Hamburger Rathaus (Galerie)

  • Am verlängerten Wochenende hatte ich Gelegenheit, der bemerkenswerten Stadt Hamburg einen Besuch abzustatten und möchte hier ein paar Aufnahmen des im Stil der Neorenaissance bis 1897 erbauten Hamburger Rathauses zeigen.
    Bei der Lektüre des recht informativen Wikipedia-Artikels war ich erstaunt darüber, welch lange Diskussions- und Planungsphase dem Bau vorausging - bei der ersten Ausschreibung wurden alle 43 eingereichten Entwürfe abgelehnt, dann offenbar 22 Jahre lang - mit Unterbrechungen - diskutiert und 1876 erneut weitere 128 Entwürfe abgelehnt. Schlussendlich legte dann ein Hamburger Architektenkollektiv einen Entwurf vor, der 1884 angenommen und bis 1897 realisiert wurde.
    Beim Betrachten des imposanten und qualitätvollen Bauwerks, welches den Krieg offenbar unbeschadet überstanden hat, stellte sich bei mir ein Eindruck von Stimmigkeit und Vollkommenheit ein - genau so und nicht anders passt alles zusammen, die Proportionen sind stimmig, die Fassade teilt sich harmonisch auf in freie, ornamentierte und auskragende Anteile.
    Nun ja, genug der Schwärmerei, es folgen sogleich die Bilder. Nicht verkneifen möchte ich mir aber doch die Anmerkung, dass mir beim Betrachten des Rathausplatzes und seiner Bauten die abfälligen Bemerkungen des Hamburger Ex-Kanzlers Helmut Schmidt über den Wiederaufbau des Berliner Schlosses einfielen - Tenor: niemand braucht dieses Schloss. Aber: Hamburg wäre auch ohne Rathaus eine schöne und interessante Stadt, so wie vielleicht auch Berlin ohne das Schloss - aber die weitaus meisten Hamburger würden doch wohl denken: etwas Entscheidendes fehlt...Nun ja, zum Glück ist es ja auch ein Hamburger, dem wir den Wiederaufbau des Stadtschlosses zu verdanken haben: Wilhelm von Boddien...

    Gesamtansicht:

    Übersicht des Komplexes mit der Binnen- und Außenalster im Hintergrund, vom Turm der Nikolaikirche aus gesehen:

    Frontal:

    Details der Fassaden,
    Giebel:

    Turmfuß, über dem Haupteingang:

    Fassadendetails und Kaiserstatuen:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

    Einmal editiert, zuletzt von Snork (18. Mai 2015 um 13:43)

  • Ich hoffe, es kommen noch Innenansichten? :)

    Das Hamburger Rathaus ist für mich persönlich der schönste, vollkommenste und glücklicherweise besterhaltenste Prachtbau der Gründerzeit. Es kann ohne weiteres mit der Qualität von etwa gleichzeitig entstandenen Prachtbauten im Beaux Arts-Stil (Pariser Rathaus, Opéra Garnier...) in Frankreich und einigen anderen Ländern konkurrieren.

  • ^ Leider hatte ich zum Fotografieren nur wenig Zeit und Muße, an eine Innenbesichtigung war nicht zu denken - hätte ich auch gerne gemacht. Viele Innenaufnahmen finden sich aber auf der oben verlinkten Wikipedia-Seite.
    Übrigens wurde zum 100-jährigen Jubiläum des Baues 1997 eine umfangreiche Säuberung der verschwärzten Sandsteinfassade durchgeführt, wonach man viele Details überhaupt erst wirklich habe wahrnehmen können (siehe Wikipedia-Artikel). Am heutigen perfekten Eindruck könnte man sich z.B. beim Aachener Rathaus, dem Kölner und dem Berliner Dom sowie zahlreichen Dresdener Bauten durchaus ein Vorbild nehmen... :unsure:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Übrigens wurde zum 100-jährigen Jubiläum des Baues 1997 eine umfangreiche Säuberung der verschwärzten Sandsteinfassade durchgeführt, wonach man viele Details überhaupt erst wirklich habe wahrnehmen können (siehe Wikipedia-Artikel). Am heutigen perfekten Eindruck könnte man sich z.B. beim Aachener Rathaus, dem Kölner und dem Berliner Dom sowie zahlreichen Dresdener Bauten durchaus ein Vorbild nehmen... :unsure:

    Bei den Dresdner Bauten, wie zum Beispiel der Hofkirche und bei den Bauten auf der Museumsinsel wäre so etwas bestimmt erstrebenswert, wenn das Ergebnis das selbe wre, wie beim Hamburger Rathaus. Beim Kölner Dom jedoch nicht, da die Schwärze ein markantes Zeichen des Doms ist und der Aufwand zu hoch wäre. Das Gravierenste jedoch ist, das der Kölner Dom aus mehreren Gesteinsarten besteht und er bei einer Säuberung wahrscheinlich einem Flickenteppich ähneln würde. :blink:

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Das Thema Reinigung von schwarzen Naturstein hatten wir doch nun schon zur Genüge:
    grundsätzlich kommt es zunächst auf die Gesteinsart an, die schwarzen Krusten in Köln und besonders in Dresden haben nicht unbedingt was mit Schädigung zu tun. Frauenkirche, Hofkirche und Kölner Dom waren schon weit vor der Industrialisierung schwarz. Das ist wie Patina bei Kupfer, der Stein wird an Luft und Wasser schwarz und bildet eine schützende Kruste. Ich zitiere wegen Scghreibfaulheit einfach mal meinen beitrag vom März 2015 (Kölner Dom und Domplatte):

    "Den Kölner Domsandzustrahlen wäre mehr als

    kontraproduktiv. Die schwarze Kruste auf dem Stein ist historisch, schon

    in vorindustrieller Zeit nachgewiesen, und schützt den Naturstein (vgl.

    z. B. auch die Frauenkirche in Dresden). Notre Dame und St. Stephan in

    Wien bestehen aus einem anderen Gestein, das diese Kruste nicht ansetzt,

    dort ist es einfach Dreck, den man entfernen kann. Wobei dieses

    Vorgehen gerade bei Notre Dame auch sehr fraglich ist, die Fassade ist

    geradezu geschrubbt worden, mit allen einhergehenden
    Substanzverlusten.Die aktuellen Reinigungsmaßnahmen am Kölner Dom
    beziehen sich auf das Michaelsportal. Der reiche Bauschmuck ist, da er
    vor der Witterung relativ gut geschützt ist und man feine
    Bildhauerarbeit wünschte, aus französischem Kalkstein. Den zu reinigen
    ist etwas völlig anderes als die Fassaden zu "säubern" "

  • Danke für die Bilder. Das Rathaus ist wie schon gesagt, auch innen ein Traum. Marmor, edle Hölzer, geschmackvolle Statuen. Hatte ich nicht früher hier schonmal Bilder davon eingestellt ? Aber die sind nach 10 Jahren +x bestimmt schon unter die Räder gekommen. Freue mich schon auf eine Fortsetzung der Bilder ! Früher bin ich ab und an zu Sitzungen der Hamburger Bürgerschaft gegangen. War auch bei der Vereidigung von Ole von Beust dabei - kennt den noch einer ? Lang ists her.

  • ch hoffe, es kommen noch Innenansichten? :)

    aus 2011 hätte ich noch einige wenige, sehr bescheidene Bilder beizusteuern...hatte leider nur einen 200er ASA Film und kein stativ. Dementsprechend ist die Qualität...ich hasse es während einer Führung husch husch Bilder zu knipsen. Hab ich mir mittlerweile auch abgewöhnt.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (19. Mai 2015 um 00:58)

  • Sehr zu empfehlen ist der virtuelle Rundgang http://www.hamburg.de/virtueller-rundgang/
    wo man nahezu alle relavanten Räume, selbst die, die bei der Führung nicht gezeigt werden, in Rundumansichten erkunden kann.

    Das Rathaus hat seine gesamte historistische Prukausstattung bewahren können, wie durch ein Wunder überstand es den Krieg nahezu unversehrt.
    Einziger nennenswerter (aber nicht Kriegsbedingter) Verlust: Die prächtige Ausmalung der Bürgerschaftsaals wurde in den 1930er Jahren unter den Nazis
    übertüncht, mit der Begründung soviel Prunk würde den Staatsrat (scheinparlamentarische Nachfolge der damaligen Hamburgischen Bürgerschaft) von der Arbeit ablenken.
    Ein kleiner Teil wurde mittlerweile wieder freigelegt, eine komplette Wiederherstellung wird nicht ausgeschlossen, genaueres dazu ist mir aber nicht bekannt.

  • Ja, Hamburg hat schon ein schönes Rathaus! Ich würde mir noch wünschen, dass die Fenster gerne aus wärmedämmendem Glas sein dürfen, aber die einzelnen Scheiben nicht aus Floatglas, sondern nach älteren Methoden durch ziehen oder walzen hergestellt.

    Floatglas ist für Altbauten nach meinem Geschmack einfach schon zu perfekt.

  • Wie konnte eigentlich ausgerechnet das Rathaus im Zentrum den Feuersturm - und das offenbar auch noch sehr detailreich - überleben?

    hmm..der Rathaus-Börse-Komplex steht als isolierter Block da..wohl für Feuersturmflammen kein Hindernis aber die allermeisten Gebäude rund um das Rathaus herum (außer die gegenüberliegende Markseite) sind heute noch Altbauten... Bilder von nach der Zerstörung von diesem Gebiet wären interessant.

    Im Rathaus ist ein Blindgänger aufgestellt, der auf den Rathausmarkt fiel. Wäre er gezündet hätte wohl ein Drittel des Rathauses (also die gesamte Vorderseite mitsamt den vielen Repräsentationssäälen) nicht mehr gestanden...

  • Wahrscheinlich spielten hier einfach nur die Bebauung (Stein), die urbane Anlage (weitläufig), die Lage in der Stadt (Alster und Binnenalster direkt in der Nähe) und eine Riesenmenge Glück (vgl. Kölner Dom) mit rein.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Wenn man mal nach Bildern aus der Zeit googelt: Der Feuersturm war auch rund ums Rathaus herum! Aber zum Glück waren die Gebäude in der Gegend überwiegend schon damals moderne Stahlbetonbauten. Die können auch einen kurzen Brand überstehen. Das berühmte Chilehaus ganz in der Nähe ist ein Stahlbetonbau und die Ziegel sind nur Fassade.

    http://www.hamburg-bildarchiv.de/XBA0929.jpg
    http://www.hamburg-bildarchiv.de/XBA0940.jpg
    http://www.hamburg-bildarchiv.de/XBA0932.jpg

    Die Nachkriegslage rund um den Rathausmarkt wäre sicher noch schlimmer gewesen, wenn da Fachwerkhäuser oder normale Gründerzeitler mit Holzbalkendecken in den Geschossen gestanden hätten. Die 3 Fotos zeigen gut, dass Stahlbeton nicht unbedingt eine einfallslose und triste Fassade haben muss.

  • Das wäre einen eigenen Thread wert. :) Gebäude, die trotz Kahlschlag rundherum den Krieg so gut wie unbeschadet überstanden haben. Irgendwie echt faszinierend. Der Kölner Dom ist auch noch so ein Beispiel. Er hat vergleichsweise nur ein paar Kratzerchen abbekommen, dabei würde man meinen, ob seiner größe würde er besonders viel Angriffsfläche bieten.

  • Das wäre einen eigenen Thread wert. :) Gebäude, die trotz Kahlschlag rundherum den Krieg so gut wie unbeschadet überstanden haben. Irgendwie echt faszinierend. Der Kölner Dom ist auch noch so ein Beispiel. Er hat vergleichsweise nur ein paar Kratzerchen abbekommen, dabei würde man meinen, ob seiner größe würde er besonders viel Angriffsfläche bieten.

    also ich habe gehört, daß der Kölner Dom den fliegern als wichtige Landmarke diente und er deshalb halbwegs verschont bliebe..ob das stimmt, weiß ich auch nicht.

  • Das wäre einen eigenen Thread wert. :) Gebäude, die trotz Kahlschlag rundherum den Krieg so gut wie unbeschadet überstanden haben. Irgendwie echt faszinierend. Der Kölner Dom ist auch noch so ein Beispiel. Er hat vergleichsweise nur ein paar Kratzerchen abbekommen, dabei würde man meinen, ob seiner größe würde er besonders viel Angriffsfläche bieten.

    "Kratzerchen" ist untertrieben: "Größere Schäden erlitt der Dom während des Zweiten Weltkrieges unter anderem durch 70 Bombentreffer. Von Brandbomben ausgelöste Brände wurden von Mitarbeitern, die in und auf dem Dom postiert waren, sofort gelöscht. Durch die Bombentreffer stürzten, unter anderem im Langhaus, einige Deckengewölbe ein, das Dach jedoch blieb dank der Stabilität des eisernen Dachstuhls bestehen. Die sogenannte Kölner Domplombe schützte jahrzehntelang den Nordturm vor dem Zusammenbruch. 1948 wurde der 700. Jahrestag der Grundsteinlegung in einem stark beschädigten Dom gefeiert." (Wikipedia)

    also ich habe gehört, daß der Kölner Dom den fliegern als wichtige Landmarke diente und er deshalb halbwegs verschont bliebe..ob das stimmt, weiß ich auch nicht.

    Das erzählt man auch vom Ulmer Münster, doch es ist nur eine Legende.