• Abbrüche und Neubauten an der Langen Straße

    Am Eingang der historischen Langen Straße in Quakenbrück entstand dieses Schmuckstück:

    http://www.noz.de/lokales/artlan…uck-fast-fertig

    http://www.noz.de/artikel/49301/…uro-investieren

    Zuvor standen hier zwei eingeschossige Bauten (Lange Straße 1 und 3), darunter ein verputzter, durch einen Ladeneinbau (ehemals Schlecker) völlig verhunzter Fachwerkbau:

    http://www.noz.de/media/2013/09/…erspek_full.jpg

    Der Abbruch:

    http://www.noz.de/artikel/373242…r-ist-angeruckt

    Der Neubaukomplex in seiner ganzen Schönheit:

    http://www.immobilienscout24.de/expose/7339419…clid=1409673513

    Leider nimmt er überhaupt keine Rücksicht auf die historische Umgebung. Direkt gegenüber (Lange Straße 2) befindet sich dieser ansehnliche Fachwerkbau (Steakhouse Balkangrill):

    http://www.meinestadt.de/quakenbrueck/b…etail?id=184659

    Unweit der Hohen Pforte, soll ein älteres Fachwerkhaus (Lange Straße 53) einem Neubau in "kubischen Formen" weichen:

    http://www.noz.de/lokales/artlan…enstadt-geplant

    Leider konnte ich keine Entwurfszeichnung ausfindig machen, folgende Ankündigung lässt aber nichts gutes hoffen.

    Zitat:
    Das kubische Gebäude ohne Fachwerk, so die Meinung, könnte ein Gewinn
    für die historischen Nachbargebäude sein und für eine intensivere
    Wahrnehmung sorgen.

    Und dann kommt die "Krönung":

    Ein moderner Neubau statt eines neu errichteten Fachwerkhauses an dieser
    Stelle ist nach Ansicht des Architekten durchaus zu vertreten. „Es gibt
    hier die Spannung zwischen Historie und Neubau“, sagte Bergmann. Und
    diese wirke sich positiv auf das Stadtbild aus. Das sei auch an anderen
    Stellen in der Stadt zu besichtigen, wo es eine Gegenüberstellung von
    Altem und Neuem gebe. Moderne Neubauten neben historischen Gebäuden
    seien schließlich kein Gegensatz. „Im Gegenteil, der Betrachter wird
    empfänglicher für die Reize der Historie. Neubauten sorgen als Gegenpole
    für eine intensivere Wahrnehmung“, erläuterte der Planer. Und: „Jede
    Epoche hat ihren Stil.“

    So, nun wissen wir´s!

    Edited once, last by Ravensberger (September 2, 2014 at 6:12 PM).

  • Quote

    (...) Das kubische Gebäude ohne Fachwerk, so die Meinung, könnte ein Gewinn

    für die historischen Nachbargebäude sein und für eine intensivere

    Wahrnehmung sorgen. (...)

    "Könnte" ein Gewinn sein,... muss aber nicht. Man gewinnt möglicherweise die Erkenntnis, daß Neubauten nichts in einem historischen Umfeld zu suchen haben. Eine intensivere Wahrnehmung wird es sicher geben. Die Einwohner werden merken, was sie verloren haben. Doch dann ist es zu spät.

  • „Im Gegenteil, der Betrachter wird
    empfänglicher für die Reize der Historie. Neubauten sorgen als Gegenpole
    für eine intensivere Wahrnehmung“

    stimmt, deswegen fallen uns heute Städte wie Görlitz, Rothenburg oder Quedlinburg so auf, vorm Krieg waren sie eben nur eine von hunderten guterhaltenen Altstädten, heute sind sie Unikate^^ und so ist es ja auch bei Gebäuden, vielleicht sollte man in Görlitz jedes zweite alte Haus abreißen um die verbleibenden historischen Gebäude besser zur Geltung zu bringen, sollte diese Qackenbrücker Schule vielleicht sogar bundesweit Umsetzung finden?^^

  • Nach tatsächlich 10 Jahren mal wieder Infos aus Quakenbrück. Leider eher unerfreuliche Neuigkeiten:

    Quakenbrück: Dach von Fachwerkhaus zum Teil eingestürzt
    Verletzt wurde dabei niemand. Das THW riss den Dachstuhl noch in der Nacht aus Sicherheitsgründen ein.
    www.ndr.de
    Dach von Fachwerkhaus in Quakenbrück ist zum Teil eingestürzt | NOZ
    In Quakenbrück ist das Dach der ehemaligen Kneipe Zur Linde zum Teil eingestürzt. Das THW riss das Dach weiter ab, damit keine weitere Gefahr besteht.
    www.noz.de

    Wobei das Gebäude renoviert werden sollte (seit 4 Jahren!):

    Ehemalige Gaststätte "Zur Linde" in Quakenbrück wird renoviert | NOZ
    Das wird nicht nur Denkmalschützer, sondern alle Freunde und Liebhaber erhaltenswerter Baudenkmäler in Quakenbrück freuen: Die Renovierung des
    www.noz.de

  • Ein moderner Neubau statt eines neu errichteten Fachwerkhauses an dieser
    Stelle ist nach Ansicht des Architekten durchaus zu vertreten. „Es gibt
    hier die Spannung zwischen Historie und Neubau“, sagte Bergmann. Und
    diese wirke sich positiv auf das Stadtbild aus. Das sei auch an anderen
    Stellen in der Stadt zu besichtigen, wo es eine Gegenüberstellung von
    Altem und Neuem gebe. Moderne Neubauten neben historischen Gebäuden
    seien schließlich kein Gegensatz. „Im Gegenteil, der Betrachter wird
    empfänglicher für die Reize der Historie. Neubauten sorgen als Gegenpole
    für eine intensivere Wahrnehmung“, erläuterte der Planer. Und: „Jede
    Epoche hat ihren Stil.“

    Die Neubauten kann man jetzt gut auf Apple Karten anschauen. ≈Es ist nichts besonderes schönes geworden... In Backstein-Optik wären sie aufjedenfall deutlisch besser und vorallem Ortstypischer.

    Deutschlandweit einfach traurige Entwicklungen, eigentlich ja Europaweit. Ich liebe den Urlaub in anderen Regionen mit der jeweiligen Ortstypischen Bauweise. Es ist ein ganz anderes Lebensgefühl und Flair. Deswegen finde ich es eine unaushaltbare Schande, dass so viel verfällt oder abgerissen wird. Wenn man so weiter macht wird es einfach viel zu Uniform und langweilig.

  • Moderne Neubauten neben historischen Gebäuden
    seien schließlich kein Gegensatz. „Im Gegenteil, der Betrachter wird
    empfänglicher für die Reize der Historie. Neubauten sorgen als Gegenpole
    für eine intensivere Wahrnehmung“,

    Oder anders gesagt: Neubauten sehen so schlimm aus, dass jeder Altbau daneben gut aussieht.

  • In Backstein-Optik wären sie aufjedenfall deutlisch besser und vorallem Ortstypischer.

    Backstein ist in Quakenbrück nur bedingt ortstypisch. Zwar sind die Gefache der neuzeitlichen Fachwerkbauten wie im gesamten Artland meist mit Backstein gefüllt, aber der Backstein als unverputztes Vollmauerwerk kam erst im 19. Jahrhundert auf. Im Mittelalter war Sandstein aus dem Teutoburger Wald (vielleicht auch aus dem Wiehengebirge - das müsste ich recherchieren) vorherrschend. Das Baumaterial konnte gut auf der Hase nach Norden transportiert werden. Quakenbrück und das Artland waren nie klassische Backsteinregionen. Allerdings liegt mit dem Stift Börstel der südlichste Ausläufer mittelalterlicher Backsteinarchitektur im westlichen Niedersachsen gar nicht so weit entfernt von Quakenbrück.

  • Der Ort scheint mir ziemlich am Rand der Natursteinreichweite zu liegen, zumindest suggeriert die Stadtkirche St. Sylvester das (romanischer Kernbau Sandstein-Bruchstein, frühgotischer Langhausumbau Backstein, spätgotischer Chor dann wieder Bruchstein, spätere Ergänzungen wieder Backstein). Bei verkehrsgünstiger Lage kam der Naturstein ja teils weit ins Tiefland (Verdener Dom, Tuffsteinkirchen in Friesland und Dänemark). Aber gerade für den Profanbau der Neuzeit, so er denn nicht in Fachwerk stattfand (was in Quakenbrück bis ins 19. Jahrhundert die Regel war), kann man schon von einer Dominanz des Backsteins sprechen, der bei geregelter Produktion einfach viel günstiger war als Bruchstein, weil der Transportweg entfiel.

  • Es ist schwierig, zu beurteilen, wie Quakenbrück vor dem Dreißigjährigen Krieg aussah. St. Slylvseter und ein Stadttor, die Hohe Pforte, sind die einzigen erhaltenen mittelalterlichen Bauwerke in Quakenbrück, die aber gänzlich (Stattor) oder überwiegend (Kirche) in Naturstein ausgeführt sind. Es gibt noch Reste eines Burgmannnshofes, von denen es in Quakenbrück im Mittelalter unzählige gab. Auch diese Reste sind aus Naturstein ausgeführt.

    Die ältesten Bürgerhäuser stammen aus dem 17. Jahrhundert. Diese sind meist in Fachwerk mit Backsteingefachen ausgeführt, aber sehr häufig weiß geschlemmt. Repräsentative Bauten wie das Rathaus sind in der Regel verputzt. Ein Bau mit Vollmauerwerk aus sichtbarem Backstein ist mir vor Ende des 19. Jahrhunderts nicht bekannt. Es wäre also wirklich verfehlt, von einem ortstypischen Backsteingepräge zu sprechen.

    Ich habe hier mal zwei Bilder aus meinem Archiv gekramt, die das typische Gepräge des Marktplatzes und seiner näheren Umgebung zeigen. Quakenbrück ist eine ausgesprochen "weiße Stadt".

    Quakenbrück - Rathaus

    Quakenbrück - Stadtmuseum (Gebäude von 1837)

    Panorama_Markt.JPG

    Quakenbrück - Panorama Markt - Quelle: Presse03, Lizenz: CC BY-SA 3.0