Bundwerk in Oberbayern (Galerie)

  • Armutsham

    Zwei Jahre älter als Heilham ist der Bundwerkstadel (Südflügel eines Dreiseithofes) von Armutsham (paar Kilometer östlich der Stadt Trostberg).


    „Beim Schmidhuber“, der Bundwerkstadel bezeichnet 1846 im Giebelfeld, zuletzt restauriert 1980.


    Giebelfeld mit Gitterbundwerk, Kapitellen, Rupertiwinkler Knoten, Initialen und Jahreszahl.


    Tennentordekoration mit beschuppten Schlangen, eine Monstranz flankierende geflügelte Fabelwesen (Löwen?), seitlich übereinander Pinienzapfen (?), Postament, Blumenvase und korinthisches Kapitell.


    Bretterkopfbügen mit geflügelten Fabelwesen auf korinthischen Kapitellen

  • Nach vierjähriger Pause gibt es hier mal wieder eine Aktualisierung.

    Bundwerk im südlichen Lkr. Altötting

    Gallersöd

    Beim „Großgallersöder“


    West- und Südseite vom Bundwerkstadel des Vierseithofes zum "Großgallersöder“ (südlich von Altötting, südwestlich von Burghausen oder auch nordwestlich von Tittmoning).
    Die Bundwerkkonstruktion an der Traufseite mit Rupertiwinkler Knoten (der Unterschied zum Chiemgauer Knoten sollte aus den bisherigen Beiträgen ersichtlich sein...).


    Am Wagenhüttentor sieht man Bauer, Bäuerin und Hofhund, wie sie gemeinsam den Wagen in den Stadel bringen. Darunter der Spruch: „ Der Stadel ist nun auf Gebaut nach Wunsch und mein Verlangen und wer dabey Gearbeit hat der hat sein Lohn empfangen.“


    Der Stadel von Südosten.
    Die Bundwerkstadel sind generell alle nach Osten ausgerichtet. Entsprechend müsste man überall vom Licht her vormittags hin kommen, was aber schwerlich möglich ist und was sollte man dann noch mit dem Nachmittag anfangen...


    Der Giebel nach Osten mit der üblichen Kalligrafie zwischen zwei Rautengitterbändern, hier von links nach rechts: das GR steht für den Bauherren und Besitzer des Großgallersöder Hofes Gregor Reisinger, dann 18, IHS, JB für den Zimmermeister, wohl Johann Bartlechner, dann 42 (Jahreszahl gesamt 1842), das Marienmonogramm und schließlich AMR für die Ehefrau Anna Maria Reisingerin, Tochter der Anna Wichtlhuberin.
    Oder anders ausgedrückt: Gregor Reisinger und Anna Maria Reisingerin haben im Jahre 1842 diesen Stadel vom Zimmermeister „JB“ errichten lassen und dem Schutz Jesu und Mariens empfohlen.


    Die Bretterkopfbügen unter der Traufe als zehn heraldische Löwen (jeweils mit bayerischem Kurfürstenhut und Inschriftenkartusche) ausgebildet.


  • Originell ist die bemalte Szene am Firstpfettenkopf der östlichen Giebelseite. Zu sehen ist die Bewirtung der Handwerker durch die Bauersleute beim Richtfest. Die Zimmerer und Maurer warten ungeduldig am gedeckten Tisch, der Bauer zapft das Bier und die Bäuerin kommt mit den Krapfen, die herunterfallenden schnappt sich der Hofhund.
    Dazu steht: „Den Fierst können wir ender nimmer Höcher höbm bis die Bäuerin von der Kuchel kommt" sowie die Jahreszahl 1842.
    Am Hilfs- oder Hühnerfirst darunter ein Bauer in festlicher Tracht, der von einem Ungeheuer verschlungen wird, eventuell eine Anspielung an Jonas und dem Walfisch.


    An der östlichsten Brettenkopfkonsole der Südseite findet sich noch eine weitere sehr originelle Bemalung: nach Osten zu die Bäuerin mit einem Blumenkorb auf dem Kopf, einen Ziegenbock reitend, zwischendrin ein Fuß des Gatten (auf der Westseite entsprechend der Bauer, ebenso auf einem Ziegenbock). Getreu dem Sprichwort: Der Bock ist die Geiß und die Geiß ist den Bock wert.


    Fehlen noch die beiden Tennentore an der südlichen Traufseite des Stadels:


    Nach innen zu zweifach der Heilige Isidor betend, beidseits davon führen Engel einen mit Ochsen bespannten Pflug. Der Spruch dazu lautet: „Lust und Liebe zu einen guten Dieng macht alle Mieh und arbeid gering.“


    „Was Gschieth aus Not und Zwanng ist nichts nuz und werd nicht lanng.“
    Die reiche Ernte wird eingefahren...

    Soweit einer der interessantesten und am besten restaurierten Bundwerkstadel im östlichen Oberbayern in etwas ausführlicherer Darstellung.

    Abschließend noch das Wohngebäude mit Blockbau-Obergeschoss des benachbarten Hofes beim "Meister" oder "Kleingallersöder", bezeichnet 1822:

  • Bundwerk im nördlichen Lkr. Traunstein

    Meggenthal

    Ein paar Kilometer westlich von Tittmoning und unweit vom (in einem Toteisloch gelegenen) Heigermoos findet sich eine tolle, wenn auch aktuell nicht mehr im besten Zustand befindliche Gebäudegruppe aus spätgotischer Kirche (Sankt Pankratius, Tuffquaderbau, wie die meisten Kirchen in der Gegend offenbar gewöhnlich zu) und stattlichem Vierseithof.


    Der Bundwerkstadel an der Südseite des Vierseithofes, aus der Zeit um 1860 stammend.


    Auch dazu gibt es wieder eine Aufnahme der Traufseite: im Schatten der für die Gegend übliche engmaschige Traufgitterbund, darunter weitere sogenannte Rupertiwinkler Knoten, auch gestoßene Knoten genannt.
    So etwas gibt es in dieser Form weltweit nur zwischen Trostberg und Tittmoning und auch dort wurde nur in wenigen Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts so gebaut...


    Giebelseite: Die sicherlich einmal vorhandene Kalligrafie mit Erbauer und Jahreszahl zwischen den Rautengittern wie auch manch anderswo offensichtlich nicht mehr erhalten.


    Besonders interessant ist ein weiterer an der östlichen Seite neben dem Wohnhaus gelegener Stallstadel mit Bundwerk. Dieser läuft für die Region absolut untypisch schiffsbugartig nach Süden aus. Über dem Heubodentürl der Hl. Sebastian, den ich vor Ort übersehen habe. So allzu auffällig ist er heute auch nicht mehr, er bräuchte mal wieder eine farbliche Auffrischung (Restaurierungen halten nicht so allzu lange an der frischen Luft...).



    Hier noch abschließend in Kombination mit dem 1850 bezeichneten Wohnhaus:

  • Bundwerk im nördlichen Lkr. Traunstein

    Tyrlbrunn


    Neben der Kirche findet sich ein einsam stehender Bundwerkstadel. Das einstmals dazu gehörige Wohnhaus hat man innerorts transferiert.


    Ein weiterer 1867 bezeichneter Bundwerkstadel gehört noch zu einer größeren Vierseithof-Anlage.
    Die Ostseite wurde hier erneuert.


    Bundwerksystem an der Traufseite.

  • In Tyrlbrunn gibt es noch einen dritten Bundwerkstadel, das ist auch der interessanteste.

    Zuvor noch ein vor Ort verbliebener Getreidekasten, bezeichnet 1711 und 1786...:

    ...sowie ein transloziertes Wohnhaus aus Tyrlbrunn, hier ein wenig off topic, welches sich heute im Freilichtmuseum auf der Glentleiten wieder findet:

    Das steinbeschwerte legschindelgedeckte Dach früher vielerorts im südlichen Oberbayern verbreitet, heute kaum noch zu finden. Links ein translozierter Bundwerkstadel aus dem Lkr. Rosenheim.

    Besonders bemerkenswert sind die erhalten gebliebenen reichen Bemalungen in einigen Innenräumen des Wohnhauses (bezeichnet 1691):

    Immer wieder erstaunlich, was in wenig bekannten ländlichen Gebieten (in diesem Fall zwischen und um Altötting, Burghausen, Tittmoning, Traunstein, Kloster Seeon, Herren- sowie Frauenchiemsee) an Prächtigem geschaffen wurde.

  • Nun noch der dritte und interessanteste Bundwerkstadel in Tyrlbrunn, zum Dreiseithof Beim „Obermojer“ gehörend, bezeichnet 1857:

    Davon gibt es wieder ein paar Details:
    Über dem Tennentor eine „Pfeilschlange“, darüber Christus- sowie Marienmonogramm und der Traufgitterbund.



    An der Hofseite laufen sehr reich bemalte neugotische Hängebretter oberhalb des Gitterbundes durch. Sie zählen zu den schönsten in der Region. Die Brettenköpfe hier einmal mehr mit Drachen (oder Ungeheuer), die zugehörigen Bügen auf kapitellgeschmückten Säulen mit der u.a. bereits bei Emmering vorgestellten Schlangen-Acht.
    Diese Achter-Schlangen gab es an Bundwerkstadeln in etwa bis 1860 und dann nicht mehr.Interessant wäre dazu mal, ob sie nur der Zierde dienen oder doch auch eine andere Funktion hatten, z.B. als Hausschlange (Hausnadder) analog der Kröte den Glück bringenden Hausgeist verkörpern, den man mit Milch füttert und nicht töten darf.
    An einem anderen Stadel findet sich die Schlange in Kombination mit Apfel, Bauer (=Adam) und Bäuerin (=Eva), das wäre generell natürlich ebenso naheliegend...

    Abschließend noch der Giebel:

    Hier ist besonders der drachenförmige Schwimmerkopf und die zugehörige Konsole, bemalt mit einem geflügelten, langschnäbeligen Einhorn interessant. Was uns dieses Einhorn wohl sagen mag???

    Soweit wieder ein wenig Ost-Oberbayerisches Bundwerk.