen. Dafür sind wir sehr dankbar", fügte Tobias Strieder hinzu.

    ...

    Das St. Elisabeth-Krankenhaus Leipzig ist eine gemeinnützige GmbH in Trägerschaft des Kirchenlehens St. Trinitatis.

  • Stasi und die Folgen bzw. kein Ende

    Auch wenn die Akten zur langjährigen Immobilienkriminalität im Leipziger Rathaus (wie überregionale Medien berichteten, u.a. "Herrenlose Häuser") vermutlich erst in Jahrzehnten freigegeben werden, sind die Folgen für jedermann im Stadtbild sichtbar.

    Dank des Hinweises sei noch eine Ergänzung angebracht. Das Zitat belegt, daß man wiederholt Schwierigkeiten hat, die Innenstadt innerhalb des Stadtkernes zu verorten. Dies war schon der Fall, als man schon den falschen Standort für die Kirche lancierte.

    Wir hatten dies schon beim Thema "Alte Trinitatiskirche und Neubau der Propsteikirche" Seite 2 abgehandelt. Man überlege sich also, die Kirche wäre an ihrem rechtmäßigen Standort wieder aufgebaut worden (vielleicht ggf. auch in neuerer Form).

    eigentlicher Standort der Kirche um 1910/1920 unterhalb des Neuen Rathauses

    Dazu hätte es nur bedurft (wie bei dem abgerissenen DDR-Neubau Thomas-EOS, wo jetzt ein großes Schulgelände steht), die ebenso die marode DDR-Neubau-Partnerschaftsschule des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR abzureißen.

    Die Möglichkeiten, mit der althergebrachten innerstädtischen Struktur dort Kita- und andere Einrichtungen besser unterzubringen, kann sich jeder selbst ausmalen.

    Hier hätte es (bis auf die Friedrich-Ebert-Straße) einen direkten Übergang zum Johannapark gegeben ...

    Entgegen dem jetzigen Standort wäre dann alles im grünen Bereich ...

    Die Walter-Gronau-Oberschule, wo Genosse Tiefensee seine politische Karriere begann, im hinteren Bereiche etwas verdeckt (Generalmajor im Wachregiment Feliks Dzierzynski sowie Leiter der Hauptabteilung I des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR) - ist natürlich inzwischen auch legendiert/umbenannt.

    Eigentlicher Standort der Kirche im Jahre 2011, wie er auch heute noch im Jahre 2019 ist ...

  • Hallo Leute,

    ich brauche mal Euer Schwarmwissen. Gesucht werden Innenaufnahmen / Zeichnungen / Fotos vom Gebäude

    Seeburgstraße 5-9

    ehemals Königliches Finanzamt/Zollamt

    zu DDR-Zeiten SED-Parteizentrale

    erbaut 1904-06

    Fassade gut saniert, Innenräume in einer Mischung aus SED-Charme plus Nachwendebaumarktromantik.

  • Ohne das Gebäude zu DDR-Zeiten jemals betreten zu haben: Es war damals die SED-Bezirksparteischule.

    Das ist insofern wichtig, weil unter diesem Begriff bzw. den Akten dieser Einrichtung eventuell etwas gefunden werden kann. Der zweite Punkt, wo es zumindest Fotos gab, ist das große Bildarchiv der Alten Stadtplanung, was nicht im Stadtarchiv landete und mir bis heute keiner der Genossen sagen konnte, wo die umfangreichen Bestände aus dem Neuen Rathaus abgeblieben sind. Vielleicht denkt man ja in der Stadtverwaltung inzwischen mal an eine Fehlliste von Kulturgütern und Dokumentenbeständen, die zu SED-Zeiten verschwanden ...

    Die dritte Quelle wären folglich Publikationen aus der Zeit 1904-1914, die in der Regel sehr solide und informativ waren, selbst wenn dieser Gebäudekomplex nicht der aufsehenerregendste war in der ehemaligen Sandgasse.

  • Um das Thema wieder in die Aktualität zu rufen, wo leider mit den aktuellen Neuplanungen nichts Würdiges hier gezeigt werden kann, was auf der Qualität der Baugeschichte aufsetzt, hier ein Bezug, der u.a. auch zur Matthäikirche gepaßt hätte.

    Es zeigt auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz den Eröffnungsgottesdienst des Deutschen Evangelischen Kirchentages 1954, im Hintergrund die Silhouette der Schillerstraße (Foto: Haller-Hartmann, Leipzig).

    leusch1955.jpg

  • Im Bereich des obigen Fotos entstand die bereits zum Thema Roßplatz gezeigte Aufnahme zu einem Bau aus der DDR-Endphase.

    topf2004.jpg

    Da man in der DDR nicht in der Lage war, oberirdisch neue Attraktionen zu schaffen, suchten SED und Stasi systematisch alles ab, was noch unterirdisch irgendwie nutzbar war. Hierzu zählte nicht nur die Moritzbastei, sondern auch das Siemens-Umspannwerk unterhalb des Platzes.

    Dieser Mangel mußte dann irgendwie hochgejubelt werden. Nichts gegen den Leipziger Architekten, der diesen Mangel mit einer niftlichen und völlig unbequemen Architektur gestalten mußte, aber gegen das ehemalige Panorama ist es ein gravierender Kulturverlust.

    Schon rein zahlenmäßig konnten und wollten sich in der DDR-Endphase wohl nicht viele Bürgerinnen und Bürger damit identifizieren. Es mag sein, daß dies bei der Genossin Dr. Jennicke anders ist, aber ein "Bowlingtreff" wurde es nie, wie die Aufnahme aus dem Jahre 2004 zeigt. Daß zudem zu SED-Zeiten in den Kellern noch Strafgefangene arbeiten mußten, die mit Bussen angekarrt wurden, wird ebenfalls vollkommen unterschlagen.

    Dafür feiern in der Leipziger Stadtverwaltung nicht nur mit der Verleugnung der in Stadtbild Deutschland dokumentierten Themen SED und Stasi fröhliche Urstände. So wurde darauf gedrungen, das ehemalige Gästehaus des Ministerrates der DDR im Musikviertel wieder aufzuhübschen, nur weil Erich Honecker einmal dort übernachtet hat. Unter Niels Gormsen und dem damaligen Musikviertel e.V. wäre das nicht möglich gewesen.

    Wie dem auch sei, der Schwachsinn geht weiter, indem man das Naturkundemuseum in die dortigen Kelleretagen stopfen will. Wie dann Massen von Schulklassen dort täglich durchgelotst werden sollen und wie das Ganze dort nach den Beschreibungen funktionieren soll, kann sich jeder selbst einmal ausgiebig vorstellen und denken. Wenn man schon die Visualisierung des kommenden Platzes sieht, mögen weitere Worte getrost den mitlesenden Foristen überlassen bleiben:

    Naturkundemuseum im Bowlingtreff

    Da bereits jetzt im Vorfeld die Kosten explodieren, stellt sich die Frage, ob man hier nicht zu einer sinnvolleren und preiswerteren Lösung kommen kann.

    Und da die Leipziger Stadtverwaltung vorgibt, daß Ideen gefragt sind, obgleich sie bisher alles unterschlug und somit nicht nur der städtebauliche Wettbewerb zum Matthäikirchhof ein internationaler Skandal ist, möchte ich an dieser Stelle meine Überlegungen einbringen. Vielleicht kann einer der mitlesenden Architekten oder Foristen dies weiterreichen, da eventuell auch andere ihre eigenen Überlegungen einbringen wollen ...

    Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Museumstausch

    Aufgrund der Verdienste von Peter Langner sowie der langjährigen Tätigkeiten von Kerstin Langner und Andreas J. Mueller, sollten, was auch immer man davon hielt, das Deutsche Fotomuseum und das Naturkundemuseum ihre Plätze tauschen.

    Das Deutsche Fotomuseum benötigt am Wilhelm-Leuschner-Platz vermutlich einfachere Anforderungen als ein Naturkundemuseum.

    Und das Naturkundemuseum kann sich in Markkleeberg zwischen Auwald, Wildpark und Agra-Gelände in den kommenden Jahrzehnten gedeihlich entfalten und erweitern, zumal wenn Biodiversität für jeden praktisch nachvollziehbar ist. Jeder Rasselbande, die dann zu ihrem Tagesausflug das Naturkundemuseum besucht, wird dies zu einem unvergeßlichen Erlebnis. Und die Fördergelder, die dann nach Leipzig und Markkleeberg fließen, frischen nicht nur die Infrastruktur auf, sondern werden wahrlich eine Attraktion.

    So weit eben die unmaßgebliche Idee.

  • ^ Na klar, Leipzig verzichtet auf das stadteigene Naturkundemuseum - eines der bedeutendsten in Deutschland - (für das es bereits eine Förderzusage und abgeschlossene Planung gibt) und subventioniert statt dessen mit einem Millionen-Betrag ein Upgrade für ein Museum von Privatleuten. Dass das Deutsche Fotomuseum mit seinem tollen Bestand in Markkleeberg mehr oder weniger ein Schattendasein fristet und viel mehr öffentliche Wahrnehmung verdient hätte ist unbenommen aber tangiert das Naturkundemuseum, welches dringend neue Räumlichkeiten braucht, ehrlicherweise nicht. Darüber hinaus darf man nicht unterschlagen, dass für die umfangreiche Sammlung des Naturkundemuseums dann ja auch das Gebäude des ehem. Landwirtschaftsmuseums umgebaut werden müsste was weitere Gelder verschlingt. Hier einfach mal zwei Häuser tauschen mag sich auf Papier recht easy lesen ist es in der Realität aber nicht.

    Zwei Videos von Direktor Dr. R.M. Leder zu den Planungen im Bowlingtreff:

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

  • Zur Entschuldigung von Herrn Ronny Maik Leder kann man vielleicht vorbringen, daß er an einem Bereich der Universität Leipzig studierte, der auch zu DDR-Zeiten arg vernachlässigt wurde. Das betrifft aber Sammlungen der Universität Leipzig damals insgesamt.

    Jedenfalls kann man verstehen, daß nach den Vertröstungen der Leipziger Stadtverwaltung bezüglich ihres erwogenen Standortes am Karl-Heine-Kanal bzw. Lindenau - Plagwitz nun endlich etwas gefunden werden sollte nach dem Motto: "Klappe zu. Affe tot."

    Nur leider ersetzen Visualisierungen, Weitwinkelfotografien, 3D-Animationen, virtuelle Filmschnipsel und schöne Worte nicht die Realität und den geäußerten Anspruch. Wer also die Treppen im neuen Bildermuseum kennt, kann sich vielleicht auch die Treppen in den Kelleretagen der ehemaligen Siemensanlage vorstellen. Und wer die Enge des Versatzbaues alias Bowling-Center erlebt hat, wird kaum den schönrednerischen Worten von Herrn Leder folgen können oder daß die Menschen dorthin drängten, um dort auch Skat oder Billard zu spielen. Sich darüber zu freuen, daß es keine Fenster gibt und folglich alles optimal ist, wirft weitere Fragen auf ...

    Der gesetzte Anspruch bezüglich Biodiversität wird einfach nicht erfüllt. Denn naturnahes Lernen im ureigenen Sinne kann dort schlicht nicht stattfinden, abgesehen von der Platzenge und den aufgepfropften Tierstaffagen. Biodiversität erfordert eben auch die Einrichtung neuer Strukturen, die nicht an einer Amtsenge in Leipzig oder in Markkleeberg enden.

    Es geht also nicht darum, daß das stadteigene Museum "geopfert" wird oder weitere Gelder "verschlungen" werden. Sinn kann nur machen, wenn man gemäß Biodiversität die gesamte Angebotspalette schulischen und außerschulischen Lernens mit neuen Bauten für eine bessere und zukunftsweisende, auch touristische Infrastruktur im Leipziger Umland erschließt. Und es macht wohl kaum Sinn, das Bornaer Mammut wieder unter Tage zu stecken. Ebenso stammt ein großer Teil naturkundlicher Bestände aus der Region, so daß sich das ganzheitliche Erleben erst zusammen im Naturkundemuseum mit dem Wildpark und dem Auenwald erschließt. Was also den Altvorderen im 19. Jahrhundert noch nicht möglich war, wo Wissen erst einmal separiert und gesammelt werden mußte, ist nun integrativ mit neuen Technologien vor Ort! erschließbar und erlebbar.

    Der hochgelobte 3D-Firlefanz mit Zukunftsinszenierungen im vorgesehenen Naturkundekeller, der anderen, bereits gezeigten Beispielen nur hinterherläuft, kann inflationär und auswechselbar überall gezeigt werden ...

    Es ist richtig formuliert, daß die Umsetzung in der Realität nicht so einfach ist. Aber hier geht es darum, nicht in einen erahnbaren neuen Flop mit zweistelligen Millionenbeträgen an Steuergeldern in Leipzig zu investieren, wo es möglicherweise städtbaulich, finanztechnisch und zukunftsweisend bessere und sinnvollere Entwicklungen geben kann.