Stadtbild Deutschland e.V., Architektur-Negativpreis

  • Hallo zusammen,

    ich hatte heute mit einigen Leuten von unseren Facebook-Partnerinitiaven die Idee, einen Negativpreis für Architektur herauszugeben. Die Idee war, zunächst in den Stadtbild-Deutschland Schwerpunktregionen (Berlin, Hamburg, Wuppertal, Dresden, Stuttgart, Freiburg, Mainz, Köln, Dessau, München) derartige lokale Preise zu vergeben und daraus dann einen Bundes"sieger" auszuwählen.

    Ziel dessen wäre weniger der direkte Druck, als eher die Tatsache, dass solcherlei Preise in der Presse häufig sehr ausführlich aufgenommen und verbreitet würden. So könnte unser Verein bekannter werden und weiter wachsen.

    Was haltet Ihr davon?

    Viele Grüße,
    Lars

  • Ich fände einen "Positiv-Preis" fast besser, zumal angesichts der Vielzahl von miserablen Neubauprojekten im Stuttgarter Raum die Auswahl schwer fallen dürfte :unsure:

    Außerdem ist ein Negativ-Preis nur dann wirkungsvoll, wenn er durch eine Institution verliehen wird, die jeder kennt - eine Verleihung durch Stadtbild Deutschland könnte der Preisträger einfach ignorieren. Einen Positiv-Preis würde hingegen wohl jeder gern annehmen, selbst wenn er von einem weithin unbekannten Verein verliehen wird.

  • Wenn ich persönlich es natürlich auch selbstverständlich begrüßen würde, wenn unser Verein sich verstärkt in der Öffentlichkeit zu Wort meldet, wäre doch die Verwendung des Wortes "Negativ-Preis" zu überdenken. Der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit, dieses Thema in der Öffentlichkeit anzusprechen, stehen leider vielerlei Verflechtungen von Medien, Lobbyverbänden und auch nicht immer besonders deutlich wahrnehmbarer kommunaler und städtischer Amts- und Mandatsträger entgegen. Unser Ziel kann nicht sein, die Konfrontation mit denselben zu suchen, sondern kann allenfalls an diese Gruppen herantreten, um den Dialog, den Konsens, die Zusammenarbeit und ein Überdenken mancher Gegebenheiten zu suchen. Begriffe wie "Negativ-Architekturpreis" tragen nicht wirklich zur Lösung von Problemen bei, sondern verstärken sie mitunter und spalten noch weiter, anstatt eine Zusammenarbeit zu ermöglichen. Wenn wir diese Idee weiter verfolgen möchten, sehe ich zum von Silesien vorgeschlagenen positiv anzusehenden Preis eigentlich keine Alternativen. Wenn es möglich ist, die Diskussion auf diesen Weg hin umzuleiten, sollten wir den eigentlichen Gedanken durchaus weiterführen.

  • Vor mehreren Jahren hatten wir schon einmal die Diskussion um einen Negativpreis, und damals wurde aus guten, verständlichen Gründen eher für einen Positivpreis plädiert. Ich hatte sogar die Idee, einen Journalisten wie Dankwart Guratzsch dafür dzu gewinnen, dass etwa die WELT mit einer Spalte über das "Bauwerk des Monats" (oder so ähnlich) der darniederliegenden deutschen Architekturkritik auf die Beine helfen könnte. Herr Guratzsch hat sich allerdings damals skeptisch bis ablehnend zu der Idee geäußert, so dass sie nicht weiter verfolgt wurde.

    Nichtsdestoweniger könnte unser Forum durchaus Monat für Monat durch das Votum vieler Nutzer eine Gebäude küren, das dann als "Bauwerk des Monats" in unserem Forum vorgestellt und vielleicht auch über Facebook bekannt gemacht würde. Man könnte sich auch vorstellen, dass jedes Jahr die zwölf "Bauwerke des Monats" in unserem Jahrbuch mit einigen Hintergrundinformationen präsentiert würden. Es wurde ja immer in unseren Kreisen als wichtigste Vorgehensweise herausgestellt, dass wir Leuchttürme, Vorbilder publik machen, die - in unserem Sinne, nicht in dem der Architektenverbände - richtungsweisend wirken können. Natürlich können wir kein Preisgeld vorsehen, aber die Ehre dieser Auszeichnung, für die ordentlich die Trommel gerührt werden müsste, könnte schon etwas bewirken.

  • Bewertungen bzw. Votings find ich schon mal recht gut. Allerdings mit negativen in der Öffentlich aufzufahren kann sehr schnell in das Gegenteil der erwarteten Reaktionen führen.
    Hingegen könnt ich mir vorstellen die besterhaltensten Altstädte zu küren - da viele mir jetzt spontan Faborg (DK), Carcassone (F) und Dürnstein (A) ein. Vielleicht wäre das eher ein Anreiz für Städteplaner, altes zu erhalten und zu pflegen.

    Edited once, last by OberstMadig (September 2, 2015 at 6:49 PM).

  • Was hieltet Ihr von einem Preis für gelungene klassische Neubauten? So etwas wie der Driehaus-Preis auf nationaler Ebene. Das gibt es bisher noch nicht in Deutschland und würde uns bestimmt gut in die Presse bringen.

  • Ich würde auch vorschlagen nicht nur in unserem Sinne gelungene Neu-Neubauten zu küren sondern auch Rekonstruktionen und Wiederaufbauprojekte mit einzubeziehen.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Ja, Rekonstruktionen und überzeugende Wiederaufbauprojekte dürften auch gewürdigt werden. Nur lasst uns nicht von einem Preis sprechern, solange nicht jemand eine Stiftung auftut, die Preisgelder ausspucken könnte. Wichtiger ist der Titel, wie gesagt etwa "Bauwerk dees Monats". Die Einzelheiten, wie eine solche Idee umzusetzen wäre, sollten neben vielen anderen Punkten demnächst auf unserer JHV besprochen und auch beschlossen werden.

  • Wir hatten das doch schon mal deutlich ausführlicher an anderer Stelle diskutiert.

    Es sollte sowohl Negativ- als auch Positivtitel geben. Beides spricht unterschiedliche "Zielgruppen" und Aufmerksamkeitsspannen an.
    Ob wir es jeden Monat schaffen, etwas zu nominieren und zu küren? Zumindest könnte eine hohe Frequenz dafür sorgen, dass wir relativ zügig viele verschiedene Regionen mal durchnehmen und so flächendeckend Aufmerksamkeit erhalten.

  • Gebäude, die für Negativtitel infrage kämen, sind Legion. Es wäre schwierig, über ihre Einstufung zu einem Konsens zu kommen, außerdem würden wir mit der Deklarierung von Negativbeispielen uns zu leicht angreifbar machen. Was unsereiner leicht als Ausbund von Hässlichkeit vorführen würde, das wird oftmals von der Architektenschaft und ihren Standesvertretungen als Glanzstück avantgardistischer Architektur gefeiert. Ich halte es nicht für angezeigt, durch solche Verurteilungen Konflikte zu schüren und Frontlinien aufzubauen.

    Wenn wir Positiv-Titel auswählen, sollte damit überaus vorsichtig umgegangen werden. Es genügt dann nicht, Gebäude auszuwählen, die sich durch ein paar Gesimse oder ein auffälliges Dach von der Masse des Gebauten abheben. Eine solche Prämierung würde von uns als Preisgericht fordern, dass wir unser architektonisches Urteilsvermögen schulen und lernen, sehr genau hinzuschauen und abwägend zu urteilen. Die zu vergebende Auszeichnung sollte dann und wann auch einem dezidiert modernen Entwurf zuerkannt werden, damit es nicht so leicht fällt, uns in eine bestimmte Ecke zu drängen und damit aus dem architekturkritischen Diskurs auszuschließen. Die Aktion würde auch einen Lernprozess bei uns selbst in Gang setzen.

  • Was ich mir vorstellen könnte und gut finden würde, wäre im APH deutschland-/österreichweit historische Gebäude mit modernen Anbauten ("Verstümmelungen, Verschandelungen, interessante Brüche" bla bla bla... je nach Sichtweise; z.B. Spalt Kornhaus oder Krems Gozzoburg) und sich überhaupt nicht in historische Ensembles einfügende neuere Bebauungen (z.B. Dinkelsbühl, Augsburg, Dettelbach) zu sammeln. Hat jetzt nicht so direkt mit einem Negativpreis zu tun, wäre aber doch sehr informativ und ein eigenes Urteil kann sich jeder selbst dazu bilden.

  • Meiner Meinung nach ist ein Negativpreis nicht unbedingt zielführend, der Stifter (= Stadtbild Deutschland) könnte als Einzelmeinung dargestellt werden, zudem zieht sowas nur Aufmerksamkeit auf schlechte Projekte.

    Meiner Meinung nach wären zwei Positivpreise eine schöne Sache:

    1x Preis (Pokal o.ä.) + Plakette zum Anbringen an das Gebäude für eine "Herausragende Privatleistung" o.ä., z.B. für Projekte wie die Rekonstruktion der Gründerzeitfassaden in Kassel oder Fulda, kleine Projekte, die im Gegensatz zu Großprojekten kaum Aufmerksamkeit bekommen. Somit kann man das Bewusstsein für kleine Verschönerungen wecken und hoffentlich andere Personen motivieren, ebenfalls solche kleineren Projekte anzustoßen.

    Zusätzlich schlage ich noch vor:

    1 Preis (Pokal o.ä.) für "nachhaltige Stadtentwicklung" o.ä., vergeben an öffentliche Institutionen, die im Sinne von Stadtbild Deutschland Stadtumbau betreiben, dies kann z.B. die Wiederherstellung eines historischen Stadtquartiers oder auch die Förderung von Rekonstruktionen sein. Somit kann man insbesondere Stadtplanungsämter positiv darstellen, die nicht im provinziellen, modernistischem Denken gefangen sind.

    Was meint Ihr...?

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Wusst jetzt nicht so recht wohin damit, daher hier mal..

    Wie wärs, wenn wir eine Liste mit den größten/relevantesten Immobilienentwicklern, Wohnungsbauunternehmen (auch öffentl. Genossenschaften uä.) und Stadtplanungsbüros anlegen? Samt relevanter Kontaktdetails. Das können wir dann nutzen, um unsere Vorstellungen von zeitgemäßer Stadtgestaltung zu kommunizieren.

    Gerade angesichts immer ärgerer Wohnungsknappheit in den Städten eine Chance für uns Architektur- und Stadtbildfreunde, stärker gehört zu werden. Und Unsinn wie die ewiggestrige Charta von Athen bzw. funktional getrennte Stadt, Sozialsiedlungen auf der grünen Wiese etc. endlich aus den Köpfen zu boxen.

  • Ziel dessen wäre weniger der direkte Druck, als eher die Tatsache, dass solcherlei Preise in der Presse häufig sehr ausführlich aufgenommen und verbreitet würden. So könnte unser Verein bekannter werden und weiter wachsen.

    Was haltet Ihr davon?

    In Magdeburg soll doch jetzt auch wieder so ein Premium Inn Hotel gebaut werden, nachdem zuletzt auch schon etliche hässliche Bauten zu Vorschein getreten sind (z.Bsp. das hässliche SWM Gebäude). Ich glaube es wäre mal an der Zeit einen Negativ-Oskar über die Magdeburger Volksstimme zu verleihen :D