• Dann frage ich mich, warum Regula Lüscher nicht in ihrer Heimatstadt geblieben ist. Dort hätte sie den Stadtraum genauso gut und "modern" versauen können, wie in Berlin.

    Edit: Ich habe mir bei Bing.com gerade mal einen Überblick verschafft. Basel könnte tatsächlich auch in Deutschland sein. Richtig schön modern. :tongue:

  • Das Basler Abrißverhalten wird gut - wenngleich nur ausschnitthaft - in dem Buch von Rolf Brönnimann "Villen des Historismus in Basel" dokumentiert. Ein Großteil der darin abgebildeten Bauten wurde nämlich bis in die späten 1970er Jahre abgerissen. Das Buch erschien 1982, und man muß leider davon ausgehen, daß sich an der Abrißwut wenig geändert hat.

  • Es ist wohl eine städtebauliche und soziale Frevelei ersten Ranges, was die 'Helvetia' hier bereits seit längerem umsetzen will. sad:)

    Diese vier schmucken Wohnhäuser aus dem frühen 19. Jhdt., eingerahmt von den Grausamkeiten des späten 20. Jhdt., sollen abgerissen werden und durch einen Bürokomplex des 21. Jhdt. ersetzt werden.
    Steinengraben Basel by Patrik Tschudin, auf Flickr

    Große Frontalansicht der Häuserzeile

    Kampf um 4 Stadtvillen geht in die nächste Runde - 20min.ch


    Anwohner- und Bürgerinitiative gegen den Abriss:
    Für den Erhalt des Wohnraumes am Steinengraben

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt

    Zitat

    Die Archäologische Bodenforschung ist eine kantonale Fachstelle. Sie setzt sich für die Sicherung und die Pflege des archäologischen Erbes des Kantons Basel-Stadt ein. Der Boden ist ein Archiv, worin sich Zeugnisse menschlicher Tätigkeit von der Frühzeit bis zur Gegenwart erhalten haben. Dieses kulturelle Erbe gilt es zu bewahren. Die Archäologische Bodenforschung arbeitet nachhaltig, wissenschaftlich korrekt sowie in einer vernetzten Art und Weise. Sie orientiert die Öffentlichkeit regelmässig über ihre Resultate zur Stadt- und Kantonsgeschichte.


    Quelle: http://www.archaeologie.bs.ch/

  • Zitat

    Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt

    Häuser aufstocken und Dächer ausbauen werden einfacher. Der Grosse Rat hat
    vergangene Woche die Dachbauvorschriften liberalisiert. So soll mehr
    Wohnraum entstehen. http://www.grosserrat-bs.ch/de/geschaefte-…etail=200108119

    Quelle: https://de-de.facebook.com/Bau.und.Verkehrsdepartement.BS/
    Siehe auch: http://abload.de/img/bauundverkehrsdeparteodu4i.jpg

  • Bedauerliches Signal. Ich hoffe, das macht keine Schule in weiteren Kantonen. Schlimm genug, dass Österreich mit Wien hier bereits als negatives Beispiel genannt werden muss. Die Bundesrepublik D ist diesbezüglich ohnehin verloren.

  • Dank für die Meldung. Das gezeigte Beispiel ist ja sehr abschreckend. Wenn man wenigstens vorgeschrieben hätte, daß sich die Aufstockung am Stil des Hauses zu orientieren hat, wäre es ja noch erträglich, aber so...

    Herzliche Grüße

    Bilder von mir finden sich auch bei Wikimedia.

  • Die Basler Fasnacht befindet sich just in diesem Moment auf der Zielgerade, sie endet um 4 Uhr heute Früh mit dem Ändstraich so wie sie vor 72 Stunden am Montagmorgen mit dem Morgestraich ihren Anfang nahm.
    Da erreicht mich dieses aussagekräftige Bild eines Fasnachters, der mit seinen Versen die baulichen Veränderungen Basels aufgreift.
    Ich versuche mich mal darin - zum allgemeinen Verständnis - das wunderbare Baseldiitsch (Baseldeutsch) auch den Foristen ohne Kenntnis selbigen, näher zu bringen. Das Bild spricht indes für sich:

    Ob an der Mattenstrasse oder im Gundeli hinten, schöne Häuser tun in der ganzen Stadt verschwinden,
    weichen müssen sie Betonklötzen, Armierungs-Eisen halten den Protz.
    Günstigen Wohnraum kannst Du gleich nicht mehr finden,
    dafür Zürcher Imobilienmoguln auf der Eigentümerliste von vorne bis hinten.
    Gegen Fortschritt haben wir Basler nichts, aber mit dieser Zerstörungskultur hat es gleich nichts mehr was bleibt.
    An der Schanzenstrasse sollen bald schon drei schöne Häuser weichen,
    die Helvetia Versicherung will Büros für sich und Wohnungen für die Reichen.
    Büros hat es weiß Gott im Überfluss, aber nein, ein weiterer charakterloser Betonblock muss her, so ein Stuss.
    Für die Ciba-Geigy oder wie die heute heißen wird das Stadtbild abgerissen, die haben eine Meise,
    dafür gibt es Loftwohnungen alles andere als charmant, im Betongarten einen Baum wäre zu viel verlangt.
    Ich will jetzt hier nicht nur schimpfen, mein Vögelchen und ich möchten nur ein neues Nestlein finden.
    Sag, hast Du nicht noch eine Adresse, da wo wir her kommen hat es nur Schutt und Asche.

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    Einmal editiert, zuletzt von zeitlos (22. Februar 2018 um 03:51)

  • Bei der Zuordnung der Fülle an Schwibbögen und Stadttoren der ehemaligen Festungsanlagen von Basel stieß ich auf dieses wunderbare Kartenwerk, den sogenannten Mählyplan aus dem Jahre 1847, der letzte Vogelschauplan von Basel, welcher die Stadt noch mit nahezu kompletter innerer und äußerer Stadtbefestigung wenige Jahre vor dem Mauerfall zeigt. Der Plan orientiert sich am Vogelschauplan von Merian, zeigt aber Neuerungen wie die bis zum Jura reichende Landschaftsdarstellung. Im Original zwar farbig, aber auf Grund der hier doch recht hohen Auflösung sicher auch für die eine oder den anderen von Interesse:
    https://www.regionatur.ch/files/images/jpg/Maehly_Plan00.jpg

    Zitat

    Johann Friedrich Mähly, Perspektivische Ansicht der Stadt Basel, 1847, Stahlstich koloriert, Staatsarchiv Basel-Stadt, Planarchiv H 1,23.


    Quelle:
    regionatur.ch
    Natur und Landschaft der Region Basel

  • Die Ansicht zeigt rechts eine sehr interessante Begebenheit: 1844 erhielt Basel als erste Stadt der Schweiz einen Bahnanschluss von der französischen Bahngesellschaft. Das Gleis endete zuerst in einem provisorischen Bahnhof vor der Stadtmauer. Im Jahr darauf wurde sie dann in die Stadt hinein geführt, wofür extra in die noch bestehende Stadtbefestigung ein eigenes Bahntor gebaut werden musste.

    Zitat von https://tageswoche.ch/gesellschaft/so-sah-der-erste-bahnhof-der-schweiz-aus/

    Damals standen die Basler Stadtmauern noch. Damit die Bahn in die Stadt fahren konnte, hatte man eigens ein Eisenbahntor bauen müssen, das geschlossen werden konnte. Zudem gab es vor der Toreinfahrt eine Holzbrücke, die man im Kriegsfall leicht hätte abfackeln können, womit dem Feind der Zugang zum Tor erschwert worden wäre.

    https://tageswoche.ch/gesellschaft/s…er-schweiz-aus/

    Die erste schweizerische Eisenbahnlinie wurde erst 1847 zwischen Zürich und Baden eröffnet (Spanisch-Brötlibahn).

  • Das Bahntor, ein Kuriosum auf den ersten Blick, veranschaulicht, dass der Anbruch in eine neue Zeit ( jene der Eisenbahn ) nicht zwingend zum Abbruch der, sondern wie selbstverständlich zur Integration in die (neuere) Stadtmauer führte. Noch hatte die Befestigung auch einen Wert. Weitere Informationen zu diesem interessanten Thema: https://www.baslerstadtbuch.ch/stadtbuch/1994/1994_2321.html

  • Mal ein kleiner Stadtrundgang durch Basel, um das Ausmaß der Abrisswut zu zeigen (und das ist nur ein kleiner Teil). Die Aufnahmen wurden von mir koloriert.


    St. Alban Schwibbogen, 1878 abgetragen



    Die neugotische Französische Kirche, 1971 abgerissen


    Aeschenplatz, bis auf das Gebäude rechts (Basler Zeitung) alles abgerissen, natürlich auch alle Straßen in der Umgebung



    Petersberg, ab 1937 komplett abgerissen



    Nochmal Aeschenplatz (andere Seite) Ende 19. Jahrhundert, komplett abgerissen


    Engelgasskapelle, 1970 abgerissen


    Wirtshaus zum Tellsbrunnen, 1906 abgerissen (der Nachfolgebau wurde wiederum abgerissen)



    Zwei Villen an der St. Albananlage, 1948 und 1975 abgerissen



    Adler Apotheke, 1959 abgerissen


  • weiter:


    Abriss des St. Johanns-Schwibbogens, 1873



    Zeughaus (1438), 1937 abgerissen



    Birsig in der Steinenvorstadt in den 1930ern. In den 1940ern überwölbt und in den 1960ern zum Parkplatz ausgebaut (= Abriss aller historischen Gebäude, Verbreiterung der Straße)


    Hinterhof der Brodlaube am Markplatz, 1894 abgerissen


    Kornhaus, abgerissen und in denselben Proportionen historisierend wiederaufgebaut...


    Die alte Post, 1975 abgerissen



    Und hier das Stadttheater (leider -noch- nicht koloriert), 1975 gesprengt und durch einen Betonbau ersetzt:


    Basel ist in meinen Augen so ziemlich das schändlichste Beispiel in Europa einer einst schönen Stadt, die ihre Identität und Geschichte ohne Not selbst zerstörte und weiterhin zerstört...

  • Oje :kopfschuetteln: das ist traurig. Ich war noch nie in der Schweiz und dachte immer es wäre ein Land, das alles bewahrt.

    Ich hatte ja schon in Post #3 oben meine Eindrück geschildert.

    Aber es passt irgendwie zu meinem Bild des modernen Basel. Als ich dort mit der Straßenbahn quer durch die Stadt fuhr, war ich erschrocken. Ich dachte, ich würde in ein vom Krieg unversehrtes Stadtbild fahren, aber es sah exakt so aus wie in vielen westdeutschen Städten. Je weiter man sich vom engen Altstadtkern entfernte, umso "moderner" und monströser wurde diese Stadt.

    Es hat mich damals auch etwas schockiert. Ich dachte, ich fahre in die kriegsunversehrte Idylle, und dann kam ich in eine Stadt, die sich kaum von ihren westdeutschen Verwandten unterschied. Ohne Not. In Westdeutschland hätte man vielleicht gesagt: "Halbwegs gut durch Krieg und Wiederaufbau gekommen."

  • Vielleicht liegt es auch an der Nähe zu Deutschland. In der Nachkriegszeit war die "moderne" Architektur ja scheinbar total angesagt. Da wollte man in der Schweiz vielleicht auch ein so schickes und modernes Stadtbild haben. In den weiter entfernten Städten, wie Bern, Luzern, Lausanne,... sind die Stadtbilder, denke ich, noch deutlich intakt.