Die Berliner Schloßbaubütte in Spandau

  • Impressionen von einer Führung durch die Schloßbauhütte in Berlin-Spandau Anfang Mai 2015

    Teil 1

    Für weitere Informationen verweise ich auf die links unten:

    Informationen auf der Seite der Humboldt-Stiftung:
    http://www.sbs-humboldtforum.de/de/Berliner-Sc…hlossbauhuette/

    Ein lesenwerter aktueller Artikel in der Zeitschrift Monumente der dt. Stiftung Denkmalschutz:
    http://www.monumente-online.de/15/02/leitarti…er_Schloss_.php

    Weitere Bilderreihen auf der Schloßvereinsseite:
    http://berliner-schloss.de/impressionen-a…chlossbauhutte/

    Weitere Fotos bei rbb:
    http://www.rbb-online.de/kultur/thema/s…ossfassade.html

    Und ein Video zur Arbeit der Schloßbauhütte
    https://vimeo.com/96889038

    Mit den aktuellen Fotos geht`s nun in die Schloßbauhütte!

    Mit dem Shuttle-Bus des Stadtschlossvereins gerade angekommen...

    betreten wir jetzt die Schloßbauhütte in den ehemaligen Wartungshallen des britischen Militärs.


    Dort empfängt uns gleich zu Beginn den Gang entlang geblickt die geahnte Fülle von Gipsabgüssen und sandsteineren Werkstücken der Fassaden (inklusive des Grundsteins von 2013, der im Durchgang von Portal III noch eingebaut wird.)

    Doch zunächst einmal ein Blick mit kunsthistorischen Erläuterungen anhand des detailreichen Modells des historischen Stadtschloßes im Schauraum der Schloßbauhütte.



    Hier ein fertiges Bukranion, eine Bekrönung in der Mitte der Fensterverdachungen, bzw. des Fenstersturzes mit einer Art symbolischen, rudimentär rituellen Bedeutung. Sie gleichen stilisierten Stierschädeln. Eine antike Tradition die Schädel der zu Ehren der Götter vor dem Tempel geopferten Tiere danach am Tempel aufzuhängen. Somit war das Gebäude den Göttern geweiht und ihnen wohlgefällig. Diesem antiken Weiheritus nach heißt das auch, daß der preußische König Schloß und Herrschaft den Göttern geweiht hat und dadurch machtvolle Legitimation und Einfügung in die göttliche Ordnung erlangt!

    Siehehier weitere antike Beispiele

    Bildquelle: eigene

  • Teil 2

    Rundgang Berliner Schloßbauhütte


    Gipsabgüsse des Tonmodells und dessen Ausführung in Sandstein

    Eine ganze Menge Festons und Widderköpfe


    Hier ist ein Bukranion am richtigen Einbauort zu bestaunen

    Gipsabgüsse der überlebensgroßen Kolosalfiguren

    Dieses heraldische Relief zeigt über dem Wappenschild einen geflügelten Drachen, dessen Deutung mir in der Führung zu oberflächlich schien. Vertiefend betrachtet: keine Macht ohne Bändigung und Beherrschung der Drachenkräfte... Siehe auch die Uräusschlange an der Stirn der Pharaonen!

    Aus der Nähe...

    Nochmal das flach liegende Bukranion näher

    Die Drachenkraft unter dem preussischen Adler, Feuer- und Luftelement

    Die Kolosalfiguren de Schlüterhofs als Gipsabgüsse


    Wunderschöne korinthische Kapitelle,

    die in den Details die Neuschöpfung, bzw. Variation des antiken Vorbildes erkennen lassen:

    ... auch die ionischen Kapitellvorbilder werden in barocker Manier neu interpretiert

    Eine besonders schöne figural-plastisch ausgeschmückte Kapitellvariation! Das alles wird man am Bau selbst nur mehr noch mit dem Feldstecher von nahem sehen können!?

    Am Durchgang zu den Steinlagern und dem tätigen Herzen der Bauhütte diese monumentalen Kapitelle, wie 2 Wächter!!! :schockiert:

    Bildquelle: eigene

    3. und letzter Teil folgt!

  • Schöne Einblicke!

    Dazu auch ein aktueller Bericht, der heute im Humboldt-Forum-Sonderteil der Printausgabe der Berliner Morgenpost enthalten ist.

    Quote

    Die Barockfassade des Humboldtforums entsteht neu. In der Spandauer Bauhütte arbeiten zwei Dutzend Steinbildhauer an der Rekonstruktion.

    Handwerk im Geiste Schlüters - Welt online

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Teil 3

    Rundgang durch die Schloßbauhütte Berlin-Spandau

    Im dritten und letzten Teil des Rundganges begegnen wir nun den beiden Höhepunkten der Schloßbauhütte:
    den dort gelagerten originalen Skulpturen des alten Stadtschlosses und den tätigen Bildhauern, die die umfangreiche skulpturale Bildhauerei nach den Gipsmodellen aktuell anfertigen. Die Bildhauer bei der Arbeit zu fotografieren war verständlicherweise nicht erwünscht. Wir sehen aber weiter unten noch Fotos von aktuell bearbeiteten Werkstücken!

    Jetzt aber zunächst die schwarz patinierten Skulpturen und Reliefs des Schlüter'schen und Eosander'schen Berliner Stadtschlosses:

    Da stehen sie nun, verhüllt, geisterhaft, die Boten einer längst vergangenen Epoche, doch als Kunstwerke zeitlos gültig!

    Ein originales Reliefmedaillon

    Und da liegen sie, die alten Steine...

    und werden von der kleinen Gruppe unter Staunen, Bewunderung und einer gewissen Ehrfurcht betrachtet und berührt...

    einige alte Kapitelle...

    hier in der Nahaufnahme ein umgedrehtes Kapitell...

    ... das glich schon fast einem heiligen Akt diese alten Steine nicht nur zu betrachten, sondern auch über deren Oberflächen achtsam mit der Hand zu streichen...

    Im Hintergrund ein Modell der neobarocken Nachschöpfung von vermutlich Hofportal II, von Frank Kösler und Töchtern geschafffen (siehe auch im unten verlinkten Film)


    zum Greifen nah, was einst unerreichbar hoch und bald wieder in der Fassade integriert sein wird...

    und vieles muß neu geschaffen werden. Hier wieder ein Gipsmodell, Vorlage für die Arbeit in Sandstein!

    Einer der zahlreichen preussischen Adler, die alle variieren und bald wieder unter dem Hauptgesims über das Schloß und die Stadt wachen.

    Das Lapidarium des alten Schlosses

    Antik-barockes Bodybuilding...


    Und zum Schluss besuchten wir die Bildhauer, die tatsächlich in offenen Hütten arbeiten, den Bauhütten, wie in alter Zeit, wegen des Lärms und dem anfallenden Steinstaub und den Absprengseln...
    Einer der Bildhauer äußerte sich im Gespräch eher kritisch über das gesamte Schloßrekonstuktionspojekt in dem Sinne, daß die immense Größe, die enormen bildhauerischen Volumina allmählich den Verantwortlichen über den Kopf wachsen würden und der Bauablauf mittlerweile, gezwungenermaßen einer Industrialisierung weichen muß, um überhaupt noch zeitgerecht voranzukommen. Ihm fehle darin die Liebe zur bildhauerischen Arbeit. Die Bildhauer sollten den mit CNC-Steinfräsen vorgefertigten Werkstücken nur mehr noch die bildhaueische Oberfläche verpassen. Das widerspräche dem Berufsethos, ja dem Geiste der künstlerischen Bildhauerei. Das sei sehr schade! Und das kann ich sehr nachvollziehen, aufgrund meiner eigenen bildhauerischen Erfahrungen. Hier wird also handwerklich getreue Arbeit, die den Stein durch und durch gestaltet dem begrenzten Zeitbudget und der Einhaltung des Kostenrahmens geopfert. Und dennoch sind die neuen Steinfräsungmöglichkeiten genial vereinfachend. Wer will schon Dutzende, ja Hunderte Fensterrahmungen von Hand meißeln!?? Und der Stein würde auch geschont durch die sanftere Bearbeitung mit den automatischen Steinsägen und Fräsen wurde uns gesagt.

    Doch die Bildhauer haben noch genügend großformatige Werke aus dem Stein zu schlagen, wie man hier sieht:

    Bildquelle: alle eigene

    Gerade eben auf rbb gesendet, der aktuellste Bericht über die Berliner Schloßrekonstruktion und über Rekonstruktionen an sich, mit durchaus insgesamt positiver Einstellung dazu!!
    Berlin feiert Richtfest
    Das neue Schloss

    http://www.rbb-online.de/doku/die_rbb_r…b-reporter.html

  • @ Contra,
    nein, in der Führung wurde dazu nichts ausgesagt. Diese war eh mehr kunsthistorisch ausgerichtet. Mir fehlte auch mehr die Erläuterung der bildhauerischen Methodik! Einzig im spontanen Gespräch mit den Bildhauern erfuhr ich mehr dazu. Das mit dem fehlenden Arm wird im verlinkten Film vom Bildhauer selbst erläutert. Es fehlt offensichtlich historisches Bildmaterial, um eindeutig die Stellung de Hand nachschaffen zu können. Falls das Modell die Bekrönung des Hofportals II darstellt, um dessen Nachschöpfung es im Film geht.

    Im Film kommt leider nichts zu den laufenden Fassadenarbeiten. Schade! (Wie Frank schon a.a.O. festgestellt hat) Aber dennoch ein durchweg positiv und differenziert zu qualitätvollen Rekonstruktionen eingestellter Beitrag!! Sehenswert!

  • Quote

    Wurde bei der Führung erwähnt, ob der fehlende Arm noch ergänzt wird, weil so sieht das bescheiden aus. :kopfschuetteln: ICh habe diesen Ruinenkult so satt.

    Also bisher hat man immer wieder betont, dass man allen Bildschmuck inklusive der Statuen unversehrt nachbilden würde. (Habe ich mehrmals gelesen und einmal, meine ich, auch in einem Videointerview gehört). Spolien die eingefügt werden (was aber sehr selten der Fall sein wird), würden auch restauriert werden und nur kleinere Versehrungen würde man belassen. Aber nichts, was das Auge beim Betrachten massiv stören würde...wie meiner Meinung nach z.B. ein komplett fehlender Arm... Ich hoffe, man hält sich daran.

  • Möchte mich hier auch noch einnmal bei SchortschiBähr für die schönen Fotos und die umfangreiche Dokumentation bedanken. :applaus:
    Die kurzen Videomitschnitte geben meist nur einen lückenhaften Einblick in die Arbeit der Schlossbauhütte,
    so können auch die berlinfernen diese Meisterstücke genießen! Vielen Dank! :anbeten:

    Viele Grüße
    noricum

  • Snork March 26, 2022 at 9:16 AM

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