Panoramafreiheit in Europa

  • Ich möchte hier nochmals dieses Thema ansprechen, da mir vor einiger Zeit der Gedanke kam, meine ziemlich umfassende Sammlung an Architekturbildern über das Internet als "lizenzfreie" Fotos gegen eine geringe Gebühr anzubieten ("lizenzfrei" ist eine mißverständliche Übersetzung von "royalty free", das heißt, der Käufer darf das Foto für verschiedene Zwecke verwenden und muß nicht für jede Einzelverwendung wie Kalender, Buch, Website usw. jeweils erneut nachlizenzieren).

    Hier habe ich nun verschiedene Rechtsauffassungen gefunden, einerseits unter http://www.aufrecht.de/beitraege-unse…-was-nicht.html im Prinzip eine Darstellung, die weitestgehend unserem Verständnis der Panoramafreiheit entspricht.

    Bei (meist US-amerikanischen) Bildagenturen wird die Angelegenheit indes anders gesehen, als Beispiel sei Fotolia genannt:

    https://de.fotolia.com/Info/Contribut…Legal/Buildings

    Zitat

    Wenn Ihr Foto ein Gebäude oder Architektur zeigt, benötigen Sie eine Freigabe vom Architekten und/oder Besitzer.

    Wenn der Architekt aber seit mehr als 70 Jahren verstorben ist oder die Gesellschaft, die es erbaut hat, seit mehr als 120 Jahren nicht mehr existiert, benötigen Sie keine Freigabe.

    Wichtig: Für erkennbare Gebäude, Architektur und Sehenswürdigkeiten benötigen Sie stets eine Einwilligung des Rechteinhabers, es sei denn, Gebäude, Architektur oder Sehenswürdigkeit sind nicht das Hauptmotiv des Bildes (zum Beispiel kann ein Panorama-Bild von New York ohne Freigabe verkauft werden, auch wenn geschützte Gebäude darauf erscheinen, solange das Foto nicht eins davon fokussiert).

    Entsprechend entsteht eine umfassende Liste mit verbotenen Motiven:

    https://de.fotolia.com/Info/Contribut…Legal/Buildings

    Zudem gelten noch sehr strenge Vorschriften für das Abbilden von Personen und Markenzeichen (die laut Fotolia entfernt werden müßten). Fotolia scheint sich an diese Vorgaben zu halten, jedenfalls habe ich z. B. zu meiner Heimatstadt nur "seltsame" Architekturfotos gefunden: eigentlich nur Gebäudeansichten schräg nach oben, um vermutlich garantiert weder Personen noch irgendwelche Ladenschilder abzubilden.

    Dem Blog eines deutschen Fotografen habe ich entnommen, daß z. B. Fotos im Schwetzinger Schloßpark ebenfalls nicht zu kommerziellen Zwecken über das Internet angeboten werden dürfen bzw. daß für jeden Einzelfall eine "Lizenz" (obwohl ich das Foto selbst aufgenommen habe) von 350 Euro an die Schloßverwaltung zu zahlen ist.

    Weiß jemand, welche Rechtsauffassung für kommerziell genutzte Fotos in Deutschland gültig ist? Sollte die strenge Auslegung gelten, so macht dies das Anbieten von Architekturfotos ja praktisch unmöglich, da ja selbst in historischen Altstädten wie Tübingen fast immer mal ein Neubau, ein Markenlogo (z. B. eines Mobilfunkladens) oder Personen zu sehen sind.

  • Ich glaube, so etwas muss nicht zwingend mit Fotografierverbotsschildern geregelt werden. Die meisten Tierparks und ähnliche Einrichtungen erlauben Fotos zu privaten Zwecken, erfordern aber für die kommerzielle Nutzung eine Freigabe. Mir ist z.B. mal von einem Fall zu Ohren gekommen, wo eine Autorin ein Buch zur Tierfotografie veröffentlicht hat. Die dort abgelichteten Tiere wurden größtenteils in Zoogehegen aufgenommen und die meisten Zoos haben der Verwendung auch ohne Lizenzgebühr zugestimmt. Einige wenige haben dem widersagt, so dass die entsprechenden Fotos nicht ins Buch aufgenommen wurden. Im Zweifel also einfach nachfragen, die Verwendung erläutern und die Genehmigung einholen, dann bist Du auf der sicheren Seite.

    Wo ich mir nicht ganz sicher bin ist die freie Zugänglichkeit über das Internet - wie schützt man sich davor, nach amerikanischem Recht verklagt zu werden? Eigentlich müsste die Beschränkung auf Bilder aus Regionen mit Panoramafreiheit und unter deren Beachtung (das Hundertwasserhaus darf z.B. nur von der Straße aus lizenzfrei fotografiert werden) sowie das Hosten auf einem deutschen Server mit Standort in Deutschland Rechtssicherheit schaffen, aber sicher bin ich hier nicht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat

    Wo ich mir nicht ganz sicher bin ist die freie Zugänglichkeit über das Internet - wie schützt man sich davor, nach amerikanischem Recht verklagt zu werden?

    Vielleicht könnte man beim Verkauf die Bedingung stellen, daß die Fotos lediglich durch Käufer innerhalb Deutschlands erworben werden dürfen, und sich auf Fotos von Motiven beschränken, die in Deutschland aufgenommen wurden (schon in Österreich gilt ja eine eingeschränktere Form der Panoramafreiheit)?

    Nachtrag: Ich habe soeben das Buch "Recht für Fotografen" bestellt und werde mich mal in den Weihnachtsferien mit der Thematik befassen.

  • Man kann sich relativ leicht davor schützen, nach amerikanischem Recht verklagt zu werden, indem man in seinen AGB die Geltung des deutschen Rechts für alle Streitigkeiten vereinbart. Das gilt dann für alle Käufer, außer für Verbraucher, bei denen unter bestimmten Umständen ihr eigenes Recht gültig sein kann. Das kann man dadurch vermeiden, dass man sich nicht speziell an die Nutzer des entsprechenden Landes wendet.
    Beispiel: Wenn amazon.de direkt ohne deutsche Tochterfirma von amazon.com betrieben würde und ich als deutscher Verbraucher kaufe da ein und in den AGB steht, dass kalifornisches Recht gilt, dann habe ich trotzdem 14 Tage gesetzliches Widerrufsrecht, weil amazon nicht ausschließen kann, dass ich mich auf mein eigenes Recht berufe, denn amazon.de richtet sich eindeutig an deutsche Verbraucher. Wenn ich aber bei amazon.com einkaufe und da steht, dass kalifornisches Recht gilt, dann ist das so und ich habe Pech gehabt, denn amazon.com richtet sich nicht speziell an deutsche Kunden.
    Also sollte man am besten eine .de-Domain nutzen und z.B. keine amerikanische Flagge für die englische Sprachversion verwenden, damit niemand auf die Idee kommen kann, man habe speziell amerikanische Verbraucher ansprechen wollen.

    Wenn man sich daran hält, wird es keinerlei Probleme geben. Wäre ja auch ganz übel, wenn das nicht so wäre, denn dann hätte man ja überhaupt keine Rechtssicherheit mehr, weil man erstmal hunderte von irgendwo auf der Welt geltenden Rechtsordnungen untersuchen müsste und dann seine Dienste so anpassen, dass sie gegen keine einzige verstoßen.