Potsdam in alten Bildern

  • @ Luftpost
    Du musst Dir halt nur einen Mac zutun, dann hast Du dieses Problem nicht mehr. ;)

    Das Bild muss vom Turm dieser "Kaserne" auf dem Havelblick oben aus gemacht worden sein. Wenn man markante Gebäude auf einem Bild, die senkrecht übereinander stehen, in einem Stadtplan miteinander verbindet, findet man den Standort des Fotografen heraus. In ihrem Fall verband ich so die Mittelaxe des Ostrisalits des Schlosses mit der südwestlichen Ecke der St. Nikolaikirche. Den Mittelpunkt der Rathauskuppel verband ich mit der Mittelaxe der Südwestfassade des Südwestflügels des Barberinis. Dort, wo sich diese Linien kreuzen, war der Standort des Fotografen. So kommt man auf den Turm der "Kaserne". Die Nachprüfung erfolgte dann mit dem Schloss Belvedere auf dem Pfingstberg. Der Mittelpunkt zwischen beiden Türmen liegt auf ihrem Bild genau über der Ostecke des Südwestflügels des Barberinis. Verbindet man diese beiden Punkte, kommt man in der Verlängerung wiederum genau auf den Turm der "Kaserne". Auf diese Weise mache ich oft "Reisen" oder "Stadtrundgänge", indem ich mir neben das Bild einen Stadtplan aus der gleichen Zeit oder zur Not eine Google-Ansicht lege.

    Auch wenn ich noch nie einen Fuss in diese wunderbare Stadt gesetzt habe, kann ich sagen, dass dieser fragliche Turm zum heutigen Postbankcenter an Am Kanal und Platz der Einheit gehört hatte. Man sieht den mit einem schwarzen Notdach abgedeckten Turmstumpf rechts auf folgender Ansicht:
    https://www.google.ch/maps/@52.39693…t/data=!3m1!1e3

    Es ist mir klar, dass unsere Spezialisten vor Ort ein fragliches Gebäude wahrscheinlich im Handumdrehen identifizieren können, aber mit meiner Methode habe ich in fremden Städten schon viele verschwundene Gebäude ausmachen können.

    Zur Datierung: der Gründerzeitbau "vor" St. Nikolai rechts am stadtseitigen Ende der Havelbrücke, wo heute der Neubau mit der "L'Osteria Potsdam" steht, ist dort gerade im Bau.

  • Dazu habe ich vor zwei Jahren ein ähnliches Foto geschossen. Das ist direkt von Turm des "Kremls" (ehem. Kriegsschule) aus aufgenommen (höher gings nicht mehr). Wie man sieht, ist der Standort wesentlich weiter links von dem Standort des alten Fotos gelegen. Wir sehen deshalb links an der Nikolaikirche vorbei (und nicht zwischen den beiden fraglichen Türmen hindurch). Und wir schauen aus deutlich größerer Höhe auf die Stadt und können dadurch mehr Einzelheiten erkennen. Dadurch sehen wir auch ganz deutlich, das die Kuppeln zum heutigen Stadthaus gehören. Der Standort des Fotografen des alten Bildes könnte evtl. ein Raum rechts vom Turm im OG. der Kriegsschule sein. Oder möglich wäre auch der Standort "Kaiser Wilhelm-Blick" am Fuß des Hauses.
    Die Kuppeln vom Postgebäude wurden übrigens erst im Dritten Reich abgetragen. Zur Entstehungszeit des Fotos muß ich mich zurückhalten. Da brauchte man noch ein bisschen Zeit.


    Foto: Autor, 2015

  • Also auch wenn ich noch nie in Potsdam gewesen bin, bleibe ich bei meiner Version, dass dieser Turm nicht jener des Stadthauses ist, sondern zum Postbankcenter gehörte. Durch die Verschiebung des Fotografenstandortes um ein paar Räume kann sich die Perspektive in weiter Ferne gar nicht so stark verändern. Und schon gar nicht, dass die fragliche Kuppel von rechts von St. Nikolai nach links springt. Das Stadthaus wurde ja erst 1902/07 gebaut und ist auf der historischen Aufnahme noch gar nicht vorhanden. Und das Datum der Aufnahme gibt doch der Gründerzeitbau am stadtseitigen Brückenende an, der noch im Baugerüst steckt.

  • Das Palasthotel neben dem Stadtschloss wurde 1896-1900 erbaut, das heutige Stadthaus zwischen 1902 und 1907 errichtet und das Postgebäude zwischen 1894 und 1900.
    Da auf das Hotel auf dem Foto kurz vor der Vollendung steht würde ich die Aufnahme auf 1899/1900 datieren. Das Stadthaus war damals noch nicht errichtet. Es könnte also der besagte Treppenturm der Post sein, nur war dieser Turmhelm niemals so hoch, dass er derart dominant gewesen wäre. Man konnte ihn aus der Entfernung nicht sehen. Mit ist so, als habe man den Turm reinretuschiert. Wenn am genau hinschaut sieht er auch etwas eigenartig aus - das würde auch die etwas eigenartige Position im Stadtgefüge erklären. Gemeint ist der Turm des Stadthauses. Das hat man in dieser Zeit gerne gemacht: projektierte oder im Bau befindliche Gebäude reinzuretuschieren.

  • Hallo zusammen,

    dass die Position nicht der Turm der ehemaligen RKS | SED Bezirksleitung | Ex- BB-Landtag ist, wurde schon richtig erkannt. Auch der Kaiser-Wilhelm-Blick kann es nicht sein, da dieser Blickwinkel in etwa identisch, nur etwas niedriger ist. Meiner Meinung nach handelt es sich um einen Blick vom ehemaligen Belvedere auf dem Brauhausberg (Wackermanns Höhe), welches in den 70er Jahren des vergangenen Jh. -ohne Not- abgerissen und nun durch einen Anbau an die RKS überbaut werden soll.

    Korrektur: der Standort für das Foto muss sich rechts von der RKS befunden haben. Erkennbar am Belvedere auf dem Pfingstberg in Relation zum Alten Rathaus. Würde es sich um das Belvedere auf dem Brauhausberg handeln, würde das Pfingstberg-Belvedere sich auf dem Foto zwischen Altem Rathaus und Nikolaikirche befinden.

    Der Turm ist auch historisch nicht dort gewesen. Es scheint sich wahrhaftig um eine Retusche zu handeln. Vielleicht um die Proportionen des damals künftigen Amtsgebäudes des Regierungsbezirks Potsdams - des heutigen Rathauses, in deren Wirkung zusammen mit der Umgebung abzuschätzen.
    Die Turmaufbauten auf den Ecken der ehemaligen Reichspost sind es jedenfalls nicht: diese waren in der Ausführung eine Stahlskelett-Glaskonstruktion, ähnlich der historischen "Kuppel" des Berliner Reichstages.

    Edit nach Korrektur: damit wird die These der Retusche für die Kuppelwirkung des Rathauses wahrscheinlicher, da nur in dieser Position die Kuppel an dieser Stelle sichtbar wird.

    Grüße
    Luftpost |

  • Das mit der Retusche hat natürlich etwas. Da müsste man aber etwas mehr über die Fotografie erfahren, denn Retuschen wurden im allgemeinen nur bei Fotos vorgenommen, die für den breiten Verkauf bestimmt waren. Solche Fotos waren dann aber meistens auf Karton aufgezogen, was bei diesem Bild nicht der Fall ist (Knick links unten). Wenn ich aber die Bauten im Vordergrund betrachte und die helle Brandmauer in Bildmitte, glaube ich wiederum weniger an ein Souvenirbild.

    Wenn man die Fotografie sehr stark vergrössert (nicht das eingebundene Bild, sondern die zip-Datei), erkennt man rechts unten am Turmschaft sowie genau darüber an der Kuppel zwei helle Flecken, die auf eine Retusche hinweisen könnten. Um Bauten am Brauhausberg wird es sich dabei kaum handeln, da dieser unbebaut ist. Eine Aufnahme der Reichspost mit noch erhaltenen Kuppeln auf den Eckrisaliten (links von St. Nikolai) findet sich im Bildindex, wo man sieht, dass weder diese noch der Treppenturm einen so hohen Schaft hatten wie auf der Foto von Bernhard H.


    Bildquelle: http://www.bildindex.de

  • Es wäre schön, wenn nicht immer solche Abkürzungen geschrieben würden. Man muss auch bedenken, dass Beiträge nicht nur für Einheimische geschrieben werden.

    Ich mag mich noch erinnern, als vor einigen Jahren dauernd "KP" geschrieben wurde, eine Abkürzung, die für drei Objekte stand: Kulturpalast Dresden, Kurländerpalais Dresden und noch ein dritttes Objekt, an das ich mich nicht mehr erinnere.

  • Eine "Reichskriegsschule" hat es nie gegeben. Errichtet wurde der Bau auf dem Brauhausberg als Königl. Preußische Kriegsschule - das Militär war im Deutschen Reich von 1871-18 bundesstaatlich. In den 1920 Jahren wurde der Bau zum Reichsarchiv, da die Kriegsschulen nach dem Versailer Vertrag geschlossen wurden.

    Gggf. ist bei den Handelnden einfach die Assoziation zwischen "Reich" und "Krieg" so groß, dass man dies zusammenzieht. Es bleibt trotzdem historisch Unsinn.

  • Richtig, aber der Name scheint so geläufig zu sein, dass gar der Wiki-Artikel drunter läuft. https://de.wikipedia.org/wiki/Reichskriegsschule
    Begründet wird das in der dazu stattgefundenen Diskussion übrigens mit einem dementsprechend lautenden Eintrag in der Potsdamer Denkmalliste des brandenburgischen Landesamtes. (aktuellle Liste PDF)

    Zitat

    Potsdam
    Am Havelblick 8
    Straßenseitige Fassaden der Reichskriegsschule (später Reichsarchiv bzw. Landtag)
    ID 09155830

  • Dadurch wird´s nicht richtiger.

    Das Foto eines Stadtplanes von 1910 hatte mir vor einiger Zeit Poztupimi zur Verfügung gestellt.

    Das Belvedere befindet sich links vom Turm der Kriegsschule. Ich hätte also einen völlig anderen Blickwinkel auf die Stadt. Deshalb war ich auch immer davon ausgegangen, dass der Fotograf ganz rechts vom Turm seinen Standort hatte. Nur so hatte diese interessante Durchschau zwischen Rathaus und Kirche. Der Kaiser-Wilhelm-Blick ist hier noch nicht eingezeichnet. Er liegt links vom Turm auf der Straße Am Havelblick (hier auch noch nicht so genannt). Die Sache mit der Retusche klingt einleuchtend...

  • *grinst* Auf den Wikipediaverweis bzw. auf den Verweis auf die Denkmalliste hatte ich gewartet. Die wird Ende Februar beim nächsten Update korrigiert, schrieb mir schon im Dezember das brandenburgische Landesdenkmalamt.

    Es gab bis 1918 keine gesamtstaatlichen Streitkräfte, sondern eben nur bayrische, preußische, württembergische etc. Und in so fern auch keine "Reichs"-Kriegsschulen.

    Aber wie ich schon schrieb, die beiden Begriffe "Reich" und "Krieg" scheinen für viele einfach zwanghaft zusammenzugehören...

  • Ach Mensch Konstantin,

    nur reite doch nicht nochmal darauf rum. Wenn's in der Denkmalliste nun ins Richtige korrigiert wird, dann ist doch gut. Und solange es dort noch so falsch drin steht, sollte man für die hier Schreibenden nicht Historiker-Spitzfindigkeit anlegen.

    Im Übrigen ist es nach meinen Empfinden durchaus schwierig, dieses Gebäude auf dem Brauhausberg mit den häufigen Besitzer- und Nutzungswechseln korrekt zu bezeichnen.

    Und ich gelobe Besserung, indem ich die Abkürzung RKZ nur verwende, wenn ich zuvor die Reichskriegsschule auch wenigstens einmal ausgeschrieben habe und auch nur noch, solange die in der Denkmalliste so bezeichnet wird.

    Grüße
    Luftpost

    Einmal editiert, zuletzt von Luftpost (2. Februar 2018 um 13:45)

  • Hoffentlich nie "RKZ", Luftpost. Will mir gar nicht vorstellen, was dass jetzt wieder heissen könnte. Einfach ehem. "Kriegsschule" oder "Reichsarchiv" oder "SED-Bezirksleitung" oder "Kreml" oder brandenburgischer Landtag oder Schwechten-Bau.

  • Hallo an alle Mitstreiter um den rätselhaften Turm im Potsdam-Profil,

    um die Diskussion wieder auf die eigentliche Frage zu lenken, möchte ich meine, aufgrund Eurer / Ihrer Aussagen gemachte, eigene Interpretation loswerden.

    1. Zum Foto: Das Foto ist auf sehr dünnen Fotopapier und sieht so aus, wie alle anderen nicht aufgezogenen Abzüge aus der Fotosammlung, die mir aus dieser Zeit (um 1900) vorliegen. Für mich ist das eindeutig ein Original. Die etwas verblichene, bräunliche Farbe ist auf dem hochgeladenen Foto verschwunden, da ich hierfür die "Verbesserung" beim Scannen aktiviert hatte.

    2. Das Foto hat das typische 8X11cm-Format, ist extrem scharf und der diskutierte Turm ist gerade mal 3 mm groß. Ich habe noch einmal mit 1200 dpi den Ausschnitt gescannt (.zip-Datei unten, ohne "Verbesserung). Eine Retusche halte ich für sehr unwahrscheinlich.

    3. Danke, Kurprinz, für die Erstellungsdaten zu den Bauwerken. Darauf beruht nun meine Interpretation: Das Foto ist wohl 1899, vielleicht auch schon 1898 (Hotel vor der Nikolaikirche noch in Bau) enstanden. Demnach wäre auch das Postgebäude noch voll in der Bauphase. Man kann die Situation so interpretieren: Das nach der Fertigstellung 3-geschossige Postgebäude ist erst im 1. Stock "angekommen" (runde Fensterstürze nach aktuellen Bildern nur dort eingebaut - siehe .zip unten). Deswegen erscheint der offenbar schon fertiggestellte oder vielleicht schon vorhandene Turm viel höher als er später, nach der Fertigstellung des Gebäudes, sein wird.
    Wer Lust dazu hat, vergleiche doch meine Interpretation mit dem vergrößerten Ausschnitt (.zip unten). Vielleicht lässt sich dies ja nachvollziehen.

    Grüße an alle, Bernhard

    Potsdam-Panorama

  • Ich denke, ich bin da auf etwas gestoßen...

    Die Form des Turmhelms passt jedenfalls gut, die Lage im Postblock ohnehin, zudem erscheint er höher als die straßenseitigen Türmchen. Habe gar nicht gewusst, dass im Hinterbau auch noch ein Turm war.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Nein Konstantin,

    das ist kein Turm der Reichspost (RP), sondern ein Turm er ehemaligen Synagoge. Denn der Turm gehört meiner Meinung nach zum Nachbargrundstück, auf dem die Synagoge stand. Da mir selbst nur immer die schmale Gebäude-Fassade neben der RP bekannt war, ist diese Luftaufnahme durchaus eine Neuerung im Wissen. Die Synagoge soll damals ca. 200 Mitgliedern Platz geboten haben. Bei der schmalen Fassade zum Wilhelmsplatz musste damit das Gebäude einigermassen tief gewesen sein. Der Turm steht am Ende des langgestreckten Gebäudes auf deren Dach.

    Wunderbar so davon zu erfahren!

    Grüße
    Luftpost

  • Ging die Neue Post oder Hauptpost oder kaiserliche Post (wo kommt denn jetzt schon wieder das "Reich" her?) nicht bis hinten durch? Die Türme auf den Vorderseiten haben jedenfalls das von mit beschriebene Schicksal genommen. Hier mal zwei Kartenausschnitte mit den Parzellen, das Areal des Türmchen gehöt seit 1875 zur Post.