Bremen - Innenstadt

  • Der Vergleich mit dem Vorkriegszustand der Ecke Am Wall /Ansgaritorstraße:

    (Das Eckhaus Ansgaritorstaße mit dem Photogeschäft Sosna und sein klassizistischer Nachbar zur Linken sind die baulichen Vorgänger des zukünftigen 'Hanseaten Kontor')


    :kopfschuetteln:

  • Goldenes Kalb 'Bremer Carrée'


    So langsam drängt sich einem der Eindruck auf, daß mittlerweile überall in der Altstadt unmaßstäblich hoch gebaut werden darf (siehe Kühne & Nagel, Libeskind-Türme und nun das 'Haseaten-Kontor'), bis auf den Ort, an dem Hochbau eine große Tradition hat. Dort am Ansgarikirchhof bewundern die Verantwortlichen statt dessen die niedrige Traufhöhe des Bremer Carrées anscheinend ebenso, wie einst das Goldene Kalb angebetet wurde und verleihen ihr einen sakrosankten Status !

    Denn in all den Planungen der letzten Jahre (Ansgari Center, Sparkassen-Areal) wurde dieser grottenschlechte Bau niemals zur Disposition gestellt. Daß seine schiere Existenz für das Stadtbild ein gravierendes Problem darstellt, wird von offizieller Seite totgeschwiegen und regelrecht so umschlichen wie der heiße Brei von der Katze. Die Usurpation des heiligen Grundes von Anschari durch diesen schnöden Profanbau und die dadurch verhinderte nachhaltige und dauerhafte Gesundung von Stadtbild und Silhouette wird bewußt ignoriert und behandelt wie der sprichwörtliche, im Raum stehende rosa Elefant, über den man nicht reden darf...

  • Die Höhe des Gebäudes ist das Eine. Die Optik ist das Andere. Wem gefällt denn solche 70er-Jahre-Platten-Gestaltung a la Kaufhof noch?...
    Dem Architekt, dem Bauherren offenbar und womöglich der Baubehörde. Aber wem sonst?...

  • In einer Stadt, die so hoch verschuldet ist wie Bremen, ist man dringend auf Investoren angewiesen. Das ist auch in anderen Städten so und eigentlich ist dagegen nichts einzuwenden. Allerdings beeinflussen Investoren auch durch ihre Interessen - z. B. nach einer hohen Rendite, die nur durch ein Maximum an Fläche zu erreichen ist - das Stadtbild, denn alles, was aufwändig in der Gestaltung ist wie z. B. eine differenzierte Fassadenstruktur, Kleinteiligkeit der Gebäude oder ein das Äußere positiv beeinflussendes Sattel- oder Walmdach statt Flachdach, ist kostenintensiver als ein schnell hochgezogener Neubau der Moderne.
    Die Situation stellt sich also so dar, dass die Stadt, der dann häufig auch noch Kriterien zur Stadtgestaltung, besonders in Bezug auf das Thema Schönheit, fehlen, es den Investoren überlässt, wie die Stadt auszusehen hat. Sie gibt ihre Gestaltungskompetenz völlig aus der Hand in die der Investoren, die nach ganz anderen Regeln handeln (müssen), als es in einer Stadtgesellschaft wünschenswert wäre. Und vor allem: Die Investoren wirken gegenüber den Bürgern ja auch als Regulativ. "Wollt ihr, dass uns die Investoren weglaufen" fragt schon mal der besorgte Politiker und betet dafür, dass weitere Investoren kommen (Schön wäre es natürlich, könnte er in der wiederaufgebauten Ansgariikirche beten). Stadt wird so zum Experimentierfeld, da ein Masterplan, der sich an einem unverwechselbaren Stadtbild oder der Schönheit der Stadt orientiert, fehlt. Deshalb, und nur deshalb, sieht die Stadt heute so aus, wie sie aussieht. Hätte der Bremer Geist in Dresden sein Unwesen getrieben, die Ruine der Frauenkirche wäre beseitigt und das Grundstück mit einem Kaufhaus bebaut worden. Ich wünsche mir mehr Dresdener Geist in Bremen.

  • Wenn es bei der Architektur nur möglichst billig sein soll, gehen dann Investoren und städtische Politiker auch nur zum billigsten Discounter, um ihr Fleisch zu kaufen?...
    Holen sie sich ihre Kleidung nur bei KiK? Zahlen sie für das T-Shirt grundsätzlich weniger als 5 Euro?...
    Ist ihre Wohnungseinrichtung ausschließlich aus dem Sortiment von Poco zusammengestellt?...
    Verbringen sie ihre Urlaube nur in 1-Sterne-Kajüten, und auch nur in der Nebensaison?...
    Sind ihre Handys zehn Jahre alte Geräte, beim Inder um die Ecke gebraucht gekauft?...

    Was für die Baukunst gilt, müsste doch eigentlich auf das gesamte Leben übertragbar sein. Sonst bleibt die Sparwut ja auf halber Strecke stehen...

  • Ursachen für Bremens finanzielle Misere und damit mittelbar für die Verhäßlichung der Stadt


    Dank findorffers Ausführungen kommen wir zum Kern des Problems, nämlich der Frage, weshalb Bremen so klamm ist, daß es nun jedem potentiellen Investor servil und willfährig hinterherlaufen muß ? Die gern angeführte Begründung, viele der in Bremen Arbeitenden würden im niedersächsischen Umland – dem ‚Speckgürtel’ – leben und dort ihre Einkommensteuer zahlen, gleichzeitig aber das von Bremen vorzuhaltende infrastrukturelle Angebot (Medizinalversorgung durch Großkliniken, Kulturangebote wie Theater und Museen, etc.) gerne in Anspruch nehmen, ist zwar in der Tat ein bei der Frage zu berücksichtigender Faktor, aber eben nicht der ausschlaggebende, denn andere Kommunen haben ebenso mit diesem Phänomen zu kämpfen und sind dennoch nicht so heruntergewirtschaftet wie die Hansestadt an der Weser.

    Nein, ganz entscheidend für die Entstehung der Haushaltsnotlage in dieser ehedem wohlhabenden bürgerlichen Stadt sind m.E. drei Faktoren:

    Erstens, die seit dem 1. August 1945 (dem Tag der Einsetzung des ersten sozialdemokratischen Bürgermeisters durch die US-Amerikanische Besatzungsmacht– man muß sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: die SPD herrscht in Bremen jetzt schon deutlich länger ununterbrochen, als NSDAP und SED zusammen je über Mitteldeutschland das Zepter führten) sich immer stärker ausprägende Vernachlässigung der mittelständischen Wirtschaft (nach dem Motto: „Wir haben ja die Werften, Euch Kleinen brauchen wir daher nicht.“), die zahlreiche, alteingesessene Firmen zur Abwanderung bewogen hat (z.B. die Lloyd Schuhfabrik, die nach Sulingen im Landkreis Diepholz ging oder die Firma Zeisner - welche als erste Firma im Deutschen Reich schon vor dem ersten Weltkrieg Ketchup herstellte – die nach Grasberg im Landkreis Osterholz-Scharmbeck verzog).

    Zweitens die exorbitante Aufblähung der Zahl der beim Staat Beschäftigten (nicht nur der Beamtenschaft). So wurde z.B. unter Bürgermeister Hans Koschnick ein Großteil der beim Konkurs der AG Weser in den 1980er Jahren auf der Straße stehenden Werftarbeiter kurzerhand vom Staat übernommen und auf Beamtenstellen gesetzt (über die nötige Qualifikationen der so auf Steuerzahlerskosten wieder in Lohn und Brot Gekommenen für ihr neues Tätigkeitsfeld sollte man sich keiner Illusionen hingeben). Auch die Tatsache, daß sich Bremen ein im Verhältnis zur Bevölkerungszahl an Kopfzahl riesiges Vollzeitparlament mit gut bezahlten Berufspolitikern leistet (die Bürgerschaft im florierenden bürgerlichen Bremen vor 1918 war demgegenüber ein ehrenamtliches ‚Feierabendparlament’ gewesen), trägt das ihre zu der negativen Entwicklung bei.

    Drittens und Letztens hat Bremen seit den späten 60er Jahren nicht nur einen magnetartigen Sog für Viele Anhänger von ‚ausgefallenen Gesellschaftsexperimenten’ entwickelt, die ihre kostspieligen Ideen hier auch postwendend ausprobieren durften (das hiesige Bildungssystem kann ein Lied davon singen), sondern wurde auch zu einem El Dorado für Viele der ‚Mühseligen und Beladenen’ dieser Welt (den Anteil des Sozialetats am Bremer Gesamthaushalt kann sich wohl Jeder denken...). Für das tonangebende politische Establishment kamen und kommen diese Personengruppen sehr gelegen, sind sie doch als potentielle Wähler in der Zukunft ein Garant dafür, daß die Pfründen erhalten bleiben (die wahltaktischen Methoden Tony Blairs scheinen insofern in Bremen entwickelt worden zu sein…).

    Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt, der dazu führen mag, daß August Bebels Epigonen an der Unterweser kein sonderliches Gespür und Interesse für eine schönes Stadtbild haben:
    Wie wurde doch einmal formuliert: Ein schönes Stadtbild macht zufrieden und läßt bürgerlich wählen. Deshalb muß die SPD für urbane Hässlichkeit sorgen, damit die Prozente am Wahltag stets stimmen…Urbane Häßlichkeit also als Lebenselexier der Genossen ? Dies mag jetzt etwas überspitzt formuliert sein,aber ein Gran Wahrheit enthält diese Aussage schon…

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (5. März 2019 um 14:36)

  • Die Höhe des Gebäudes ist das Eine. Die Optik ist das Andere. Wem gefällt denn solche 70er-Jahre-Platten-Gestaltung a la Kaufhof noch?...
    Dem Architekt, dem Bauherren offenbar und womöglich der Baubehörde. Aber wem sonst?...


    Alles eine Frage der Werbung. Und solange es reiche Deppen gibt die sich den "letzten Husten" als Luxus andrehen lassen, wird es auch Architekten und Bauherren gelingen, mit den billigsten Mittel größtmögliches Kapital zu schlagen.
    Traurig zu sehen, was in der einst so schönen Hansestadt alles so an Bausünden verbrochen wird.

  • Grundsätzlich Zustimmung, nur eine Korrektur und ein paar Anmerkungen, Pagentorn. Das Bremer Parlament ist tatsächlich ein Teilzeitparlament und ist auch bereits verkleinert worden (2003), wiewohl man natürlich darüber streiten darf, ob es für ein Gemeinwesen von der Größe Bremens 83 Teilzeitabgeordnete braucht.

    "Feierabendparlament" Bremische Bürgerschaft - Wikipedia

    Insgesamt sollte man bei aller berechtigten Kritik an der teilweise desaströsen Politik der Bremer SPD auch nicht vergessen, dass Bremen nunmal ein extrem wichtiger Industrie- und Hafenstandort war und somit gleich zwei brutal vom Strukturwandel getroffene Wirtschaftsbereiche aufzubieten hatte. Man hätte es sicher besser machen können und v.a. die Aufblähung des öffentlichen Dienstes und die Subventionitis wesentlich stärker begrenzen müssen und sollen, aber brutal wäre es so oder so gekommen, v.a. für Bremerhaven.

    Dort brach innerhalb von zwei Jahrzehnten fast die gesamte wirtschaftliche Basis der Stadt durch 4, 5 parallel laufende Prozesse weg. 1. der Niedergang der deutschen Hochseefischerei, 2. die Containerisierung im Hafen, 3. die deutsche Werftenkrise, 4. die Suburbanisierung, der Bremerhaven hilflos ausgeliefert war, da nichtmal 5 km vom Zentrum, also sogar noch in bequemer Fahrraddistanz, Niedersachsen beginnt und kräftig Einfamilienhausgebiete auswies, 5. der Abzug der ehemals sehr stark repräsentierten US-Streitkräfte.

    Das wäre - egal wer regiert - eine riesige Herausforderung auch für den härtesten Ordoliberalisten geworden. Es ist nicht zufällig so, dass diese Regionen überall auf der Welt extreme Probleme haben, man nehme den Rust Belt in den USA mit seiner Drogenepidemie ("these jobs, they're goin' boys, and they ain't coming back"), man nehme das lothringische Industrierevier in Frankreich, das schlesische Industrierevier in Polen, man nehme Nordengland mit seinen Hafenstädten.... es ist eigentlich egal, Strukturwandel ist einfach Mist. Auch die wirtschaftsliberale Rosskur, die Margaret Thatcher Nordengland ausgesetzt hat, hat ja allerhöchstens gemischte bis ähnlich desolate Ergebnisse gebracht, insofern ist das einfach eine extrem schwierige Sache, bei der Fehler geradezu zwangsläufig sind.

    Trotzdem kann man der Grundaussage Ihres Posts natürlich nur zustimmen, v.a. die schwiemelige Selbstzufrieden- und -besoffenheit der Bremer Sozialdemokratie, die so fragwürdige Geschöpfe wie Richard Boljahn zustandegebracht hat, knietief im Bremer Baulandklüngel und gewerkschaftlicher Misswirtschaft versunken, hat dem Land extrem geschadet, dazu diese "wer nicht will, der hat schon"-Mentalität der sehr auf Großbetriebe ausgerichteten Wirtschaftspolitik und das sich von Hamburg übern-Tisch-ziehen-lassen. Nun denn, so ist es, nun heißt es, Scherben aufkehren und es besser machen. Was anderes bleibt uns gar nicht übrig.

  • Deutungshoheit


    Pagentorn, des Pudels Kern ist für mich eher mit der Fragestellung verbunden:
    Wer hat die Deutungshoheit über das Aussehen der Stadt? Dürfen diese die Investoren haben?

    Ich meine, dass dies ausschießlich Sache der Bürgerschaft sein muss: Die Politik hätte gegenüber den Bürgern in Sachen Stadtgestaltung eine dienende, moderierende Funktion, um herauszufinden, welches Stadtbild die Wähler favorisieren. Steht das fest, kommen die Architekten dazu und machen entsprechende Pläne, die Baubehörde ebnet den Weg. Gibt es diese Pläne, dann erst kommen die Investoren ins Spiel.
    Das hier beschriebene Vorgehen scheint geradezu eine Umkehrung der gegenwärtigen Wirklichkeit zu sein mit dem Unterschied, dass die Bürger bei der bisherigen Praxis vollständig rausfallen. Die Politik, die uns doch lediglich vertritt, zäumt das <pferd von hinten auf und scheint die Stadtbild-Vorstellungen der Bürger gar nicht zu interessieren. Sie stellen keine Vergleiche früher - heute an , ja ich befürchte sogar, sie haben nicht mal ein Konzept über die Ästhetik der Stadt im Kopf, bestimmen aber, wie die Stadt auszusehen hat.

  • In einem Leserbrief schrieb ich mal: "Die Moderne hatte alle Möglichkeiten, die Stadt noch interessanter, attraktiver und schöner zu machen". Wenn ich mir nun am Beispiel der Faulenstraße das Ergebnis ansehe, kann ich nur sagen: Das ist grandios gescheitert. Hat die Moderne überhaupt ein Schönheitskonzept? Diese Frage stelle ich auch deshalb, weil ich mich noch gut an das letzte philosophische Quartett mit dem Themenschwerpunkt Architektur (Im Glashaus) erinnere. Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranzki waren die Gastgeber, Michael Mönninger und Werner Sobek die Gäste. Safranzski äußerte, dass die Moderne ein Problem mit der Schönheit habe, worauf der anwesende, die Moderne vertretende Architekt (Sobek), recht säuerlich dreinblickte und die Frage auch leider nicht mehr beantworten musste, weil die Sendung endete. Und Safranzki stellte vorher, wohl noch seinen Urlaub in Siena im Hinterkopf, folgende geniale Frage, die ich hier nur noch nach meiner etwas lückenhaften Erinnerung in etwa wiedergeben kann: Warum ist in den alten italienischen Städten das Ganze immer schöner als der Einzelbau und warum ist dies in den Städten, in der die Moderne dominiert, genau umgekehrt?

  • . Hat die Moderne überhaupt ein Schönheitskonzept?

    Das ist eine hochinteressante Frage - ich mein "ja, es wäre möglich, wenn man denn wollte". Aber was hier in Bremen passiert, hat meines Erachtens nach weniger mit "Moderne" als vielmehr mit "Einfallslosigkeit" zu tun.

  • Ach, liebe Foristen, jetzt habe ich mich glatt im Strang geirrt. Mein Betrag sollte zum Strang St. Ansgarii und der dort zuletzt thematisierten Faulenstraße gehören. Ich stelle deshalb den gleichen Text noch mal dort ein, obwohl er auch im Strang Innenstadt gut angesiedelt ist, aber ich nehme ja inhaltlich Bezug auf die Faulenstraße, deshalb jetzt doppelt gemoppelt. Sorry noch mal.

  • Ach, liebe Foristen, jetzt habe ich mich glatt im Strang geirrt. Mein Betrag sollte zum Strang St. Ansgarii und der dort zuletzt thematisierten Faulenstraße gehören. Ich stelle deshalb den gleichen Text noch mal dort ein, obwohl er auch im Strang Innenstadt gut angesiedelt ist, aber ich nehme ja inhaltlich Bezug auf die Faulenstraße, deshalb jetzt doppelt gemoppelt. Sorry noch mal.

    "Irren ist menschlich" sprach der Igel und stieg von der Kloobürschte. ablachen:)

    Aber ich meine daß Dein Beitrag auch absolut auf Bremen zutrifft - ich war zwar noch nie in Bremen,kenne es nur von Fotos, aber was da so alles an Bauscheußlichkeiten abgeht, weiß ich auch nicht ob ich da mal hin möchte.

  • Wenn es doch nur "Einfallslosigkeit" wäre, die derzeit in Bremen regiert. Ignoranz und Egoismus würde ich dem hinzufügen. Wenn ein sogenannter Star-Architekt wie der Libeskind vor der Fernsehkamera von Bremens Geschichte und Kraft schwärmt und vorgibt, die Stadt sehr gut zu kennen, und dann den Bremern die vier Türme Mordors hinklotzen will, dann nenne ich das pure Ignoranz, die die Bremer Geschichte und Kraft mit Füßen tritt und verhöhnt. Und es sind die Würdenträger der Hansestadt mit ihrem Egoismus, die sich im Glanz solcher Investoren aalen, positionieren und dabei ohne mit der Wimper zu zucken ein Stück Bremer Seele verkaufen.

    Ich werte es außerdem als sehr negativ für Bremen, dass in vielen Schlüsselpositionen „Auswärtige“ sitzen, die keinen innerlichen Bezug zur Stadt haben oder es nicht als nötig betrachten, einen solchen Bezug zu generieren, und die Bekleidung des Amtes nur als Stichpunkt in ihrer Vita ansehen:

    Denkmalpflege: aus dem Saarland.
    Bausenator: aus Hamburg (ist wahrscheinlich HSV-Fan; was vieles erklären würde!!!).
    Baudirektion: aus Thüringen.
    Bürgermeister: aus Niedersachsen.

    An Henry H.:
    Du musst Bremen unbedingt mal besuchen. Komm mit den Zug. Dann brauchst du nur aus dem Bahnhof zu gehen und du wirst Bremens Clash-der-Baukulturen innerhalb von Sekunden verinnerlichen können: Dort der historische Bahnhof – hier das dudlerische City-Gate, und du wirst findorffers Zitat von Safranzki verstehen. So etwas muss man einfach mal mit eigenen Augen gesehen haben! Bremen hat durchaus Alleinstellungsmerkmal – leider ist dies oft negativer Art!

  • Ich schließe mich Jakku Scums Bitte um einen Bremen Besuch an.

    Viele von uns Bremern wären sicher gerne bereit, Ihnen die - verbliebenen - Schönheiten sowie die schlummernden Potentiale unserer Stadt zu zeigen !

  • Ich würde auch unbedingt einen Besuch empfehlen, wir haben es hier nämlich mit einer ungewöhnlich kritischen Foristenschaft in Bremen zu tun, ähnlich vielleicht etwa Frankas Bilderreihe zu Nürnberg steht bei uns doch häufig das Negative im Vordergrund, was solange in Ordnung ist, wie daraus Positives erwachsen kann.

    Auch ich habe aber manchmal die Neigung, Dinge dann ganz bewusst "runterzuschreiben" und zu verreißen. Ich kann die Stadt Bremen trotz der Kriegs- und Nachkriegszerstörungen trotzdem nur jedem Architekturinteressierten dringend empfehlen, zum einen wegen der trotz allem grandiosen Situation am Marktplatz mit Böttcherstraße und Schnoor, zum anderen auch wegen der deutschlandweiten einzigartigen Weise der gründerzeitlichen Stadterweiterung in Reihenhausform, die der Stadt einen ganz eigenen Charakter gibt.

    Und es überwältigt mich trotz aller Zerstörung immer wieder, was alles dann doch noch steht auf fast wundersame Weise. Und wieviel besser man diese Stadt hätte wiederaufbauen können und müssen.

    Die Eleganz und Gemütlichkeit, das Leben zur Straße (statt von ihr weg) in von Bremer Häusern gesäumten Wohnstraßen dürfte in deutschen Großstädten jenseits von 500.000 EW auch ihresgleichen suchen:

    Insofern: Unbedingt kommen! Es lohnt sich trotz des ganzen Ärgers.

  • Du bringst es auf den Punkt, Heinzer - wunderbare Bildreihe!
    Der Bremer neigt gerne zum Nörgeln, weil er eben bescheiden ist und nicht mit seinem Haben prahlt. - Und wenn, dann zeigt er dies durch die Verpflichtung von Lüder von Bentheim und lässt eine Fassade bauen, an der sich selbst folgende Generationen und Menschen aus aller Welt erfreuen. - Und wenn es nicht ganz so üppig werden soll, ein "Bremer Haus".

    An dieser Stelle möchte ich auch mal eine Lanze für unsere gewerblichen Bauten brechen, wie etwa das Verwaltunggebäude der „Use Akschen“, der ehemaligen „AG Weser“-Werft oder der Getreideverkehrsanlage im Waller Hafen, dem größten Backsteinbau Europas, wenn ich mich nicht irre.

    Und Bremen-Nord und unsere Schwesternstadt Bremerhaven sei hier auch mal erwähnt.

    Ein Besuch Bremens lohnt sich in vielfältiger Weise.

    Und wir werden dafür sorgen, dass es in Zukunft lohnenswerter wird...!

  • Ein Bild, dass ich vor ein paar Tagen auf facebook durch eine Verlinkung fand, und ich mit Schrecken feststellen musste: Wo sind die Domtürme geblieben?!?!?!?!?!

    Der Neubau, jener "Solitär" von "Qualität" und "Ästhetik" - frei nach WK-Chefreporter Jürgen Hinrichs -, der Klaus-Michael Kühne-"Hingucker" beginnt die Domtürme zu verdecken.
    Wenn ich mich also von der Neustadt über die Wilhelm-Kaisen-Brücke der City nähere, wird mein altes Stadtbild erlöschen, der Neubau-Solitär verdeckt zukünftig die Sicht auf die Domtürme.
    Absolut gruselig! :--)


    Foto von "Fridays For Future Bremen" auf facebook.

  • Polizeistation 2


    Die ehemalige Polizeistation 2 lag an der Straße "Außer der Schleifmühle" am Rande des Bremer Ostertorviertels. Das historische Bild verdanke ich Pagentorn. Die beiden, die heutige Situation darstellenden Bilder, sind vom März 2019.



    Aus der Polizeistation 2 wurde die "Musikbiliothek Bremen" (man beachte das Schild am Turm), in der ich mich früher viel aufgehalten hatte und von musikkundigen Mitarbeiterinnen beraten wurde. Das ist heute anders. Die Musikbibliothek wurde aufgegeben und mit der Zentrale der Stadtbibliothek verschmolzen. Eine Beratung musikkundiger Mitarbeiter gibt es nicht mehr, diese leben im Tal der Ahnungslosigkeit, die heutigen Mitarbeiter verfügen nicht mal mehr über geringste einschlägige Kenntnisse.
    Die Musikbibliothek, im Eigentum der Stadt, wurde vor ca. 20/25 Jahren aufwändig mit hohen Kosten grundlegend renoviert, neues Dach, Toiletten, Leitungen usw. und dann mit Aufgabe derselben vor ca. 10/12 Jahren nach meiner Erinnerung verkauft. Dort befindet sich heute ein Restaurant. Und nun wurde, ich glaube im letzten Jahr, der für viel Geld renovierte rechte Flügel abgerissen und das nunmehr leere Grundstück zur Bebauung freigegeben.
    Vom Bautypus würde ich dieses Gebäude mit den großen Rathausbauten des Historismus vergleichen, die ja oft in der Mitte einen großen Turm hatten: München, Wien, Hamburg sind hierfür bekannte Beispiele. Durch den Wegfall des rechten Flügels wurde nun die Symmetrie, eines der augenfälligsten Merkmale des Gebäudes, zerstört. Dieser Fall zeigt uns wieder, dass sowohl die Politik als die Baubehörde mit ihrer Protagonistin Bausenatsdirektorin Iris Reuther jeglichen Respekt vor der historischen Architektur und deren bautypologischen Ikonographie verloren haben.
    Ich kann nur spekulieren, da keine Informationen zu diesem weitern stadtzerstörerischen Unfall vorliegen: Der neue Eigentümer sagte sich sicherlich, wenn ich den recht Flügel abreiße, habe ich Bauland, mitten in der Stad, das ist wertvoll. Darauf zu bauen bringt mir mehr Profit als wenn ich die Sache erhalte. Die Baubehörde sagte: Oh, wie schön, wir brauchen Wohnungen, z. B. für Studenten, da geben wir unser OK! Wer sieht es anders?

  • Lieber findorffer,

    habe mal ein wenig in meinen Beständen gekramt und dabei eine alte analoge Foto-Collage aus dem Frühjahr 1987 gefunden. Ich bitte für die miserable Qualität um Entschuldigung - aber so hat man halt als an Architektur interessierter Jugendlicher damals gearbeitet...
    Zumindest kann man den rechten, nun abgerissenen Flügel des Gebäudes gut erkennen und nachvollziehen, wie der Abbruch die Balance dieser einst 'schönsten Bremer Revierwache' zerstört hat.

    Da geht einem doch wirklich der Hut hoch...........oder besser noch der Bremer Polizeihelm !

    Hier noch ein Link zu einem Artikel in den 'Bremer Nachrichten' über den Teilabbruch (aus dem Jahre 2017):

    https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-…id,1639368.html