Prag (Galerie)

Quote from Kurprinz

ich kenne Prag sehr gut und habe die "Altstadt" (gemeint ist das historische Zentrum des heutigen Prag) subjektiv immer als riesig wahrgenommen.

Ja, so ist das. Und in Prag wird die Bezeichnung "Altstadt" wirklich nur in Bezug auf das Stadtviertel dieses Namens verwendet.

Quote from Snork

Hervorragend sanierte Gründerzeitler (wie nennt man diese Zeit bzw Bauepoche im Tschechischen?) in der Innenstadt

Der Begriff "Gründerzeit" leitet sich ja von der Gründung des Deutschen Reiches 1871 her. Er wird deshalb auch nur in Bezug auf Deutschland verwendet.

Gründerzeit = gründerské období
die Gründerzeitler (Häuser) = gründerské domy

Die Formulierungen mit "gründerský" werden im Tschechischen aber auch nicht häufig verwendet und, wie gesagt, niemals auf Österreich-Ungarn bezogen.

Ich habe ein Buch zur Prager Architektur und Kunst im 19. Jahrhundert, das 1980 erschienen ist. Der Titel lautet "Praha národního probuzení", wörtlich übersetzt: "Das Prag des nationalen Erwachens". Im Deutschen klingt das befremdlich, im Tschechischen nicht. Die Herausbildung der modernen tschechischen Nation ist das zentrale Motiv des tschechischen Geschichtsbildes.

In Bezug auf Architektur verwendet man im Tschechischen die gängigen Stilbezeichnungen. Klassizismus, Historismus, Neorenaissance usw. Die Kunst des Historismus erfreut sich in Tschechien - ebenso wie in Ungarn - allgemeiner Wertschätzung. Entstuckte "Gründerzeitler" gibt es hier nicht.

Einen vergleichbaren Begriff zu unserem deutschen Wort "Gründerzeitviertel" gibt es im Tschechischen nicht.

Verwendet eigentlich irgendwer außerhalb unseres spezifischen Forum-Slangs das Wort "Gründerzeitler"?

Diese Wortschöpfung kommt mir übrigens äußerst "österreichisch" vor.

Quote from Snork

Und als Kontrast mal eine der wenigen Bausünden im Zentrum

Das ist der Börsenpalast, fertiggestellt 1995. Ziemliches Mittelmaß. Immerhin nimmt der Bau Anleihen am Funktionalismus der 30er Jahre, der in Prag ja sehr verbreitet ist. Die graue Fassade gleich links anschließend ist bereits ein echter Dreißigerjahrebau. Um die Ecke die Benediktská ulice. Da geht es mit den funktionalistischen Fassaden der ersten Republik weiter. Die Nordseite des Börsenpalastes ist also durch ältere Bauten verstellt. Ebenso sieht es an der Ostseite, zur Revoluční hin, aus. Der Börsenpalast hat also zum Glück nur zwei Schaufassaden (naja, was man so schauen nennt). An der Südseite ist das Kaufhaus Kotva unmittelbar benachbart. 20 Jahre zuvor entstanden und eine absolute Ikone der modernen Architektur in Prag.

Prag, Altstadt (Staré Město), Rybná 682/14, Börsenpalast (Burzovní palác) (Foto: Snork, September 2024)

Dem Börsenpalast gegenüber steht übrigens ein altes Haus, das im Kern gotisch ist. Die Fassade stammt aber von 1876.

Rybná 683/17, dům U kříže (Haus Zum Kreuz) (Foto: Palickap, 19. März 2016, CC-BY-SA-4.0)

Der Nachbar gibt dann ein ganz schlechtes Bild ab.

Rybná 1066/15 (Foto: Jiří Matějíček, 13. April 2022, CC-BY-SA-30)

Könnte ein Neubau der letzten Jahre sein, geht aber auf den Umbau eines lange leerstehenden Hauses in den Jahren 2013-2015 zurück. Immerhin: die Haustür ist alt (auf dem Foto schlecht zu erkennen).

Einige Schritte weiter, an der Ecke zur Jakubská, begegnet uns dann wieder versteckte Gotik

Jakubská 676/3, rechts Blick in die Rybná nach Norden, ganz hinten die helle Fassade von čp. 1066 vor dem Umbau
(Foto: Ben Skála, 11. Dezember 2010, CC-BY-SA-3.0)

Hier gibt es im Keller und Erdgeschoss sogar noch gotische Gewölbe.

_{Bild von Snork}

Quote from Rastrelli auf ursus

Dann liegt deine Zeit schon mehr als 22 Jahre zurück. Der Palác Euro wurde zwischen 2000 und 2002 errichtet. Vorher stand da viele Jahre nichts. Die Fläche war gepflastert.

In guter Erinnerung geblieben ist mir das früher dort auf der Brandwand befindliche Persil-Bild.
Eine Aufnahme aus dem Jahr 1992:

Bildquelle: Tschechien | Dr. Robert Freund

Ein paar Bilder aus dem schönen Prag:

Offenbar eine Stadt für Frühaufsteher. Grauslich.

Quote from Däne

Wie sieht's mit dem Tourismus in Olmütz und Königgrätz aus?

Was erwartest du? Die beiden Städte sind im Ausland kaum bekannt.

Quote from ursus carpaticus

Offenbar eine Stadt für Frühaufsteher

Ich hatte mir mal vorgenommen, morgens gegen 5 oder 6 Uhr zur Karlsbrücke zu laufen, um sie menschenleer zu sehen. Aber es wurde nichts draus, weil ich zu dieser Zeit dann doch geschlafen habe.

Letztlich ist Prag zu jeder Tageszeit schön. Es ist völlig normal, dass das Zentrum einer Millionenstadt von Menschen bevölkert ist. Eine Verkehrszählung im November 2018 ergab, dass die am meisten von Fußgängern frequentierten Bereiche in Prag der obere Wenzelsplatz und der Platz der Republik waren, Orte, wo überwiegend Einheimische unterwegs sind. Es folgten der untere Wenzelsplatz, der Graben (Na Příkopě), die Karlsbrücke und die Karlova. Die beiden letzteren werden hauptsächlich von Touristen frequentiert. Darauf folgten dann wieder Straßen, auf denen großenteils die Prager selbst unterwegs sind - Jindřišská, Národní třída und Spálená. (Quelle)

Quote from Rastrelli

Es ist völlig normal, dass das Zentrum einer Millionenstadt von Menschen bevölkert ist.

Das ist zwar richtig, aber irgendwann hört sich alles auf. Die Karlsbrücke war mir schon im Kommunismus zu überlaufen.

Zu Dänes Frage: Außer Prag ist noch Krumau allzusehr vom Massentourismus betroffen. Wenn du eine Stadt aufsuchen willst, wo es kaum Touristen gibt, empfehle ich Iglau. Teltsch ist interessanterweise auch ziemlich verschont.

Quote from ursus carpaticus

Wenn du eine Stadt aufsuchen willst, wo es kaum Touristen gibt, empfehle ich Iglau

Dann könnte man auch nach Norilsk oder Chisinau fahren. Prag ist für Touristen attraktiv weil es schön, gut erreichbar und geschichtsträchtig ist. Ne 6er Packung recyceltes Klopapier im Angebot kaufen können hat nicht dieselbe Anziehungskraft.

Na ja, zumindest Teltsch ist schon wunderschön und obendrein UNESCO-Kulturerbe. Und Iglau ist auch Stadt unter Denkmalschutz.