Rekonstruktionen 2020

  • Hallo ihr Lieben,

    euch erst einmal frohe Ostern und schöne Feiertage  :dichter:


    Ich wollte einfach mal rein interessehalber fragen,was ihr so denkt was denn nach Berliner Stadtschloss, Frankfurter Altstadt und Dresdner Neumarkt auf der Agenda der wichtigsten und bedeutsamsten Rekonstruktionen innerhalb Deutschlands steht/stehen könnte/sollte.


    Bisher wurden ja in den Medien schon tolle Sachen angeschnitten, beispielsweise Mercatorhaus Duisburg, Kurhaus Bad Homburg oder (in weiter Ferne) altes Rathaus Dortmund.


    Was schlagt ihr so vor oder wo von wisst ihr?

  • Hallo, allen hier Lesenden und gleichfalls schöne Ostern.

    Um die Wahrscheinlichkeit, mit der dies eintreten könnte, weiß ich eigentlich nichts, doch halte ich die Bedeutung dieser Rekonstruktion für keineswegs geringer als bei den genannten Bauten: Ich meine die Wiedergewinnung der Wiege Hamburgs, die ja keinesfalls am heutigen Rathausmarkt oder in der 1905 - 1912 durchgebrochenen Mönckebergstraße als Geschäftsstraße stand, sondern im Umfeld des Domplatzes und Hopfenmarktes.

    Heute ist das städtebaulich eine völlig zerzauste Gegend. Die Bebauung des Domplatzes ist ja zuletzt an völlig unpassender (Allerwelts-) Architektur gescheitert, nicht aber an der Sache als solches, die nach qualitativ hochwertiger Bebauung geradezu schreit. Das Allianz Hochhaus angrenzend an den Hopfenmarkt ist abgängig und immerhin wird eine historische Straße in ihrem Verlauf erkennbar gemacht. Der qualitative Sprung, eine städtebauliche Verbindung zwischen Alster-Hamburg und Elb-Hamburg nicht etwa nur unterirdisch per U4, sondern fußläufig und attraktiv zu schaffen, steht noch aus.

  • Mit dem Hamburger Hopfenmarkt das wäre auch eine tolle Idee, dann aber samt Rekonstruktion der St.Nikolaikirche :harfe:

    Ich denke auch dass nach Fertigstellung des Berliner Stadtschlosses einige Hürden bzw. Zweifel in Richtung Rekonstruktionen fallen werden.

  • Nun ist ja die Nikolaikirche gerade wieder als Mahnmal des Krieges in ihrem jetzigen Zustand restauriert worden, also die Hürden für eine Rekonstruktion des Kirchturms werden auf absehbare Zeit sehr hoch sein. Allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass das Kirchenschiff rekonstruiert werden könnte bzw. - ich hoffe, das klingt nicht frevelhaft - so etwas wie bei der Gedächtniskirche zum Tragen könnte. Eine völlige Rekonstruktion des gesamten Viertels wäre wahrscheinlich schwer machbar, doch von einigen Bauten mit Anstoßwirkung, dass dieses weitgehend aus dem Blick geratene Areal wieder als Areal hochwertiger Bebauung wahrgenommen wird.

    Neben dem Abriss des Allianz-Hochhauses und des Hochhauses der Nordelbischen Kirche müsste auch das 1970er Jahre Monstrum der Hamburgischen Landesbank dran glauben und die [lexicon='Zäsur'][/lexicon] der Ost-West- und heutigen Willy-Brandt-Straße / Ludwig-Erhard-Straße müsste an dieser Stelle überwunden werden. Am besten durch einen Tunnel zwischen Rödingsmarkt und Nikolaifleet, besser noch - aber das klingt phantastisch - östlich bis hin zur Brandstwiete am ehem. Spiegel-Hochhaus.

  • Für Berlin würde ich mir das Schloss Monbijou zurückwünschen. Außerdem zumindest in einer vereinfachteten Form die Torbauten der Karl-Liebknecht-Straße, die gegenüber der Museumsinsel standen. Nachdem dort alles fertig wäre, könnte ich mir auch die Berliner Börse wieder gut an ihrem Platz vorstellen.

    Für Hannover würde ich mir zuerst die Flusswasserkunst wünschen, danach die Rekonstruktion historischer Plätze und Straßen und die Reurbanisierung dieser, mit einigen Leitbauten. Hannover hats da nach dem Krieg architektonisch und planerisch echt übel erwischt.

  • Hallo zusammen,

    ich sag nur Kassel. Was da in den 60ern bis 80ern getrieben wurde, gehört einfach nur komplett korrigiert.

    Grüße
    Luftpost

    Mit Ausnahme der glücklicherweise wieder zugeschütteten Fußgängertunnel, sodass Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte die Innenstadt jetzt wieder ebenerdig erreichen können, sind alle Veränderungen an und in der Kasseler Innenstadt ja eher Verschlimmbesserungen geworden. Die Gestaltung am Königsplatz inbegriffen. Einzig die Treppenstraße als erste Fußgängerzone Deutschlands könnte ich mir vorstellen, dass sie erhalten bleibt.

    Nicht alle Mahnmale eines gescheiterten Städtebaus der 1950er, 60er und 70er Jahre müssen stehenbleiben.

  • Für Hamburg würde ich mir auch eine Rekonstruktion der Nikolaikirche wünschen. Die direkt angrenzende Wohnbebauung wäre aber nach heutigen Maßstäben nicht mehr vermietbar. Ich habe noch ein altes Foto aus der Zeit, als das noch stand und das war alles so in der Art wie die Deichstraße oder die Krameramtsstuben am Michel. Als Touristenattraktion schön und gut - aber wohnen möchte ich da nicht und das fängt schon mit der Deckenhöhe an...

    Ich würde anstatt einer Rekonstruktion auf ornamentverzierte Blockrandbebauung setzen und da sollen die Architekten gerne mal etwas neues wagen! Also gedanklich sich bestmöglich in das Jahr 1920 zurückversetzen und dann überlegen: Wie könnte man die Blockrandbebauung weiterentwickeln, ohne in Richtung Bauhaus & Co. abzudriften? Und ohne eine autogerechte Stadt zu planen?

    Architectura pro homine!

  • Ich wollte einfach mal rein interessehalber fragen,was ihr so denkt was denn nach Berliner Stadtschloss, Frankfurter Altstadt und Dresdner Neumarkt auf der Agenda der wichtigsten und bedeutsamsten Rekonstruktionen innerhalb Deutschlands steht/stehen könnte/sollte.

    Die Frage ist insofern ambivalent, als es einen Unterschied macht, was man als Rekonstruktionsvorhaben im Jahre 2020 für möglich hält oder was man sich wünscht. Wünschen würde ich mir z.B. persönlich den Kaiserpalast in Dresden. Ob der Wunsch chancenreich ist, steht auf einem anderen Blatt. Und man will ja nicht nur in Traumwelten leben, sondern auch mal etwas realisieren.

    Deshalb muss man, ganz abgesehen von der nur schwer abzuschätzenden allgemeinen ökonomischen Situation des Jahres 2020, im Auge behalten, wie die Rahmenbedingungen manchen Rekonstruktionsvorhabens aussehen. Geht es um ein unbebautes Areal oder eines mit maroder Bebauung, und ist der Baugrund in öffentlichem Eigentum, dann stehen die Chancen besser, als wenn es sich um ein privates Grundstück handelt, auf dem baulich solide Häuser stehen, schlimmstenfalls im Besitz einer Eigentümergemeinschaft oder einer Immobiliengesellschaft mit anonym bleibenden Investoren aus Übersee.

    Im Einzelen zu den bisher genannten Projekten:

    Mercatorhaus Duisburg - beste Chancen, meines Wissens ist die Stadt ja bereits an der Planung dran.
    Kurhaus Bad Homburg - mittelfristig gute Chancen, da es städtische Unterstützung für das Vorhaben gibt und Bad Homburg eine recht solvente Einwohnerschaft hat.
    Rathaus Dortmund - längerfristig bestehen Chancen, wenn die Stadt erkennt, dass es sich um ein bedeutendes historisches Einzeldenkmal handelt, das für die städtische Identität wichtig ist. Hierzu müssten Dortmunder Bürger durch viele kleine Aktionen öffentliches Bewusstsein schaffen. Eventuell kann der Bau transloziert rekonstruiert werden.
    Domplatz Hamburg u.a. - In der Hamburger Situation kenne ich mich wenig aus, aber eine neue Fassung des Platzes könnte nur durch neue städtebauliche Pläne in dem Bereich initiiert werden. Eine Rekonstruktion der Nikolaikirche sehe ich als äußerst schwierig an, da man ihr Mahnmalscharakter zuerteilt hat. Um hier etwas zu verändern, müsste sich der Zeitgeist stark drehen. Möglichenfalls wird er sich in wenigen Jahrzehnten in eine von vielen unerwartete Richtung gedreht haben, und der Turm wird zum Minarett umgebaut. Zu den umfassenden Abrissphantasien kann ich wenig sagen. Sicher ist es wünschenswert, wenn hässliche Hochhäuser verschwinden. Aber realistisch ist dies - sofern nicht einfach ein Hochhaus-Neubau folgt - nur, wenn es sich für den Eigentümer nicht mehr lohnt, diese Bürohochhäuser zu erhalten. Dann aber geht es allgemein wirtschaftlich bergab, und viele Leute dürften noch ganz andere Probleme, als den (sicherlich wünschenswerten) Stadtumbau haben.
    Berlin - Monbijou - Schwierig. Theoretisch wäre eine (eventuell verkleinerte) Rekonstruktion möglich. Der Baugrund ist frei und im öffentlichen Eigentum. Auch wäre in Berlin als Hauptstadt eine Nutzung wohl rasch gefunden, denn die Stadt verzeichnet Zuzüge und Bedarf an Häusern, Einrichtungen, Institutionen. Hier dürfte die spezifische "proletarische" Berliner Mentalität das Problem sein, die sich durch das Bevölkerungsreservoir herausgebildet hat - zum einen das ehemalige SED-Hauptstadt-Milieu, zum anderen das Milieu der "alternativen" West-Linken. Dieser Geist prägt bis heute dort das kulturelle Leben, was wir ja bei den dämlichen Attacken gegen das Stadtschloss wieder gesehen haben. Monbijou wäre in München vermutlich möglich, in Berlin wird es durch dieses kleingeistige Milieu eher schwierig.
    Hannover Fußwasserkunst - Relativ gute Chancen. Der Platz ist frei, es existiert bereits eine Initiative. Generell möglich ist es, diesen schönen Bau zu rekonstruieren. Zwei Sachen erschweren das Vorhaben. Im Bereich der Eliten ist Gründerzeit noch immer als vermeintlich unkreative Epoche verpönt. Eine barocke Flusswasserkunst hätte es da leichter, Akzeptanz bei den Leuten von "oben" zu erhalten. Die Normalbürger sind diesbezüglich gar kein Problem. Zum anderen geht es um die Finanzierung. Würde man hier einen Investor mit einem Nutzungskonzept finden, dürfte eine Rekonstruktion gut möglich sein.
    Rathaus Halle - Gute Chancen mittelfristig. Freier Platz, bestehende Initiative. Nun fehlen noch prominente Unterstützer und das nötige Geld.
    Kassel - In Kassel würde es schon helfen, wenn man den Altmarkt zumindest optisch ein wenig besser als Platz kenntlich macht, zudem die Kurt-Schumacher-Straße mindestens etwas begrünt, z.B. in eine richtige Allee mit breiteren Bürgersteigen umwandelt. Zudem müsste man die bestehenden Ruinen ordentlich rekonstruieren, Karlshospital, Garnisonkirche, Zeughaus. Statt dessen hat man sich für modernistische Verschandelung (Karlshospital) und Ruinenkult (Garnisonkirche, Zeughaus) entschieden. Kassel ist vermutlich nicht zu helfen.

  • Für Hamburg würde ich mir auch eine Rekonstruktion der Nikolaikirche wünschen. Die direkt angrenzende Wohnbebauung wäre aber nach heutigen Maßstäben nicht mehr vermietbar. Ich habe noch ein altes Foto aus der Zeit, als das noch stand und das war alles so in der Art wie die Deichstraße oder die Krameramtsstuben am Michel. Als Touristenattraktion schön und gut - aber wohnen möchte ich da nicht und das fängt schon mit der Deckenhöhe an...

    Ich würde anstatt einer Rekonstruktion auf ornamentverzierte Blockrandbebauung setzen und da sollen die Architekten gerne mal etwas neues wagen! Also gedanklich sich bestmöglich in das Jahr 1920 zurückversetzen und dann überlegen: Wie könnte man die Blockrandbebauung weiterentwickeln, ohne in Richtung Bauhaus & Co. abzudriften? Und ohne eine autogerechte Stadt zu planen?

    Architectura pro homine!

    Ich halte eine Rekonstruktion der vormals kleinteiligen, ja kleinstteiligsten Häuser gleichfalls für schwer machbar, ja sogar in den meisten Fällen für gar nicht wünschenswert. Es sollte aber ganz wesentlich eine Mischung wirklich stadtbildprägender vorheriger Gebäude und von qualitativ hochwertiger Neubebauung angegangen werden. Wichtiger als einzelne Details, wäre in meinen Augen die Anstoßwirkung das oben betitelte Dreieck zwischen St. Petri bzw. Domplatz und St. Nikolai (alt) bzw. St. Katharinen wieder in den den Blick zu nehmen. Eine Einheit innerhalb dieses Dreiecks ist heute ja kaum vorstellbar.

    Bei allen, was Heimdall völlig zutreffend schreibt - dass sich der Zeitgeist drehen müsste, schon allein um eine Neubebauung des Hamburger Domplatzes hinzubekommen - sehe ich immerhin Ansatzpunkte darin, dass die städtische Hafenkulisse seit den 1980er Jahre wieder wahrgenommen wird. Wo das vorher, d. h. in den 1970ern, ja noch nicht einmal als Teil der Innenstadt (pardon: seinerzeit nur City) wahrgenommen wurde. Ich denke, darauf ließe sich aufbauen, genau diesen Blickwinkel weiter zu schärfen und zu wandeln.

    Gewiss ist an der Hamburger Ost-West-Straße niemals mit Waffen aufeinander geschossen worden wie an der Berliner Mauer und niemand ist mit Waffengewalt und um den Preis seines Lebens daran gehindert worden, mit Wechsel der Straßenseite das Land zu verlassen. Als unüberwindbare Schneise in den Köpfen ist sie dennoch nach wie vor vorhanden.

  • Da kennt sich jemand voll gut aus :)
    Könnte ich dir morgen noch mehr Projekte nennen?

    Na ja, so gut kenne ich mich nicht aus. Aber danke für die Blumen. Man bekommt über die Jahre einfach ein wenig mit. Insofern werde ich Dir aber kaum bei allen diesbezüglichen Wünschen weiterhelfen können.

    Wie sieht es denn mit weiteren Projekten innerhalb Hildesheims, des Bachhauses in Weimar, Marktplatz Wesel, Traubenapotheke Marburg, usw. aus?

    Zum Beispiel hierzu kann ich Dir wenig zu Hildesheim und Marburg sagen. So kannte ich die Traubenapotheke in Marburg gar nicht.
    Hier mal ein recherchierter Link: http://www.myheimat.de/marburg/aufnah…5718,60336.html
    Und etwas zur Geschichte: http://www.deutschhaus-apotheke.de/%C3%BCber-uns/historie/
    Da wohl Privatgebäude ist da kaum etwas machbar.

    In Wesel war ja mal geplant, die dem Rathaus gegenüber liegende Front umzugestalten. Aber hier gab es wohl Skepsis bei den Eigentümern. Auch hier allenfalls ein langfristiges Projekt.

    Hinsichtlich des Bachhauses in Weimar bin ich zuversichtlich. Bach ist positiv besetzt, der Platz frei, es existieren noch Keller und Grundmauern. Mit der Zeit wird vielleicht auch Geld zusammenkommen. Gute Chancen.
    http://www.bachhausweimar.de/

    Etwas weiteres: Ich bin nicht über die Eigentumsverhältnisse unterrichtet, aber eventuell wäre es möglich, die Fassade des Toplerhauses vor den Nachfolgebau in Nürnberg zu setzen, das Haus also optisch umzubauen, ähnlich dem Weseler Rathaus. Das können aber nur Experten vor Ort eindeutig klären. Kompliziert hinsichtlich Eigentumsverhältnissen, Technik, Finanzen und städtischem Willen ist es allemal. Aber das Projekt würde sehr lohnen.
    Toplerhaus einst: http://diathek.kunstgesch.uni-halle.de/dbview/diathek…pg/03t1109d.jpg
    Toplerhaus heute: http://www.sg-hausgeschichten.ch/nuernberg/obsoel3166x.jpg

  • Liebe Freunde,

    welche Projekte würden mich freuen wenn Sie endlich umgesetzt würden:

    Potsdam:

    Garnison- und Hofkirche zu Potsdam, hier bläst einen ganz schön der Wind um die Ohren. Ob der
    ambitonierte Wiederaufbau des Turms bis 2017 kommen wird, kann ich nicht sagen. Hier liegt es
    an den politischen Verhältnissen in Potsdam und auch an der Spendenbereitschaft.

    Stadtkanal, hier wäre eine Fertigstellung wünschenswert, aber das Land Brandenburg hat dieses
    Projekt erstmal begraben. Hier liegt es auch an den poltitischen Verhältnissen und an der
    Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger.

    Berlin:

    Schloss Monbijou, hier sehe ich für eine Rekonstruierung recht schwarz. Denn den Berlinerinnen
    und Berlinern zu vermitteln das man einen Park "beschneidet" um ein kleines Schloss wiederaufzubauen
    halte ich für unvermittelbar in der aktuellen Situation. Über ein Nutzungskonzept muss auch noch
    geredet werden (Kunsthalle???)

    Dresden

    Rathaus Dresden, das Dresdner Rathaus in der inneren Neustadt, ein Teil der Flächen ist mit sanierter
    Platte bebaut und es muss über ein Nutzungskonzept gesprochen werden. Hier sehe ich für eine
    Rekonstruktion, aus meiner Sicht, aktuell keine großen Chancen.

    Orangerie Dresden nach historischen Vorbild, die Stimmung in der Stadt ist "gut" so das ich mir
    vorstellen könnte das die Orangerie zurückkommt. Das liegt aber bei der Entscheidung der Stadt
    und des Inmobilienträgers.

    Weimar

    Wiederaufbau des Hotel Erbprinz, es wäre schön aber ich meine gelesen zu haben das die Inmobilien-
    besitzer lieber den Parkplatz behalten möchten als das Hotel zu rekonstruieren. Die Entscheidung
    benötigt politische Hilfe und viel Überzeugungsarbeit.

    http://zeitsprung.animaux.de/46/

    Magdeburg

    Wiederaufbau der Ullrichskirche, den Aufbau dieses Gotteshauses halte ich für sehr schwierig. Der
    SPD Bürgermeister ist ja selbst gegen die Freilegung der Fundamente.

    Viele Grüße :cool:

  • Wünschen kann man sich viel. Die Realisierungschancen hängen einzig und allein von der Stimmung in der jeweiligen Stadt ab. Wie sieht der Bürger, die Stadtspitze die Situation? Sind Rekonstruktionen vermittelbar, bezahlbar, denn ja, auch das ist der Punkt. Die Kasselser Altstadt war ein Juwel aber sie ist weg, restlos. Mit der Reko von ein, zwei Fachwerkhäusern ist es nicht getan. Sehen die Kasseler eine Notwendigkeit von Rekos oder sind sie gar mit der Situation zufrieden?


    Ich persönlich finde es wichtig an vorhandenes anzuknüpfen. In Frankfurt sollte man sich beispielsweise nicht mit der dann mal wieder aufgebauten Altstadt zufriedengeben sondern die Rekonstruktion weiterer verlorener Juwelen wie die Kannengiessergasse, das Roseneck, die Schmittstube und den Garküchenplatz in unmittelbarer Nähe anstreben. Das wäre überschaubar und machbar, längerfristig. Die Reko von Einzelbauten mit immer noch nach vorherrschender Meinung minderem Wert, wie dem Kaiserpalast in Dresden, halte ich auch für unrealistisch. Auch in Braunschweig wäre das Anknüpfen an die originalen Altstadtreste wünschenswert.

    Grundsätzlich gibt es einige Reko-Verhinderer:
    1) Stimmung in der Bevölkerung wie in Magdeburge, eben dagegen.
    2) Die Wahrnehmung der Bevölkerung der eigenen Stadt als schön, wie in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Hamburg und München.
    3) Die Wahrnehmung der Bevölkerung der eigenen Stadt als schön, trotz großer Defizite, wie in Köln.
    4) Unrealistische oder belächelte Forderungen, wie im Falle des Kaiserpalasts
    5) Gleichgültigkeit
    6) Schlechte Vermittlung, keine Organisation von Seiten der Initiatoren oder eine mauernder Stadtspitze.

    Sicherlich gibt es noch mehr Gründe für Nicht-Rekonstruktion aber ich denke, das sind mit die wichtigsten.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Ich will aus meinem Empfinden noch einen weiteren Grund hinzufügen, wie er sich mir darstellt:
    Schlicht und einfach das UNVERMÖGEN sich vorzustellen, dass eine Stadt in ihrem innersten Kern anders und älter aussehen muss als bei den späteren Erweiterungen. Vielleicht können wir analog zur Stadtentwicklung von Jahresringen eines Baumes sprechen, der ja gleichfalls (nicht nur in die Höhe, sondern auch) in die Breite wächst.

    Zu vielen erscheint die Vergangenheit im Vergangenen, Abgehalftertem, nicht mehr Brauchbaren und Nutzlosen, was bei Lichte betrachtet zwar vergangen von der Zeitschiene her ist, nicht aber von der Wirkungsgeschichte. Da überstrahlt überragend Gebautes aus der Vergangenheit all zu Vieles aus der Gegenwart bei weitem.

  • @"Pfälzer Bub"

    Einerseits ist der Kaiserpalast natürlich ein schwieriges Rekonstruktionsprojekt ("minderwertiger Historismus", "kitschig" usw.), andererseits sind die Rahmenbedingungen gar nicht so schlecht. Der Baugrund ist faktisch noch frei, eventuell müsste man die Straße ein wenig umlegen oder verkleinern. Aber das sind technisch nicht so problematische Sachen. Weit schlimmer wäre es, wenn es dort zum Beispiel eine Eigentumswohnanlage gäbe, die man faktisch nicht beseitigen könnte. Zudem bestünden gegen den Bau faktisch keine ideologischen Bedenken, wie sie zum Beispiel beim Berliner Stadtschloss und - noch viel ärger - bei der Potsdamer Garnisonkirche bestehen.

    Das Problem sind zwei Dinge:

    1. Geld. Der Bau würde etwas kosten. Es müsste am besten ein wohlhabender Investor von der Idee ergriffen werden. Wenn Bill Gates mal einen Dresden-Besuch macht, müsste man ihm eine Projektmappe mit Bildern zustecken und fragen, ob er das nicht bauen möchte. Oder ein arabischer Scheich, der mal etwas anderes, als ein Hochhaus in Dubai finanzieren möchte. :koenig:

    2. Geistige Trägheit. Leider eine Krankheit in diesem Land. Statt dessen ist Phantasie gefragt, um ein solches Projekt zu stemmen. Im Grunde nämlich ist eine Rekonstruktion des Kaiserpalastes so verrückt, dass sie schon wieder für Verblüffung sorgen wird. Auch Rekonstruktionsgegner werden erst einmal kein rechten Argument dagegen finden. Sie werden sagen, dass das "verrückt" sei, und die Rekonstruktionsbefürworter werden antworten: "Ja, wir sind verrückt. Und jetzt packen wir´s an." Ich denke, dass ein solcher Bau selbst in Berlin weniger echte Widerstände bekäme, als das Stadtschloss. Die schwule Szene und linke Schickeria würde das vermutlich schon wieder so schräg finden, dass es "hip" ist. Auf der anderen Seite könnte ein solches Projekt auch eine Tür öffnen, denn wenn eine solche Rekonstruktion möglich ist, dann - so werden manche sehen - ist man ja frei, frei für Rekonstruktionen oder auch so zu bauen, wie es einem gefällt.

    Doch, ich finde, dieses Projekt sollte man im Auge behalten. :thumbup: