Bremen - Altstadt - Baumwollbörse

  • Auch bei vorliegender Bauaufgabe werden sich die Sachverständigen wieder einmal nächtelang ihre Köpfe zerbrochen haben, wie denn nun die 'einzig wahre' Gestaltung der neuen Dachaufbauten aussehen soll....

    Das 'aparte' Ergebnis selbiger Anstrengungen haben wir oben bereits gesehen !

    Mein Gott ! Dabei hätte das alles gar nicht Not getan. Denn die wirklich passenden Baupläne liegen seit Jahrzehnten fix und fertig im Archiv.

    Ob wohl jemand in Bremen mutig genug ist, diesen Schatz zu heben ? Wenn ja, könnte das Ergebnis dann so aussehen:

    Zum Vergleich noch einmal der Ist-Zustand:

    Sollte diese Lösung gewagt werden, würde mit Sicherheit das Stadtbild der große Gewinner sein !

  • Super! Schick´ das doch mal an die Entscheidungsträger...

    :daumenoben:

    P.S.: Wobei wir bei der hiesigen Mentalität, gerade in den norddeutschen Hansestadtstaaten, natürlich wissen, dass die Chancen leider gering sind.

  • Nicht Zeitgemäss, zu teuer aber.........auch weniger schön!!!

    Nicht zeitgemäss: das gilt dann für jede Rekonstruktion, auch die Frauenkirche in Dresden, oder [lexicon='das Berliner Schloss'][/lexicon].........

    Zu teuer: Neubauten (Chipperfield) sind meistens teuerer oder gleich so teuer dann Rekonstruktionen.

    Also keine richtige Argumenten und Quatsch!!!

    Einmal editiert, zuletzt von Klassiker (2. April 2015 um 12:39)

  • Die Baumwollbörse ist ein Geschäftsbau. Da gehts, logischerweise, auch um Flächeneffizienz. Mit dem Dachaufbau wäre wahrscheinlich erstmal nicht so viel gewonnen.

    Aber wenn Bremen es ernst meinte mit Stadtverschönerung, dann könnte man der Börse ja eine städtische Immobilie vergünstigt anbieten, im Gegenzug für die Wiederherstellung des Börsendachs. In der Pleitestadt Bremen sicher auch wiederum nicht so leicht zu vermitteln.. Oder was habt ihr noch für Vorschläge?

    Super Visualisierung übrigens!

  • Daß der Siegerentwurf für die neuen Dachaufbauten der Baumwollbörse in der Bevölkerung auf keine Gegenliebe stößt beweisen unter anderem die Leserbriefe in den hiesigen Lokalzeitungen Weser Kurier und Bremer Nachrichten. Im Folgenden einige Auszüge:

  • Daß der Turmhelm der Baumwollbörse d a s prägende Element des gesamten Gebäudes war, wird aus der Vogelperspektive mehr als deutlich. Dazu im Folgenden einige vergleichende Luftbilder:

    Blick von Nordwesten auf die durch Turm und Helm betonte Ecksituation von Wachtstraße (rechts) und Marktstraße (links):


    Blick von Südosten über das Gebäude in Richtung Marktplatz:


    Vergleich derselben Ansicht mit dem gegenwärtigen Zustand:


    Die folgende Gegenüberstellung macht die Unterschiede im Detail deutlich:

    Der achteckige Eckturm hat seinen Turmhelm verloren, ist aber auch aus dieser Perspektive noch erkennbar. Anders der ehemals von einer kleinen Zwiebelkuppel bekrönte Treppenhausturm. Dieser geht heute fast vollkommen in der südlichen Dachlinie des Gebäudenordflügels auf. Der Dacherker (links von dem Treppenturm), welcher die Technik für den Pater Noster Aufzug beherbergt, hat sein Walmdach zugunsten einer flachen Eindeckung verloren:

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (4. April 2015 um 19:06)

  • Ich finde es doch erstaunlich, wieviel in diesem Bereich noch vom alten Bremen übrig zu sein scheint. Sogar die schöne Pflasterung des Marktplatzes blieb erhalten. Leider nur sind viele der Fassaden beim Wiederaufbau unnötigerweise stark vereinfacht worden. Da wäre eine Annäherung an den Ursprungszustand mehr als wünschenswert und wichtig für diesen Platz. - Den Turmhelm der Baumwollbörse zu rekonstruieren, wäre ein wahnsinnig toller Schritt.

    Hier die komplette Ansicht aus der Vogelperspektive. (Bing)

  • Sehr geehrter Neußer ! In der Tat sind im östlichen Bereich der Bremer Altstadt einige Traditionsinseln - mehr oder weniger - erhalten geblieben. So der Marktplatz, die Domsheide, Domshof, Böttcherstraße und Schnoor. Aber westlich davon beginnt die baulich Ödnis. Historische Gebäude kann man dort mit der Lupe suchen. Lediglich die Stadtwaage, die Erdgeschoßzone des Essighauses, das Haus von Suding & Soeken, das Gewerbehaus, das Sparkassenhaus am Brill, die Drogerie Zinke und ein ehemaliges Bürgerhaus am Geeren. Das ist es leider schon...
    Und in der Mitte dieser 'Brache' erhob sich einst die St. Ansgarii Kirche. Der erste und wichtigste Kandidat für eine Vollrekonstruktion in der Bremer Altstadt - noch wichtiger als der Turmhelm der Baumwollbörse. Wollen wir hoffen, daß beide dereinst wieder erstehen werden !

  • Anbei noch ein paar Ansichten, welche die hohe Präsenz, die der Turmhelm der Baumwollbörse in den umgebenden Straßenzügen hatte, illustrieren:

    Zunächst ein Vergleichsbild:
    Auf der linken Seite der Vorkriegszustand. Man sieht (von links nach rechts): Das 'von Kapff' sche Haus' (angeschnitten), das Türmchen des Eckhauses am Beginn der Martinistraße, die Türme des St. Petri Doms, die Baumwollbörse, den Giebel eines Geschäftshauses, die Türme und Zinnen der 'Union' (des Kaufmännischen Vereins). Im Vordergrund direkt an der Ufermauer die Rückwand des Denkmals für Ludwig Franzius (des Vaters der Weser-Korrektion) und den Ansatz der Großen Weserbrücke. Der Betrachter steht auf der Teerhof-Halbinsel auf Höhe der 'Herrlichkeit' und blickt über die Weser in die Wachtstraße. Aus dieser Perspektive bilden das Doppel der Domtürme und der Turmhelm der Baumwollbörse ein mächtiges, gewissermaßen dreitürmiges 'Westwerk'. Vor dem Hintergrund dieses Bildes ist es keine Übertreibung wenn man das unzerstörte Bremen vor 1939 als das 'vieltürmige' bezeichnet !
    Auf der rechten Seite der gegenwärtige Zustand. Was kann man über diesen schon berichten ? Ich denke, Schweigen sagt alles !



    Hier richtet sich der Blick des Betrachters auf das nördliche Ende der Wachtstraße mit der Südfassade der Neuen Börse im Hintergrund und auf den Turm der Baumwollbörse in der rechten oberen Hälfte (leider ist die Spitze abgeschitten).



    Eine malerische Ansicht des Turmhelmes durch die Passage der Neuen Börse gesehen.
    Rechterhand befindet sich das Hauptgebäude der Neuen Börse (nach Kriegsbeschädigungen trotz Wiederaufbaufähigkeit zugunsten des heutigen Bürgerschaftsgebäudes abgerissen). Links außerhalb des Bildes (mit dem Hauptgebäude durch die beiden Bogengänge verbunden) das bis heute erhaltene Börsennebengeäude.


    Dieses Foto von Jürgen Howaldt möge die Bidlerfolge beschließen. Es zeigt einen der tonnengewölbten und kassettierten Durchgänge der Baumwollbörse zur angrenzenden Marktstraße.
    Das Bild verbindet - wie ich finde - sehr schön das morgigen Osterfest mit den diversen hier auf Stadtbild Deutschland diskutierten Rekonstruktionsanliegen:
    Nach der mit Karfreitag beginnenden Dunkelheit wird mit dem Ostermorgen das Licht 'am Ende des Tunnels' sichtbar. Sinngemäß auf unsere Themen angewandt, müßte man also sagen: Vielen verschwundenen Gebäuden, die mit ihrer Zerstörung ihr jeweils ganz spezifisches ''Golgotha-Schicksal' erlitten haben, wünschte man ein nun bald folgendes 'Ostergeschehen' eine zügige Wiederaufersteheung !
    Die Steine vor dem Grab müssen wir allerdings schon selber wegrollen, die Tore müssen wir schon eigenhändig aufstoßen... denn die Modernisten versuchen nach wie vor alles, um diese geschlossen zu halten !


    In diesem Sinne wünsche ich Allen hier im Forum ein frohes und gesegnetes Osterfest !

  • Auf der folgenden Seite im Netz kann man die Ausschreibung zum Architektenwettbewerb für die Neugestaltung der Dachaufbauten der Baumwollbörse einsehen. Außerdem sind dort neben dem Siegerentwurf auch noch die beiden drittplatzierten Einreichungen zu betrachten:


    https://www.competitionline.com/en/results/194080

    Von dieser Seite stammen die 'Paradeansichten' der drei gekürten Entwürfe:

    Erster Preis

    Dritter Preis

    Dritter Preis

    Alle machen offensichtlich einen großen Bogen um die originale Gestaltung von Johann Georg Poppe. Warum nur klammert man genau jene Lösung aus, die als einzige in der Lage wäre, dem Gebäude seine ausgewogene, harmonische Form zurückzugeben ?? Sind die Verantwortlichen auf Häßlichkeit versessen ? Denn Kostengründe können es ja wohl eher nicht sein. Oder würden die Dachkonstruktion in Zimmermannsarbeit und die Kupferdeckung des Helms (nun gut die Buntmetallpreise sind momentan wieder einmal sehr hoch...) mehr Geld benötigen, als das Stahlgerüst und die großflächigen Fensterfronten des Siegerentwurfs ? Für Reaktionen auf diese Frage wäre ich sehr dankbar !

  • Der originale Turmhelm der Baumwollbörse hatte eine starke Präsenz im Wirkungsbild zweier großer Plätze der Bremer Altstadt. Dabei war die schlanke Spitze jeweils deutlich zu sehen, ohne jedoch dominant zu wirken. Der jetzige Turmstumpf kann diese Rolle in keiner Weise ausfüllen und dient lediglich als Sockel für den Fahnenmast an dem zu besonderen Anläßen die Flagge der Bremer Baumwollkaufmannschaft gehißt wird. Aber auch der Siegerentwurf dürfte in stadtbildnerischer Hinsicht nicht in die Fußstapfen des Poppe'schen Originals treten, denn er ist einerseits zu klobig und andererseits deutlich zu kurz !

    1. Ansicht von der Domsheide (ehem. Domshaide)

    2. Ansicht vom Domshof

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (5. April 2015 um 15:49)

  • Auf der Internetseite des Staatsarchivs Bremen finden sich Bilder, welche die Zerstörung des Turmhelms dokumentieren:

    http://www.staatsarchiv-bremen.findbuch.net/php/main.php?a…466f746f73x2836

    Hier eine kleine Auswahl davon:

    Bei dem 137. Luftangriff auf Bremen vom 6. Oktober 1944 wird die Baumwollbörse schwer getroffen. Dabei brennen nicht nur die oberen Geschosse, sondern auch der Turmhelm aus. Dieser stürzt in der Folge vom Gebäude herab in die Wachtstraße. In den nächsten Tagen wird der Rest dann zerkleinert und fortgeschafft.

    Die Ruine des Gebäudes nach dem Luftangriff

    Die Zerschneidung des herabgestürzten Turmhelms

    Der schnelle und nüchterne Wiederaufbau nach dem Krieg ist auf einem Bild von Rudolph Stickelmann aus dem Jahre 1951 (ebenfalls aus den Beständen des Bremer Staatsarchivs) zu sehen:
    Die hergerichtete Baumwollbörse in der bis heute bestehenden Fassung neben der ausgebrannten - aber erhaltungsfähigen - Ruine der Neuen Börse

  • Nur damit man Turmhelm und Gebäude auch mit einem Gesicht verbinden kann: Hier das Portrait des entwerfenden Architekten und Baukünstlers, Johann Georg Poppe (1837 - 1915).

  • Wobei die Neue Börse m.E. leider eine Nummer zu groß geraten ist...und versucht Dom und vorallem das Rathaus in unangemessener Weise in den Schatten zu stellen.
    Die Kubatur des Bürgerschafthaus ist allerdings auch nicht besser.

  • In einem Beitrag von Radio Bremen vom 24. März wird ab 02:10 min. über den Umbau der Baumwollbörse berichtet. Von 02:16 - 02:43 ist der 'Designer' des Entwurfs, der Berliner Architekt Johannes Kühn zu sehen. Ebenso die gegenwärtige Senatsbaudirektorin, Frau Prof. Dr. Iris Reuther (02:18 - 02:21), die baubehördlich für die Absegnung der Planungen verantwortlich zeichnet. Gebürtig aus Mühlhausen in Thüringen, betrieb sie in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] 20 Jahre lang (1993 bis 2013) ein 'Büro für urbane Projekte'. Gerade Frau Prof. Dr. Reuther sollte daher wissen, wie man es besser macht, denn sie dürfte mit Sicherheit die wundervollen Wiederherstellungen / Komplettierungen zahlloser Gründerzeitbauten in der Pleißestadt registriert haben. Oder sollte sie, weil sie diese Form von Städtebau ablehnt, von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nach Bremen geflüchtet sein ? Wenn ja, kann man nur sagen:

    Tu Felix Lipsia

    Tu Infelix Brema

    Hier der 'Link'

    https://www.youtube.com/watch?v=dRDhcg_qm1o

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (5. April 2015 um 18:44)

  • Unter folgendem Link

    http://www.skyscrapercity.com/showthread.php?t=1692118

    ist ein Themenstrang zu Altbausanierung, Wiederbestuckung und Teilrekonstruktionen in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] zu finden (Übrigens eine Idee des hiesigen Mitglieds 'erbse'). Das dort unter #8 angeführte Beispiel des Hauses Brühl Nr.4 sollte man zum Vorbild für den zukünftigen Umgang mit der Baumwollbörse machen. Auch dieses Haus betonte in seinem ursprünglichen Zustand mit einem von kleinen Seitengiebel flankierten Turm mit Helm eine Ecksituation. Auch dieses Haus hatte im Laufe der Zeit Giebel und Turm verloren. 1990 stellte es sich als trauriger Rest einstiger Schönheit dar - genau wie die Baumwollbörse heute. Die Sanierung in den Jahren 1993 bis 1995 küßte diese schlafende Schönheit wach. Wäre eine gleichartige '''Revitalisierung nicht auch der Baumwollbörse zu wünschen ?

    (Die folgenden Bilder sind alle dem oben genannten Themenstrang auf der angeführten Webseite entnommen. Dort sind auch die Quellennachweise zu finden)

    In Abwandlung zweier berühmter Sprüche könnte man vor dem Hintergrund dieser Bilder sagen:

    'Von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] lernen, heißt siegen lernen'

    oder

    '[lexicon='Leipzig'][/lexicon] zeigt, wie's geht !'

    Hoffentlich hört der Verein der Bremer Baumwollkaufleute diese Rufe...

  • Daß man nicht nur in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], sondern durchaus auch in Bremen die Dachzonen historischer Gebäude aufzuwerten vermag, beweist ein Bauwerk in fast unmittelbarer nähe der Baumwollbörse: Der 'Schütting', welcher der angestammte Sitz der Bremer Handelskammer ist. Nach den schweren Kriegszerstörungen, hatte man in der Zeit des ersten Wiederaufbaus auf die ursprüngliche Deckung in Kupfer zugunsten eines Belages mit 'Schebelsteinen' (einer Art Schiefer) verzichtet. Zudem wurden die sechs Gauben weggelassen. Vor einigen Jahren entschied sich die Handelskammer - vor dem Hintergrund einer dringend nötigen Dachsanierung - den Vorkriegszustand wieder herzustellen. Die 'Goldrichtigkeit' dieser Entscheidung wird von den unten angefügten Bildern illustriert.
    Warum nur haben sich die Baumwollkaufleute bei den Ausschreibungsrichtlinien für den Architektenwettbewerb bzgl. ihrer Dachaufbauten nicht an der 'Dachorganisation' ihrer Dachorganisation :zwinkern: orientiert ?

    Hier der Vorkriegszustand:

    Die bis vor einigen Jahren gegebene Bausituation:

    Zwei Bilder von der Rekonstruktion des historischen Daches:

    Das Ergebnis:

    Zum Abschluß der direkte Vergleich:

    Über dem Portal des Schüttings steht der Wahlspruch aller Bremischen Kaufleute: 'Buten un Binnen, Wagen un Winnen'. Er gilt somit auch für die Baumwollkaufmannschaft...