Das es so "schlimm" wäre, hat niemand behauptet, ebensowenig, wie dass die Renovierung nicht nötig wäre. Allerdings will es den Anschein haben, dass "Patina" in D keinen Wert per se darstellt, sodass etwas anderes, als deren Verlust zu bejubeln, undenkbar erscheint.

Güstrow
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Ich verstehe das Problem nicht. Nach jeder Restaurierung sehen Gebäude wie "glattgeleckt" aus. Das liegt in der Natur der Sache. Die Patina stellt sich doch ganz von selbst ein. Eine Alternative zu diesem Vorgang sehe ich nicht.
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Ich verstehe das Problem nicht.
Das wird schon das Problem sein. Aber damit bist du in Deutschland weißgott nicht allein.
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Na, dann lass mal hören, wie man mit dem Güstrower Schloss hätte umgehen sollen. Denn das ist hier das Problem im Forum. Um markige Sprüche sind manche nicht verlegen. Konstruktive Ideen folgen dann aber selten. Kannst doch mal mit der Tradition brechen.
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Konstruktive Ideen folgen dann aber selten. Kannst doch mal mit der Tradition brechen.
Ich denke, wir haben schon ein Problem mit einem ,,zu perfekten" Anspruch. Wir hatten das glaube ich mal kurz bei alpenländischer Architektur diskutiert, dass dort eine perfekt glatte Putzoberfläche mit schnurgeraden Kanten und kaltweißer perfekter Farbe besonders viel vom Charme nimmt, durch den hohen Mauerflächenanteil. Anderswo hatten wir diskutiert, wie die Wirkung von unterschiedlich farbigen Dachziegeln ist, bzw. ob man wie in der Schweiz nicht besser etwas mehr Variation rein bringt.
Mein Lösungsvorschlag wäre also, größere Abweichungen bewusst zu akzeptieren, bzw. sogar zu fördern, sowohl bei der ausführenden Firma, als auch bei den Herstellern. Denn es ist eben heute leider nicht so, dass eine Pattinierung sowieso irgendwann sich angenehm einstellt. Eine PS-Schale, die volldeckende hochpigmentierte Silikonharz-Farbe drauf hat, bekommt maximal vielleicht irgendwann Flechten und Algen. Das ist aber keine schöne Pattinierung. Der Rest bleibt stets perfekt gleich. Zu perfekt. -
Na, dann lass mal hören, wie man mit dem Güstrower Schloss hätte umgehen sollen.
Nun ich habe noch kein Bild von bereits sanierten Teile des Schlosses gesehen, deshalb kann ich nichts zum Güstrower Schloss sagen, wie man dort mit dem Putz, Patina oder dem Dach umgeht. Das sind bisher Mutmaßungen von Mitforisten. Was allerdings keine Mutmaßung ist, dass das Bewusstsein für Patina und Materialien, die diese fördern, in Deutschland selbst bei bedeutenden Sanierungen nicht sehr ausgeprägt ist. Dein Post hat das ja - obwohl du vermutlich ein Denkmal-affiner Mensch bist - eindrücklich gezeigt.
Was ich zeigen kann sind (Ausnahme-)beispiele, die eigentlich keine Ausnahmen sein sollten. Hier hat man bei der Sanierung die Patina erhalten bzw mit Materialien gearbeitet, die eine Entstehung einer Patina begünstigen:
Eichstätt: Gartenhaus Maurizio Pedettis:
Mauritio Pedettis einstiges GartenhausEichstätt (kno) "Die Leute kommen vorbei und grübeln, ob wir schon fertig sind." Sind sie – zumindest was die Fassade betrifft. Di ...www.donaukurier.deBeilngries:
ehem. fürstbischöfliches Forstamt:
heute:
Bronze für das ehemalige Fürstbischöfliche Forstamt Beilngrieswww.denkmalschutz.devorher (das letzte mal in den 90er saniert):
Liste der Baudenkmäler in Beilngries – Wikipediade.wikipedia.orgDa hat der Bauherr freiwillig mehr gemacht als erforderlich. Weder die Kalkfarbe noch das Dach hätten so hergerichtet werden müssen und es hätten auch Lösungen "von der Stange" sein können, was in der Regel heißt, dass man einfach das Dach komplett neu deckt mit einheitlichen neuen Ziegeln und das man auf stark deckende Silikatfarben zurückgreift, die zwar materialtechnisch kein Problem darstellen, da sie atmungsaktiv und natürlichen Ursprungs sind, allerdings oft eine "Perfektion" herstellen, die es in der Historie so nie gegeben hat. Die Stadtbilder waren bis in 70er und in manch kleinem Städtchen bis in die 80er noch wesentlich lebendiger.
Snork vielleicht passen die vergangenen Beiträge besser in
ThreadFarbigkeit und Putz alter Häuser
Verweis zum letzten Beitrag im alten Forum: http://www.naanoo.com/freeboard/boar…1&forumid=16292AntiquitusOctober 7, 2004 at 4:06 PM oder hier:
ThreadPatina
Ahoi!
Ein Thema, das mich sehr reizt: Patina - d.h. altersbedingte Veränderung von Gebäuden & Materialien.
Für Grundsätzliches einfach nochmal in den Wiki-Artikel schauen.
Hier können z.B. Bilder von besonders schön patinierten Gebäuden eingestellt und kommentiert werden. Auch ich werde in unregelmäßigen Abständen Fotomaterial dazu einbringen.
Auch kann diskutiert werden, was Patina ausmacht, wie viel davon gewünscht ist und wann man sanieren sollte, wie möglichst schonend saniert wird um Patina…erbseAugust 26, 2009 at 9:19 PM -
Nach jeder Restaurierung sehen Gebäude wie "glattgeleckt" aus. Das liegt in der Natur der Sache.
Nein, das ist kein Naturgesetz. Wie man an handwerklichen Sanierungen in ganz Europa betrachten kann, besonders anschaulich zB im Elsass, der Toskana oder Siebenbürgen. Da wird bei Sanierungen stark darauf geachtet, die Altersspuren würdig zu erhalten und nicht brutal zu übertünchen.
In Würde altern vs. Botox, was ist uns lieber?
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Danke für die interessanten Beispiele aus Deutschland. Mir stellt sich dabei allerdings die Frage, ob man - wie im ersten Beispiel - eine siebenwöchige Fassadensanierung mit einer fünf Jahren dauernden Grundsanierung des Güstrower Schlosses vergleichen kann, bei der Risse im Mauerwerk beseitigt werden müssen.
Grundsätzlich stellt sich mir nämlich auch die Frage nach den Zielen einer Sanierung. Will man möglichst nah am Urzustand des Denkmals sanieren und entsprechende Befunde beachten oder lieber prinzipiell Materialien verwenden, die eine Patina schnell erkennen lassen oder erst gar nicht überdecken? Ist das überhaupt vereinbar? Und wie nachhaltig ist der eine und der andere Weg in Bezug auf die Notwendigkeit einer erneuten Sanierung in einigen Jahrzehnten? Und wie spielen da die zur Verfügung stehenden Ressourcen hinein? Das sind dann doch vielleicht zu klärende Voraussetzungen und Einzelfallentscheidungen.
Wenn du und erbse pauschal sagen, das sei ein spezifisch deutsches Problem, dann ist das lediglich eine Feststellung anhand eigener Augensichtungen oder kann man das auch mit harten Fakten untermauern? Meine Beobachtungen sagen mir nämlich, dass man in Nordeuropa, in Osteuropa oder in den Niederlanden eine ähnliche Praxis an den Tag legt wie in Deutschland. Ich lasse mich da aber gerne eines Besseren belehren, da ich kein ausgewiesener Experte in technischen Fragen von Sanierungen bin.
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Dass es ein spezifisch deutsches Problem ist, sage ich nicht, aber es ist hierzulande schon auffällig ausgeprägt. Alles muss "perfekt geleckt" aussehen, sonst wird es schnell schon als "Sanierungsfall" oder gar als "Schandfleck" bzw. "Ruine" betitelt. Bei den italienischen Verhältnissen bekäme da manch einer direkt Schnappatmung. Zugleich sehe ich leider z.B. auch im Westen Polens viele sehr radikale Sanierungen, die aber eben auch durch die deutsche Bauindustrie (teil)geprägt werden.
In Skandinavien wird auch sehr tiefgreifend saniert. Aber immerhin verwendet man vor allem in Dänemark und Schweden sehr gerne natürliche Kalkfarben statt Dispersionsfarben, die sich mit der Zeit etwas auswaschen und eine organisch wirkende Struktur erhalten. Dadurch wirken selbst "totsanierte" Bauten in den nordischen Ländern schnell wieder angenehm gealtert und natürlich. -
Mir stellt sich dabei allerdings die Frage, ob man - wie im ersten Beispiel - eine siebenwöchige Fassadensanierung mit einer fünf Jahren dauernden Grundsanierung des Güstrower Schlosses vergleichen kann, bei der Risse im Mauerwerk beseitigt werden müssen.
Ja ein Haus ist natürlich etwas anderes als ein Schloss.
Größenmäßig eher vergleichbar ist wahrscheinlich Kloster Raitenhaslach, dessen Sanierung immerhin 4 Jahre gedauert hat (die zu sehenden Bilder sind der sanierte Zustand):
Kloster Raitenhaslachwww.pfingstl.deWenn du und erbse pauschal sagen, das sei ein spezifisch deutsches Problem, dann ist das lediglich eine Feststellung anhand eigener Augensichtungen oder kann man das auch mit harten Fakten untermauern? Meine Beobachtungen sagen mir nämlich, dass man in Nordeuropa, in Osteuropa oder in den Niederlanden eine ähnliche Praxis an den Tag legt wie in Deutschland.
Ich sage nicht, dass das ausschließlich in Deutschland zu finden ist, aber hier womöglich besonders ausgeprägt. In den Galerien von Johan zu Stockholm ist mein Eindruck, dass dort selbst in Gründerzeitviertel viel Wert auf Putz und passende Kalkfarbe gelegt wird. Umgekehrt sieht man in Rom, dass man sich dort von den Orange- und Ockertönen, die man aufgrund der Verwaschungen und der Muster als Kalkfarben identifizieren kann, in den vergangenen 10 bis 15 Jahren massiv wegbewegt und bei Sanierungen auf Weiß- und Grautöne setzt, in Ausnahmefällen zwar (selten) noch Orange aber alles in volldeckenden Farben ausgeführt wird, was für viele Straßenansichten einfach eine Verarmung im Stadtbild darstellt. Dort siegt momentan die Industrie.
Edit: Überschneidung mit erbses Beitrag
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Ich denke, wir haben schon ein Problem mit einem ,,zu perfekten" Anspruch. Wir hatten das glaube ich mal kurz bei alpenländischer Architektur diskutiert, dass dort eine perfekt glatte Putzoberfläche mit schnurgeraden Kanten und kaltweißer perfekter Farbe besonders viel vom Charme nimmt, durch den hohen Mauerflächenanteil. Anderswo hatten wir diskutiert, wie die Wirkung von unterschiedlich farbigen Dachziegeln ist, bzw. ob man wie in der Schweiz nicht besser etwas mehr Variation rein bringt.
Mein Ansatz bei der Materialwahl und der Farbigkeit ist - und damit decke ich mich mit der Ansicht der Denkmalpflege - zunächst den Originalbefund heranzuziehen - wenn möglich. Wenn nicht möglich, dann muss man sich vielleicht für eine andere Zeitschicht entscheiden. Ist auch dies schwierig, dann sollte man Vergleichsbauten heranziehen. Die Möglichkeit, den Eindruck einer Patina zu erzielen oder zu erhalten, kann - wenn möglich - berücksichtigt werden, aber niemals über dem Baubefund stehen.
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Mein Ansatz bei der Materialwahl und der Farbigkeit ist - und damit decke ich mich mit der Ansicht der Denkmalpflege - zunächst den Originalbefund heranzuziehen - wenn möglich. Wenn nicht möglich, dann muss man sich vielleicht für eine andere Zeitschicht entscheiden. Ist auch dies schwierig, dann sollte man Vergleichsbauten heranziehen. Die Möglichkeit, den Eindruck einer Patina zu erzielen oder zu erhalten, kann - wenn möglich - berücksichtigt werden, aber niemals über dem Baubefund stehen.
Das ist nachvollziehbar, wenn man aus einem wissenschaftlichen Anspruch heraus Gebäude unterhält. Dadurch, dass das aber nur ein Aspekt von ganz vielen ist, würde ich das gerne hinterfragen. So ist dieser Ansatz stark abhängig von hochspezialisierten Experten, die dann sich z.B. durch die Wandschichten arbeiten. Natürlich auch entsprechend sehr teuer und zeitraubend. Das soll kein Totschlagargument sein, man muss sich überlegen, ob die Investition gerechtfertigt ist (bei Ausgrabungen ist man z.B. ja auch bereit das zu investieren), aber generell kann man konstatieren, dass man über diesen Weg nicht sehr viele Bauten so sanieren kann und entsprechend "wenige" betreut der Denkmalschutz heute. Ich denke aus gesellschaftlicher Sicht (und in diesem Fall liegt die überquer zur wissenschaftlichen) ist von sehr viel höherem Wert, wenn solche Sanierungsansprüche gesenkt würden, dafür mehr Bauten (auch von den Besitzern dann begrüßt) unter Denkmalschutz kämen, bei erheblich gesenktem Aufwand bei Sanierung. Der Denkmalschutz könnte Materialien vorgeben, wo man weiß, dass sie dem Bestand nicht schaden, könnte auch vorgeben, wie vermieden wird, dass es grobe Stilbrüche gibt, wie z.B. ungeeignete Fensterteilungen, Dachaufbauten etc., und eben wie hier diskutiert wie ein organischer Look erreicht wird (das wäre komplett neu soweit ich weiß). Das würde m.E. für fast alle ausreichen, hohe ästhetische Ergebnisse liefern, und würde dem Denkmalschutz wieder Zuspruch und Anerkennung geben in der Bevölkerung, weil er tatsächlich dann Hilfe ist und nicht einfach ein Verteuerer und Verkomplizierer aus Prinzip.
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Das ist nachvollziehbar, wenn man aus einem wissenschaftlichen Anspruch heraus Gebäude unterhält. Dadurch, dass das aber nur ein Aspekt von ganz vielen ist, würde ich das gerne hinterfragen. So ist dieser Ansatz stark abhängig von hochspezialisierten Experten, die dann sich z.B. durch die Wandschichten arbeiten. Natürlich auch entsprechend sehr teuer und zeitraubend.
Du hast natürlich recht damit, dass es sehr stark davon abhängig ist, was man da restauriert und wer der Bauträger ist. Wer sein altes Bauernhaus auf Vordermann bringen möchte, dem werden wissenschaftliche Vorgaben weitestgehend egal sein. Und das ist auch in Ordnung so. Aber die Diskussion entwuchs hier der Sanierung des Güstrower Schlosses. Und dass diese wissenschaftlich begleitet wird, ist für mich selbstverständlich. Da stehen ganz anderer Kriterien im Vordergrund.
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Es hat ja keiner was gesagt, dass da was falsch gemacht wird. Man kann das angesichts der Planen auch gar nicht beurteilen. Ich hab nur gesagt, schade, dass ... - weil ich mich an Erbses Bild erinnern kann. Das war keine Wertung.
Dass es in D in Sachen Patina schlecht bestellt ist, kann man nicht bezweifeln. Allerdings muss man einräumen, dass es beim DDR-Erbe auf solche Feinheiten wirklich nicht mehr ankam und man mit dem, was daraus gemacht worden ist, zufrieden sein muss.
Was ich wirklich bedaure, ist der Verlust des alten CSSR-Patinas. Diese alten Städte hinter unserer Grenze, die wird man so nie wieder sehen...
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Filmisch dokumentiert im Woyzeck von Werner Herzog, gedreht ‘78 in Teltsch.
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Teltsch noch weniger, das war immer auf Vordermann bzw auch nach der Wende sehr aufwendig renoviert.
Eher die größeren Städte Neuhaus und Wittingau (Trebon).
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Interessant...
Das war allerdings vor meiner Zeit, und nur über diese kann ich reden. Ab 84 war das jedenfalls nicht mehr so.
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