Dresden, Neumarkt - Quartier VII/2 - Jüdenhof

  • Zwischenfrage sei gestattet: Mit welchen der hier abgebildeten Gebäude ist nach aktuellem Stand überhaupt zu rechen, ohne dass man sich falschen Illusionen hingibt?
    http://www.neumarkt-dresden.de/Presse/20…es-neumarkt.jpg

    Trifft diese abgespeckte Variante noch zu?
    http://www.dnn-online.de/queport/jrs?xpa…21228085000.jpg

    So sahen die Gebäude um 1930 aus:


    Bildquelle: http://www.neumarkt-dresden.de/Vergroesserung…denhof1930.html

  • bilderbuch, Intendant:

    Vielen Dank für die Stellungnahme.

    Sind denn die Erker in der hier zu sehenden Visualisierung nach Hummel an den Gebäuden links des Dinglinger Hauses eine frei erfundene Zutat oder für eine frühere Bauphase belegt?
    Eine Bereicherung stellen sie allemal dar. http://www.neumarkt-dresden.de/Bilder-Terrasse/Juedenhof.jpg

  • Frag' mal Stefan Hertzig:

    Zitat

    Das Haus Neumarkt 17 bestand aus den zwei 1937 zusammengelegten Gebäuden Jüdenhof 3 und 4. Die Fenstergewände des ersten bis dritten Obergeschosses der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandenen Gebäude wiesen Renaissanceprofile auf. Beide Gebäude waren dreiachsig und noch 1678 nur viergeschossig. Das Gebäude Jüdenhof 4 wurde nach 1678 aufgestockt und ein zweigeschossiger Erker hinzugefügt. Außerdem versah man seine Fassade mit aufgemalten oder aufgeputzten Spiegeln. [...] Das benachbarte Gebäude Jüdenhof 3 zierte ebenfalls ein zweigeschossiger Erker, der aber schon 1678 existierte.

    Literatur: Hertzig, Stefan (Hg.): Der historische Neumarkt zu Dresden, Seine Geschichte und seine Bauten, Dresden 2005, S. 107.

    Die Erker wurden übrigens im 19. Jahrhundert beseitigt.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • In der SZ Onlineausgabe vom 1.2.13 wird erneut vom derzeitigen Stand der Vertragsverhandlungen zu den noch unbebauten Grundstücken berichtet. Zum Quartier VII folgende kurze Aktualisierung:

    Wie schon berichtet ist das Grundstück für rund 5 Mio € an die Kimmerle-Gruppe verkauft worden. Noch in diesem Jahr soll mit den archäologischen Grabungen begonnen werden.

    Mehr Neues gibt es derzeit nicht zu berichten.

  • Heute (04.02.2013) befindet sich in der SZ ein weiterer Artikel zum Vorhaben der Kim-Gruppe, in der die Investitionssumme eine gewisse Präzisierung erfährt. Demnach will man in den Bau des vier separate Häuser umfassenden Objektes, das 30 bis 40 Mietwohnungen, ein Boutique-Hotel mit 60 bis 80 Zimmern sowie Büro- und Einzelhandelsflächen beinhalten soll, allein 25 Mio. Euro stecken. Hinzu kommt noch der Kaufpreis, sodass sich das Gesamtinvest nun auf realistischere 30 Mio. Euro summiert.
    Nachdem erfreulicherweise die Leitbauten und -Fassaden "stehen", enttäuscht dann doch der avisierte Zeitplan. So will man erst Mitte 2015 mit dem Bau beginnen.

    Den gesamten Artikel kann man auf der Seite der GHND unter "Aktuelles" einsehen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Barockes am Jüdenhof

    Klingt schon mal nicht schlecht:

    Zitat

    Der Investor möchte in seinem Quartier etwa 30 bis 40 Wohnungen einrichten. Die meisten von ihnen sollen zum Neumarkt hin ausgerichtet sein. Im Innenhof sind terrassenartige Balkone geplant. Die Häuser werden deshalb von oben nach unten immer breiter. Die schönste Wohnung, das weiß Michael Kimmerle jetzt schon, wird die Maisonette unter dem Dach des Dinglinger-Hauses. Von dem Barock-Balkon aus wird der gesamte Neumarkt zu überblicken sein. Die Dachterrasse im Innenhof ist nach Süden ausgerichtet.

    Anders als am Neumarkt üblich sollen keine Eigentumswohnungen entstehen. Kimmerle will sie behalten und vermieten. "Das werden keine Luxuswohnungen", sagt er. Der Unternehmer verspricht gehobenen Standard und moderate Preise.

    Im Erdgeschoss am Jüdenhof und entlang der Sporergasse sollen verschiedene Läden einziehen. Konkrete Interessenten gebe es aber noch nicht, sagt Kimmerle. Dazu sei es noch zu früh. Geplant ist aber, dass direkt am Jüdenhof ein Café oder ein Restaurant betrieben wird. Besonders wichtig ist Kimmerle dabei, dass auch Sitzplätze im Innenhof angeboten werden. "Ich finde es sehr schade, dass es in Dresden viele schöne Innenhöfe gibt, die keiner kennt." In Kimmerles Quartier soll das anders ein. Durch die Gastronomie wird der Hof öffentlich zugänglich. Sein Konzept lautet: Das Leben findet innen statt. Damit hat er die Stadtverwaltung letztlich überzeugt.

    Man betrachte auch die Visualisierung und vergleiche den Innenhof mit dem grauseligen Q I.

  • Wobei die Visualisierung von Hummel und entsprechend idealisiert ist. Das kommt, allein wenn ich an die zu erwartenden Gebäude gegenüber dem Kulturpalast denke, bestimmt nicht in dieser doch sehr harmonischen Form.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Heute habe ich mich ehrlich gefreut!


    Eigentlich kann man es kaum mehr erwarten!


    Detail.


    Noch mehr Details.


    Und noch ein Detail.


    Die archäologischen Grabungen sollen übrigens in den nächsten Tagen beginnen. Blick gen Westen.

    Bilder sind von mir.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Diese Freude ist nachvollziehbar und sogar noch multiplizierbar. Wenn einige Entscheidungsträger die Weitsicht und den Ehrgeiz besäßen, könnte dieses Quartier einen abschließenden Höhepunkt des gesamten Neumarkts werden. Trotzdem, daß das Quartier nicht mehr sein originales Bodenniveau hat, wäre es sehr wünschenswert, daß sich bei den Grabungen noch einige Reste finden. Zugleich wird man daran erinnert, daß sich in den Quartieren 6 und 7 zum letzten mal die Gelegenheit ergibt, Reste der originalen Keller der Altstadt zu sehen.

  • Danke für die Bilder.

    Ist das schon die endgültige Architekturfassung oder eher ein Vorabentwurf? Wenn dies schon der finale Entwurf ist, fällt positiv auf, dass das Gebäude in der Sporergasse scheinbar auch rekonstruiert wird, auch die Farbfassung gefällt mir. Positiv wären auch die roten Dächer. Zu den "modernen" Fassaden kann man leider noch nicht viel sagen, da man sie auf den Visualisierungen natürlich lieber mal wieder weggelassen hat. Negativ fallen mir aber die Fenster bei den modernen Neubauten auf. Genaueres kann man aber wohl erst sagen, wenn man mehr Grafiken zur Verfügung hat.

    APH - am Puls der Zeit

  • Hallo,

    die modernen Gebäude stellen nur Platzhalter dar - was wirklich gebaut wird, ist erst in der Entwicklung - also insofern erst mal abwarten - Da wir teilweise mit eingebunden sind, wie man an der Bautafel unschwer erkennen kann, muss ich mich mit Äußerungen zum Bauvorhaben allerdings bedeckt halten, habe aber ein sehr gutes Gefühl.

    Was die Erker zwischen Neumarkt 16 und Dinglingerhaus anbelangt, wie weiter oben gefragt- die sind weder idealisiert noch eine Erfindung - die hat es bis ca. 1850 inkl. der dargestellten Gebäude so gegeben - allerdings mussten wir im Detail auf Analogien zurückgreifen, da die Quellenlage nicht die Beste ist.

    Zum Punkt, dass unsere Arbeiten immer stark idealisiert wären, muss ich mich aber doch mal a bisserl auslassen- zum Einen stellen unsere Visualisierungen zumeist den ursprünglichen Zustand der Gebäude dar und nicht fiktive Planzustände - allerdings musste das Prinzip immer wieder aufgeweicht werden, da von Auftraggeberseite künftige Visionen oder Gebäude der Neorenaissance mit eingefügt werden mussten. Leider ist es bis jetzt leider nicht dazu gekommen, den Neumarkt zu einer bestimmten Zeit zeigen zu können. Ob dies für Arstempano gelingt bleibt abzuwarten - ist aber das große Ziel. Ein weiterer Punkt ist die Farbigkeit - da muss man diverses berücksichtigen - zum einen sind deutlich ältere und jüngere Visualisierungen zu unterscheiden - man entwickelt sich ja.. zum zweiten ist der Zweck der Abbildungen zu berücksichtigen - wer baut, der möchte natürlich, das die Gebäude "neu aussehen" - was sie ja nach Fertigstellung dann erstmal auch sind. Die Fassadenbemalungen fußen auf Abbildungen der Zeit um 1800 oder Bellotto bzw, Analogien. Dies war mir immer ganz wichtig dies mit einzubringen, da diese im 19.Jh. beseitigten aufgemalten Gliederungen ein ganz wesentliches Element der Architektur waren - man vergleiche Meißen, Pirna, Weesenstein oder Moritzburg...

    Was "historische Visualisierungen" anbelangt muss man mehreres berücksichtigen:

    a) Auch damals sah ein Gebäude neu aus, wenn es neu war! Insofern ist die Gemäldegalerie Bellottos auf seinen Veduten schon eher romantisiierend als fotorealistisch gemalt - sie war damals gerade 2-3 Jahre alt, das Dach war etwa 15- 18 Jahre alt.... Der Ruß der Öfen und Kamine war auch noch nicht der der Gründerzeit - die Stadt war noch nicht so groß in ihrer Ausdehnung, so das sie von den "Elbtalwinden" gut durchlüftet wurde - lässt sich auch in alten Beschreibungen nachlesen. Als Dresden zur Großstadt wurde gab es allerdings schon ein Problem - pro Wohnung wurde mehr geheizt - die Ansprüche waren gestiegen und es nützte nix, wenn der Wind die Rußpartikel 3km weiter trug, denn Dresden war deutlich größer geworden als 3km im Durchmesser.

    b) Nun gut - es gab auch alte Gebäude - diese mit entsprechender Patina zu versehen ist aber ebenso wie entsprechende Staffage nochmal ein deutlicher Arbeitsaufwand - da haben wir uns lieber darauf konzentriert, die Geometrien der Gebäude so genau als möglich darzustellen, was dann bei einigen Fassaden auch der Planung und Ausführung nicht geschadet hat - für Arstempano wollen wir Schritt für Schritt versuchen mehr Patina drauf zu hauen - aber dem Mainstream, dass früher vieles alt und vergammelt ausgesehen hätte und man über die Straße durch die Scheiße waten musste - dem werden wir nicht folgen - sieht zwar "dolle" aus - hat aber nix mit der damaligen Lebenswirklichkeit zu tun - so war in DD seit dem ausgehenden Mittelalter innerhalb der Stadtmauern mit Ausnahme der Pferde Viehhaltung strikt verboten! Die Exkremente aus dem Plumpsklo wurden in Fässern im Keller gesammelt und im Winter bei Anbruch des Tages von den Baugefangenen aus der Stadt gebracht. Für die fliessenden Abwässer aus Küche etc. gab es eine abgedeckte Kanalisation auf den Gassen, welche vom Röhrwasser aus Plauen und vom Kaitzbach Tag und Nacht zum fliessen gebracht wurde. Das mag an warmen Tagen gemüffelt haben, aber man konnte bestimmt nicht "hineinlatschen"... okay - jetzt bin ich wohl etwas abgeschweift...

    Insofern sind unsere Abbildungen natürlich etwas "geschönt" - allerdings sollte mit den Bildern im Sinne der GHND in erster Linie für eine möglichst exakte und umfangreiche Reko des Neumarktareals geworben werden - den Zweck haben die Bilder meines Wissens doch ganz gut erfüllt, oder?

    Beste Grüße

    Andreas

    Im neuen Neumarktkurier ist im übrigen einiges zum QVII.2 drin - könnt Ihr gern bei der GHND erwerben - die freut sich über jedes verkaufte Heft!

  • @ Andreas

    vielen Dank für deine Rückmeldung. Wenn du ein gutes Gefühl hast, dann bin ich sehr beruhigt, dass uns nicht wieder der übliche Ärger wie bei so vielen anderen Projekten am Neumarkt droht. Auch wenn du nicht ins Detail gehen kannst, könnest du aber vielleicht was zum Verfahren sagen. Wird es wieder einen Architekturwettbewerb geben oder wer bestimmt die Architektur der Neubauten? Hoffentlich findet man bei den Neubauten mal etwas mehr Liebe zum Detail und erkennt zumindest ein bisschen architektonischen Gestaltungswillen. Wenn ihr aber daran beteiligt seid, dann bin ich sehr optimistisch, dass hier vielleicht auch mal wirklich gute klassisch moderne Neubauten rauskommen.

    Noch eine abschließende Frage. Wird der Bau hinter dem Dinglingerhaus in der Sporergasse auch rekonstruiert?

    APH - am Puls der Zeit

  • Vielen lieben Dank für die umfangreichen Erklärungen, werter Arstempano! Kennst du eigentlich die recht interessante Broschüre "Bellottos Dresdner Baustellen"? Eine nicht uninteressante Lektüre!

    @ Wissen

    Meinem Kenntnisstand nach muss der Investor (siehe Bebauungsplan) ca. drei Fassadenstudien pro "Gebäude" abliefern, die dann von der zuständigen Abteilung des Stadtplanungsamtes auf ihre Tauglichkeit untersucht werden. Über die beaufragten Büros ist mir allerdings nichts bekannt, wie auch das gesamte Projekt bisher noch recht wenig publik geworden ist. Beispielsweise wäre es ja auch nicht schlecht, einmal den von "Kim" in Auftrag gegebenen Werbefilm zu sehen zu bekommen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Toller, informativer Beitrag. Vielen Dank Andreas! Die Abbildungen sind ein Fest für die Augen. Freue mich immer mehr auf eure "fertige" Darstellung vom alten Dresden. Den neuen Neumarktkurier kann ich übrigens auch nur empfehlen. Alleine die Abbildung des Dinglingerhauses auf der Vorderseite wäre mir drei Euro wert gewesen. Ganz großes Kino - man kann die Fertigstellung kaum erwarten; hoffe es dauert nicht wirklich die ganzen vier Jahre......

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"

  • @ Bilderbuch - Danke für den Hinweis - wusste bisher nicht, das es da eine Broschüre gibt - vom Inhalt her dürfte es dem Vortrag in der VHS gleichen, den ich mal zu Bellotto dort vom gleichen Prof. gehört hatte. Mal sehen, ob ich das noch antiquarisch ran bekomme.

    Ja - alles andere - was Du, Bilderbuch, gesagt hast - da kann ich leider nix an Zusatzinfo hinzufügen - das Projekt ist noch am Anfang und wir sind erstmal nur für die Visualisierungen und Grundlagenermittlung der Historie beauftragt gewesen. Grundsätzlich lässt sich ja aber doch eine Tendenz anhand der Bilder ablesen - wenn es Stahl-Glas -Moderne werden sollte, hätte er sicherlich nicht solche Bilder beauftragt. Ein anderes aktuelles Bauprojekt von ihm und seinem Architekten mit Bildern von uns: http://www.kim-mosenstrasse-dresden.de/

    Beste Grüße Andreas

  • Was die Erker zwischen Neumarkt 16 und Dinglingerhaus anbelangt, wie weiter oben gefragt- die sind weder idealisiert noch eine Erfindung - die hat es bis ca. 1850 inkl. der dargestellten Gebäude so gegeben - allerdings mussten wir im Detail auf Analogien zurückgreifen, da die Quellenlage nicht die Beste ist.


    Arstempano: Vielen Dank für die Informationen zu den Erkern und im weiteren für die detaillierten Ausführungen zu eurer Arbeit.

  • die modernen Gebäude stellen nur Platzhalter dar


    Ich lasse mich ja gerne überraschen, aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass solche augenfälligen Platzhalter von der tatsächlichen Umsetzung nicht selten (deutlich) unterboten werden. Es gibt doch einen stadtplanerischen Entwurf zu den Quartieren und wenn ich mich richtig erinnere, waren im Siegerentwurf für die Gebäude in Richtung Kulturpalast an Selbigen angepasste Strukturen vorgesehen.

    Edit:

    Werkstattverfahren Quartier VII 2006
    1.Platz DD1:

    http://www.neumarkt-dresden.de/image1/quartie…-2006/dd1-1.jpg

    Hübsch. Näheres unter neumarkt-dresden.de - Aktuelles - Quartier VII (leider lassen sich Unterseiten dort nicht verlinken).

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

    Einmal editiert, zuletzt von youngwoerth (23. April 2013 um 14:31)