• Wie bitte? Um Himmels Willen, nein. Die Reste der Mauer, die noch stehen, sind ein Denkmal. Dieser Wahnsinn, ein Volk einfach mal so zu einzusperren und von den anderen zu separieren, soll auch weiterhin sichtbar sein.

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Die East-Side Gallery muß natürlich bleiben, auch wenn wohl kaum einer der Touristen weiß, daß es an dieser Stelle gar nicht "die" Mauer war, sondern "nur" die Hinterlandmauer. Und die war auch zu DDR-Zeiten nur weiß gestrichen.

  • ...und genau das ist der Grund, warum dieses bemalte Stück Betonwand als Zeugnis der Teilung Berlins völlig wertlos ist.
    Nur weil nach Öffnung der Grenzen sich mehr oder weniger begabte Menschen glaubten, die Mauer nun auch von der "Ost"seite bunt bemalen zu müssen, wie es schon an vielen Stellen auf West-Berliner Seite in den 80ern geschah, ist das noch lange kein Grund, auf alle Ewigkeiten die Wand stehen zu lassen.

    1990 war das vielleicht noch ganz witzig und prickelnd, aber mittlerweile ist fast ein Vierteljahrhundert vergangen. Man kann zu den Bauvorhaben, die da am Spreeufer an der Mühlenstraße im Werden sind, stehen, wie man will. Aber ich hoffe inständig, dass in den nächsten Jahren auch hier endlich ein Umdenken einsetzt.

    Gedenkstätten und Orte, an denen an die Teilung Berlins und Deutschlands erinnert wird, gibt es reichlich und über das ganze Land verteilt.

  • Die East-side Gallery ist eine Touristenattraktion zwischen Warschauer und Ostbahnhof. Abreissen wäre barbarisch. Natürlich ist es nicht schön, dass es übermalt wird, aber auch das gehört dazu.

    Das einzige Kunstwerk, das ich als ästhetische Zumutung in Berlin sehe, ist dieses Kinderdenkmal am Bahnhof Friedrichstrasse.

  • Ich muß mich schon sehr zurückhalten, um nicht deutlicher zu werden. Aber wer aus diesem Forum allen Ernstes dieses verrotzte Stück Beton aus volkseigener Produktion - aus welchen Gründen auch immer - ich wiederhole : aus welchen Gründen auch immer - Punkt - hier erhalten will, kann von mir als Diskussionsteilnehmer im Bemühen um eine gedeihliche, städtebauliche Entwicklung von Berliner Quartieren - und dies gebotenermaßen natürlich auch unter ästhetischen Gesichtspunkten - nicht mehr ernst genommen werden.

    An anderer Stelle habe ich bereits ausgeführt, wie traurig es überhaupt um eine attraktie Nutzung der Berliner innerstädtischen Spreeuferbereiche bestellt ist.

  • @ Oberbaumbrücke: Warum sollte eine "nur Hinterlandmauer" bitte nichts wert sein? Sie gehörte genauso dazu! Außerdem haben die Ossis meist gar nicht mehr zu sehen bekommen, wenn sie dort langgefahren sind!

    Die richtige Mauer war in dem Bereich auch eher die Spree, aber da ist es schwer das später noch nachzuvollziehen und die Mienenfelder oder dergleichen sind auch nicht so anschaulich. Dahinter kamen doch nurnoch ein paar Drahtzäune , paar Wachtürmchen und die Spree.

    Die East-Side-Gallery ist DAS Mahnmal gegen die Teilung der Stadt und wenn man dort entlang läuft bekommt jeder hautnah ein Gefühl dafür, wie es auch den DDR-Bürgern damals ging, als sie dort die Mühlenstraße entlang gefahren sind!

    Welch Barbarei wäre es, diese weiter abzureißen, als wenn die ganzen Zufahrtlöscher nicht schon genug wären. Der Check-Point-Charlie ist letzendlich nur ein Wachhäusschen und kann dieses Gefühl von Teilung gar nicht vermitteln.

  • Ich muß mich schon sehr zurückhalten, um nicht deutlicher zu werden. Aber wer aus diesem Forum allen Ernstes dieses verrotzte Stück Beton aus volkseigener Produktion - aus welchen Gründen auch immer - ich wiederhole : aus welchen Gründen auch immer - Punkt - [...]

    Du solltest mal deinen "Diskussions-Stil" überdenken, denn dies ist hier ein Forum eben gerade für Diskussionen. disgust:)

  • ...und genau das ist der Grund, warum dieses bemalte Stück Betonwand als Zeugnis der Teilung Berlins völlig wertlos ist.

    In meinen Augen ist dieser Teil der eigentlich wertvolle Teil, da die Bürger eben vorallem sie, die Mauer aus Beton gesehen haben und nicht das bisschen Drahtzaun dahinter.

    Zitat

    1990 war das vielleicht noch ganz witzig und
    prickelnd, aber mittlerweile ist fast ein Vierteljahrhundert vergangen.
    Man kann zu den Bauvorhaben, die da am Spreeufer an der Mühlenstraße im
    Werden sind, stehen, wie man will. Aber ich hoffe inständig, dass in den
    nächsten Jahren auch hier endlich ein Umdenken einsetzt.

    Es ist immernoch genauso prickeld, Millionen Touristen suchen nach Orten in der Stadt, wo noch die Teilung zu spüren, bzw. zu erleben ist. Luisenstadt und co...., überall wächst die Stadt wieder zusammen, wenn jetzt noch die East-Side-Gallery verschwindet, man könnte in 20 Jahren das Gefühl haben, die Stadt war nie geteilt und so wollt ihr mit der Geschichte umgehen? disgust:)

    Zitat

    Gedenkstätten
    und Orte, an denen an die Teilung Berlins und Deutschlands erinnert
    wird, gibt es reichlich und über das ganze Land verteilt.

    Berlin war wie keine andere Stadt in Deutschland von der Teilung betroffen, inzwischen erinnert immer weniger an die Teilung, wie gesagt, Potsdamer Platz, Leipziger Platz, Luisenstadt und co., überall verwachsen die Wunden der Stadt. Das eine Stück Mauer am Potsdamer Platz, die eine Wachhütte am CheckPoint und die Gedenkstätte an der Bernauer Straße wären allein wirklich nicht viel und wie gesagt, kein anderer Ort als die Eastside-Gallery macht diese Teilung so erlebbar.

  • Ob es nun "Hinterlandmauer" war oder nicht... Wenn es als Mahnmal dienen soll, dann dürfte sie auch nicht als "East Side Gallery" bestehen, sondern müßte in den Ursprungszustand zurückversetzt werden. So aber ist es in meinen Augen "Kasperletheater", denn wenn man zu Mauerzeiten auf der Mühlenstraße entlang fuhr oder ging, wirkte die Mauer gerade hier besonders harmlos. Dahinter hätte auch eine Frabrik oder sonstwas sein können. Untypischer als hier war die Mauer an anderer Stelle sonst kaum.
    Ich will aber auch zugeben, dass ich gerade zu diesem Abschnitt der Mauer ein besonders belastetes Verhältnis habe, weil ich als Kind auf der Westseite in Kreuzberg nur wenige hundert Meter entfernt war und meine Uroma und meine Großeltern und Onkels und Tanten auf der anderen Seite auch nur ein paar Gehminuten davon entfernt.
    Deswegen ziehe ich auch lieber aus dieser Diskussion zurück, denn ich kann hier kein objektives Urteil abgeben. Und dass die Wunden dieser geschundenen Stadt nun endlich mal heilen, ist doch wohl eher zu begrüßen, als sie künstlich am Leben zu erhalten. Natürlich gibt es auch Touristen und Berlin-Besucher, die zur Zeit noch nach den Spuren der Teilung suchen. Aber diese besuchen dann andere Orte als die "East-Side-Gallery". Auf Stadtrundfahrten kommt man natürlich auch daran vorbei, aber an mich ist von Seiten der Gäste auch noch nie der Wunsch ergangen, dort anzuhalten. Was ich viel bedauerlicher finde ist, dass die Betonplatten den Blick auf die Oberbaumbrücke erst sehr spät ermöglichen. Die halte ich für eine viel schönere Attraktion als bemalten Beton und kann als Symbol der Teilung auch gut herhalten, weil ja hier auch ein Fußgängerübergang war.

  • Sicherlich mag es auch für viele tragisch gewesen sein, ich kenne ähnliche Geschichten aus meiner Familie auch, wo Tanten und co. auf der anderen Seite lebten.
    Alle Zeitzeugen und Spuren nun "abzuschaffen" halte ich aber auch für keine Lösung. Berlin und der Fall der Mauer steht auch für das Ende des kalten Krieges, die Touristen kommen auch deshalb in die Stadt und wollen davon etwas sehen. Es ist Teil dieser Stadt, bzw. Teil der Geschichte dieser Stadt. Ich bin auch froh, dass die Wunden verwachsen, nicht das wir uns falsch verstehen, nur halte ich dieses längere Stück Mauer für absolut erhaltenswert und einmalig..., man darf nicht einfach alle Spuren der Geschichte vertuschen, dies macht eine Stadt wie Berlin doch besonders.
    Kein Check-Point-Charlie kann dies besser darstellen. Natürlich war die Mauer auch noch Stacheldrahtzaun, Wachtürmchen und co., von mir aus soll man dort wieder 2-3 aufstellen, um die Mauer originalgetreuer an der Stelle wirken zu lassen.
    Ich mag die Oberbaumbrücke auch sehr und man kriegt sie meiner Ansicht nach früh genug zu sehen und vom Wasser aus sowieso, es würde ja auch keiner den Abriss des Zeughauses fordern, damit man besser den Dom von UdL sieht oder den Abriss des Brandenburger Tors, damit man besser den Reichstag vom Pariser Platz aus sieht. Die Argumentation erschließt sich mir nicht ganz.
    Die Eastside-Gallerie ist in meinen Augen erlebbare Geschichte, wie eine alte Festungsmauer in anderen Städten, nur das die East-Side-Gallerie eine ganze Reihe Ereignisse, nicht nur in Berlin verkörpert und erzählt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Ludolf (16. Oktober 2014 um 01:25)

  • Wow.... Was für eine Diskussion! Das hätte ich nicht erwartet. Und vor allen Dingen nicht von Leuten, deren Wohnort Berlin ist. Und die allem Anschein nach die Zeiten vor 1990 noch miterlebt haben. Es ist schwer zu sagen, wo man bei einer solchen Diskussion, die ich bis gestern erst gar nicht für möglich hielt, anfangen soll. Ich bin kein Berliner und habe von der Zeit des Restbestehens der DDR, um ehrlich zu sein, nicht allzu viel mitbekommen. Vielleicht ist es daher auch vermessen, hier mitzudiskutieren. Mag sein. Trotzdem oder vielleicht gerade auch deswegen, möchte ich doch meine Meinung zu diesem Thema einbringen.
    Als fleißiger Berlinbesucher und passionierter Hobby-Stadtführer sowie Touristenführer sind mir in Berlin als sichtbare Zeichen bzw. Reste der einstigen Mauer folgende Standorte bekannt:

    - East-Side-Gallery inklusive Wachhäuschen auf dem Gebäude Mühlenstraße 78 kurz vor der Oberbaumbrücke (dessen Nutzung mir leider nicht bekannt ist)
    - Mauerteile vor dem Märkischen Museum
    - Das rekonstruierte Wachthäuschen inklusive Sandsackzierde am ehemaligen Checkpoint Charlie
    - Der Wachturm in der Erna-Berger-Straße sowie kleines Teilstück der Mauer im Bundesministerium der Umwelt in der Stresemannstraße
    - Das Mauerstück in der Niederkirchnerstraße
    - Die Zentrale Gedenkstätte in der Bernauer Straße

    Sollte ich etwas vergessen haben kann man mich gerne darauf hinweisen. Alles in allem nicht wirklich viel, was da übrig geblieben ist und an die Teilung der Stadt erinnert. Sehr sehr wenig sogar. Es wurden viele Argumente genannt, die es an sich zu entschlüsseln gäbe, da ich aber momentan leider an einer Arbeit schreibe, die bis morgen Früh abgegeben sein will, werde ich einfach mal ein bißchen unstrukturiert vorgehen.

    Die Argumentation, die East-Side-Gallery wäre aufgrund ihrer Farbigkeit und ihres "beschmierten" Zustandes nicht wert, erhalten zu werden, ist letzten Endes nicht schlüssig. Die Bemalung der Mauer und die teils fröhlichen Motive dienen vor allem als Symbol der Überwindung dieses Bollwerks gegen die Menschlichkeit. Sinn und Zweck der East-Side-Gallery waren es doch, durch freies künstlerisches Schaffen eben ein Denkmal FÜR die Wiedervereinigung und die Abschaffung eines Unrechtstaates zu schaffen. Sie war und ist ein Zeichen eines geeinten Deutschlands und somit Denkmal, Mahnmal und Kunstgallerie zugleich. Etwas Einzigartiges und, auch wenn ich definitiv kein Kunstkenner bin, Wundervolles! Wer dieses Stück Mauer, und das ist sie de facto, gleich ob Hinterlandmauer oder "Haupt"-Mauer, als "verrotztes Stück Beton" bezeichnet, der hat leider nicht allzu viel Ahnung von diesem Stück Berliner Mauer. Gleich ob er Zeit seines Lebens in Berlin wohnt und womöglich um einiges mehr Erlebnisse und Erfahrung mit den damaligen Verhältnissen hat als ich oder viele andere hier. In diesem Punkt muss man solche Aussagen leider mit Vehemenz entkräften.

    Zu dem Punkt, dass Touristen hier nur kurz vorbeifahren und niemals aussteigen, gibt es eigentlich nur zu sagen, dass dies leider ebenfalls nicht der Wahrheit entspricht. Das sage ich deshalb mit Fug und Recht, weil ich bisher bei jeder meiner Touren nach, in und durch Berlin mit meinen Touristen hier ausgestiegen bin und dies auch weiterhin tun werde. Neben Checkpoint Charlie und dem angeschlossenen, meiner Meinung nach nicht wirklich sehenswerten Museum Haus am Checkpoint Charlie (Zumindest, wenn man tatsächlich etwas über Geschichte lernen will) ist die East-Side-Gallery der Hauptanlaufpunkt für Touristen. Wobei natürlich die Gedenkstätte Bernauer Straße wesentlich informativer ist. Viel mehr Gedenkstätten MIT NOCH ERHALTENEN MAUERTEILEN als diese beiden, sprich Bernauer Straße und Checkpoint Charlie, fallen mir jetzt gar nicht ein. Topographie des Terrors rechne ich zu einer Gedenkstätte des Zweiten Weltkrieges.

    Abschließend vielleicht noch zur Aussage, dass es um die Nutzung der innerstädtischen Berliner Spreeflächen traurig bestellt sei: Wenn ich heute im Montbijou-Park oder im Spreebogenpark schön abhängen und chillen kann, dann soll mir das äußerst recht sein. Denn so etwas nennt man Naherholung, und so etwas brauchen Städte, ganz besonders Großstädte und noch mehr Großstädte, die Weltstädte oder Metropolen sein wollen. Ebenso ist es mir ganz recht, wenn ich in der Arena Berlin die Nacht durchfeiern und am nächsten Tag im Badeschiff schwimmen kann. Noch lieber ist es mir aber an solchen Tagen, einfach zwischen Spree und East-Side-Gallery gemütlich entlang zu spazieren und mich daran zu freuen, dass ich nicht als kleines Kind in der Spree ertrinken musste, sondern auf einem Stück Grün inmitten einer vereinten Stadt laufen kann, deren Markenzeichen, Charme und Reiz das Alternative, Ranzige, Freie, Weltoffene war und hoffentlich noch ist.
    Und wenn es sein muss dagegen zu protestieren, dass aufgrund irgendwelcher Bebauungspläne des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg Teile aus dem unter Denkmalschutz stehenden Ensemble Kunstgallerie, Denkmal und Naherholungsfläche East-Side-Gallery entfernt werden.

    So, Peace out, isch bin draußen. Weiter geht die Lernerei.

    P.S.: Wer Lust hat kommt nach Heidelberg, hier gibt's kaum "Schmierereien". Alles schön gepflegt und steril. :) Was manchmal auch seinen Charme hat. Manchmal. Und wer sich an meiner etwaigen Jugendsprache stört und versucht mich damit als unmündig oder unwissend darzustellen, der kann das sehr gerne tun. Da pfeif ich drauf und trink ne Club Mate.

  • Es gibt in Berlin die Mauergedenkstätte.

    Über diese hinaus bin ich nicht bereit, jenen, die die Mauer gebaut haben, für alle Zeiten den späten Triumph einer Verschandelung des Stadtraumes an anderen Stellen der Stadt zu gönnen. Die hysterischen Proteste gegen die gebotene Wegnahme kommt in dieser Stadt im Wesentlichen von denjenigen, die schon immer gegen die Bebauung des Spreeraumes hier und gegen alles mögliche anderenorts waren und sind.

    Hätte vor 20 Jahren dieses Areal so im Fokus des Investoreninteresses gestanden, wie es beim Potsdamer Platz der Fall gewesen ist, stünde hier - zu Recht - genauso wenig Mauerfetisch, wie eben dort.

    Und gäbe es auch nur einen Hauch von Respekt vor diesem Machwerk im Sinne des hier angemahnten Gedenkens, sähe dieser Betonriegel weder auf der Spree- noch auf der abgewandten Seite so aus wie er aussieht.
    Es ist die ganz besondere, berlinspezifische Klientel, welche sich - nicht nur hier - unter dem Vorwand hehrer Absichten dem auch nur teilweisen Abriß entgegenstellt.

    Die Berliner - zu denen ich nicht gehöre - gehen mit diesem angeblich erhaltenswerten Relikt einer untergegangenen Epoche leider genauso um, wie mit ihrem sonstigen Stadtraum.

    Letzlich gefällt natürlich jedem offenbar das Umfeld, in dem er aufgewachsen ist.

  • Wer bereit ist, letzte sichtbare Zeugen einer Vergangenheit leichtfertig zu opfern, der gönnt genau dadurch all jenen, die die Mauer gebaut haben, einen letzten großen Triumph. Den Triumph des Vergessens, des Ausradierens dessen, was sie Millionen Menschen angetan haben. Und ganz genau das ist Sinn und Zweck auch der East-Side-Gallery: Dem Vergessen und dadurch dem Marginalisieren der DDR entgegenzuwirken, die Erinnerung aufrechtzuerhalten und auf ewig daran zu erinnern, was siet 1961 passierte und wie wir Deutschen es geschafft haben, dieses Symbol der Unterdrückung ohne Angst auf Erschießen anfassen, bemalen, fotografieren und umlaufen zu können. Die East-Side-Gallery ist besseres und aussagekräftigeres Einheits-Denkmal als irgendeine Wippe vor dem Stadtschloss.
    Im Übrigen: Mauerfetisch?! Findest du denn dann auch, dass wir Deutschen einen KZ-Fetisch haben? Oder einen Kriegerdenkmal-des-erste-Weltkrieges-Fetisch? Erinnerungskultur ist nunmal, Gott sei Dank, Teil unserer Kultur! Zum Glück!

  • ich weiß nicht....diese Mauerreste dienen weder der Aufarbeitung noch der objektiven Betrachtung der Geschichte eines Unrechtstaates im deutschen Lande. Eher werden damit die Schrecken und Greultaten des DDR Regimes bagatellisiert. Selbst die Mauergedenkstätte an der Bernauer Str. empfinde ich als eine Farce welche sicherlich ein Anziehungspunkt für Katastrophentouristen und ewig gestrige Ostalgiker ist, aber in keinerlei Hinsicht wirklich das wiedergibt worunter die Berliner 28 Jahre lang zu leiden hatten (insbesondere im Ostteil der Stadt). Ich für meinen Teil kenne keinen ehemaligen Ostberliner welcher an entsprechenden Mauerresten seine Freude hätte (außer vielleicht für Sprengübungen).
    Wirklich aufschlußreiche Dokumentationen über den Schandbau Berliner Mauer, findet man besser anhand historischer Film und Bildaufnahmen - und selbst die geben das Ausmaß an Volksverbrechen des Regimes nicht in dem Umfange wieder wie es stattfand.
    Wegen meiner könnt man alle Rückstände an DDRchitektonischer Scheußlichkeiten vernichten, es langt ja schon daß sich modernistische Architekten derer bedienen.

  • Ansichten, die ich niemals werde teilen können. Film- und Bildmaterial ist vergänglich, klar, Mauerreste auch, aber sie sind sichtbares Zeugnis dessen, was war. Zeigen die Dimensionen und die Wunden, die die Mauer in Berlin geschlagen hat. Bagatellisiert wird hier nicht.
    Für mich stellt sich die Frage, welche Gedenkstätten denn von euch bevorzugt werden würden. Stasi-Zentrale in der Normannenstraße?
    Rücksichtslos Vergangenes zu vernichten, nur, weil es einen daran erinnert was war, ist keine Aufarbeitung von Geschichte, keine Erinnerungskultur. Das ist vertuschen und ausradieren. Nicht umsonst sollten die Bauten des Reichsparteitagsgeländes, Wiener Flaktürme, Adolf Hitlers Geburtshaus in Braunau, Stätten des Völkermordes, die runde Ecke in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. die Grenzanlagen in Mödlareuth, Prora, die ehemaligen NS Ordensburgen, Denkmäler an den 70er Krieg und so weiter und so fort nicht einfach weggerissen werden. Was wäre das für eine Aufarbeitung respektive Erinnerungs- und Gedächtniskultur?
    Es ist wichtig, Spuren der Vergangenheit zu erhalten und soweit wie möglich zu konservieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Was übrigens nicht bedeutet, an jedem Gebäude Einschusslöcher offen zu lassen, das ist schlichtweg zu viel des Guten. Exemplarische Beispiele genügen.
    Vielleicht sehe ich das Ganze ja auch etwas subjektiv aus der Sicht des Historikers. Und vielleicht sehe ich diese Diskussion auch im Lichte eines ausschließlich in einem geeinten Deutschland aufgewachsenen Bürgers, der seit jeher mit Erinnerungskultur aufgewachsen ist. Wer weiß.

  • Als heutige Hauptstadt des geeinten Deutschlands mit vielschichtiger Historie ist es, wie ich finde, nur recht und billig, diese Geschichte deutlich zu machen - auch da ich ohnehin offen gestanden die scharfe Unterteilung von "früher" und "heute" ablehne. Die East Side Gallery zeigt nicht nur die Verbrechen der DDR-Zeit, sondern auch deren Überwindung durch die künstlerische Nutzung. Zumal zwischen Parolenschmiererei/Vandalismus und guter Steetart eine deutliche Linie gezogen werden muss (Stichwort Banksy, einfach mal googeln). Es ist ein Unterschied, glaube man es oder nicht, ob jemand die Schlossbrücke anschmiert oder ob sich an einem tristen Mauerstück die schrittweise Überwindung dieser Tristesse manifestiert.

    Was nun das Argument der Stadtbildreparatur angeht, muss ich entschieden widersprechen. Das Berlin eine solche benötigt, ist klar. Es wäre ein Ideal: Berlin als die glanzvolle, europäische Metropole, wie sie sich zur Kaiserzeit und in der Weimarer Republik (städtebaulich) präsentierte, eine harmonische Struktur mit vereinzelten Brüchen, die auf die wechselvolle Geschichte hinweisen. Doch wir wissen, dass es nicht so ist. Wir haben ein Berlin der Malls, der billigen Kuben, das Berlin der Lüscher, mit verhinderten Schlossräumen, durch Belanglosigkeiten ersetzten Kandelabern, entstuckten Fassaden und Banalität ohne Ende, der kreativen Bewohner zum trotz. Es muss also etwas unternommen werden. Da nun allerdings ausgerechnet einen einzigartigen Hort der Erinnerung als erstes zu opfern, wäre ein Sakrileg, für das man uns dereinst wohl so verrufen würde wie wir die Fassadenentstucker: "Den alten Kitsch, verfallen und bröckelnd, wer braucht den schon? Luftig und weit ist die neue Architektur! Die Kaiserzeit mit ihren falschen Prioritäten ist überwunden. Dem Plunder wird man keine Träne nachweinen!"

    Wir wissen es besser.

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Was ist das denn für eine Aussage? Man bewahre uns vor dir! Du hast wohl schwer einen Sprung in der Schüssel! Asoziales Verhalten! Und damit ist die Sache für mich beendet und ich werde dich keines einzigen Wortes mehr würdigen. Unfassbar!


  • Es ist wichtig, Spuren der Vergangenheit zu erhalten

    So sie denn erhaltenswert sind. Selbstverständlich sollten imposante Bauwerke des 3. Reiches genau so erhalten bleiben wie die Gebäude aus DDR Zeiten in der heutigen Karl Maxr Allee in Berlin Friedrichshain (womit wir uns auch mal wieder dem eigentlichen Thema nähern würden) - nur bittschön, Überbleibsel von Konzentrationslagern und "Grenzbefestigungsanlagen".....dies noch immer wahrnehmen zu müssen, ist für die Opfer alles andere als erheiternd. Abgesehen da von sind solche Einrichtungen der Vergangenheit architektonisch gesehen völlig minderwertig. Aber nun ja, für Menschen welche nie von so etwas betroffen waren, ist das natürlich spannend wie ein brennendes Haus (so es nicht das eigene ist) - habe ich doch vor einiger Zeit an der Bernauerstraße von einer Gruppe Jugendlicher Touristen den Auspruch vernommen "wie geil ist das denn" und noch weitere ekelhafter Sprüche, als sie den rekonstruierten Mauer - und Todesstreifen bewunderten. disgust:)