• Das sind die Bremer Bausünden aus den 70er-Jahren!

  • Und an der Domsheide verstümmelte Gründerzeitler. Was könnte man aus dieser Stadt machen…! Leipzig macht es vor. (Ich glaube das Gebäude auf dem zweiten Foto ist die ehemalige Baumwollbörse von der Seite).

  • Und an der Domsheide verstümmelte Gründerzeitler. Was könnte man aus dieser Stadt machen…! Leipzig macht es vor. (Ich glaube das Gebäude auf dem zweiten Foto ist die ehemalige Baumwollbörse von der Seite).

    Bei dem zweiten Gebäude handelt es sich nicht um die ehemalige Baumwollbörse, sondern um die Baumwollbörse. Bremen ist - weltweit - einer von fünf Standorten, glaube ich, an dem Baumwolle noch gehnadelt wird. Ich glaube, zweitens, sogar, dass es einen international anerkannten Bremen Standard gibt. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

    Zum ersten Bild:

    67656-img-8139-jpg

    Über diesen Aufbau ärgere ich mich jedes Mal. Nicht nur, dass er hässlich und einfallslos ist, sondern dass die zwei Etagen überhaupt nicht mit dem Bestandgebäude harmonisieren. Woran liegt das?

    1. Der Eigentümer möchte mehr Fläche generieren und das lässt sich am Besten realisieren, wenn man aufstockt. Wie auch sonst. Nach unten bauen wäre ästhetisch zwar angenehmer, aber wohl nicht durchführbar.

    2. Die Architekten möchten ihre Handschrift hinterlassen, man soll sehen: da waren wir dran. Vielleicht als Visitenkarte, die für neue Projekte empfiehlt.

    Die Politik: erfreut. Die Baubehörde: euphorisch. Die Wirtschaft: froh. Und die Bürger: angeekelt. Eigentlich komisch, da letztere doch die Mehrheit bilden und dennoch am wenigsten zu sagen haben, wenn es um die Gestaltung ihrer Städte geht.

  • Kleiner Kommentar zu den gezeigten Gebäuden:

    Citygate (Hbf) und Contrescarpe-Center: In der Tat gruselig, wie schlecht die Fassaden aussehen, und das sage ich als jemand, der grundsätzlich nichts gegen die Bebauung des Bahnhofsplatzes hatte (das ist hier alles andere als eine unumstrittene Meinung). Ich finde die Baukörper des Citygate weiterhin recht gelungen, auch mit den gestaffelten Geschossen und dem Durchgang in der Mitte, aber den Gebäuden sieht man den ewigen Planungsvorlauf leider an. Trotz der Fertigstellung 2019 sehen sie aus wie 2008. Heute würde man an so einer Stelle schon deutlich besser bauen.

    Das Parkhaus am Katharinenkloster ist für mich eine der wenn nicht die schlimmste Bausünde in Bremen. Da fällt mir nix mehr zu ein, außer Abriss. Das Nachfolgegebäude vom noch in den 1960ern abgerissenen Caesarschen Haus ist zwar an sich einer der verträglicheren Vertreter der Architektur seiner Zeit, aber natürlich auch ein Frevel gewesen.

    An der Domsheide oder formal eher Balgebrückstraße am störendsten finde ich nicht die Aufstockung des gezeigten Gebäudes, sondern das unerträgliche BSAG-Parkhaus weiter Richtung Weser, das tlw. zweistöckigen Rotklinkerprovisorien auf der Gegenseite gegenübersteht. Dieser gesamte Bereich, immerhin das Entree einer sich als relevant empfindenden deutschen Altstadt ist einfach nur eine Unverschämtheit. Links die weiße Gruselfassade des Parkhauses, rechts fühlt man sich in Büsum am Kutterhafen, in den 1970er Jahren.

    Am Schlimmsten in Bremen finde ich nicht, dass in den 2000ern mal irgendwo ein Altbau unpassend aufgestockt wurde oder ein Gebäude von 2018 so aussieht, als wäre es schon 20 Jahre alt, sondern die umfassende Verwahrlosung des visuellen Umfeldes. Die meisten deutschen Städte haben in den letzten 10, 15 Jahren doch mehr als nur punktuell eine Verbesserung des Straßen- und Stadtbildes hinbekommen, es wird besser renoviert, es werden die übelsten 60er Sünden abgerissen, und das, was neu kommt, sieht meist deutlich besser aus. Ich finde Hamburg ist ein Beispiel für eine klare Aufwertung weiter Teile der Innenstadt in den letzten 15 Jahren, auch wenn zweifellos viel zu tun bleibt.

    In Bremen aber sieht man von alledem nichts. Es wird mal was Neues gebaut, und oft sieht auch etwas besser als als der Vorgängerbau, aber es gibt überhaupt keinen Trend zu einer Verbesserung des Stadtbildes. Die Stadt ruht sich seit 50 Jahren auf dem Trio Marktplatz, Böttcherstraße und Schnoor aus, der Rest wird immer schlimmer. Mich wundert manchmal ganz ehrlich, warum immer noch so viele Menschen nach Bremen reisen.

    Ich muss immer wieder an meinen ersten Besuch in der Innenstadt denken, als mir ein Freund Mitte der 90er die Altstadt zeigte. Er wohnte in Horn-Lehe und wir fuhren mit dem Auto in die Stadt. Ich weiß noch, dass für mich der Marktplatz wie ein UFO erschien aus einem Meer von Hässlichkeit und Tristesse. Plötzlich war es schön, und alles drumherum war hässlich. Dieses Gefühl kann ich jetzt gar nicht mehr nachvollziehen, weil man sich an vieles gewöhnt und manche Dinge mit anderen Augen sieht als wenn man zum ersten Mal etwas sieht. Aber mein tiefes und ehrliches Gefühl nach einer Autofahrt von Horn bis in irgendein Parkhaus in der Innenstadt war, dass Bremen eine brutal hässliche Stadt ist. Und daran hat sich leider seitdem fast nichts verbessert und manches sogar verschlechtert.

  • Ich muss immer wieder an meinen ersten Besuch in der Innenstadt denken, als mir ein Freund Mitte der 90er die Altstadt zeigte. Er wohnte in Horn-Lehe und wir fuhren mit dem Auto in die Stadt. Ich weiß noch, dass für mich der Marktplatz wie ein UFO erschien aus einem Meer von Hässlichkeit und Tristesse. Plötzlich war es schön, und alles drumherum war hässlich. Dieses Gefühl kann ich jetzt gar nicht mehr nachvollziehen, weil man sich an vieles gewöhnt und manche Dinge mit anderen Augen sieht als wenn man zum ersten Mal etwas sieht. Aber mein tiefes und ehrliches Gefühl nach einer Autofahrt von Horn bis in irgendein Parkhaus in der Innenstadt war, dass Bremen eine brutal hässliche Stadt ist. Und daran hat sich leider seitdem fast nichts verbessert und manches sogar verschlechtert.

    Ich war vor Kurzem im Urlaub, erst in Berlin, dann in Leipzig, Halle und Umgebung. In Merseburg fragte ich einen Herrn so in den 50ern, ob er wüsste, wo das Rathaus ist. Er sagte zu mir: ich komme auch nicht von hier, ich bin aus Prag. Woher ich denn komme? Aus Bremen, antwortete ich. Er: Ich kenne viele Städte in Deutschland, habe hier lange gewohnt, aber die beiden schönsten Städte Deutschlands sind Hamburg und Bremen. Sprachs, ging seiner Wege und ließ mich mit offenem Mund zurück.

  • Er: Ich kenne viele Städte in Deutschland, habe hier lange gewohnt, aber die beiden schönsten Städte Deutschlands sind Hamburg und Bremen. Sprachs, ging seiner Wege und ließ mich mit offenem Mund zurück.

    Man merkt: das lag dir auf der Seele.

    :ueberkopfstreichen:

  • Ich war vor Kurzem im Urlaub, erst in Berlin, dann in Leipzig, Halle und Umgebung. In Merseburg fragte ich einen Herrn so in den 50ern, ob er wüsste, wo das Rathaus ist. Er sagte zu mir: ich komme auch nicht von hier, ich bin aus Prag. Woher ich denn komme? Aus Bremen, antwortete ich. Er: Ich kenne viele Städte in Deutschland, habe hier lange gewohnt, aber die beiden schönsten Städte Deutschlands sind Hamburg und Bremen. Sprachs, ging seiner Wege und ließ mich mit offenem Mund zurück.

    Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Bremen hat einen zweifellos schönen Kern, aber der ist klein und das drumherum gehört zum Schlimmsten, was ich in deutschen Städten so kenne. Es ist -aus meiner Sicht- auch nicht die wenig gelungene Aufstockung eines Gründerzeitbaus (immerhin hat mal jemand überhaupt was gemacht), sondern einfach die allgemeine visuelle Verwahrlosung und der erkennbare Mangel an Investitionen, seien sie öffentlich oder privat. Ich glaube, dass es außer vielleicht ein oder zwei Ruhrstädten in Deutschland keine Stadt über 500.000 EW gibt, in denen sich am Stadtbild weniger getan hat in den letzten 40 Jahren als in Bremen.

    Die Stadt sieht aus, wie westdeutsche Städte in den 90ern aussahen. Wie eine Zeitkapsel. Dominanz von übelsten 60er und 70er Fassaden bis in zentrale Bereiche der "Altstadt", nirgends etwas zu sehen von der vorsichtigen Tendenz zu Aufwertungen dieser Gebäude in anderen Städten (entweder durch Renovierung oder Abriss und Neubau). Ich fand schon in den 2000er Jahren, dass Bremen sich wie eine Zeitreise anfühlt (und aussieht), damals waren es die 80er (überall noch so diese postpunk-Stimmung wie 1988 in Kreuzberg), jetzt vielleicht die Neunziger. Und das wenige, was in der Innenstadt investiert wird, sieht billig aus und ist es auch (Atlantic-Hotel Bredenstraße vielleicht mal als eklatantestes Beispiel eines erschütternden 100% Fails bei zeitgenössischer Architektur in Rufweite des Weltkulturerbes, auf das man sich so viel einbildet in Bremen).

    Es ist vielleicht auch der Außenblick eines seine kritische Distanz bewahrt habenden Zug'roasten, aber es gibt eine mir unerklärliche Distanz zwischen Selbstbild der Bremer und Realität in Bremen. Gerne erzähle ich immer wieder die Geschichte von einem Bremer, den ein Freund von mir in den 2000er Jahren kannte, der ungelogen und vollkommen unironisch meinte, für ihn kämen zum Leben nur Bremen oder San Francisco in Frage. Nun ist ein gewisser Lokalpatriotismus eine schöne Sache und auch anrührend, aber man fragt sich schon, warum dieser verbale Lokalpatriotismus sich dann wirklich so überhaupt nicht in einer Verschönerung des Stadtbildes übersetzt. Wahrscheinlich einfach, weil tatsächlich eine große Mehrheit von Bremern glaubt, sie lebten in einer schönen Stadt. Dann aber bitte auch nicht meckern.

  • Zumindest im Bremer Westen ist eine gewisse Verwahrlosung tatsächlich nicht zu übersehen. Das fällt mir auch immer wieder in Braunschweig auf. Wenn ich dann nach Hannover zurück komme denke ich immer: WOW, sieht das hier sauber und gepflegt aus. Ursache hierfür sind sicherlich die knappen Finanzmittel als kleinstes Bundesland und als Stadt im Schatten von Hannover. Wobei eine gewisse Verwahrlosung in Altbauvierteln (Ostertor) natürlich auch immer zum Charme eines Viertels beitragen kann. Was die Wohnstadtteile von Bremen angeht, ist deine Einschätzung also sicher richtig, zumal du den Zustand viel besser beurteilen kannst als ich. Alles südlich der Weser kenne ich z.B. nur von Google.

    Wo ich dir überhaupt nicht zustimmen kann ist die Innenstadt. Es sind in den letzten Jahren durchaus einige wenige ganz vernünftige Bauten entstanden. Die Stadt gibt sich sichtbar Mühe. Hamburg z.B. hat ja ganz andere Möglichkeiten, sich damit vergleichen zu wollen halte ich nicht für zielführend. Und auch alle anderen +500000 Städte in Deutschland tun sich mächtig schwer damit, dass Erbe aus den 60er und 70er Jahren loszuwerden. Schau dir mal Köln an, Dortmund, Duisburg, Essen oder auch Hannover. Hannover bemüht sich sichtlich um einen Wandel der Innenstadt, aber schwierige Eigentumsverhältnisse (Nordmannblock am Steintor) oder mangelnde Investitionsbereitschaft (Karstadt) bremsen die Entwicklung immer wieder aus. Es grenzt schon an ein Wunder, dass der Klagesmarkt neu bebaut und der Erbpachtvertrag dort aufgelöst werden konnte. Und von Schnorrvierteln können die meisten deutschen Grossstädte nur träumen.

    Im direkten Vergleich der drei großen Städte im Norden muss ich sogar sagen, dass Bremen das geringste städtebauliche Problem hat. Sowohl in der Innenstadt als auch in den Wohnstadtteilen hat sich Altbausubstanz erhalten (gut, nicht überall, aber immerhin). In Hamburg steht (bis auf Teile im Westen) eigentlich nur noch die Innenstadt (teilweise). Bei Hannover ist es genau umgedreht. Die Wohnstadtteile stehen noch und die Innenstadt ist weg. So verrückt sich das anhören mag: von diesen drei Städten hat Hamburg das größte städtebauliche Problem. Ein vernünftiges Stadtbild flächig in den Wohnstadtteilen zurückzugewinnen scheint unmöglich.

  • Zumindest im Bremer Westen ist eine gewisse Verwahrlosung tatsächlich nicht zu übersehen. Das fällt mir auch immer wieder in Braunschweig auf. Wenn ich dann nach Hannover zurück komme denke ich immer: WOW, sieht das hier sauber und gepflegt aus. Ursache hierfür sind sicherlich die knappen Finanzmittel als kleinstes Bundesland und als Stadt im Schatten von Hannover. Wobei eine gewisse Verwahrlosung in Altbauvierteln (Ostertor) natürlich auch immer zum Charme eines Viertels beitragen kann. Was die Wohnstadtteile von Bremen angeht, ist deine Einschätzung also sicher richtig, zumal du den Zustand viel besser beurteilen kannst als ich. Alles südlich der Weser kenne ich z.B. nur von Google.

    Wo ich dir überhaupt nicht zustimmen kann ist die Innenstadt. Es sind in den letzten Jahren durchaus einige wenige ganz vernünftige Bauten entstanden. Die Stadt gibt sich sichtbar Mühe. Hamburg z.B. hat ja ganz andere Möglichkeiten, sich damit vergleichen zu wollen halte ich nicht für zielführend. Und auch alle anderen +500000 Städte in Deutschland tun sich mächtig schwer damit, dass Erbe aus den 60er und 70er Jahren loszuwerden. Schau dir mal Köln an, Dortmund, Duisburg, Essen oder auch Hannover. Hannover bemüht sich sichtlich um einen Wandel der Innenstadt, aber schwierige Eigentumsverhältnisse (Nordmannblock am Steintor) oder mangelnde Investitionsbereitschaft (Karstadt) bremsen die Entwicklung immer wieder aus. Es grenzt schon an ein Wunder, dass der Klagesmarkt neu bebaut und der Erbpachtvertrag dort aufgelöst werden konnte. Und von Schnorrvierteln können die meisten deutschen Grossstädte nur träumen.

    Im direkten Vergleich der drei großen Städte im Norden muss ich sogar sagen, dass Bremen das geringste städtebauliche Problem hat. Sowohl in der Innenstadt als auch in den Wohnstadtteilen hat sich Altbausubstanz erhalten (gut, nicht überall, aber immerhin). In Hamburg steht (bis auf Teile im Westen) eigentlich nur noch die Innenstadt (teilweise). Bei Hannover ist es genau umgedreht. Die Wohnstadtteile stehen noch und die Innenstadt ist weg. So verrückt sich das anhören mag: von diesen drei Städten hat Hamburg das größte städtebauliche Problem. Ein vernünftiges Stadtbild flächig in den Wohnstadtteilen zurückzugewinnen scheint unmöglich.

    Ich würde insofern widersprechen, als in Hamburg derartige Mengen an Altsubstanzen vorhanden sind wie in kaum einer anderen deutschen Großstadt. In Hamburg sind neben der Innenstadt dutzende Stadtteile erhalten geblieben, wenn man vom Osten absieht.

  • Das Hamburg in den Wohnstadtteilen insgesamt mehr Altbausubstanz besitzt als viele andere Grossstädte stimmt natürlich. Liegt naturbedingt auch an der grösse der Stadt. Und das sagt auch einiges über deutsche Städte im Allgemeinen aus. Der Osten von Hamburg macht zudem die halbe Stadt aus und der Westen ist an diversen Stellen auch sehr perforiert. Ich bin jahrelang nach Hamburg gependelt, da meine Frau früher in Rahlstedt gewohnt hat. Ich kenne die Stadt also ganz gut. Dieser großen Stadt wieder ein einheitlich vernünftiges Erscheinungsbild zu verpassen wäre eine Herkulesarbeit. Bremen steht da besser dar. Der Norden und der Osten der Stadt sind recht intakt. Auch südlich der Weser trifft man zunächst recht einheitliche Blockrandbebauung an. Wenn wohl auch durchsetzt mit einiger Belanglosigkeit. Nur der Westen fällt da deutlich ab. Zumindest ist das meine Einschätzung.

  • Wahrscheinlich einfach, weil tatsächlich eine große Mehrheit von Bremern glaubt, sie lebten in einer schönen Stadt.

    Der Mechanismus lautet da wohl selektive Wahrnehmung. Meiner Ansicht nach kann man in Stadtbilder enorm viel schädliches und schlecht gestaltetes einfügen, solange gewisse Ankerpunkte bestehen - ganze erhaltene Straßenzüge, Einzelbauten mit hoher Identitäts- und Symbolkraft, oder auch versprengte herausragendere Überbleibsel historischer Bebauung als Fixpunkte - schaffen es die Menschen, all' das andere ,,Füllwerk" auszublenden. Das Stadtbild erscheint in den Köpfen dann nur aus den paar schönen Ecken zu bestehen.

    Und genau davon profitiert auch die Baubranche, die Stück für Stück Qualität aus dem Stadtbild mit Trivialität austauschen kann - bis zu einem gewissen Kipppunkt. Und dann geht es plötzlich ganz schnell und das stetig fragiler werdende Gesamtbild fällt in sich zusammen. Einzig der Denkmalschutz verhindert in den meisten Städten diesen weitgehenden Wahrnehmungszusammenbruch.
    So sehe ich das jedenfalls.

  • Man merkt: das lag dir auf der Seele.

    :ueberkopfstreichen:

    Überhaupt nicht. Ich habe mit meinem "offenem Mund" andeuten wollen, dass ich überrascht war. Du kennst wohl meine vielen kritischen Beiträge zur Stadtentwicklung nicht. Schau Dir mal Abrissstadt Bremen an, Parkalleezerstörung, Osterdeich Abrisse, und, und und......Ich habe auch die vielen Abrisse in der Innenstadt dokumentiert, Vergleiche: vorher - nachher eingestellt. Also, diese Einschätzung von Dir ist Blödsinn. Frag nach bei Heinzer! Ich bin da sogar ganz nahe bei ihm. Ich habe diese visuelle Verelendung auch am Beispiel Überseestadt kritisiert. Da gab´s dann zwischen Heizer und mir Streit.

    Ich habe mich in mehreren Leserbriefen schon darüber aufgeregt, dass Bremen immer mehr einer Ruhrgebietsstadt gleicht, habe Fotos an den Weser-Kurier weitergegeben, die die Vorkriegsbebauung zeigen: da gehörte Bremen noch zu den schönsten Städten Deutschlands.

    Das Thema Schönheit ist mein Grundthema, ich leide nach jedem Abriss. Eigentlich wollte ich die nachfolgende Information unter der Rubrik "Wahlprüfsteine" veröffentlichen, aber jetzt passt es hier ganz gut. Oft schon hatte ich hier im Forum darauf hingewiesen, dass in dieser Stadt von Seiten der Politik ein Konzept fehlt, ein Konzept, wie die Stadt aussehen soll - unter Mitwirkung der Bürger. Da gab es Null Reaktionen drauf. Offensichtlich kein Interesse hier im Forum.

    Zur Bürgerschaftswahl im Mai habe ich mich an die verschieden Parteien gewandt mit der Fragestellung, wie sie sich die Stadt vorstellen, ob sie ein Konzept haben, ob das Thema Schönheit im Parteienbewusstsein verankert ist Um es vorwegzunehmen:

    das war der totale Reinfall.

    Ich war an den Wahlwerbeständen bei den Grünen, den Linken, der SPD und der CDU. Bei letzterer sagte mir eine Dame, sie kenne sich nicht aus, sei erst seit 2 Wochen in Bremen. Die wusste überhaupt nicht, wovon ich rede. Bei den Grünen und den Linken bekam ich die Antwort: Ich bin kein Architekt. Schöne Ausrede!!! Aber am übelsten war der Vertreter DER Bremer Abrisspartei, der SPD, die die halbe Stadt niedergemacht hat und sehr mit der autogerechten Stadt sympathisierte. Der fing gleich an ohne Unterlass auf mich einzureden und bedauerte die Nichtrealisierung eines Projektes in Bremen-Nord. Etwas überrascht schaute er mich an, als ich konterte, denn ich kannte das Projekt aus den 90ern sehr gut und konnte sogleich auf seine Partei verweisen, die das verhindert hatte. Noch während ich redete, verließ er den Werbe-Stand, ließ mich - redend - stehen und ging zu einer drei Meter entfernten Gruppe.

    Die SPD und ich werden, wegen solcher Erfahrungen und der Abrissgeschichte dieser Partei, niemals mehr Freunde werden. Ist das nicht bedauerlich?

  • Lieber findorffer, ich glaube da hast du mich falsch verstanden. Die Art deines Wirkens habe ich in einigen Posts bereits wahrgenommen. Ich selbst bin immer wieder überrascht wie wenig Zuspruch es für den Erhalt von Altbausubstanz selbst im SSC- Forum gibt. Mein Post wahr also nur etwas wohlwollender Spass, den dieses Forum auch mal vertragen kann, nichts weiter.

  • Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Bremen hat einen zweifellos schönen Kern, aber der ist klein und das drumherum gehört zum Schlimmsten, was ich in deutschen Städten so kenne.

    Die Stadt sieht aus, wie westdeutsche Städte in den 90ern aussahen. Wie eine Zeitkapsel. Dominanz von übelsten 60er und 70er Fassaden bis in zentrale Bereiche der "Altstadt", nirgends etwas zu sehen von der vorsichtigen Tendenz zu Aufwertungen dieser Gebäude in anderen Städten (entweder durch Renovierung oder Abriss und Neubau).

    Nun ist ein gewisser Lokalpatriotismus eine schöne Sache und auch anrührend, aber man fragt sich schon, warum dieser verbale Lokalpatriotismus sich dann wirklich so überhaupt nicht in einer Verschönerung des Stadtbildes übersetzt. Wahrscheinlich einfach, weil tatsächlich eine große Mehrheit von Bremern glaubt, sie lebten in einer schönen Stadt. Dann aber bitte auch nicht meckern.

    Tja, nun kommen wir zur Kardinalfrage: ist Bremen schön oder ist Bremen hässlich?

    Ich würde, ganz der Diplomat, sagen: beides!

    Ein Bekannter von mir lebte mehrere Jahrzehnte im Ruhrgebiet, Dortmund und erzählte mir, dass die Westfalen gerne nach Bremen reisen. Auf meine nachfrage: warum? bekam ich die Antwort: Weil Bremen eine schöne Stadt ist. Und als meine Schwiegereltern das erste Mal nach Bremen kamen, gingen wir durch die Böttgerstraße zum Marktplatz: dieser Positivschock, dieses ahhhh, ohhh, unglaublich....werde ich nie vergessen. Für sie war es eine unwirkliche Situation, das hatten sie noch nie gesehen.

    Ich würde sagen: wenn Prager, Dortmunder und Ostfriesen Bremen für eine schöne Stadt halten, kann man einfach nicht mehr widersprechen.

    Bremen hat einen zweifellos schönen Kern, aber der ist klein und das drumherum gehört zum Schlimmsten, was ich in deutschen Städten so kenne.

    Was verstehst Du unter drumherum? Ich würde sagen, das sind die den Stadtkern umgebenden Stadtteile: das Viertel, Schwachhausen, die Neustadt - alles sehr schöne Stadtteile - mit Abstrichen.

    Oder meinst Du den Bereich ab Karstadt Richtung Brill und das Stephaniviertel? Das sieht scheußlich aus.

    Deine Feststellungen zum Lokalpatriotismus kann ich nicht nachvollziehen, insbesondere die Frage, warum "Lokalpatriotismus sich dann wirklich so überhaupt nicht in einer Verschönerung des Stadtbildes übersetzt". Was sollen die Bürger machen? Leserbriefe schreiben? Wird ständig gemacht und: bringt gar nichts. Ich habe in den letzten Jahrzehnten so viel Wiederstand durch die Bürger bezüglich der Verschlimmerung unseres Stadtbildes durch Abrisse und die nachfolgende schreckliche Neubebauung kennengelernt. Nur.: Was bringt´s. wenn es den gewählten Vertretern scheißegal ist. Die Schere geht doch auseinander dort, wo die Bremer sich mehr schöne Gebäude - auch durch Rekonstruktionen - wünschen und dies bei der Politik, souffliert durch die Fachleute in der Baubehörde, überhaupt nicht ankommt. Die Architekten, die den Politikern näher sind als die Bürger (!!!), und die immer, wirklich immer nur ihre modernen Baukonzepte durchziehen, stellen neben der Politik dann noch ein zusätzliches Problem dar.

    Das sind die jahrzehntelangen Probleme in Bremen. Und weil das immer so bleiben wird, wird es auch nie ein schönes Stadtbild geben. Eher noch werden wir hier im Forum den weiteren Verlust in den jetzt noch schönen Stadtteilen beklagen, man denke hier nur an das Medienhaus. Das wird hier auch immer so weiter gehen, bis kaum noch etwas da ist. Für die Kriegszerstörungen können wir in Bremen niemand verantwortlich machen. Aber die Nachkriegszerstörungen, die den Altbaubestand und damit die Schönheit der Stadt dezimiert haben, die können wir schon - persönlich und parteipolitisch - anklagen.

  • Zum von der Stadt zwecks Glocke-Erweiterung gekauften und hier schon diskutierten Gebäude an der Domsheide gab es gestern einen aussagekräftigen Leserbrief im Weser-Kurier, über den wir wohl alle hier sehr erfreut sind. Ich wollte schon Kontakt zu der Dame aufnehmen, habe sie aber nicht im Telefonbuch gefunden. Man kann sich auch beim Weser-Kurier melden und besagte Dame meldet sich dann, bei Interesse.

  • Neubau am Wall, Ersatz für das 2015 Brandstiftung des Besitzers zum Opfer gefallenen Kaufhauses "Harms am Wall":

    Eine der früheren und ungelenkeren Varianten dieses neuklassisch modernen Stils, der in vielen Innenstädten seit etwa Mitte der 2010er um sich greift. Die Rückseite ist auch wegen eines ziemlich versteckten, aber doch interessanten Neubaus (hier rechts im Vordergrund) ganz witzig:

    Würde den Bau mit der beige-bräunlichen Steinfarbe auf frühe 2000er schätzen, zumindest meine ich Bremen nur mit diesem Haus zu kennen. Kann auch aus den 90ern sein, dann aber tatsächlich überraschend klassisch und eigentlich ganz schick, leider etwas verlorenes Potenzial in einer fast als Hinterhofsituation zu bezeichnenden Lage, an der die Bremer Innenstadt v.a. Richtung Wall reich ist.

  • Neubau am Wall, Ersatz für das 2015 Brandstiftung des Besitzers zum Opfer gefallenen Kaufhauses "Harms am Wall":

    Eine der früheren und ungelenkeren Varianten dieses neuklassisch modernen Stils, der in vielen Innenstädten seit etwa Mitte der 2010er um sich greift. Die Rückseite ist auch wegen eines ziemlich versteckten, aber doch interessanten Neubaus (hier rechts im Vordergrund) ganz witzig:

    Würde den Bau mit der beige-bräunlichen Steinfarbe auf frühe 2000er schätzen, zumindest meine ich Bremen nur mit diesem Haus zu kennen. Kann auch aus den 90ern sein, dann aber tatsächlich überraschend klassisch und eigentlich ganz schick, leider etwas verlorenes Potenzial in einer fast als Hinterhofsituation zu bezeichnenden Lage, an der die Bremer Innenstadt v.a. Richtung Wall reich ist.

    Dieses bräunliche Gebäude ist in der Tat etwa 20 Jahre alt und gehörte für mich schon nach der Fertigstellung zu den gelungenen Neubauten. Da es sehr versteckt liegt, kennen es viele, auch architekturaffine Zeitgenossen, nicht.

  • Das „drumherum“ ist das Schlimmste, was es in deutschen Städten gibt?

    Also bitte! Ja, Martinistraße, Obernstraße, Stephaniviertel und Rembertiring sind schlimm.

    Aber Findorff, Neustadt, östliche Vorstadt und Schwachhausen sind für mich sehr schöne und lebenswerte Stadtteile.

    Natürlich kann Bremen nicht mit Leipzig, Potsdam, Hamburg, Erfurt, Freiburg oder München mithalten.

    Aber „das Schlimmste“ assoziiere ich eher mit Städten wie Frankfurt, Köln, Kassel und Stuttgart.

    Bremen spielt für mich in einer Liga mit Braunschweig. Viel Potenzial, wenn man es nur endlich angehen würde.

  • Die katholische Kirche (siehe weiter oben) hat es eilig:

    Bonusbild Domshof mit Markt:

    Ja, Bremen ist schon ok. Trotzdem ärgert mich diese Selbstzufriedenheit einfach.

  • Informationen aus der Bremer Tageszeitung!

    Parkhaus Mitte: Abriss in drei Jahren

    Beim Bremer Parkhaus Mitte gibt es einen neuen Stand
    Ein Dauerbrenner in der Bremer Innenstadt ist die Frage, was mit dem Parkhaus Mitte passiert. Nun gibt es einen neuen Stand.
    www.weser-kurier.de
    Schafft die Bremer Brebau ein Großprojekt wie das Parkhaus Mitte?
    Angeblich ist der Gordische Knoten beim Parkhaus Mitte in der Bremer Innenstadt durchschlagen. Zweifel sind aber angebracht, meint Jürgen Hinrichs.
    www.weser-kurier.de
    VIDEO | Bremer Parkhaus Mitte wird abgerissen – Wettbewerb entscheidet über Neubebauung - SAT.1 REGIONAL
    Wenn ein Parkhaus abgerissen werden soll, dann ist das normalerweise kein besonderes Thema. In Bremen ist das in diesem Fall anders. Das Parkhaus Mitte darf…
    www.sat1regional.de