Basilika von Nantes brennt

  • Römische Bauten sind in Deutschland zwar sehr selten, aber es stehen noch einige - in Trier sogar mehrere Monumentalbauten ganz oder als Teile jüngerer Bauwerke. Bauten aus den ersten nachrömischen Jahrhunderten sind dagegen eine größere Rarität. Sind in Deutschland überhaupt Bauten erhalten, die zwischen den Römern und den Karolingern errichtet wurden?

    Wie gesagt, Teile des Trierer Doms... Darüber hinaus ist die Michaelskirche in Fulda sehr alt, aber vermutlich aus karolingischer Zeit... Gallien hat eben schon länger Kultur als wir. ;)

    Für weniger Ideologie!

  • Hier mal ein französischer Artikel, der aber ein aktuelles Bild zeigt, auf dem der Brand so gut wie gelöscht scheint.

    http://www.lefigaro.fr/actualite-fran…n-de-nantes.php


    Und zum Rest: Ich kann Königsbaus Ärger gut nachvollziehen, da das Thema des Stranges eigentlich ja der Brand der Basilika ist, und nicht die daneben stehende Friedhofskapelle aus dem 6. Jahrhundert, so wertvoll sie auch sein mag.

    Andererseits jedoch kann ich beim eigentlichen Diskussionsobjekt keinen sonderlichen Unterhaltungsbedarf erkennen, denn außer einem Dachstuhl aus dem 19. Jahrhundert (den hier vehement zu verteidigen sicherlich auch Substanzfetischismus wäre) und einer Dachdeckung aus derselben und späteren Zeiten ist im Prinzip nichts verloren gegangen; der verkohlte Dachstuhl steht zu großen Teilen noch aufrecht, es dürfte also jenseits des massiven Steingewölbes kein Schaden entstanden sein.

    Ich kann mehr daher beim besten Willen keine Gefahr für den Bestand der Kirche vorstellen.


    Abgesehen davon wäre merowingische Architektur sicher auch einen eigenen Strang wert, jedoch nicht hier, sondern im Architekturtheorie- und geschichtsbereich des Forums.

  • Ist die Johanniskirche nicht auch aus karolingischer Zeit?

    Ich hätte sonst noch die Galluskirche in Pappenheim und die Torhalle in Lorsch zu bieten sowie die Ruinen der Sola-Basilika in Solnhofen, aber die sind alle vom 9. Jahrhundert.

  • Der Figaro-Artikel nennt als Grund für den Brand Schweißarbeiten im Rahmen von Arbeiten am Dach. Die Kirche ist nicht als "monument historique" klassifiziert und gehört baulicherseits der Stadt Nantes (nach dem Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat von 1905), die Franzosen sind in Bezug auf den heeren Laizismus sehr eigen.

    Ich würde dennoch nicht davon ausgehen, dass mit einem Abriss zu rechnen ist. Der Artikel sagt leider nichts aus über eventuelle Schäden im Inneren oder im Umfeld, man muss aber sicher davon ausgehen, dass durch das Löschwasser erhebliche Schäden entstanden sein werden.

    Zu Nantes: Die Stadt ist als ehemaliger Sitz der Ducs de Bretagne von herausragender historischer Bedeutung. Auch ich hatte beim ersten Lesen des Titels befürchtet, dass die gotische Cathédrale St Pierre betroffen sein könnte, deren Chor (über die ehemaligen Stadtmauern hinausragend) übrigens ebenfalls erst im 19.Jahrhundert nach Plänen des französischen "Kathedral-Gurus" Eugène Viollet-le-Duc ergänzt wurde und damit quasi ein Zeitgenosse besagter Basilique ist.

    Nichtsdestotrotz ist der Brand sehr bedauerlich und es ist zu hoffen, dass ein Wiederaufbau schnell erfolgen kann. Auch darüber sagt der Figaro-Artikel nichts, die Bürgermeisterin will sich vielmehr zunächst auf die Suche nach den Ursachen und den Verursachern konzentrieren.

    Einmal editiert, zuletzt von Antonstädter (15. Juni 2015 um 22:27)

  • Ist die Johanniskirche nicht auch aus karolingischer Zeit?

    Ich hätte sonst noch die Galluskirche in Pappenheim und die Torhalle in Lorsch zu bieten sowie die Ruinen der Sola-Basilika in Solnhofen, aber die sind alle vom 9. Jahrhundert.


    Mit dem Zeitraum zwischen den Römern und den Karolingern meine ich die Jahre von ca. 450 bis 750. Aus dieser Zeit kenne ich in Deutschland nur archäologische Überreste von Bauten.

  • in Bezug auf den heeren Laizismus


    Also nicht der "hehre", sondern der "verheerende" Laiszimus?


    Mit dem Zeitraum zwischen den Römern und den Karolingern meine ich die Jahre von ca. 450 bis 750.


    Genau so sehe ich das auch. Und weil wir vor 750 suchen müssen, fällt uns kein erhaltens vorkarolingisches Bauwerk ein.

  • Zeno: Ja genau, der... :wink:

    Hier mal eine ad-hoc-Übersetzung des Figaro-Artikels aus meiner bescheidenen Feder:

    Spektakulärer Brand der Basilique Saint-Donatien in Nantes

    Spektakulär. Das ist das meist genannte Adjektiv in Bezug auf den Brand, der die Basilique Saint-Donatien-et-Saint-Rogatien in Nantes seit 10.30 Uhr heute Vormittag ereilt hat. Die Feuerwehr erschien sehr schnell am Ort des Brandes, der sich mitten im Stadtzentrum befindet. Laut France Bleu Loire Océan [regionaler Radiosender] ist das Feuer nunmehr unter Kontrolle und die Feuerwehr fährt mit der Bewässerung des immer noch rauchenden Dachstuhls, der zum Teil eingestürzt ist, fort.

    Laut einer Frau, die sich als Köchin des Pfarrhauses vorstellte und vom Figaro gegen 11.00 Uhr kontaktiert wurde, sei das Feuer durch ein „falsches Herangehen“ der Dachdecker, die seit einer Woche mit Arbeiten am Dach beschäftigt waren, verursacht worden. „Es brennt immer noch!“, hatte sie daraufhin erklärt. Als sie später erneut kontaktiert wurde, präzisierte sie gegen 12.30 Uhr, dass das Pfarrhaus gerade evakuiert werden würde. „Die drei im Pfarrhaus wohnenden Studenten“ wären allerdings „nicht anwesend“ gewesen, als der Brand ausbrach. Laut Radio France Bleu Loire Océan seien die Dachdecker, die mit Schweißarbeiten beschäftigt waren, im Schockzustand durch die Feuerwehr versorgt worden. Monseigneur Michel Bonnet, Pfarrer der Gemeinde, sei „sehr ergriffen“, laut lokalem Radiosender Fidélité Nantes.

    Über die sozialen Netzwerke verbreitete sich die Information wie ein Lauffeuer: […]

    Der frühere Premierminister und Bürgermeister der Stadt Nantes, Jean-Marc Ayrault, bezeichnete sich selbst als „sehr betroffen“ im Angesicht des Feuers und drückte seine Solidarität und sein „tiefes Mitgefühl mit den Einwohnern von Nantes“ aus, ebenso wie seine „Unterstützung der Hilfskräfte“, die vor Ort geeilt sind: […]

    Einige Kunstwerke wurden durch die Gemeinde in Sicherheit gebracht, berichtet ein Journalist von France Bleu Loire Océan: […]

    Laut dem Service départemental d'incendie et de secours de Loire-Atlantique [departementale Rettungsbehörde] waren diesen Montag Morgen 75 Feuerwehrleute am Brandort eingesetzt. Das Bauwerk, das sich im Viertel Malakoff-Saint-Rogatien in Nantes befindet, stammt aus dem 19. Jahrhundert. Neben der Basilique Saint-Nicolas ist es eine der beiden Basiliken in Nantes. Im Gegensatz zu der letzteren „steht sie allerdings nicht unter Denkmalschutz“, erklärte Guillaume de La Chapelle, Verantwortlicher der Drac Pays de la Loire, der regionalen Direktion für kulturelle Angelegenheiten. Allerdings „befinden sich sieben oder acht klassifizierte [unter Denkmalschutz stehende] Goldschmiedearbeiten in der Sakristei “, erläutert er. Stücke, die auf wundersame Weise dem Brand entgangen sind, da das Feuer diesen Teil der Kirche nicht erreicht hat.
    Am Montagnachmittag war der Architekt von Bâtiments de France [oberste französische Denkmalschutzbehörde], Dominique Bernard, vor Ort, da sich das Feuer in einem unter Denkmalschutz stehenden Bereich ereignet hat. Entsprechend dem Gesetz über die Trennung von Kirche und Staat von 1905 ist die Stadt Nantes Eigentümer der Basilika.

    Die Bürgermeisterin von Nantes, Johanna Rolland, hatte sich in der Mittagszeit vor Ort begeben, „um ihre vollkommene Unterstützung und tiefe Solidarität zu versichern “. Laut der Bürgermeisterin werden im Laufe des Montag Nachmittags Gutachten erstellt, um die Gründe und die Verantwortlichen des Brandes zu ermitteln.

  • Ist die Johanniskirche nicht auch aus karolingischer Zeit?

    Ich hätte sonst noch die Galluskirche in Pappenheim und die Torhalle in Lorsch zu bieten sowie die Ruinen der Sola-Basilika in Solnhofen, aber die sind alle vom 9. Jahrhundert.


    Mit dem Zeitraum zwischen den Römern und den Karolingern meine ich die Jahre von ca. 450 bis 750. Aus dieser Zeit kenne ich in Deutschland nur archäologische Überreste von Bauten.


    Teile der Mainzer Johanniskirche sind vor kurzem auf die Zeit um 660 datiert worden. Spätrömisches Mauerwerk ist bei den laufenden Grabungen ebenfalls gesichtet worden - diese Kirche wird noch für einige Überraschungen sorgen.
    Mittags im Radio zu hören, die Kathedrale brennt, und dann bis abends auf keine weiteren Informationen zurückgreifen können, ist kein Vergnügen. Hinzu kam die Ungewißheit über die Orgel, die, im Kern von Francois-Henri Cliquot stammend, geradezu einen Weltrang innehat. Diese Sorge war im nachhinein unbegründet, aber auch eine französische Basilika aus dem 19. Jhd. kann für viele Menschen innerhalb und außerhalb Frankreichs einen hohen Stellenwert haben.

  • Was mich wurmt... Offenbar ist der Brand ja wohl durch fahrlässiges Verhalten bei Dacharbeiten ausgelöst worden. Mich erinnert das an den Fall des Brandes von Schloss Ohrdruf. Was aber sind das eigentlich für Dachdeckerfirmen, die derart dilletantisch vorgehen? Von einem Profi sollte man eigentlich eine vorsichtiges Vorgehen erwarten, wozu genaue Kontrolle nach getaner Arbeit und ein stets mitgeführter Feuerlöscher eigentlich zum Standard gehören.

  • Teile der Mainzer Johanniskirche sind vor kurzem auf die Zeit um 660 datiert worden.

    Laut diesem SWR-Beitrag steckt in der Kirche noch aufgehendes Mauerwerk aus der Zeit um 660 bis in eine Höhe von wenigstens 15 Metern. Erstaunlich. Wenn sich dieser Befund bestätigt, wäre die Johanniskirche der zweitälteste Kirchenbau Deutschlands nach dem Trierer Dom.

  • Was mich wurmt... Offenbar ist der Brand ja wohl durch fahrlässiges Verhalten bei Dacharbeiten ausgelöst worden. Mich erinnert das an den Fall des Brandes von Schloss Ohrdruf. Was aber sind das eigentlich für Dachdeckerfirmen, die derart dilletantisch vorgehen? Von einem Profi sollte man eigentlich eine vorsichtiges Vorgehen erwarten, wozu genaue Kontrolle nach getaner Arbeit und ein stets mitgeführter Feuerlöscher eigentlich zum Standard gehören.


    Sowas passiert immer wieder. Auch der Deutsche Dom am Gendarmenmarkt in Berlin ist direkt nach dem die Kuppel fertiggestellt war, wieder komplett abgebrannt (bis auf den Turm). Es sollte nur noch eine kleine Stelle unter der fertigen Kuppel geschweißt werden :blink:

  • Berühmtestes Beispiel ist der Hamburger Michel, der im Juli 1906 vollständig abgebrannt ist, nachdem Klempner Lötarbeiten an der Kupferhaut des Turmes durchgeführt hatten. Nach längeren Prozessen wurden die der fahrlässigen Brandstiftung beschuldigten Handwerker übrigens freigesprochen, da sie - so die Richter - ein Voraussehen der verschiedenen, unglücklich zusammenfallenden Umstände, die zum Brand führten, nicht hätten absehen können.
    Glück im Unglück: Durch die Vernichtung der Kirche in einer wirtschaftlich sehr reichen Epoche konnte diese originalgetreu unter Einsatz von brandfesten Materialien wieder aufgebaut werden, so dass sie dem Feuersturm vom 25. Juli 1943 trotzen konnte. Sonst hätte Hamburg da sicher keinen Michel mehr, sondern so´n modernes Dings á la Gedächtniskirche Berlin...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Zitat

    Mit dem Zeitraum zwischen den Römern und den Karolingern meine ich die Jahre von ca. 450 bis 750. Aus dieser Zeit kenne ich in Deutschland nur archäologische Überreste von Bauten.

    Auch wenn das Thema jetzt schon wirklich sehr off-topic ist: Dass sich die Menge der vorkarolingischen Bauten auf eine so kleine Zahl beschränkt, kann ich mir nicht vorstellen. Alte Mauern in Zweitverwendung, z. B. in Kirchen, das ist ja nichts seltenes. Mir fallen als konkrete Beispiele zwar nur mehrere Mauerzüge aus dem 9. Jahrhundert ein, die sich natürlich jenseits der Grenze befinden (Behamberg, mehrfach Mautern, einige weitere...); im zu diesen und zu früheren Zeiten teilweise wesentlich zivilisierteren Deutschland hat es aber sicher steinerne Bauwerke gegeben, die einfach in nachfolgende Bauten integriert wurden.