Potsdam - Rekonstruktion der Kellertorwache

  • Hab gerade in einem alten PNN-Artikel gefunden, daß die Säulen wohl aus Sandstein gefertigt werden sollen. Wie hat man sich das konkret vorzustellen, insbesondere bei den freistehenden Säulen der Vorhalle? Daß die Sandsteinteile im Inneren eine quadratische Aussparung haben müssen, ist dann logisch, aber es bedeutet ja wohl auch, daß jede Säulentrommel dann aus zwei Halbtrommeln mit Längsnaht besteht, die an den inneren Kern herangeschoben werden. (Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt...)

  • Zum Säulenthema: Ich wollte alle Säulen im Kern mauern, der Statiker bestand auf Stahlbeton vor der Loggia - angeblich wegen des ungeheuren Schubes des Daches. Als Bauherr hat man das heutzutage hinzunehmen.

    Die Säulen selbst werden toskanisch - wie sie im Original waren. Der Maurermeister Carl Rabitz hat 1878 den nach ihm benannten Drahtputz zum Patent angemeldet. Dieses Verfahren werden wir - nach alter Väter Sitte - bei den Säulen anwenden - es gibt zwar nur noch eine Handvoll Firmen, die das können, aber auch gute. Nachdem also der Kern mit einem Drahtgeflecht überzogen und mit Kalkputz beworfen wurde zieht der Stuckateur die Säule mit einer Holzlehre ab. Die Säule bekommt durch dieses Verfahren eine handwerkliche Struktur, ist durch zu Zugabe von Puzzolanen im wetteranfälligen Bereich der Säulenbasen gut haltbar und kann zudem ohne Diskussion farblich gefasst werden (Sandstein wird heute nicht mehr gestrichen, obwohl das in der Entstehungszeit der Normalfall war).

    Eine Ausführung in Sandstein führt aus meiner Sicht - neben dem Kostenaspekt - zu recht seelenlosen Gebilden, weil diese absolut perfekt computergesägt werden. Eine handwerkliche Ausführung der Säulen durch Steinmetze kann sich heute nicht einmal Hasso Plattner leisten.

    Beim Thema Presse rate ich - gerade in Potsdam - stets zur Vorsicht.

  • Danke für die rasche Antwort. Ich hatte gehofft, daß das mit dem Sandstein nicht wahr ist ;)
    Das Formen von Hand und mit einer Lehre ist mir außerordentlich sympathisch.

  • Die Information ist richtig. Das wuchtige Zentralornament mit dem Aktenbündel in der Mitte, flankiert von Beuteflaggen auf der einen und römischem Kriegsgerät auf der anderen Seite ist zerstört und wird nicht wiederkehren.

    Dies hat natürlich nicht nur Kostengründe sondern auch praktische: im Dachgeschoss wird Licht gebraucht und weder Bauherr noch Denkmalpflege konnten sich auf der "Paradeseite" mit Veluxfenstern oder deren Derivaten anfreunden. Die Fledermausgaube, die nun in der Mitte aufragt, ist im unmittelbaren Umfeld heimisch, fügt sich harmonisch in den Bestand ein und betont die Mitte des Hauses in vergleichbarer Form wir die alte Trophäe. Das Dach wird zudem mit einem handgestrichenen, sinterroten Biberschwanz gedeckt, wie es im Original war. Der legt sich - wenn der Dachdecker gut arbeitet - mit elegantem Schwung um die Gaube.

    Um jedoch an die Funktion der Wache zu erinnern werden beide Helme auf dem Altan wiederkehren und die Fassade wird in all' ihrer Pracht wiederkommen - mit Festons und Tuchgehängen.

    Das ist Schade aber verständlich, ich habe in meinem Garten eine Exedra restaurieren lassen und musste die Bank abschliessenden Sandsteinwangen neu anfertigen lassen, am Ende waren 60.000€ für eine "Gartenbank" ausgegeben.

  • Es ist bedauerlich das die zentrale Trophäe nicht an diesem Ort wiederkehrt evtl. wird aber an anderer Stelle daran erinnert und wenn es auf einem Bild im Haus ist, natürlich mit Erläuterung :tongue: .

  • Ob der Bauherr und unser Forumsmitglied hinter dem Haus wohl auch ein Stück Garten bekommt, um Kohl und Kartoffeln anpflanzen zu können? Werden denn vor dem Haus die beiden Parkbänke noch entfernt? Die passen jetzt ja garnicht mehr in das Bild. Es wäre nämlich witzig wenn der Bauherr vor dem Haus eine eigene Bank aufstellt und dann schräg vor dem Haus zwei weitere Bänke stehen. :biggrin:

  • Der "Arbeiter" ist der Dachdecker, der nach der Lattung jetzt mit den Blecharbeiten beginnt - nächste Woche geht ein Eindeckung mit Biberschwänzen los. Gestern ist das Kellertor selbst, also das Stadteingangstor zu Wasser, wieder hergegestellt worden.

    "Hinter" der Wache, also zu Wasserseite, wird es einen Garten geben, aber nicht für Kohl und Kartoffeln sondern eher für Küchenkräuter, Blumen und Rosen. Schliesslich wird hier eine 5-köpfige Familie wohnen.

    Die Bänke vor dem Haus und die Grünfläche werden von der Stadt gestaltet - darauf haben wir keinen Einfluss. Die Landeshauptstadt wird in ihrer Weisheit schon das Notwendige veranlassen.

  • Danke für den Hinweis auf das Gewerke, war mir nicht sicher, ob das der Dachdecker oder ein Spengler/Schlosser macht, deshalb neutral "Arbeiter", passt immer.

    Der Hinweis auf die Küchenkräuter fand ich witzig, 5 Personen brauchen also eher Küchenkräuter als Kohl und Kartoffeln! Aha! Die logische Verknüpfung ist lustig :lachen:

  • Hier sind ein paar Bilder zum aktuellen Stand der Eindeckung des Daches der Kellertorwache mit den Biberschwänzen


    Blick vom Kanal aus gesehen mit dem Flatowturm links im Hintergrund


    Und noch ein Blick auf das angrenzende Teilstück der alten Stadtmauer mit Durchgang


    Bilder von mir


    Gruß aus Potsdam

  • Einfach traumhaft!!! Dankeschön! Bitte nur noch so bauen...!

    Nur eine klitzekleine Kritik am neuen Dach, wenn erlauben. Es wäre natürlich der Hammer gewesen, wenn man das Dach mit alte Biberschwänzen eingedeckt hätte. Dann hätte es noch mehr historische Tiefe erhalten. So ist es aber auch großartig und mmit der Zeit werden die Bieberschwänze ohendies scheckiger.

    Bitte weiter am Laufenden halten!

  • Warum sollten alte Biberschwänze mehr "historische Tiefe" haben? Das Haus ist ein reiner Neubau, wenn auch mit historischer Fassade. Ich halte nichts von übermäßigem Materialfetischmus - mir ist da ein dichtes Dach lieber als ein Dach mit alten Bibern, zumal es welche von 1788 (dem Baujahr der Wache) nicht mehr gibt. Gebraucht kann man nur welche aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwerben und den Dachdecker zur monatlichen Reparatur gleich fest anstellen. Was die Farbe betrifft wird das schnell "scheckig" - das Geheimrezept heisst 3 Liter Buttermilch bei über 30° Celsius langsam übers Dach laufen lassen...

    Ein Wappen war an der Wache nicht dran. In der Mitte war eine Tropäengruppe (Beuteflaggen, Rüstungen), die ein Aktenbündel einrahmten. Die Waffen standen für die Nutzung als Militärwache, das Aktenbündel für die Verwendung als Torschreiber(Zoll)haus. Die Trophäe hat eine russische Artilleriegranate weggeballert und die Nutzung wird ja deutlich profaner: ich ziehe selbst ein mit meiner Familie. Da ist mir - ehrlich gesagt - Licht im Obergeschoss wichtiger als 100.000 Euro Extra für die Nachschöpfung der Trophäengruppe, und da die Denkmalpflege zurecht Dachflächenfenster auf der Straßenseite ablehnt haben wir die optische Mittenbetonung durch eine "endemische" Fledermausgaube ersetzt. Die wird im übrigen kommende Woche eingedeckt. Ich bin mit dem optischen Effekt sehr zufrieden.

    Zurückkehren werden die historischen Fassaden an drei Seiten, mit aller Rustika, Zierrat und den 10 Säulen, die über 5 Meter hoch sind. Eine Bildhauerin ist z. Zt. dabei die Eichenblattgirlanden und die Römerhelme (rechts und links auf der Loggia) in Ton zu formen. Hir mal ein erster Entwurf:

  • @ Konstantindegeer: wird die Trophäengruppe zumindestens als Bild irgendwo im Haus zurückkehren um zu einem späteren Zeitpunkt darauf zu verweisen bzw. Besuchern auch die Geschichte darüber erzählen zu können? Das Römerhelm und Eichenblattgirlanden wiederkommen ist toll!

  • Nun, ich vermute schon, dass er als geschichtlich interessierter Mensch sich ein gerahmtes Foto der alten Kellertorwache in die Küche hängen wird. Wenn nicht, dann kaufen wir ihm bei Ikea einen kleinen Bilderrahmen und schicken diesen ihm zu... ;)

  • Falls zufällig einer der Potsdamer in der Stadt ist: am Mittwoch kommen unsere Fenster und ich bin noch im Osterurlaub. Wenn also einer Zeit und Muße hat am Mittwoch nachmittag die Frontfassade zu fotografieren und einzustellen wäre ich Euch aus der Ferne dankebar!

  • Liefere keine Bilder,dafür einen Kommentar.
    Ich staune Konstantindegeer,das die Rekogegner dieser Stadt noch nicht wie die Furien über Ihr kleines Wohnhaus verbal hergefallen sind, schließlich ist es doch eine Reko und ein Bau aus der Zeit des,,bösen Preußentums".(Wieder der Zynismus den Berufsgegnern gegenüber von mir).Bin gestern erst wieder am Kellertorhaus langspaziert und ich beobachte mit Freude wie dieses kleine schöne historische Gebäude weiter wächst und kann seine Fertigstellung kaum erwarten.Im übrigen ist es für die Stadt ein Segen,das sich so viele Privatpersonen so wie Sie Konstantindegeer,für ihre Stadt arrangieren und somit auch die Stadtverantwortlichen unterstützen,es ihnen leichter machen was städtebauliche Dinge betrifft.Wenn die meisten Potsdamer nur etwas mehr Interesse und sich Gedankenfür ihre Stadt machen würden,wäre vieles schon weiter(ist ja nur ein Traum von mir).Dann würde sich die Bürgermasse nicht so leichtgäubig vor den Karren der Linken und,,Andere" spannen lassen(siehe Bürgerbegehren)und sich ihr eigenes unbeeinflusstes Urteil zu den baulichen Geschehnissen der Stadt bilden.
    Ich bin ein neues Mitglied in diesem Forum.Bin kein Bauingenieur oder Architekt,sondern nur ein interessierter Bürger,was die baulichen Geschehnisse der Innenstadt betrifft.
    Uff ziemlich langer Kommentar für ein Neueinsteiger.

  • Na, die große Mehrheit der Potsdamer hat die Wiederherstellungen von Stadtschloß, den Palazzi der Alten Fahrt, des Holländischen Viertels, der Villen Henckel bis Persius usf. begrüßt und begrüßt es nach wie vor. An unserer Baustelle sind seit Baubeginn täglich Passanten, Besucher, Alt-Potsdamer, die das Vorhaben herzlich unterstützen.

    Nur weil eine Truppe von politisch hyperkorrekten Studenten, die sich von ein paar unverbesserlichen zuzugezogenen Alt-68ern und ein paar Ostalgikern orchestrieren läßt, sich gegen diese Entwicklung stemmt muss diese nicht falsch sein. Die lokalen Medien mit ihren Miniauflagen und ihrem unterbezahlten Notstandspersonal verstärken zwar die Veränderungsgegner (die ja die wahren Konservativen sind, weil sie die Entwicklung einfrieren wollen), werden sich jedoch nicht durchsetzen. Unsinn darf in unserer Gesellschaftsform jeder erzählen, die Mehrheiten in der entscheidenden Stadtverordnetenversammlung hat bis dato noch immer gestanden.

  • Ich bin der Meinung das die Kellertorwache nicht direkt in der zukünftigen "historischen Mitte" liegt oder angrenzt (ich lasse mich natürlich geografisch eines Besseren belehren) und somit aus dem Schussfeld ist. Schauen wir uns doch einmal die Gebäude an, um deren Erhalt die Gegner des historischen Stadtbildes kämpfen.

    • Garnisonkirche (Blickfeld/Sichtachse - Breite Straße)
    • Rechenzentrum (Blickfeld/Sichtachse - Breite Straße)
    • Hotel Mercure (Blickfeld/Sichtachse - Breite Straße)
    • Fachhochschule (Blickfeld/Sichtachse - Platz der Einheit/historische Mitte)