Zerbst/Anhalt - Schloss Zerbst

  • ... daran anschliessend:

    Hat es aus dem Familienbesitz eigene große Auktionen gegeben?

    Wären die eventuellen Erbgänge rekonstruierbar?

    Haben Sie Eduard von Anhalt diesbezüglich angesprochen?

    Mir ist aber natürlich klar, daß man nicht alles hier veröffentlichen kann.

  • @ Däne:

    Es eigentlich nicht wirklich Glück im Unglück, sondern eher Unglück nach Unglück …

    Die Innenausstattung wurde 1919 komplett ins Dessauer Stadtschloss überführt, das sich noch im Besitz des abgedankten Herzogs befand. Da die herzogliche Familie nicht mehr flüssig war, wurden wertvolle Stücke in den 1920er Jahren veräußert. Leider ist gar nicht nachvollziehbar, wohin die Objekte gingen, da es reine Privatsache war. Die Gemälde in der Würzburger Residenz, die aus dem Entreesaal des Zerbster Schlosses stammen, waren ein reiner Zufallsfund von mir und nur anhand der Malersignatur identifizierbar gewesen.

    Der größte Teil der Ausstattung des Zerbster Schlosses ging bei der Zerstörung des Dessauer Schlosses am 7. März 1945 komplett verloren. Nur wenige Wochen danach traf auch das Zerbster Schloss am 16. April das gleiche Schicksal.

    @ Jakob

    Eine Auktion ist mir nicht bekannt, es dürfte sie auch nicht gegeben haben.

    Ich stehe mit Eduard von Anhalt seit vielen Jahren in Kontakt. Auch sein Verwalter sucht händeringend nach Unterlagen. Durch die hohen Verluste 1945 ist fast nichts nachvollziehbar.

  • Die Gemälde in der Würzburger Residenz, die aus dem Entreesaal des Zerbster Schlosses stammen, waren ein reiner Zufallsfund von mir und nur anhand der Malersignatur identifizierbar gewesen.

    Um welche Gemälde handelt es sich denn? In welchem Raum der Würzburger Residenz befinden sie sich?

    Ich wohne ja in Wü, und würde da gerne mehr dazu wissen.

  • Hier ein Auszug aus meiner Baumonographie:

    Die beiden Supraporten sind mit zwei erhaltenen Gemälden im Dienerschaftszimmer hinter den nördlichen Kaiserzimmern der Würzburger Residenz identisch. Es handelt sich um eine „Sommerlandschaft“, bezeichnet „peint par / F. H. Paradyen / 1749“ (118 cm x 164 cm) und eine „Winterlandschaft“, bezeichnet „F. H. Paradyen / peint“ (118 cm x 164 cm). Die Gemälde gelangten nach 1918 in Münchner Privateigentum, erworben aus dem Besitz des abgedankten Herzogs von Anhalt. Im Jahr 1989 erwarb die Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen beide Bildnisse.

    Detailfotos darf ich aus rechtlichen Gründen hier nicht einstellen, aber Raumansichten.

  • Akanthus

    Haben Sie - eventuell vom Hörensagen - Kenntnis von der Existenz von Zerbster Inventarklebezetteln?

    Gab es die in anderen anhaltinischen Schlössern?

    Ist da gegebenfalls (etwa im späten 19. Jahrhundert) einheitlich verfahren worden?

  • Inventarklebezettel oder Brandstempel sind mir für Zerbst aus den Akten nicht bekannt. Die einzig noch erhaltenen Möbel des Altbestandes, ein kleiner Tisch und ein paar Armlehnstühle, die sich heute im Schloss Mosigkau bei Dessau befinden, tragen keine Inventarnummern. Nur die Gemälde erhielten nach 1918 nach der Übertragung auf die Joachim-Ernst-Stiftung Inventarnummern.

    Nach dem Übergang des Zerbster Schlosses in den Besitz der Linie Anhalt-Dessau 1797 war es nicht mehr bewohnt und konnte bereits im 19. Jahrhundert besichtigt werden. Die neuen Besitzer hatten kein Interesse am Barock und waren nur sehr selten in Zerbst. Mit der benannten Übernahme wurde ein komplettes Schlossinventar angelegt, das heute meine wichtigste Arbeitsgrundlage bildet. Allerdings sind die darin benannten Objekte nur summarisch aufgeführt, aber nur sehr selten beschrieben. Nummern wurden nicht vergeben. Eine Inventarisierung mit einer Nummernvergabe im 19. Jahrhundert kann ich mir nicht vorstellen. Das Schlossinventar blieb, soweit es die wenigen Fotos vor 1918 zeigen, im Wesentlichen bis zur Abdankung erhalten.

    Von Möbel in den Schlössern der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz sind mir beim Altbestand Inventarzettel bekannt.

  • Akanthus

    Vielen Dank für die fundierte - und ernüchternde - Antwort!

    "Wenige Fotos vor 1918" - wieviele sind es denn?

    Als Außenstehender hat man nicht den Eindruck, daß die Sicherung (geschweige denn der Wiederaufbau) des Zerbster Schlosses von der Politik im nötigen Maß unterstützt wird. Warum ist das eigentlich so?

  • Aufnahmen von Schlossräumen der Zeit vor 1918 habe ich lediglich 11 in meinem Sammlungsbestand. Sie zeigen aber nur 8 Räume und sind zur Hälfte von sehr schlechter Qualität. Das ist im Verhältnis zu den 203 Zimmern und Sälen des Schlosses leider äußerst gering. Im Rahmen meiner nunmehr 30 Jahre währenden intensiven Forschungen zum Schloss habe ich nicht mehr aufspüren können.

    Hinzu kommen aber noch zwei Raumansichten auf zwei Gemälden: Hauptaudienzzimmer von 1888 und Zedernkabinett von um1900. Auf beiden Gemälden sind die wunderbaren Möbel des königlich-preußischer Hof- und Kabinettsbildhauers und Meisters des friderizianischen Rokokos, Johann Michael Hoppenhaupt d. Ä., zu sehen.

    Auf die Frage, warum die Politik nicht ausreichend unterstützt, hätte auch ich gern eine Antwort. Das bürgerschaftliche Engagement des Fördervereins mit vorzeigbaren Ergebnissen ist bereits so hoch, dass ich in der Beantragungsphase des aktuellen Großprojektes vom Fördermittelgeber die Frage gestellt bekam: Will der Verein das wirklich im Ehrenamt umsetzen? Hätte ich damals (Antrag vom Februar 2018, Baubeginn August 2021!!!) gewusst, wie viel unnötige Bürokratie auf mich und den Verein zukommt, hätte ich ganz schnell die Finger davon gelassen. Eine Verschlankung des bürokratischen Wahnsinns, der viele Projekte massiv be- oder gar verhindert, durch die Politik wäre schon hilfreich.

    Fazit: Aber wenn man einmal in einem solch spannenden und nachhaltigen Projekt arbeitet, wie es das Zerbster Schloss nun einmal ist, kann man nicht wirklich davon lassen …

  • Wer ist denn der Eigentümer? Die Stadt Zerbst? Dann wäre wohl eine Übertragung an das Land Sachsen-Anhalt nötig, um mehr Zug hinter die Angelegenheit zu bringen!?

  • Fazit: Aber wenn man einmal in einem solch spannenden und nachhaltigen Projekt arbeitet, wie es das Zerbster Schloss nun einmal ist, kann man nicht wirklich davon lassen …

    Akanthus, dieses Engagement für das Schloss ist absolut bewundernswert und sollte für ganz Deutschland ein Beispiel setzen! Vielen vielen Dank dafür!

  • Bostonian

    Vielen herzlichen Dank für die lobenden Worte, die motivierend wirken.

    Jakob

    Die Stadt Zerbst ist nach fast zehnjährigem Rechtsstreit wegen 5 unrechtmäßiger (!) Rücküberführungsansprüche Eigentümerin des Schlosses. Die Stadt unterstützt die Baumaßnahmen des Fördervereins nach Stadtratsbeschluss mit 10 % Anteil. Mehr geht nicht, da die Stadt sich, wie viele Kommunen, in der Konsolidierung befindet.

    Das Kulturministerium stellt sich in den letzten Jahren immer schon quer bei der Kofinanzierung von Bundesmitteln. Nur mit Nachdruck gab es magere, der Bedeutung unseres Objektes nicht angemessene Beträge aus Denkmalpflegemitteln. Weder das Land, noch die Stiftung Schlösser und Gärten haben irgendein Interesse an der Übernahme des kostenintensiven Objektes.

    Ich sehe eher Finanzierungsmöglichkeiten aus Russland. Über Jahre aufgebaute Kontakte wurden jedoch durch die Pandemie zunichte gemacht bzw. ruhen. Keine Ahnung, wann man hier wieder „normal“ weiterarbeiten kann.

  • Anlässlich des Einbaus eines Fahrstuhls im Zerbster Schloss wurden Funde von der Bronzezeit bis ins 20. Jahrhundert aus verfüllten Kellerräumen ausgegraben. Eimerweise Austernschalen, ein vorbarocker Frauenkopf aus Sandstein, sogar eine slawische Keramik, die auf eine slawische Burg hinweist. Diese wurde bereits vor 1196 durch die Askanier umgebaut. Eine gusseiserne Ofenplatte mit der Darstellung der Venus Stammt vom Vater der Prinzessin Sophie Auguste Friederike, der späteren Zarin Katharina II. Die Kellerräume, die nach der Sprengung seit über 70 Jahren nicht mehr zugänglich waren, wurden leider nach der Dokumentation wieder verfüllt.

    https://www.volksstimme.de/lokal/zerbst/a…82?reduced=true

    https://www.schloss-zerbst-ev.de/fotos/n_2021_09_21_keller.jpg

  • Die als spektakulär bezeichneten Funde bei der Freilegung der Kellerräume des Corps de logis müssen im Gesamtkontext betrachtet werden, dann stellt sich diese überzogene Begrifflichkeit anders dar. Ein spektakulärer Fund wäre z. B. der Grundstein zum Corps de logis, ein Münzkonvolut aus den Sammlungen des Schlossmuseums oder andere bedeutende Zeugnisse aus dem Kontext der Barockresidenz.

    Das Gelände um das heutige Schloss wurde mit den mehrfachen Umbauten der Renaissanceanlage und insbesondere mit der Errichtung des Barockschlosses wiederholt tiefgründig und großflächig verändert. Die Lage der älteren Fundfragmente stimmt längst nicht mehr mit der ursprünglichen überein, so dass nur noch bedingt Rückschlüsse gezogen werden können.

    Darüber hinaus wurden die teils verschütteten Kellerräume im Auftrag der damaligen Joachim-Ernst-Stiftung Ende der 1940er Jahre freigelegt, um nach verbliebenen Ausstellungsobjekten zu suchen. Diese wurden ab 1943 u. a. in den ebenerdig liegenden Kellern des Corps de logis konzentriert, um sie dann auslagern zu können, wozu es leider nicht mehr kam. Alle bedeutenden Dinge wurden entweder durch den Bombenangriff zerstört, anschließend geplündert oder durch die Stiftung aufgefunden. Noch heute finden sich an den bei Altgrabungen wiederentdeckten Funden Brandspuren.

    Im Ergebnis werden die Fundstücke dieses Jahres auf nimmer Wiedersehen im Depot der Archäologen verschwinden, Schlossbesucher können davon nicht partizipieren.

    Die Mitteilung, dass die freigelegten Kellerräume wieder verfüllt wurden, ist nicht korrekt. Der hofseitige Flur und der Nordraum bleiben erhalten und werden in die Neunutzung einbezogen.

    Im nördlichen Raum entsteht gerade die Unterfahrt für den neuen Aufzug. Zuvor wurden dafür 15 Bohrpfähle mit je neun Metern Länge gesetzt. Es besteht die Hoffnung, dass die aufgefundenen alten Sandsteinplatten für die Neuauslage des verbleibenden Fußbodens des Kellers ausreichen. Diese Fläche wird ebenfalls in die Nutzung integriert. Der ca. 8,5 Meter hohe Flur bildet den Zugang zu den vorhandenen östlichen Kellerräumen. Die neu zu errichtenden Flure darüber stellen die Kommunikation zwischen dem Aufzug und den Räumen in den jeweiligen Etagen her.

    Die nach Süden und Westen angrenzenden Außenwände wurden aus statischen Gründen mit freigelegt und auch deshalb, um sie mit einem Nässeschutz zu versehen. Mit fortschreitendem Rohbau werden nur diese Bereiche wieder mit dem Erdaushub verfüllt.

    Weitere News:

    https://www.schloss-zerbst-ev.de/html/neuigkeiten.htm

  • Zumindest hat man wohl erstmals so tief gebohrt. Und wenn dabei slawische Gefäßreste gefunden wurden, so kann das zweierlei bedeuten:

    -Die Ursprünge gehen auf eine slawische Burg zurück.

    -Es könnte sich aber auch um slawische Gefäße gehandelt haben, in denen der Honigzehnt geliefert werden musste und die grundsätzlich nach dem Umfüllen des Honigs zerschlagen wurden. Gibt es ein Foto von diesem Fund?

  • In dem Artikel ist zu lesen, dass der Stadtrat beschlossen hat, dem Schlossverein "einen jährlichen Personalkostenzuschuss in Höhe von 30.000 Euro zu gewähren – erst einmal befristet für drei Jahre".

  • Das in Zerbst in seiner dritten Auflage für den 13. und 14. Juni geplante Katharinen-Forum, bei welchem die Stadt Gastgeber des deutsch-russischen Wirtschafts- und Wissenschaftsdialogs werden wollte, wird auf Eis gelegt. Angesichts des Überfalls auf die Ukraine ist an eine Fortführung des Forums momentan nicht denkbar.(MZ)

  • Sie könnten stattdessen die anderen ehemals russischen Gebiete einladen - Baltikum, Finnland, Polen, Kaukasus. Die haben genauso Anteil am Erbe Katharinas...

  • Katharina II. starb 1796. Die Angliederung Transkaukasiens begann erst 1801 mit dem Anschluss Georgiens. Finnland kam 1809 zu Russland. Nur ein kleines Stück heute finnischen Territoriums war schon seit 1743 russisch. Von Polen-Litauen hat sich Russland in den Polnischen Teilungen 1772, 1793 und 1795 Teile angeeignet. Ich bezweifle aber, dass Polen und Litauen in Deutschland gerne als "Erben Katharinas" auftreten wollen. Das heutige Litauen kam auch erst bei der letzten Teilung im Jahr vor Katharinas Tod zum Zarenreich. Vom heutigen Territorium Polens hatte das Zarenreich im 18. Jahrhundert keine Teile annektiert. Bleiben noch Estland und Lettland, die teils unter Peter I., teils im Rahmen der Zweiten und Dritten Polnischen Teilung dem Zarenreich einverleibt wurden, aber auch die wollen im Westen nicht als Teil Russlands gesehen werden.

    Generell finde ich den Katharina-Kult in Zerbst übertrieben. Geboren wurde Katharina in Stettin. Dort hat sie auch den größten Teil ihrer Kindheit verbracht. Bereits mit 14 Jahren kam sie nach Russland. Ihre verschiedenen Aufenthalte in Zerbst machen nur einen kurzen Teil ihres Lebens aus.