Mainz - geplantes ECE-Center an der Ludwigsstraße

  • Am 28.10. hielt die Stadt ja ein weiteres "LuFo", Ludwigsstraßen-Forum, zum geplanten ECE-Einkaufszentrum ab, das in erster Linie Verkehr und Parken thematisierte. Die Ansichten hierzu gingen recht sehr auseinander.
    Der Leiter des Stadtplanungsamtes, Günther Ingenthron, erläuterte, daß in der Altstadt noch Parkkapazitäten frei seien, so in der Weißliliengasse 10-30 %, was den Autoverkehr betrifft (Das Center würde direkt an der Weißliliengasse anschließen). Auch die verschiedenen Parkhäuser hätten noch freies Potential, auch an Samstagen. Ingenthron sprach die gute ÖPNV-Anbindung an, insbesondere auch die Haltestelle Höfchen/Gutenbergplatz, wo die weitaus meisten Menschen ein- und aussteigen.
    Ebenso wurde angesprochen, daß die Fuststraße als sehr wichtiger Angelpunkt für den Fahrradverkehr nicht eingeschränkt werden kann und daß sinnvollerweise etwa 250-300 Fahrradstellplätze vor den Eingangsbereichen des Centers geschaffen werden müßten, da generell zu wenig Stellplätze für Fahrräder vorhanden sind.
    Insbesondere auch aufgrund der touristischen Bedeutung der Fuststraße, des Bischofsplatzes und der Eppichmauergasse, die als Fußwege in die Altstadt und zu St. Stefan eine nicht zu unterschätzende Bedeutung haben, könnten diese Straßen keine Einschränkungen erfahren. Eine Überbauung der Eppichmauergasse mit einer Brücke ins anschließende südliche Quartier, auf dem jetzt der Polizeistandort ist, wird abgelehnt. In diesem Quartier will ECE ebenfalls bauen und die Gebäude über die Eppichmauergasse mit einer Brücke verbinden.
    Als möglicher Ort für Warenanlieferung wird ausschließlich die Weißliliengasse gesehen.
    Der CDU-Chef der Altstadt Thomas Gerster, sprach dagegen an, daß die Weißliliengasse sehr wohl jetzt schon ausgelastet sei, das gleiche gilt natürlich auch für die große Langgasse und sprach auch die Befürchtung an, daß ECE wohl die Forderung aufstellen wird, in unmittelbarer Umgebung noch weitere Parkplätze zu schaffen. Das ist aber nicht möglich.
    Bei den anschließenden Redebeiträgen der Bürger und Anwohner kristallisierte sich deutlich heraus, daß abgesehen von der ECE-Thematik die derzeit schon vorherrschende Verkehrs- und Parkplatzproblematik schon ohne ECE eine große Bürde ist und daß ein Bürgerforum zu diesem Punkt ohne explizit Einbeziehung der ECE-Pläne notwendig wäre. Die Parkmöglichkeiten sind jetzt schon verheerend und es ist längst ein Punkt erreicht, an dem "nichts mehr geht". Angesprochen wurde auch die spezielle Problematik der Mainzer Verkehrsführung (der gesamte Innenstadtbereich ist fast ausschließlich Fußgängerzone) und für die ortsunkundigen Autofahrer ist es eine extreme Zumutung, die wenigen Verkehrsachsen zu erreichen. Von den Bürgern wurde ein Parkleitsystem an den Eingängen der Stadt sowie ein besseres Konzept zur Zukunftsgestaltung des Autoverkehrs gefordert, das zur Zeit absolut Steinzeit ist.

    Da die Stadt nach der massiven Kritik am Bulwien Gesa Verträglichkeitsgutachten definitiv ein Zweitgutachten beschlossen hat, wird sich der geplante Ablauf der nächsten LuFos noch etwas hinauszögern. Das neue Gutachten dürfte etwa am 7.März vorliegen.
    Das nächste LuFo soll am 20. 12. stattfinden und "Stadtgestalt und öffentlicher Raum" behandeln.

    2 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (2. November 2011 um 19:40)

  • Auch aus der Sicht des Citymanagers Klaus Hammer war in der letzten Woche in einem Bericht der Allgemeinen Zeitung eine nicht uninteressante Stellungnahme zu lesen, in der er sich über das ECE-Projekt äußert. Er spricht unter anderem eine notwendige räumliche Abgrenzung an und daß an der Eppichmauergasse das Ende sein muß. Er spricht auch an, daß Karstadt intern überlegen sollte, ob 12.000 m2 für Warenhaus und Sporthaus nicht genügend Verkaufsfläche wären und daß Vergleiche in anderen Städten zeigten, daß kleinere Ausmaße die gleiche Wirkung bringen bei höherer Akzeptanz von Kundschaft bzw. Besuchern.

    Aus dem Tenor des letzten Ludwigsstraßenforum der Stadt sowie den Wortmeldungen von Personen aus dem öffentlichen Leben scheint sich doch zu zeigen, daß die vorgestellten Pläne von ECE, die ja laut Aussage der verantwortlichen Personen von ECE ein Wunschdenken seien, in dem man auch Fremdgrundstücke mit einbezieht, als zu überdimensioniert angesehen werden und eine geringere Verkaufsfläche als ausreichend angesehen wird. Die Ausmaße des Komplexes mit den notwendigen Parkmöglichkeiten in Verbindung zu bringen, erscheint als unlösbare Aufgabe.

  • Bei der letzten Versammlung der Bürgerinitiative gegen das ECE-Einkaufsmonstrum wurde aus verschiedenen Gründen der Status eines "e.V. angestrebt und beschlossen, wenn auch die BI nicht in erster Linie als Verein auftreten will bzw. wird.
    Die BI hat für diesen Samstag eine Reise nach Maastricht organisiert. Wir werden eine Bustour unternehmen und uns das dortige Vergleichsbeispiel eines wohlproportionierten Einkaufscenters ansehen. Auch in der Stadt selbst soll jetzt Präsenz gezeigt werden. Beginnend mit dem letzten Samstag wird nun zunächst bis zum 2. Dezemberwochenende jeden Samstag ein Infostand vor dem Theater stehen und gleichzeitig in der Innenstadt, hauptsächlich auf dem Markt, Handzettel verteilt werden. Die Anzahl der Mitglieder ist nun schon auf etwa 200 angestiegen.
    Die Wortmeldungen der meisten Berufs- oder Interessengruppen sind in einer hohen Anzahl eher negativer Natur, wie z.B. letzte Woche aus dem Bereich der Einzelhändler.
    ECE hat vorletzte Woche beim Architektenverband verkündet, daß man von seinen Planungen keinen Quadratzentimeter abrücken werde. Ich erinnere, daß in diese Planungen auch Grundstücke einbezogen wurden, die ECE nicht gehören (Bistum, Polizeipräsidium) und überlasse die Beurteilung dieses Aspekts dem Urteil der Leser.
    Da nun definitiv ein zweites Verträglichkeitsgutachten kommen wird (voraussichtlich Anfang März ´12), wird sich bis zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich noch nichts wesentlich neues ergeben. Auf die Ergebnisse wird man gespannt sein.

    Was sonst noch in Mainz? Der Westturm ist noch immer eingerüstet wie auch das Haus zum SPIEGEL und das Haus zum KLEINEN ELEFANTEN, die 05er haben die imperialistische Bedrohung der Schwaben gebührend erwidert, seit Freitag, 11.11. macht das Leben wieder einen Sinn; und man sonnt sich in der Genugtuung, daß Mainz wieder einmal Spiegelbild der Welt ist: Ganz Griechenland singt das alte Mainzer Lied "Bei uns werds Geld net schimmelisch". Und die andern?
    Es sprach de Silvio vor drei Daach:
    Wenn Beutel fort is, gehn isch aach. :rolleyes:

    2 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (14. November 2011 um 19:19)

  • Um wieder einmal einen Überblick über den derzeitigen Stand des geplanten ECE-Centers zu geben, nachfolgend einige kurze Infos:

    Die aktuellen Forderungen von ECE: mindestens dreimal die Grundfläche des Doms auf jeder der drei Etagen.
    Der Bereich würde faktisch privatisiert, Eingänge und Durchgänge haben nicht den Charakter öffentlichen Straßenraums und werden nachts geschlossen (die Mall würde 180 m. lang sein). Sie dienen nur dem Zugang zu den Läden von innen und vermeiden jeden Kontakt zur umgebenden Stadt. Von der Fuststraße und der Eppichmauergasse blieben nur Fußgängertunnel, die in der Nacht zugemacht würden. Angedeutete Gliederungen des Baukörpers ("Dehnungsfugen") sind reine Kosmetik, um die riesige geschlossene Baumasse in der Planskizze zu kaschieren. So glaubt man, die Mall als ein kleinteiliges Handelsquartier analog der Struktur der südlichen Altstadt zu verkaufen.
    Der Komplex wird nach Aussage von ECE nur von der Ludwigsstraße, aus den Fußgängertunnels Fuststraße und Eppichmauergasse sowie vom anderen Ende her, in der Querstraße zwischen Weißliliengasse und Weihergarten am Schott-Gebäude, zugänglich sein.
    In der perspektivischen Darstellung, die der ECE-Architekt gemacht hat, besteht übrigens auch ein Trick darin, daß die tatsächliche Länge des Komplexes verkürzt erscheint und damit das wahre Ausmaß des Elends beschönigt wird.
    Dann soll das Areal noch auf der Kellerebene in seiner Gesamtfläche mit Läden gefüllt werden.
    ECE-Chef Wilhelmus betonte auf der Ortsbeiratssitzung des OBR Altstadt letzte Woche, daß die Dimension aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht unterschritten werden könne. Die Privatisierung und Überbauung der Straßen, der Ankauf von Polizeiinspektion und Kirchengrundstücken gehörten unabdingbar zum Projekt und stellten keine Verhandlungssache mit der Stadt dar. Wenn das nicht durchgesetzt werden könne, würde nicht gebaut. Man könne auch mit Karstadt ganz gut leben.

  • Vielen Dank fuer deine Berichte zum Mainzer ECE-Mammutprojekt, Weingeist.

    Die aktuellen Forderungen von ECE: mindestens dreimal die Grundfläche des Doms auf jeder der drei Etagen.
    Der Bereich würde faktisch privatisiert, Eingänge und Durchgänge haben nicht den Charakter öffentlichen Straßenraums und werden nachts geschlossen (die Mall würde 180 m. lang sein). Sie dienen nur dem Zugang zu den Läden von innen und vermeiden jeden Kontakt zur umgebenden Stadt.

    ECE-Chef Wilhelmus betonte auf der Ortsbeiratssitzung des OBR Altstadt letzte Woche, daß die Dimension aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht unterschritten werden könne. Die Privatisierung und Überbauung der Straßen, der Ankauf von Polizeiinspektion und Kirchengrundstücken gehörten unabdingbar zum Projekt und stellten keine Verhandlungssache mit der Stadt dar. Wenn das nicht durchgesetzt werden könne, würde nicht gebaut. Man könne auch mit Karstadt ganz gut leben.

    ECE hat vorletzte Woche beim Architektenverband verkündet, daß man von seinen Planungen keinen Quadratzentimeter abrücken werde.
    [aus Beitrag No. 50 oben]


    [Fettschrift hinzugefuegt]

    Zwar weiss ich, dass dies Deine Zusammenfassung ist, aber wie ist es nur moeglich, dass die Stadt sich von diesem Unternehmen geradezu erpressen laesst? :kopfschuetteln: Wie bitte? Privatisierung und Ueberbauung der Strassen sollten keine Verhandlungssache mit der Stadt darstellen? Da sitzt die Stadt ja entschieden am falschen Hebel. Wie kann sie sich nur in eine solche Situation hineinmanoevriert haben? Es geht hier um die Vergabe (das Verschleudern?) von staedtischem, also oeffentlichem, Eigentum. Das sind Millionenbetraege, gar nicht auszurechnen.

    Schon der Gedanke an die Fussgaengertunnel, durch die potentielle Kaeufer von bestimmten Stellen aus in dieses Konsum-Mekka hineingeschleust werden sollen, laesst dieses Projekt aeusserst unattaktiv erscheinen. Ich hoffe, dass Stadt und Buerger hier noch rechtzeitig die Kurve kriegen, dass Abrisse und Privatisierung von oeffentlichem Raum unterbleiben und dass das ganze Einkaufszentrum in seinem Konzept und in seiner Monumentalitaet gehoerig beschnitten wird.

  • Vorgestern traf sich die BI Ludwigsstraße wieder im Georgssaal der Johanniskirche, im Zusammenhang mit dem geplanten ECE-Center. Die AZ berichtet darüber in ihrer heutigen Ausgabe.

    Die Rede ist von "Shopping-Center" und "Mall", da blieb Philosophieprofessor Friedrich Voßkühler beim Treffen der Bürgerinitiative Ludwigstraße auch im Jargon: Mainz sei wie viele Städte in Deutschland "over-shopped". Es gebe ausreichend Läden in der Innenstadt. Da brauche es keine Shopping-Mall, wie sie ECE im Areal rund um das Karstadtgebäude vorschwebt.
    In seinem Referat "Angriff auf die Stadt" warnte Voßkühler vor vorschnellen Entscheidungen seitens der politischen Gremien. "Malls und Passagen übernehmen die Funktion des öffentlichen Raums und gefährden funktional wie räumlich die vorhandene Stadtstruktur." Einkaufszentren würden Städte nicht lebendiger machen, sondern ließen sie verkümmern. "Shopping-Malls sind stadtfeindlich."
    Voßkühler sprach sich für ein lebendiges Quartier mit einer sozialen, kulturellen, spirituellen und religiösen Vielfältigkeit aus. Dies würde zunichtegemacht, wenn das "Einkaufen weniger am Gebrauchswert als vielmehr am Erlebniswert" orientiert sei. Der Appell des Professors. "Das Herz der Stadt muß ohne Einengung durch eine Shopping Mall weiter frei schlagen dürfen". Man wolle keine "städtebauliche Angina pectoris" in der Mitte von Mainz.
    In dem künstlichen Raum der Malls würden Menschen von der städtischen Umgebung abgeschirmt, in Malls würde man das überall bekannte der üblichen Labels finden, sei es in Mainz, London oder New York. "Es geht den Investoren nicht um die lebendige Stadt, sondern um die Abschöpfung der Kaufkraft ihrer Einwohner auf Biegen und Brechen. Dazu werden Städte in eine kommunale Konkurrenz gesetzt, sie werden ausgeweidet und als Aas zurückgelassen."
    Zuletzt kritisierte Voßkühler, daß vorhandene geschichtliche Substanz bestenfalls noch als Staffage für die "Außenhautgestaltung der Malls" genutzt und die "Anwesenheit von Geschichte" in Form von Zeugnissen untergegangener Herrschaftsepochen somit ausgeblendet würde. Daß es an Zeitzeugnissen viel zu entdecken gibt, das veranschaulichte der ehemalige Leiter des Denkmalamtes, Hartmut Fischer, im Anschluß an Voßkühlers Vortrag beim "visuellen Rundgang um das Karstadtareal."
    Hartwig Daniels umriß die Arbeit der BI seit Juni 2011 und kündigte als "übergeordnetes Ziel" an: ECE baut exakt so, wie es sich aus den architektonischen Entwürfen, Bürgerbeteiligungen und Beschlüssen im Rat ergibt." Er betonte: "Wir müssen da wirklich stur sein."

    2 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (20. Januar 2012 um 09:35)

  • Nachdem über einen längeren Zeitraum über die Entwicklung der ECE-Angelegenheit nicht eine einzige Silbe zu vernehmen war, wird es nun am kommenden Dienstag eine neue Entwicklung geben: in einer gemeinsamen Sitzung verschiedener Ausschüsse wird das Zweitgutachten zur Verträglichkeit der Ludwigsstraße, das von der Fa. Junker und Kruse angefertigt worden ist, vorgestellt werden. Das Erstgutachten von Bulwien Gesa war wegen zu starker Nähe und Verknüpfungen zu ECE und durch seine Form als Gefälligkeitsgutachten in massive Kritik geraten und ein Zweitgutachten war unumgänglich.
    Am jetzigen Dienstag, dem 28.02., wird nun im Mainzer Rathaus in der besagten Ausschußsitzung eine neue Facette der Entwicklung aufgezeigt werden, über die man sehr gespannt wird sein dürfen. Abgesehen davon wird in 2 Wochen die Direktwahl des neuen Mainzer OB´s stattfinden, und natürlich steht zu erwarten, daß im Anschluß danach eine Positionierung des dann amtierenden OB´s die Entwicklung ihren jeweiligen Verlauf nehmen wird. Der voraussichtliche Kandidat der SPD, her presumtive Heiress Michael Ebling, hat hierfür schon einen Bürgerentscheid ins Gespräch gebracht.

  • Termine in Mainz:
    - Dienstag, 06.03.: Vortrag von Frithjof Schwartz (Akademie der Wissenschaften und Literatur) über das berühmte gotische Kaufhaus am Brand im Rahmen der Vortragsreihe "Mittelalterliche Kaufhäuser", mit der Thematik auf neuen Forschungen zum Skulpturenprogramm und neuen Visualisierungen, Landesmuseum Mainz, Große Bleiche, Beginn 18:00 Uhr.
    - Mittwoch, 07.03.: Ludwigsstraßen-Forum mit Vorstellung des neuen Verträglichkeitsgutachtens von Junker und Kruse, Rheingoldhalle Mainz, Beginn 18:00 Uhr.

  • Die BI Ludwigsstraße trifft sich heute um 19:00 h im Georgssaal der Johanniskirche (südliches Seitenschiff) zu einem Treffen, in dem hauptsächlich das zweite Verträglichkeitsgutachten der Fa. Junker und Kruse zum geplanten ECE-Center angesprochen wird. Im Gegensatz zum Erstgutachten kommt es hierin zur Einsicht, daß die bisherigen Pläne viel zu überdimensioniert sind, eine Beschränkung erstrebenswert ist und daß eine Begrenzung in südlicher Richtung maximal bis zur Eppichmauergasse anzustreben ist, eine Bebauung der Fläche des Polizeiquartiers nicht wünschenswert ist und daß die Überbauung der Fuststraße mit einem Übergang so wie derzeit bestehend, unbedingt zu korrigieren ist. Näheres morgen.

  • Kann's kaum abwarten. Dank schon im Voraus, Weingeist! Die Situation mit dem VIEEEL zu grossen ECE-Einkaufszentrum in Mainz koennte zum Praezedenzfall fuer ganz Deutschland werden. Ich hoffe, das zweite Gutachten trimmt das Projekt gehoerig und erinnert die Stadt Mainz an ihre Hoheitsrechte. Es kann doch einfach nicht angehen, dass das Projekt der Stadt diktiert, was sie zu erlauben hat.

  • Nach dem letzten Ludwigstraßenforum der Stadt und den darauffolgenden Berichterstattungen hat es seine Richtigkeit, die Entwicklung des vergangenen halben Jahres zu rekapitulieren und die weitere Entwicklung abzuwägen. Da zum jetzigen Zeitpunkt der Öffentlichkeit längst nicht alle Fakten zugänglich sind, die eine Einschätzung über die Zukunft erleichtern, sollte ein Urteil mit Sorgfalt erwogen sein oder besser gegenwärtig noch gar nicht gefällt werden. An diesem Beitrag werde ich jedenfalls noch einige Tage Arbeit haben.
    - Durch die Stadt wurde im jüngsten Forum nun das Zweitgutachten der Fa. Junker und Kruse präsentiert. Im Gegensatz zum Erstgutachten der Fa. Bulwien Gesa, die aufgrund der engen Verbindung zu ECE nach der Präsentation ihres Gutachtens in massive Kritik geraten war, da die erhebliche Mehrheit der Bevölkerung dieses Gutachten als Gefälligkeitsgutachten zugunsten ECE ansah, spricht nun das Zweitgutachten eine deutlich gemäßigtere Sprache. Die Thematik und die ganzen Zusammenhänge, die in der Gesamtthematik mit dem Einkaufszentrum stehen, sind äußerst komplex; hierfür wird man naturgemäß noch eine ganze Reihe an Stichpunkten ansprechen und die weitere Entwicklung in den nächsten Wochen sehr genau beobachten müssen.

    Im Zusammenhang mit einem von der Stadt anvisierten Tripol-Konzept, in das neben dem Standort Ludwigsstraße auch die beiden weiteren Einkaufszentren Römerpassage und Brand eingebunden werden, wurde die Gesamtverkaufsfläche mit den bisherigen Zielvorstellungen von ECE abgewogen und die anzustrebende Verkaufsfläche deutlich reduziert. Die Fa. Junker und Kruse bringt eine deutlich reduzierte Gesamtfläche ins Gespräch, sie spricht davon, daß eine zusätzliche Verkaufsfläche von etwa 16.500 m2 für den Standort Ludwigstraße als ausreichend anzusehen wären, und daß sich für das gesamte Zentrum somit eine Gesamtfläche von 27.000 m2 ergäbe.
    Ein Konsens auch im Bereich der Mandatsträger der Stadt hat sich ergeben, daß die südliche Begrenzung des Quartiers die Eppichmauergasse sein soll, und daß somit weder eine Einbeziehung des Standortes des jetzigen Polizeiquartiers (für das im Bereich der Innenstadt nur schwer ein Ersatzstandort zu finden sein würde), noch eine generelle Überbauung der Eppichmauergasse bzw. eine Überbauung in Form einer Fußgängerbrücke in Betracht kommt. Hier spielt auch mit hinein, daß man den Bischofsplatz und auch die Fuststraße und die Eppichmauergasse als öffentlichen Raum erhalten will und daß man zu der Überzeugung gekommen ist, den feinen, zurückhaltend- noblen Charakter des Bischofsplatzes wahren und fördern zu wollen.
    Eine deutliche Übereinstimmung ergibt sich auch, daß man aus heutiger Sicht erkannt hat, daß die Überbauung der Fuststraße damals durch einen Überbau mit dem jetzigen Baukörper einen enormen Fehler darstellt - die Fuststraße ist heute in diesem Bereich nicht mehr ohne weiteres als Straßenraum erkennbar und der Bischofsplatz wird aus dem Blickfeld der Ludwigsstraße genommen. Man kann auch nicht abstreiten, daß der gesamte Bereich der südwestlichen Altstadt aus der Wahrnehmung abgedrängt wird - und dabei schließt in direktem südlichen Anschluß das wundervolle klassizistische Weihergartenensemble an, das zur Zeit zu wenig Aufmerksamkeit erfährt - gerade für diesen Bereich Weihergarten, sowie z.B. auch Heringsbrunnengasse wäre eine intensivere Wahrnehmung und Nutzung mehr als zu wünschen. Es sollte einem schon zu denken geben, daß die Fuststraße als "Fruststraße" angesprochen wird, was ja derzeit auch seine Richtigkeit hat.
    Auch die damalige Entscheidung, die Hintere Präsenzgasse zu überbauen, wird heute als Fehler angesehen und deren Wiedererstehen im Gesamtkonzept des Einkaufscenters gefordert bzw. angesprochen. Ein interessantes Detail ist u.a. auch, daß man heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen kann, ob deren Standort nach wie vor noch in städtischem Besitz sind oder sich in der Hand des Konzernes befinden.
    Bei der Eröffnungsrede durch Bürgermeister Beck wurde u.a. auch angesprochen, daß man sich überlege, eine Fassadenreko des Bischöflichen Palais ins Gespräch zu bringen.
    Als nicht mehr zeitgemäß wird heute die Kammbebauung und die Pavillons der südlichen Seite der "Lu" angesehen - die Abwägungen, ob man vom öffentlichen Raum dazwischen abkehren sollte und diese Flächen somit ebenfalls potentieller Standort für das Center sein könnten, sind derzeit noch nicht abschließend getroffen; und für eine Positionierung in für und wider ergeben sich jeweils stichhaltige Gründe.
    Eine generelle Einsicht, sowohl Fustraße, Eppichmauergasse als auch den Bischofsplatz als öffentlichen Raum zu erhalten und im Gegensatz zu jetzt auch noch stärken zu wollen, scheint feststellbar zu sein.
    Angesprochen wird auch, daß die derzeitigen Gesamtwege der Einkaufszonen in der Innenstadt, die der Fußgänger zur Abwicklung seiner Einkäufe zu bewältigen hat, schon recht umfangreich sind, und daß die Planungen auch diesen Aspekt zu wenig berücksichtigten.
    Auf die Gesamtfläche des Einkaufscentrums bezogen, wäre daher statt einem einzigen geschlossenen Baukörper vielmehr eine Aufteilung in einzelne quartierähnliche Blöcke, die dementsprechend auch den Verlauf der ehemaligen hinteren Präsenzgasse berücksichtigen, wünschenswert.
    Aus den Erfahrungen anderer Städte mit ihren Einkaufscentren, die sich nicht immer wirtschaftlich bewährten, hat man im allgemeinen gelernt. Mittlerweile werden auch in Wortmeldungen der Bürger und Einwohner Stimmen laut, die zum einen auch Errichtung von Wohnraum anstreben (das dürfte aber kaum verwirklicht werden), und zum anderen auch die Entwicklung in der Zukunft ansprechen und dementsprechend auch die Möglichkeit einer Umnutzung des gesamten Centers zu anderen Zwecken thematisieren.
    Es sollte auch nicht vergessen werden, daß die Planungen des Konzerns auch Fremdgrundstücke mit einbeziehen und darüber heute auch noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Ob es zum Abriß des Polizeiquartiers kommen wird, ist zur Zeit eher mit fragwürdig einzuschätzen. Eine Einbeziehung von Grundstücken des Bistums (Pax-Bank und das Eckgrundstück Bischofsplatz/ Fuststraße) wurde vorgegeben, ohne daß man darüber mit den Grundstückseigentümern gesprochen hätte. Obwohl das Bistum einen Verkauf strikt abgelehnt hat, wäre es nicht verwunderlich, wenn es doch zu einem Verkauf des Grundstücks am Bsichofsplatz kommt. Die Grundstücke der Deutschen Bank und des südlich anschließenden Bürogebäudes sind mittlerweile im Besitz des Unternehmens. Lange Zeit war offen, ob der Eigentümer des sog. Chinesenpavillons am Gutenbergplatz seinen Besitz verkaufen würde. Hierfür wurde ins Gespräch gebracht, daß sich eine Bebauung am sog. Leitbau Gutenbergplatz 1 orientieren soll. Nach meinen Informationen scheint sich nunmehr der Besitzer entgegen seiner bisherigen Weigerung nun doch zum Verkauf entschlossen zu haben - damit wären alle Grundstücke im Quartier (mit Ausnahme des Wohngebäudes im Besitz des Bistums) nun in den Händen des Konzerns, so daß man heute mit ziemlicher Sicherheit sagen wird können, daß das Center auf jeden Fall vom Gutenbergplatz bis zur Weißliliengasse und südlich bis zur Eppichmauergasse reichen wird.
    Als einen ganz zentralen Punkt hinsichtlich der weiteren Entwicklung hat man quasi hinter vorgehaltener Hand die Aussage einer Person aus dem Bereich der Entscheidungsträger wahrgenommen, die ungefähr besagt, da ja die Stadt durch ihre derzeitige wirtschaftliche Situation in den kommenden Jahr(zehnten) kaum mehr die Rolle eines Investors spielen wird können, demzufolge diese Rolle nun ECE zufallen wird. Hinzukommt der rotgelbgrüne Koalitionsaspekt im Rathaus - man nimmt auf Bundesebene eine Partei wahr, die sich zur Zeit selbst abwickelt und bei der das geflügelte Wort von der gelben Gefahr mit Rößler noch eine erweiterte Wahrnehmung bekommt - und stellt fest, daß alle Aspekte, die man mit dieser Partei verbindet, sich im Falle dieses ECE-Centers durch erhebliche Unternehmer- und Investitionsfreundlichkeit, gepaart mit einer fast steinzeitlichen Betonköpfigkeit niederschlagen. Ein zentraler Punkt der weiteren Entwicklung wird also in Zukunft auch sein, wie sich ECE und die städtischen Entscheidungsträger einigen werden - ob hierüber alle Details an die Öffentlichkeit dringen werden, bleibt abzuwarten.

    3 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (23. März 2012 um 17:36)

  • Vielen Dank für diesen wahrhaft beeindruckenden Beitrag!

    Ich finde es wirklich erstaunlich, wie man in Mainz um die günstigste denkbar Lösung ringt, sich Zeit lässt und den Investor ECE in seine Schranken weist. Es ist ja kein Geheimnis mehr, dass man von diesem Unternehmen auch etwas verlangen kann und deshalb nicht zuletzt auch bestimmte Rekonstruktionen zur Sprache kommen.
    Zudem scheint es mir - bitte korrigiere mich - ein relativ starkes Miteinander zwischen einer mündigen Bürgerschaft und der vergleichsweise verantwortungsbewussten Bauverwaltung zu geben. So komme ich zu dem Schluss, dass ich als Dresdner wahrlich neidvoll nach Mainz schauen darf!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Am letzten Freitag fand das wohl letzte Ludwigstraßen-Forum durch die Stadt statt. Im folgenden der Bericht aus der AZ vom 16.06..

    Moderationshinweis (Pilaster): Zitate von fremden Texten bitte immer als solche darstellen und durch dieses Zeichen [...] erkennbare Kuerzungen vom Original absetzen. Das habe ich hier fuer den Beitragsautor vorgenommen. Bitte fuege noch den Link zum Artikel ein.

    4 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (19. Juni 2012 um 12:56)

  • Auch wenn Sommerlöcher bisweilen den Eindruck entstehen lassen, es tue sich nichts, bleibt die Entwicklung rund um das geplante ECE-Einkaufszentrum natürlich nicht vollständig stehen. Wenn auch das letzte Ludwigsstraßen-Forum zunächste als das letzte angedacht war, scheint die Stadt offensichtlich doch dem vielfach geäußerten Wunsch nach einem weiteren abschließenden, 7. Ludwigsstraßen-Forum entsprochen zu haben, welches für den 12. Oktober vorgesehen ist; dieses Mal im Schloß und vermutlich wohl im (ehemaligen) Akademiesaal (den jedermann kennt, Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht, Schinderhannesprozeß, Jakobinerclub, Friedrich Carl Joseph von Erthal, Wolfgang Amadeus Mozart und so weiter).
    Dabei wird es wohl darum gehen, die Positionen der Fraktionen darzustellen und zu diskutieren. Die BI Ludwigsstraße wird die Gelegenheit zu einer eigenen Stellungnahme erhalten.

    Daß es zur Zeit etwas neues gäbe, kann man nun nicht gerade sagen. Der Stand der Planung entspricht nach wie vor der vom Winter 2010/11.

    Die BI hat zwischenzeitlich gemeinsam mit Verdi, dem DGB und IGBCE eine weitere Veranstaltung organisiert, ein Podium, welches unter dem Thema "Auswirkungen von innerstädtischen Einkaufszentren auf Löhne, Sozialstandards und den lokalen Arbeitsmarkt" am Mittwoch, dem 29.August um 18:00 Uhr im Georgssaal der Johanniskirche stattfinden soll.

  • Bevor nun am 24. Oktober der Beschluß des Stadtrats über die Leitlinien des ECE-Projekts zu erwarten ist, wird es vor diesem Zeitpunkt noch einmal zwei Termine geben, bei denen sich Interessierte zu Details solcher Projekte noch einmal informieren können.
    Am 26.09. wird es um 19:00 h. eine Podiumsdiskussion geben mit dem Thema: Auswirkungen von Shopping-Centern. Vortrag und Diskussion u.a. mit Monika Walther, Hafencity Universität Hamburg. Veranstaltungsort ist die Showbühne, Große Bleiche 17.
    Am 04.10. wird es um 19:00 h. eine Podiumsdiskussion geben zu: ECE-Shopping.Malls - Mythen, Realität, Widerstand. Die Diskussion wird u.a. geleitet von Dr. Klaus Peter Möller (Gutachter in Hameln) und Hermann Morgenstern (BI Siegburg).

  • Bevor nun in etwas mehr als einem Monat der Stadtrat über die Leitlinien zum ECE-Projekt entscheiden wird, sind für die nächsten vier Wochen erwartungsgemäß noch einige Berichte zu für und wider zu erwarten. Einen etwas befremdlichen Seitenblick muß man leider auf die ansonsten recht seriöse Allgemeine Zeitung richten - kam man doch dort auf die Schnapsidee, eine "repräsentative Umfrage" durchzuführen, um einen Bericht über die Meinung der Bürger veröffentlichen zu können, und einmal mehr mit Prozentzahlen um sich zu werfen, die die öffentliche Meinung in eine gewünschte Richtung lenken sollen. Von etwa 200.000 Mainzern wurden 50 befragt - wer also an der Seriosität eines solchen Unterfangens zweifelt, macht sich verdächtig. Befragt wurden sechs Finther Hinkelszüchter, acht Gonsenheimer Quellkartoffelbauern, vier Messerstecher aus der Zwerchallee und sechs Schoppepetzer aus der Vilzbach, 25 Wiesbadener, sowie ein Wirtschaftsdezernent der FDP.

    Doch zunächst die AZ:
    Umfrage zu ECE: Mehrheit der Bürger für neues Einkaufszentrum in der Mainzer Ludwigsstraße
    (20.09.2012, von Philip Kubjena)

    Am 24. Oktober entscheidet der Stadtrat über die Leitlinien des Bauvorhabens an der Ludwigsstraße. Die AZ war am Donnerstag in der Innenstadt unterwegs und hat Mainzer befragt: Was halten sie vom geplanten Karstadt-Abriß und einem neuen Einkaufszentrum?
    Das Ergebnis: Von den 50 Befragten sind 32 dafür, daß ein neues Einkaufszentrum an der Lu entstehen soll. Gegen das Vorhaben des Projektentwicklers ECE sind die restlichen 18. Bei der Frage, ob man glaube, daß ECE das Einkaufszentrum unter den Vorgaben der Stadt realisieren werde, gaben nicht alle Befragten eine klare Antwort.
    So antworteten 29 Mainzer, daß sie davon ausgehen, daß ECE sich durchsetzt und in einigen Jahren neue Einkaufsmöglichkeiten entstehen werden. Während 14 der 50 Befragten dies nicht glauben, ließen sich 17 keine Antwort entlocken.
    "Schandfleck" muß weg
    Viele Befragte sehen in einem Neubau an der Lu eine Verschönerung des Stadtbilds. "Das sieht doch jetzt alles aus wie Hund. Es muß was Neues her", sagt ein aufgebrachter Bürger. Die Mainzer seien für so was aber oft nicht empfänglich, bedauert er. Ähnlicher Meinung ist auch der 64-jährige Rentner Berndt Kiewisch: "Karstadt und die umliegenden Gebäude sind zurzeit ein Schandfleck, darum sollte dort etwas attraktives entstehen."
    Ein anderer Mainzer gibt zu bedenken, daß viele umliegende Geschäfte unter einem neuen Einkaufszentrum zwar leiden werden. Dies könne aber auch ein Ansporn sein, das eigene Angebot zu verbessern.
    "Ich bin für ein neues Einkaufszentrum, da es so sicherlich eine größere Auswahl an Marken in Mainz geben wird", sagt die Schülerin Sarah Wenselowski. Schließlich gäbe es in allen großen Städten große Shopping-Malls, die für die Jugend doch "cool" seien, findet auch die 15-jährige Lea.
    Die Mainzerin Claudia Wersin ist zunächst unentschlossen, was sie von dem Projekt halten soll. Dann aber sagt sie: "Alles ist unter einem Dach. Für ältere Menschen ist das doch nicht schlecht." Auch eine 63-jährige ist am Ende überzeugt: "Wenn sich ein so großer Einkaufstempel harmonisch in die Struktur der Innenstadt einfügt, dann ist es okay." Allerdings befürchtet sie, daß der Investor ECE durch die Kritik der Bürgerinitiative an dem Projekt am Ende die "Lust am Bau" verlieren könnte.
    "Da werden nur Ketten aufgemacht"
    Kein Verständnis für einen Neubau zeigt eine 75-jährige Mainzerin: "So viele Geschäfte stehen in der Stadt leer und dan sollen neue Läden im Einkaufszentrum öffnen?" Dies sei doch völliger Unsinn - da werden nur Ketten aufgemacht, poltert sie.
    Der "Tenor" der "ECE-Gegner" geht dahin, daß unter dem Bau eines komplexen Einkaufszentrums das Stadtbild leiden würde. "In der Innenstadt gibt es doch genügend Geschäfte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das optisch passen wird", sagt Thomas Störch. ECE werde das Projekt deswegen nicht realisieren können, betont Elisabeth Sichert, "da die Ludwigsstraße sonst zerstört wird und das wollen die Mainzer ja schließlich nicht". Solch ein riesiger Klotz sei nicht schön und würde "absolut nicht in das Stadtbild passen", ist sich eine Mainzerin sicher.
    (Ende des Berichts)

    Daher hat es seine Richtigkeit, noch einmal die beiden Podiumsdiskussionen der BI ins Gedächtnis zu rufen, die am 26.09 und 04.10. stattfinden werden, wie auch das abschließende Ludwigstraßen-Forum, welches durch die Stadt veranstaltet wird, anzusprechen.

  • Das nun wirklich absolut allerletzte Ludwigstraßen-Forum im Zusammenhang mit dem geplanten ECE-Neubau an der Ludwigsstraße wird die Stadt am jetzigen Freitag, dem 12. Oktober um 18:00 Uhr im Großen Saal (Akademiesaal) des Kurfürstlichen Schlosses durchführen. Man könnte auch sagen: dort, wo immer die Fassenacht ist, findet traditionell freitags die letzte Schauveranstaltung mit zu erwartendem bösen Erwachen und dickem Kopf statt (Die Stadt sollte sich mal überlegen, jedem der Gäste des Lu-Fo´s wenigstens zwei Brezel und einen Schoppen anzubieten).
    Da nun für den 24. Oktober angekündigt ist, der Stadtrat werde Beschlüsse zu den Leitlinien fassen, wird das letzte Lu-Fo diesen Punkt thematisieren (soweit, als das zum jetzigen Zeitpunkt möglich ist). Als Tagesordnung ist im allgemeinen angekündigt, daß nach der Begrüßung der OB Erläuterungen der Fortschreibungen der Leitlinien und Empfehlungen darstellen wird (dafür hat er 10 min. Zeit und bei seinem Gesprächstempo wird er wohl nicht viel zu sagen zu haben). Desweiteren werden die Stadtratsfraktionen Statements geben. Im folgenden sind Rückfragen, Anregungen und Diskussionen möglich.
    Der Schlagabtausch zwischen Gegnern und Befürwortern intensiviert sich ansonsten zusehends.

  • Das wohl letzte Ludwigstraßen-Forum ist vor zwei Stunden dieses Mal im illustren Rahmen des Akademiesaals im Schloss geschlossen worden, und schon findet sich der Bericht, den die AZ morgen veröffentlichen wird:

    Nach dem siebten Ludwigstraßen-Forum stehen Leitlinien für ECE-Pläne

    Wir werden so verhandeln, daß wir stolz sein können auf unser Einkaufsquartier." Ein Schlußsatz des siebten und letzten Lu-Forums von Baudezernentin Marianne Grosse (SPD), der ihr viel Applaus einbrachte. Die Leitlinien seien unumstößlich, betonte sie, die Empfehlungen dagegen Verhandlungsziele. Jede Änderung der Leitlinien müsse so vom Stadtrat beschlossen werden. Auch werde in diesem Fall ein weiteres Ludwigstraßen-Forum einberufen, versprach sie.

    Wunsch nach Masterplan

    Knapp zwei Stunden nutzten Fraktionen und Bürger am Freitagabend die letzte Gelegenheit vor dem Stadtratsbeschluß, ihre Meinungen zum geplanten ECE-Neubau auf der Ludwigsstraße zu verdeutlichen. Einigkeit herrschte in den Fraktionen über die Kleinteiligkeit des Quartiers oder die Begrenzung an der Eppichmauergasse. "Wir hätten uns einen Masterplan gewünscht", sagte Dr. Gerd Eckhardt (CDU), auch am Münsterplatz oder in der Großen Langgasse schlummere viel Potenzial. Der breite Konsens über die Leitlinien sei etwa 20.000 Stunden zu verdanken, die auch von Seiten der Bürger in die Leitlinien und die Bürgerbeteiligung geflossen seien, so Lars Kützing (SPD).

    Bei Baubeginn wird Erfolg meßbar

    Ob diese "bundesweit einzigartige Bürgerbeteiligung" tatsächlich so erfolgreich sei, sehe man, wenn der Bau beginne, so Hartwig Daniels von der BI Ludwigsstraße. Wichtig sei, daß die Stadt dem Investor in den Verhandlungen klar gegenübertrete. Auch Dr. Gerhard Heck von der Altstadt-SPD fand, daß man die "Leitlinien nicht mehr wie auf einem arabischen Basar verhandeln dürfe."
    Der Mainzer Unternehmer Tilman Au hob dagegen die Notwendigkeit hervor, mit dem Investor über das geplante Center zu verhandeln. Immerhin sei es auch dringend geboten, an dieser Stelle der Stadt aktiv zu werden.

    Ebling lobt Konsens über Leitlinien

    Einige Mitglieder der BI fragten nach einem Plan B; dies sei, so einige Fraktionen einstimmig, nicht sinnvoll. Es gelte nun, dieses Projekt mit aller Kraft mit ECE voranzutreiben. Auch OB Michael Ebling lobte die Bürgerbeteiligung und den Konsens über die Leitlinien - erinnerte aber auch daran, daß dies noch nicht alles gewesen sei: "Wir sind noch nicht am Ende des Prozesses, das war nur ein Abschnitt."

  • Während im letzten Jahr auf der Seite der Bürger wie auch eines größeren Teils der Mandatsträger ein gewisser Konsens erwachsen ist darüber, was man sich bei einem ECE-Neubau vorstellen kann bzw. was nicht, macht dieses Unternehmen durch seine jüngste Äußerungen jegliches Vertrauen zunichte und berechtigt zu der Frage, ob die maximal mögliche mit einer Shopping-Mall zu erzielende Rendite eines Investors gleichzeitig auch zwangsläufig eine Vorgabe für die Stadtentwicklung zu sein hat.
    Durch die sieben Ludwigstraßen-Foren, die durch die Stadt veranstaltet wurden, ergaben sich Möglichkeiten, zu erkennen, daß sowohl Parteien, Fraktionen, Mandatsträger wie auch ein Teil der verantwortlichen Dezernenten zu einem zufriedenstellenden Standpunkt gefunden haben. Die Frage, ob das Vertrauen auch weiterhin aufrechterhalten werden kann, entscheidet die Zukunft; aber es hat seine Richtigkeit, wenn man daran erinnert, daß 91% des Rates hinter den Rahmenbedingungen stehen und daß angesichts der Tatsache, daß die Leitlinien ein bundesweites Novum eines modernen Einkaufsquartiers statt eines völlig überalterten Shopping-Mall-Konzepts darstellen, sowohl die Augen der Projektentwicklerszene als auch die Augen anderer Kommunen bundesweit auf die Entwicklung in Mainz gerichtet sind. Der Gesichtsverlust für das Unternehmen ECE wird mit Aufmerksamkeit verfolgt werden.
    Folgend der aktuellste Bericht der AZ von heute:

    BI spricht von unverhohlener Erpressung

    Die BI Ludwigsstraße wirft dem ECE-Projekt-Manager Gerd Wilhelmus "unverhohlene Erpressung" vor. Erst habe der ECE-Repräsentant seine Teilnahme am letzten Lu-Forum aus Krankheitsgründen abgesagt. Dann sei am Morgen danach in der Zeitung seine pauschale Ablehnung der Lu-Foren-Ergebnisse nachzulesen gewesen. BI-Sprecher Hartwig Daniels: "ECE denkt nicht daran, die Entscheidungen der Ratsmehrheit zu respektieren." Stattdessen komme Wilhelmus mit dem altbekannten Vorschlag einer Shopping-Mall, melde weiter Anspruch auf die Polizei-Inspektion an, dränge auf die Überbauung der Eppichmauergasse und ignoriere alle Gutachten zur Mainzer Lage. Ähnlich äußerte sich auch Renate Ammann von den Altstadt-Grünen: "Nun wird glasklar, daß ECE keinen Millimeter von seinem Shopping-Mall-Konzept abweichen will und sich nicht scheut, demokratisch gewählten Kommunalpolitikern und engagierten Mainzer Bürgern zu drohen."
    Auch BI-Sprecher Daniels klagt: "Wilhelmus bewegt sich keinen Zentimeter." Dabei sei dem Investor mit Abschluß der Lu-Foren doch auch Planungssicherheit geboten worden. Jetzt sei ECE mit den zu den Leitlinien passenden Ideen und Vorschlägen am Zuge. In Jena, wo ECE im Wettbewerb mit anderen Anbietern stehe, sei ECE interessanterweise bereit, all das zu realisieren, was laut Investor in Mainz nicht wirtschaftlich und daher nicht machbar seien. Daniels meint: "ECE ist kein Schicksal, es gibt andere verhandlungsfähige und interessierte Investoren. Das sollte die Stadt in den nächsten Monaten berücksichtigen."