Passau

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    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Ich war vor einigen Tagen mal wieder in Passau und möchte hier eine Sache besprechen, die mich ein bisschen traurig gestimmt hat: die vor zwei Jahren gebaute neue Dombauhütten-Werkstatt am Residenzplatz.

    Ich verstehe die Notwendigkeit einer neuen Arbeitsstätte für die Steinmetze, die eine angemessene Arbeitsumgebung direkt am Dom brauchen, um die gotischen Bestandteile des Chores zu restaurieren (größere Teile der Steine auf der Nordseite müssen aus statischen Gründen ersetzt werden, was in etwa 10 Jahre in Anspruch nehmen wird), aber das Ergebnis passt meines Erachtens überhaupt nicht zum großartigen Residenzplatz. Dies umso mehr, da die neue Werkstatt dauerhaft an dieser Stelle bestehen bleiben soll und nicht nach Abschluss der momentan laufenden Restaurierung wieder abgebaut werden wird.

    Dieser Platz ist sicherlich einer der schönsten und historisch wertvollsten Plätze Bayerns, folglich sollte hier besondere Zurückhaltung beim Bau einer solchen Werkstätte gelten. Aber sowohl durch die dezidiert moderne Gestaltung mit den dünnen Holzlatten und einem ebensolchen Holzlattendach (!) ohne Überstand als auch generell durch die Wahl des für das Umfeld fremden Baumaterials Holz fällt die neue Werkstätte leider unangenehm aus dem Rahmen. Zwar war auch die vorherige Werkstatt aus Holz, sie war aber immerhin kleiner und unauffälliger und hatte eine traditionelle Holzverschalung. Ich hätte mir für die neue Werkstatt eine insgesamt unauffälligere Gestaltung gewünscht, nämlich for allem eine weiß gestrichene Putzfassade mit einem Ziegel- oder meinetwegen auch Kupferdach.

    Die Stellungnahme Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege ist wieder einmal widersprüchlich und nicht nachvollziehbar:

    “Mit dem vorliegenden Entwurf wird auf die Tradition von Dombauhütten anschaulich Bezug genommen: Dimensionierung, Geschossigkeit und Gestaltung sind stark zurückgenommen, die vereinfachte Optik und die im städtischen Zusammenhang eher ungewöhnliche Oberflächenmaterialität in Holz verweisen deutlich auf den Charakter eines „Provisoriums“. Die reduzierte Anlage schafft dabei einen anregenden, aber taktvollen Kontrast zum Denkmalbestand der Umgebung. Um die Choransicht des Doms möglichst wenig abzudecken, ist der Hauptbaukörper im Grundriss trapezförmig angelegt und ein Firstverlauf analog zur Topographie des westlichen Residenzplatzes gewählt.“

    Einerseits soll die Gestaltung "stark zurückgenommen sein", andererseits wird gelobt, dass sie einen "anregenden, aber taktvollen Kontrast zum Denkmalbestand der Umgebung" schafft. Dass die "Choransicht des Doms möglichst wenig abgedeckt" sei, stimmt so auch nicht, gerade durch die große Tiefe wird der Blick zum Chor gestört, außerdem die so schöne Fassade der Residenz. Und wenn die Anlage schon dauerhaft bestehen bleiben soll, wieso soll sie dann den Anschein eines Provisoriums erwecken?

    Diese im Endeffekt wichtigste Ecke des Platzes war vorher auf jeden Fall stimmiger. Im 19. Jh hätte man die Werkstatt so dazugebaut, dass sie mehr mit dem Chor verschmolzen und gar nicht sonderlich aufgefallen wäre.

    Hier einige Fotos der neuen Werkstatt:


    Hier die alte Werkstatt:

    Einige Links mit Informationen und weiteren Fotos:

    https://www.bistum-passau.de/artikel/neue-dombauhuette

    https://dombauhuette-passau.de/aktuelles-2/werkstatt/

    https://www.arcarchitekten.de/projekte/neuba…auhutte-passau/

    Natürlich ist der Residenzplatz auch weiterhin großartig und man wird sich an die neue Hütte wahrscheinlich irgendwann gewöhnen können, aber eine unnötige Beeinträchtigung ist es schon.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus