Neue Stadt rein im Gründerzeitstil - Was würdet ihr davon halten?

  • Vielleicht sollte man zum besseren Verständnis den Blick eher gen Norden richten? Ich erwähne meiner gesamtheitlichen Skepsis zum Trotz zur Verteidigung der Gründerzeit lediglich Schwerin, wenngleich sicher auch nicht rein gründerzeitlich, wie sich versteht.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Man braucht keine Stadt zu gruenden. Ein Dorf als Vorort auszubauen reicht. Geld braucht es auch nicht so. Man macht es wie gehabt: Bauverordnung durch die Stadt. Man kann ja auch ein Dorf bauen. Aber gut, da unterscheidet sich die Archetectur nicht so.

  • Zitat

    Eine gewachsene Stadt, wie es unsere Städte nunmal normalerweise sind, kann man nicht aus dem Boden stampfen, es wird immer irgendwie künstlich wirken.

    An Planstädten, die innerhalb kürzester Zeit nach einem bestimmten Schema und in einer bestimmten Architektur entstanden, besteht - auch historisch gesehen und auch in Deutschland - ja kein Mangel, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Planstadt (man denke nur mal an Karlsruhe mit seiner Fächerstruktur, Mannheim mit den Quadraten oder Freudenstadt mit einer Art von Muster im Stil eines Mühle-Spielbretts und einem ursprünglich einheitlichen Architekturstil, der natürlich allein schon durch die Kriegszerstörungen inzwischen weitgehend überformt ist).

    Im internationalen Maßstab entstehen auch in der Gegenwart noch weitere Planstädte - von früheren Beispielen wie der heutigen brasilianischen Hauptstadt Brasilia, der pakistanischen Hauptstadt Islamabad bis hin zu weitgehend unbekannten (aber teilweise sehr großen Projekten) wie in Indien oder Malaysia und Myanmar - letztere durchaus auch mit traditionell gestalteter Architektur.

    So gesehen mögen solche Projekte zwar in der ziemlich verkrusteten und kaum reformfähigen BRD kaum vorstellbar sein, prinzipiell denkbar und wünschenswert wären solche Projekte aber auch bei uns... zumal ja in der Gründerzeit komplette Stadtviertel mit beträchtlicher Größe wie die Dresdner Johannstadt in kürzester Zeit realisiert wurden, ohne daß die Gestaltung zu kurz kam.

    Prinzipiell finde ich aber solche "Träumereien" oder "Visionen" durchaus positiv, zumal ja auch manches Realität wird - wer hätte es z. B. früher für möglich gehalten, daß ausgerechnet im "internationalen" und "modernen" Frankfurt wieder so etwas wie eine Altstadt entsteht?

  • Der ist stellvertretend für alle Posts die nach meinem letzten kamen:

    Man braucht keine Stadt zu gruenden. Ein Dorf als Vorort auszubauen reicht. Geld braucht es auch nicht so. Man macht es wie gehabt: Bauverordnung durch die Stadt. Man kann ja auch ein Dorf bauen. Aber gut, da unterscheidet sich die Archetectur nicht so.

    Weil ich nicht ständig wenn ich zum einkaufen und spazieren gehe/fahre, in einer leben/fahren will wo ich eine Bausünde am laufenden Band, ein historisches Haus durch ersetzende Designer-Irrsinne meine kunstvolle Architektur liebende Augen quälen lassen will.
    Deswegen soll ja eine Stadt her in der es nur schöne Häuser gibt, vom kleinen Einfamilienhaus bis zum Altstadthaus. Und in der in der Bausatzung verankert ist das es (stilmässig) so bleibt, was neue Bauvorhaben angeht.

  • Der ist stellvertretend für alle Posts die nach meinem letzten kamen:
    Deswegen soll ja eine Stadt her in der es nur schöne Häuser gibt, vom kleinen Einfamilienhaus bis zum Altstadthaus. Und in der in der Bausatzung verankert ist das es (stilmässig) so bleibt, was neue Bauvorhaben angeht.


    Also grundsätzlich gibt es solche Städte ja, wenngleich es immer wieder kleine Bausünden gibt. Ich denke, in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Halle oder Görlitz würde man es trotz vorhandener Bausünden ganz gut aushalten. In Oberbayern halte ich so ein Vorhaben generell für ausgeschlossen, wenn es trotz einer solchen Vielfalt an regionalen Architektursprachen nichtmal gelingt, traditionelle Neubauten im größeren Stil zu errichten (wobei ich hier die alpennahen Gebiete ausnehme, dort sind die meisten Neubauten tatsächlich auf den ersten Blick nicht von den Bestandsbauten zu unterscheiden). In München und dem Münchener Umland regiert leider die Renditearchitektur.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Deswegen soll ja eine Stadt her in der es nur schöne Häuser gibt, vom kleinen Einfamilienhaus bis zum Altstadthaus.


    Das ist jetzt aber eine vollkommende Wandlung. Plötzlich sind auch Altstadthäuser zulässig und sogar Einfamilienhäuser. Am Anfang haben es ja unbedingt Gründerzeitler sein müssen, aber nicht einfach solche, wie ich sie kenne, nein nur solche im Sinne von Leipziger Straße 100 in Halle (Saale). Solche Trümmer haben mit Einfamilienhäusern natürlich nichts zu tun.

  • Verstehe wirklich nicht, warum du hier nichtmal ein wenig Fantasie und Weitergespinne in der Diskussion zulassen willst, Zeno. Wenn deine Ablehnung gegenüber der Gründerzeit so groß ist, such dir doch einfach einen anderen Faden. Dass alle Bauten dieser Periode auf Top-Niveau sind hat niemand behauptet (viele sind es aber), aber hast du mal bedacht, welch exponenzielles Wachstum nahezu alle Städte in dieser Zeit durchlaufen haben und wie schnell die hochgezogen wurden? Es sind auch längst nicht alle Häuser aus früheren Architekturperioden schön oder besonders wertvoll.

    Generell würde ich das Konzept einer 'historisierenden Neustadt' dahingehend anlegen, dass entweder:
    - eine bestehende Metropole erweitert wird und ein Viertel für bis zu 20'000 Menschen in historistischen Stilen errichtet wird, durchaus realistisch beim Wohnungsbedarf in diversen Metropolen. Blockrandbebauung ist ohnehin wieder populär, es wäre also eine Stilfrage. In Berlin baut man ja schon wieder ganze Viertel in frühmodernen bis klassischen Stilen, wir sind also nicht soweit davon weg.
    - Oder dass eine bestehende Mittel- oder Kleinstadt in einer attraktiven Region erweitert wird, kann auch etwas außerhalb einer Metropole sein. Dort würde ich dann eher 5000-8000 Einwohner anpeilen. Komplette 'Stadtneubauten' wie Jakriborg sind auch interessant, mE aber nicht unbedingt nötig, man sollte so gut es eben geht vorhandene Infrastruktur usw. einbeziehen und erweitern.

    Für Beides gibts ja letztlich durchaus schon Beispiele in Europa (wenn auch nicht ganz in diesen Größenordnungen), die ich beizeiten noch vorstellen kann.


  • Das ist jetzt aber eine vollkommende Wandlung. Plötzlich sind auch Altstadthäuser zulässig und sogar Einfamilienhäuser. Am Anfang haben es ja unbedingt Gründerzeitler sein müssen, aber nicht einfach solche, wie ich sie kenne, nein nur solche im Sinne von Leipziger Straße 100 in Halle (Saale). Solche Trümmer haben mit Einfamilienhäusern natürlich nichts zu tun.


    Das ist kein kompletter Wandel von mir, das war schon immer mein Gedanke!! Ist dir bekannt daß auch kleine Einfamilienhäuser und Villen im Gründerzeitstil errichtet wurden, wie in München Zollstationsgebäude die man locker als EFH nachbauen kann, oder Reihenhausanlagen, wie es bei der Villenkolonie Gern von um 1900.

  • Einfamilienhäuser waren in der Gründerzeit in der Tat eher selten, wie damals schon im Thread historische Einfamilienhäuser - gibt es die? diskutiert wurde.

    Meines Erachtens ging es erst nach dem 2. WK richtig los mit den Einfamilienhäusern, vorher waren es wenn dann eher kleine Villen oder im ländlichen Bereich Selbstversorgerhäuser, die den Namen Einfamilienhäuser nicht verdienen. Wohlgemerkt lebten damals auch mehrere Generationen unter einem Dach.

    Besonders interessant sind in dem Kontext auch die typischen Münchner Gartenstädte mit ihren teils winzigen EFH. Eine Freundin von mir hat mal in so einem Haus in einer WG gewohnt, 3 WG-Zimmer + Küche und Bad, damit war das Haus voll belegt. Dazu kamen aber noch mehrere hundert m² Garten bzw. Rasenfläche.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Noch ein Nachtrag: Sorry aber Fürth und Orte mit ähnlichen Bauten haben mit dem Gründerzeitstil den ich kenne und von München gewohnt bin und der von Bauperiode her in meiner vorhandenen Literatur beschrieben ist nichts zu tun. Denn da wird er klar in die Jahre 1880-1905 eingegrenzt.


    [size=10]So jetzt noch ein Bild von einem von den vorher genannten Münchener Zollstationsgebaeude der ehemaligen Burgfriedensgrenze http://uploads.wikimedia.org/wikipedia/comm…_Muenchen-2.jpg

  • Sehe keine unterschiedliche Wertung von "Historismus" und "Gründerzeit". "Gründer/zeit" hatte vielleicht Ende des 19. Jh. mal einen zweifelhaften Klang, aber heute ist das doch überholt. Die Gründerzeit hat die wichtigsten Grundsteine für Deutschlands Prosperität, das Wachstum seiner Städte, die Infrastruktur und das Aufholen des gesamten Landes gelegt. Letztlich sogar zum Überholen der bis dahin führenden Industrienationen wie UK und Frankreich. Wie gut würde solch eine Aufbruchstimmung im heutigen Deutschland tun! In einigen Metropolen gibt es das in Form dynamischer Startup-Szenen.

  • Einfamilienhäuser waren in der Gründerzeit in der Tat eher selten, wie damals schon im Thread historische Einfamilienhäuser - gibt es die? diskutiert wurde.

    Meines Erachtens ging es erst nach dem 2. WK richtig los mit den Einfamilienhäusern, vorher waren es wenn dann eher kleine Villen oder im ländlichen Bereich Selbstversorgerhäuser, die den Namen Einfamilienhäuser nicht verdienen. Wohlgemerkt lebten damals auch mehrere Generationen unter einem Dach.

    Besonders interessant sind in dem Kontext auch die typischen Münchner Gartenstädte mit ihren teils winzigen EFH. Eine Freundin von mir hat mal in so einem Haus in einer WG gewohnt, 3 WG-Zimmer + Küche und Bad, damit war das Haus voll belegt. Dazu kamen aber noch mehrere hundert m² Garten bzw. Rasenfläche.

    Ich finde das ganz interessant, dass das Thema EFH angesprochen wurde! Ich hatte nämlich vor einigen Monaten, oder mehr, einen ähnlichen Faden erstellt. Tatsächlich gibt es bei mir, am Wiener Stadtrand, jede Menge alter EFH. Die meisten so aus der Zeit um 1910-1919, und dann noch welche aus den 20er Jahren oder 30er Jahren (aber eher selten). Wir haben hier aber auch jede Menge kleiner Zinshäuser sowie ländlicher Häuser. Die EFH haben sich von den anderen Häusern insofern unterschieden, dass sie erstens in keiner geschlossenen Bauweise gebaut wurden, zweitens es auch nur eine "Wohnung" drinnen gab, und nicht mehrere. Die Gärten sind dafür meistens kleiner. Es sind halt nicht die langen, ländlichen Grundstücke. Tatsächlich wurde so ab 1905-1910 ein ganzes Viertel bei mir auf dieser Art/in diesem Stil gebaut. Es ist quasi eine alte EFH-Gegend. Dieser Häuser sind auch höher als sie breit sind, im Gegensatz zu den anderen Häusern.

    Ich werde auf jeden Fall Bilder posten, wenn ich die Gelegenheit habe. Die meisten Häuser habe ich schon fotografiert. Mein Computer hat nur ein Problem. Heute habe ich aber ein Kabel gekauft, um Zugang zur Festplatte zu bekommen. Vielleicht können wir dann gemeinsam die Stile "ausforschen". Es sind nämlich jede Menge verschiedener Stile dabei. Finde ich echt interessant auf jeden Fall.

    Ich denke die Seltenheit der EFH ist auf darauf zurückzuführen, dass es keine solche Schicht damals gab. Dieses Modell der Familie, mit Papa Mama Kinder Haustiere, hat in dieser Form wie heute noch nicht existiert. Man war entweder Bauer, dann hatte man ein ländliches Haus. Oder Arbeiter, dann hat man in einem Zinshaus etwas weiter weg vom Zentrum gelebt, oder in einem ländlichen Haus am Land. Oder man hat etwas mehr Geld gehabt, dann hat man in einer Wohnung in der Stadt gelebt. Mittelschicht halt. Und in der Stadt war die Arbeit. Es wäre kompliziert gewesen jeden Tag vom Grünen in die Stadt zu pendeln. Heute geht das anders Dank Auto, bessere Öffis, etc. Oder man war ganz reich, dann hatte man wohl eine Villa, oder sogar ein Stadtpalais.

    Ich hab dann meine Gegend erforscht und alte Statistiken gefunden, die besagten, dass die meistens dieser EFH Zweitwohnsitze waren. Also Mittelschicht Leute, die eine Wohnung in der Stadt + ein Haus hatten? Ein neues Gesellschaftsmodell damals… und der Anfang vom heutigen "Familienleben" im grünen irgendwie.


    To be continued... :tongue:

  • Da die ansccheinenden Spannungen draußen sind, können wir ja jetzt hier und anderswo vernünftig weiter diskutieren.

    Als Kath. Stadtkirche 
    http://stadt-muenchen.net/bilder/gebaeud…_kreuz_01_6.jpg

    Als Evang. Stadtkirche
    http://www.ekd.de/kiba/imgprojec…einigkeit_1.jpg

    Als Kaufhäuser
    http://static1.akpool.de/images/cards/43/435840.jpg
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…Muenchen-01.jpg
    http://www.berliner-zeitung.de/image/view/201…0131130_101.jpg

    Häuser mit 2geschoßige Geschäfte
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…OK_goerlitz.jpghttp://ipp-halle.de/wp-content/upl…tusche_web1.jpg
    http://abload.de/img/image24usbn.jpg

    Als Rathaus 
    https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Neue…sbaden_1900.jpg

    Altstadthäuser/-zeile
    (beiden äußeren) https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…_Muenchen-2.jpg
    http://abload.de/img/marienplatzdhqao.jpghttp://www.abload.de/img/img_43341uek.jpg
    http://www.muenchenwiki.de/w/images/thumb…rieder1903a.jpg
    http://i16.photobucket.com/albums/b17/Karasek28/neu14.jpg
    http://i16.photobucket.com/albums/b17/Karasek28/neu21.jpg

    Gasthaus-Beispiel 
    http://abload.de/img/image1cuspi.jpghttp://stadt-muenchen.net/bilder/gebaeud…e_haus_01_2.jpg

    Bankhaus
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…Commerzbank.jpg

    Als großes (Haupt)Hotel 
    http://mapping.postkolonial.net/assets/ehemali…nnerstrasse.jpg

    Sonstige Kirchen
    Für alle orthodoxen und orientalisch christlichen Konfesionen
    http://www.bad-camberg.info/cms/images/bau…Kirche-8976.jpg
    Synagoge
    http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%…agoge%20100.jpg

    2 der Schulen 
    http://www.hswitte.de/index.html
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…d_Aibling-1.jpg

    Stadttheater
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…erMemmingen.JPG

    Feuerwehr 
    http://www.sued1.bereischaften.brk-muenchen.de/uploads/pics/1_04.jpg

    Als KleinteilBebauungs-Beispiele 
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…beraudorf-1.jpg
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…_Muenchen-1.jpg
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…_Muenchen-2.jpg
    http://www.panoramio.com/m/photo/49022/328
    Dieses falls genug Geld wär für mich (träum träum)
    http://www.muenchenwiki.de/w/images/thumb…igin271896b.jpg
    http://www.nordostkultur-muenchen.de/architektur/im…rasse_3_neu.JPG
    http://www.schulamt-ffb.de/images/stories/fotos/samt1.jpg

    Dementsprechend wär das so der Stil für alles was so eine Stadt haben braucht.