Vaihingen an der Enz (Galerie)

  • Vaihingen an der Enz ist ein hübsches Städtchen im Landkreis Ludwigsburg. Im Mittelalter war es Sitz der Grafen der Vaihingen, nach deren Niedergang kam es 1339 in den Besitz der Württemberger. Vaihingen wurde in seiner Geschichte mehrfach von Stadtbränden heimgesucht, 1693 brannte gar die ganze Stadt bis auf 20 Häuser innerhalb der Stadtmauern nieder. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Stadt unbeschadet, doch wie in Baden-Württemberg üblich sorgte (und sorgt immer noch) der Nachkriegswohlstand für mehr Neubauten in der Altstadt als die Polizei erlauben sollte. Optisch beherrscht wird die Stadt von Schloß Kaltenstein, das wir uns zuerst anschauen werden.

    Das Schloß präsentiert sich heute als eine Mischung aus mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Baustubstanz. Die Buckelquader der mittelalterlichen Mantelmauer sind gut zu erkennen; der Hochwachtturm wurde erst 1534 erbaut.

    Die Aussicht vom äußeren Burghof ist sehr reizvoll. Blick nach Süden hinab zur Mühlstraße. Die Altstadt liegt links außerhalb des Bildes.

    Nach Südwesten zur Enz.

    Der südwestliche Flügel des Schloßgebäudes aus dem 16. Jahrhundert mit dem Zugang zum inneren Burghof (der bei meinem Besuch leider nicht zugänglich war).

  • Am Ostflügel zeigt sich die Mantelmauer des 13. Jahrhundert in ihrer ganzen Pracht. Die Fensterdurchbrüche sind nachmittelalterlich.

    Die beachtliche Stärke der Mauer, nämlich 3 Meter, bei 12,5 Meter Höhe, ist hier gut zu erkennen.

    Der Nordflügel stammt wohl aus dem späten 19. Jahrhundert, als das Schloß als Gefängnis diente.

    Daran anschließend und das Rund vollendend wieder der Schloßbau des 16. Jahrhunderts.

    Die Zwingermauern sind weitgehend erhalten.

  • Der burgenliebende, aber allgemein geschichtsbewußte Besucher stößt auf Schloß Kaltenstein leider auch auf weniger schöne Tatsachen, nämlich auf ein Massengrab des Dritten Reiches.

    [Kleiner Exkurs: Am nordwestlichen Rande von Vaihingen befand sich das KZ Wiesengrund, ein Außenlager von Natzweiler-Struthof. Die Häftlinge wurden teils beim Bau des Projektes "Stoffel" eingesetzt, einem nie fertiggestellten Großbunker für die unterirdische Fertigung des Düsenjägers Me 262. Ab Ende 1944 diente das Lager zudem für die Häftlinge der rechtsrheinischen Außenlager von Natzweiler als »Kranken- und Erholungslager« (was die Nazis damit meinten, kann man sich denken). Sichtbarster Überrest des KZs ist ein Friedhof mit 1267 anonymen Gräbern.

    Wenige Tote erhielten von ihren Angehörigen einen Gedenkstein.

    Das nächste KZ lag nur 6 Kilometer östlich entfernt bei Unterriexingen, wo eine unterirdische Fabrik (Deckname "Galenit") und ein Luftwaffenstützpunkt gebaut werden sollten. Ein Friedhof mit 667 Toten zeugt davon. Ende des Exkurses. Es geht dann angenehmer mit der Altstadt von Vaihingen weiter.]

  • Na, mich freut es wirklich, daß Tübinger dieses Städtchen vorstellt, hatten doch meine verstorbenen Eltern ihr Häuschen zwischen Markröningen und Vaihingen und ich damit die Gegend ganz gut kenne! Weiter so, bin gespannt, gibt nette Ecken in Vaihingen, aber auch viel vernachlässigte Bereiche!

  • Vom Schloß steigen wir zur Altstadt hinab.

    Rechts hinten der Pulverturm.

    In der Burggasse.

    Die Rückseite der "Kaserne" an der Mühlstraße

    Die Burggasse führt zur Stadtkirche

    Seitenblick in die Gasse "Am Bergle"

  • Der Kirchplatz,

    Die ev. Stadtpfarrkirche. Ab 1513 als spätgotische Basilika ohne Chor an Stelle einer romanischen Kapelle erbaut, 1618 und 1693 ausgebrannt, 1697 bis 1701 wiederaufgebaut. Bei der Enge der umgebenden Bebauung konnte ich die Kirche nicht in einem Stück photographieren. Hier die Südseite mit dem Hauptportal.

    Der Turm mit Durchfahrt, in der sich ein Kirchenportal befindet.

  • Das Innere zeigt sich heute modernistisch-schlicht. Die Kanzel ist historistisch.

    Wieder auf dem Kirchplatz.

    Blick durch die Kirchgasse zurück zur Stadtkirche.

    Kurz vorm Marktplatz, an der Heilbronner Straße. Mehr oder minder häßliche Neubauten stehen in der Vaihinger Altstadt in großer Zahl.

  • Die hübsche und gut erhaltene Mühlstraße führt vom Marktplatz stadtauswärts nach Nordwesten. Von allen Gassen in Vaihingen hat mir diese am besten gefallen.

    Die "Kaserne", nach dem Stadtbrand von 1693 wohl errichtet um dem Wohnungsmangel abzuhelfen.

    50 Meter weiter folgt der ehem. Pfleghof des Klosters Herrenalb.

  • Zum Pfleghof gehört auch dieser Speicher mit Bauinschrift von 1473.

    Hier ist die Altstadt zu Ende und wir drehen um.

    Ein Seitenblick in die Gasse "Am Bergle"

    Blick von der Tränkgasse über die Mühlstraße zum Schloß.

    An der Bädergasse ist ein Stück der Stadtmauer erhalten und teilweise sogar begehbar.

  • Zwei Bilder aus der Klingengasse, die etwas nördlich der Bädergasse verläuft.

    Die Klingengasse mündet in die Auricher Straße, die wir hier von ihrem nördlichen Ende, d.h. von der Stuttgarter Straße aus, sehen. Das spitze Dach im Hintergrund gehört zum Pulverturm.

    Die Auricher Straße von Süden gesehen.

    Selbige Straße vom Standort des ehem. Auricher Tores aus.

  • Der Pulverturm, erbaut 1492, steht in der südlichen Spitze der Stadtbefestigung.

    Knapp östlich außerhalb der Stadtmauer verläuft die Spitalstraße. Die Gebäude des namensgebenden Spitals datieren im Kern noch aus dem 15. Jahrhundert.

    Gegenüber hat, in Häusern verbaut, ein Stück der Stadtmauer überdauert.

    Einmal editiert, zuletzt von Tübinger (9. September 2014 um 20:32)

  • Vielen Dank für die Präsentation des sehenswerten und mir wohlbekannten Städtchens. Zum Inneren der Stadtkirche: Woran mag es liegen, dass im norddeutschen (und auch niederländischen) Raum gotische Kirchen zmeist von herrlichen Kandelabern erleuchtet werden, im süddeutschen Raum dagegen fast durchweg von modernistisch-minimalistischen Stahlleuchten? Darauf hätte ich gerne mal eine Antwort.

  • Allgemein kann ich diese Frage nicht beantworten, aber im Falle Vaihingens dürfte es so abgelaufen sein: Die Kirche ist im 17. Jahrhundert zweimal ausgebrannt, wobei die gotische Ausstattung vermutlich komplett verloren ging. Um 1890 wurde die Kirche neugotisch restauriert, dabei hat man vermutlich die Ausstattung des 18. Jahrhunderts beseitigt (abgesehen von der Orgel). Um 1960 mochte man die Neugotik nicht mehr und bis auf die Kanzel und einige Kleinigkeiten wurde der Kirchenraum purifiziert.

  • An der Einmündung der Spitalstraße in die Stuttgarter Straße steht noch außerhalb der Stadtmauer die älteste Kirche der Stadt, die Peterskirche. Der heutige Bau stammt mit vielen späteren Veränderungen aus dem 13. Jahrhundert.

    Durch die Stuttgarter Straße gehen wir in Richtung des Marktplatzes.

    Maximal unpassende Neubauten dürfen in keiner baden-württembergischen Altstadt fehlen! Sein jüngerer Nachbar integriert sich besser in die autochthone Architekturgesellschaft, dennoch hat er hier nichts zu suchen, finde ich.

    Kurz vorm Marktplatz.

    Einmal editiert, zuletzt von Tübinger (9. September 2014 um 21:34)

  • Ein Blick zurück die Stuttgarter Straße

    Der nördliche Teil der Altstadt fehlt uns noch. Den Anfang macht der ehem. Fruchtkasten des Klosters Herrenalb in der Radbrunnengasse.

    Schräg gegenüber:

    Recht viele mehr oder minder scheußliche Neubauten stehen in der nördlichen Hälfte der Altstadt

  • Die historische Wohnbebauung in diesem Bereich ist freilich auch ziemlich bescheiden

    An der Keltergasse stehen einige stattliche Ökonomiegebäude

    Blick in die Radbrunnengasse von Osten.

    Zum Schluß noch der Haspelturm in der nordöstlichen Ecke der Altstadt

    Das wars!

  • Scheußliches ist im Begriff Realität zu werden in unserem "geliebten" Würtemberg. Nachdem das Schloss von Kaltenstein einige Jahre leer stand, wurde dieses an die Schloss-Hotel Collection GmbH aus Pforzheim verpachtet. Jako Baudenkmalpflege wurde beauftragt, dass Schloss gastronomisch und hoteltechnisch umzuplanen. Im Zuge dieser Umplanung soll der historische "Schildmauerbau" aus den 30er Jahren aufgestockt werden. Doch seht selbst: Vorher: Nachher: Alle Bildrechte liegen bei der JaKo Baudenkmalpflege GmbH

    Quelle: https://www.lkz.de/lokales/landkr…rid,683451.html

    Lübeck, mein Lübeck, an der Waterkant
    Königin der Hanse, Perle am Ostseestrand.

  • Also wenn da der „Denkmalschutz“ nicht eingreift, kann man dieses Spaßamt auch gleich auflösen...

    Was Baden Württemberg und NRW angeht werde ich allmählich echt zum Mattielli, hier scheint wirklich alles möglich zu sein, außer Rekonstruktionen.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland