Diese Galerie ist eine kleine Reise in das nördliche Rheinhessen und zeigt das unmittelbar vor Mainz gelegene Dorf Essenheim in der VG Nieder-Olm.
Die VG Nieder-Olm setzt sich aus den Gemeinden Essenheim, Jugenheim, Klein-Winternheim, Nieder-Olm, Ober-Olm, Sörgenloch, Stadecken-Elsheim und Zornheim zusammen und wurde um 1969 im Zug der Kommunalreform gegründet. Während jede Gemeinde noch ihr Rathaus hat, ist der eigentliche Verwaltungssitz in Nieder-Olm. Durch die Lage der VG direkt südlich vor Mainz, dazu noch direkt an der A 63, sowie die unmittelbare Nähe zum ZDF etc. hat diese VG das große Glück, von den Wachstumsraten des Rheinmaingebietes zu zehren und dürfte in dieser Hinsicht in Nordrheinhessen wohl auch die privilegierteste von allen sein. Die Einwohnerzahl beträgt derzeit etwas über 31.000 mit wachsender Tendenz, was sich in den letzten 20 Jahren durch einen regelrechten Bauboom zeigte, der sich noch fortsetzen wird. So betrug in Nieder-Olm die Einwohnerzahl um 1993 etwa um die 4.500 und hat sich heute mehr als verdoppelt, sodaß der bisherigen Gemeinde Nieder-Olm vor einigen Jahren Stadtrechte verliehen wurden.
Durch den Konzern Eckes und Chantre dürfte der Name Nieder-Olm überdies einen gewissen Bekanntheitsgrad genießen.
Der erste Ort alphabetisch ist Essenheim, das sich "Domherrngemeinde" nennt und auch "Dörfchen am sonnigen Hang" und mit dem Slogan wirbt: "Essenheim - Zwischen Reben gelegen". Es ist die zweithöchst gelegene Gemeinde Rheinhessens mit max. bis etwa 250 m. Höhe über N.N. und liegt sehr reizvoll in einem Kessel. Vom Nieder-Olmer Berg auf der Höhe hat man den Eindruck eines halben Trichters, der sich nach unten hin verjüngt. Der renommierte Weinbauort hat mit dem Essenheimer Berg eine der besten Weinanbauflächen im näheren Umkreis und ist auch heute noch wenigstens teilweise landwirtschaftlich geprägt. Durch das etwa 4 km. entfernte ZDF hat Essenheim in den letzten 40 Jahren einen beachtlichen Boom erlebt, der sich z.B. darin zeigt, daß 1985 der 2.000. Bürger geboren wurde und die Einwohnerzahl heute bei über 3.400 liegt. Ein vor Jahren geschaffenes "Kunstforum Rheinhessen" durch den Kunstverein Essenheim hat der Gemeinde zusätzlich ein illustres Renomee verschafft. Zu den Höhepunkten im Jahreslauf gehören die Kerb und das Essenheimer Domherrenfest.
Zunächst ein kurzer geschichtlicher Überblick:
2300-2000 v. Chr.: Die ältesten Funde menschlicher Besiedlung aus der Jungsteinzeit und der Glockenbecherkultur
1200-800 v. Chr.: Siedlungsfunde aus der Bronzezeit (Urnenfelderkultur)
800-40 v.Chr.: Kelten
40 vor bis ca. 400 n.Chr.: Römisches Siedlungsgebiet, vermutlich 7 Villae rusticae, intensiver Getreide- und Weinanbau, römischer Sarkophag im Rathaus
6 Jhd.: Gründung des Dorfes durch fränkische Siedler
1023: eine angenommene Ersterwähnung als "Hesinesheim" wird heute als unzutreffend angesehen und mit Heidesheim in Verbindung gebracht
1140: erste sichere Erwähnung als Esenheim, Ersterwähnung der Kirche
1260: Übertragung der Mauritiuskirche vom Kloster Tholey an das Mainzer Domkapitel
1354: Besitz der Grafen von Veldenz
1444: Zugang durch Erbe in den Besitz des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken
1533: Einführung der Reformation, als erstem Ort in Rheinhessen
1632-36: Schwedische Besatzung
1645: Erstürmung des befestigten Friedhofs durch marodierende Soldaten
1689-92: Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wird Essenheim bis auf zwei Gebäude vollständig zerstört
1733: Zugang an die Kurpfalz
1741-46: Erste Auswanderungswelle von mehr als 120 Personen nach Nordamerika
1792: Frz. Revolutionstruppen im Ort stellen im "Fronkreich" (Münchhofstraße) einen Freiheitsbaum auf
1797-1814: Teil Frankreichs
1816-1918: als Teil der neugegründeten Provinz Rheinhessen Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt
1820-38: zweite Auswanderungswelle nach Nordamerika, vermutlich infolge der katastrophalen Folgen des Vulkanausbruchs 1816
1857: Einweihung der neuen Synagoge in der Klappergasse
1918-45: Zugehörigkeit zum Volksstaat Hessen
1947: Land Rheinland-Pfalz, Landkreis Mainz, ab 1969 Landkreis Mainz-Bingen
1972: Gründung der VG Nieder-Olm
Blick vom Nieder-Olmer Berg
Blick von Ober-Olm
Blick von Klein-Winternheim
Zunächst mal ein erster Eindruck vom Dorfmittelpunkt, der auch "Dalles" genannt wird, auf das 1836 gebauten Rathaus und die architekturhistorisch regional durchaus bedeutende Mauritiuskirche.
Das Ensemble von Rathaus und Mauritiuskirche im Ortsmittelpunkt. Das Rathaus wurde neben dieser Funktion auch als Schulhaus mit zugehöriger Lehrerwohnung sowie auch als Spritzenhaus für die Feuerwehr erbaut. Es wurde möglicherweise unter Einbeziehung älterer Substanz 1836 als stattlicher spätklassizistischer Bruchsteinbau errichtet, vermutlich vom Kreisbauamt Mainz. Das Spritzenhaus diente gleichzeitig auch als Arreststätte (in Essenheim ist die Drohung "Du kimmst aach noch emol ins Rothes" mit dem verschleierten Hinweis auf den damit gemeinten Arrestort noch geläufig.) Im Hofbereich bestand bis dahin ein Teil der angeblich 6 Fuß starken Wehrmauer der Mauritiuskirche, die aufgrund des Rathausneubaus abgerissen wurde. Im inneren ist heute ein etwa 1980 aufgefundener spätrömischer Steinsarkophag mit Deckel aufgestellt (4. oder frühes 5. Jhd., Widmungsinschrift eines Ursinius Restitutus an seine Mutter Sanctinia.
Das Essenheimer Wappen mit den Kurpfälzischen Löwen, die darauf hinweisen, daß Essenheim gemeinsam mit Stadecken im 18. Jhd. einst zum Territorium der Kurpfalz gehörten.
Beherrscht wird Essenheim von der Mauritiuskirche (ehemalige Wehrkirche), die 1260 vom Kloster Tholey an das Mainzer Domkapitel übertragen wurde (Diese Übertragung wurde 1288 durch den Mainzer Erzbischof Heinrich II. von Isny bestätigt.) Um 1459 existierte ein Kollaturrecht des Domkapitels. Als erste Gemeinde in Rheinhessen wurde die Gemeinde 1533/35 lutherisch, ab 1592 calvinistisch. Zwischen 1686-89 und 1719-21 eigneten sich jedoch Katholiken im Dorf die Kirche nochmals an. Der Kirchhof war von einer angeblich 6 Fuß starken Wehrmauer umgeben, die 1645 von kaiserlichen Soldaten gestürmt wurde und die im Zusammenhang mit dem Rathausneubau 1836 abgerissen wurde. Vor der Kirche ursprünglich der alte Friedhof mit Kerner (Beinhaus), der in der 2. Hälfte des 19. Jhd. aufgelassen wurde.
Die Anlage erhebt sich ortsbildprägend über einer Anlage von Stützmauern und stellt eine im Kern spätgotische Baugruppe dar, die im 15. Jhd. begonnen wurde und deren jüngsten Teile 1775 durch die Neuerrichtung der Langhausnord- und Südwand entstanden.
Blick in den Rathaushof.
Blick auf das noch relativ neue Kunstforum Rheinhessen, welches anstelle eines ehemaligen Bauernhofs (Kirchstraße 2) errichtet wurde und mittlerweile Essenheim zu einiger Berühmtheit verholfen hat.
Straße der Champagne 1, Ecke Elsheimer Straße. Heutiger "Domherrenhof". Ehemalige Gastwirtschaft von Georg Metzler "Zur schönen Aussicht", 1907 wohl unter Verwendung von massiven Bauteilen eines barocken Vorgängers errichteter winkelförmiger Bau mit barockisierendem Fachwerk, sehr ortsbildprägend. Im Inneren barockes profiliertes Portalgewände aus rotem Sandstein, bezeichnet 1700. Das Innere wurde in den 1990er Jahren stark umgestaltet. In den 1980er Jahren beliebter Treffpunkt von Personen und Mitarbeitern etc. aus dem nur 4 km. entfernten ZDF-Sendezentrum vom Lerchenberg, u.a. auch Burt Lancaster.
Die folgende derzeitige "Baulücke" am Ortsmittelpunkt ist erst etwa zwei Jahre alt und entstand nach dem Abriß des Hofs von Tante Berta. In diesem Quartier soll eine Bebauung mit einem Hotel, einer zweigeschossigen Garage, einem Eiscafe und evtl. weiterer gewerblicher Nutzung erfolgen.
Vorheriger Zustand vor dem Abriß von Tante Berta´s Haus. (Ecke Hauptstraße und Straße der Champagne).
Durch den Abriß dürften auch die Blicke auf den Domherrnhof...
...sowie die Ecke Kirchstraße/ Elsheimer Straße in Richtung auf das hier zu sehende Kunstforum in dieser Form nicht mehr möglich sein.
Linke Hälfte des Rathauses mit Verwaltung und Ratssaal.
Mittlerer Teil des Rathauses, ehemals im EG das Spritzenhaus der Feuerwehr, welches auch die Funktion einer Arrestzelle hatte.
Blick nach rechts in die Hauptstraße. Rechte Hälfte des Rathauses und angeschnitten Hauptstraße 6.
Beispiel für ein Rheinhessisches Ortsbild mit einer manchmal etwas ungegliederten Folge von Wohnhäusern aus Bruchstein, dazwischen immer wieder die teils riesigen Scheunen. Hier ein Blick auf die heutige Straße der Champagne, vorher (bis etwa 1978) Schmittgasse, wohl aufgrund einer ehemals dort ansässigen Schmiede.
Ein kleiner Einblick in eine typische Eesemer Scheier nach der Anlage eines Dreiseitenhofs (abgerissen). Links im Hof der Pferdestall, dann das Kelterhaus mit dem hier zu sehenden Kellerabgang, folgend Scheune und Tenne, oben auf dem Gerüst Heu- bzw. Strohlager, rechts im Hof der Hinkel- und der Wutzestall.
Hauptstraße 6: Eines der besterhaltenen Gehöfte der Gemeinde in Form eines Vierseitenhofs. Das zur Hauptstraße weisende spätbarocke Wohngebäude mit einem hohen Walmdach liegt zwischen zwei Seitenarmen der Straße (Krebser- bzw. Schornsteinreul sowie Stockgasse) und dürfte kurz vor 1750 erbaut worden sein. Die geohrten Portal- und Fenstergewände sind erhalten, der Hauseingang wurde aus der Mitte nach links verschoben. Das Fachwerk-OG dürfte vermutlich entegen dem heutigen Zustand verputzt gewesen sein. Im Inneren existiert ein stuckierter "Salon" mit Supraporten aus der Zeit etwa um 1900. Rechts die Torfahrt mit barocken Torbogenpfeilern und ein Kelterhaus mit Speicher in Fachwerk aus dem 19. Jhd. Die stattliche Scheune aus Bruchsteinen wird über die Seitengasse befahren.
Das noch bestehende Gebäude der ehemaligen Raiffeisenbank wird irgendwann demnächst abgerissen werden und stammt etwa aus 1962-63. Der Standort dieser Bank stellt für Essenheim zugleich den Ort seines größten Verlusts dar, den es mit dem Abriß seines "alten", d.h. wahrscheinlich aus dem 16. Jhd. stammenden Backes erfahren hat. Es war zusammen mit dem Dexheimer Backes das bedeutendste Gemeindebackes Rheinhessens und hat sogar Einzug gehalten in Ernst Stephans "Das Bürgerhaus in Mainz".
Nach dem Abriß diesen Gebäudes wird auf dem mittlerweile weitgehend abgerissenen Quartier nach den jetzigen Planungen eine Mischbebauung aus Hotel, Eisdiele, Cafe, Parketagen sowie evtl. ein kleinerer Lebensmittelmarkt entstehen.
Rechts angeschnitten das Postreul/ -reil (auch. Milchreil), folgend Hauptstraße 9, wohl erstes Viertel 19. Jhd oder doch früher, bis um 1935 Haus des jüdischen Kaufmanns Max Mayer, im EG bis um die Jahrtausendwende über viele Jahrzehnte ein Gemischt- und Kolonialwarenladen, später Schreibwaren, Postannahme etc. Heute eine Fahrschule.
Folgend Hauptstraße 11.
Hauptstraße 13, Gasthaus Zum roten Ochsen, etwa um 1875 herum errichteter Gründerzeitbau, in dieser Form ein Solitär. Solche Fahnen 10 km. vor Mainz öffentlich sichtbar auszuhängen, ist eine Schande.
Hauptstraße 12: Ein in den 1880er Jahren errichtetes stattliches Gehöft in der typischen nachklassizistischen Sprache des 19. Jhd. Auch hier zeigt sich, daß in dieser Zeit die Erträge von Acker- und Obstbau sowie dem in Essenheim sehr stark betriebenen Weinbau auch im 19. Jhd. so substantiell waren, daß sich dieses in den Neubauten der Höfe bemerkbar machte.
Ein kleines Ensemble von Hauptstraße 14 und 16
Die Hauptstraße 14 dürfte in ihrer Grundsubstanz sicherlich zu den älteren Häusern der Gemeinde zählen, wohl aus der ersten Hälfte des 18. Jhd. Im EG war über viele Jahrzehnte eine kleine Bäckereifiliale, die aber leider auch geschlossen ist.
Hauptstraße 16
Blick von der Hauptstraße nach Süden in die Neubrunnenstraße, lokal: Bornsgass.
Hauptstraße 20
Wie in so vielen anderern Gemeinden waren es auch in Essenheim in den 50er/ 60er Jahren noch ganz andere Zeiten, noch ohne Fernsehen, dafür aber viel geselliger, wenngleich "in die Wertschaft gehen" nicht Essen bedeutete, sondern im allgemeinen einen halben oder einen Schoppen. Auch dieses Haus war durch die zentrale Lage der Hauptstraße eine beliebte Wirtschaft und trug den Namen "Zum Uschbes" - dieser Name ist wohl jiddisch-lateinischen Urprungs und stammt wohl aus dem Zusammenhang Wirt= Hospes.
Das stattliche Giebelhaus Hauptstraße 22 ist durch die Erscheinung eines Erkers mit geschweifter Haube ein singulärer Vertreter im näheren Umkreis, allerdings wurde das Haus auch in Teilen modernisiert. Eine Rarität bilden die beiden auf 1740 datierten geohrten barocken Fenstergewände im Nebengebäude. Ob sie dort eine Spolie bilden, bleibt offen, aber dennoch zählen sie mit dem Portal von 1700 in Straße der Champagne 1 zu den ältesten erhaltenen Resten profaner Bebauung am Ort.
Hauptstraße 21...
...und Hauptstraße 23.
Mit Hauptstraße 26 hat sich das wohl besterhaltene Beispiel einer Hofanlage aus dem 18. und 19. Jhd. erhalten. Ältester Teil dürfte das links zu sehende Wohnhaus mit Fachwerk-OG sein, welches halbe Mannfiguren und geschweifte Gegenstreben zeigt; die rechts zu sehende Erweiterung und die Torfahrt dürften aus dem 19. Jhd. stammen. Erhalten ist auch der Wirtschaftstrakt mit Stallungen, Remise, Kelterhaus, Speichergeschoss, Scheune und Keller sowie der natursteingepflasterte Hof.
Hauptstraße 28...
...und Hauptstraße 30.
Hauptstraße 40: Das heutige Hauptgebäude ist im Kern älter, wurde in den 1840er Jahren in der heutigen Form umgebaut und war damals der stattlichste Hof der Gemeinde. Zugleich besaß er auch zeitweise die Funktion einer Großherzoglich-Hessischen Bürgermeisterei. Wie die geohrten Fenstergewände an der Seite verraten, kann es sich aber auch nur um einen Neubau bei Verwendung alter Substanz gehandelt haben, passen doch diese Gewände so gar nicht in das 19. Jhd. Das Hauptgebäude aus Bruchstein war bis vor einigen Jahren noch steinsichtig und wurde dann erst verputzt. In den 1990er Jahren wurden die Wirtschaftsgebäude abgerissen und stattdessen Wohngebäude neu errichtet, auf die wir ebenfalls einen kleinen Blick werfen.
Ecke Hauptstraße und Hintergasse.
Hauptstraße 44: außen ein typischer Bruchsteinbau aus der Mitte des 19. Jhd., im inneren ein stattlicher Bauernhof, der heute auch als Event-Hof angemietet werden kann. (http://www.hof-herzberg.de).
Östliches Ende der Hauptstraße : Im Hintergrund ist etwas schwach erkennbar die Fläche des alten Dorfgrabens erkennbar. Das kleinere Gebäude dürfte vermutlich zu den ältesten erhaltenen in der Gemeinde gehören. Noch bis in die 80er Jahre bestand hier eine Schusterwerkstätte.
Die heutige Mainzer Straße schließt östlich an die Hauptstraße an und ist eine Ausfallstraße in Richtung Mainz. Entgegen der Hauptstraße, die ein dichtes Bild vornehmlich aus dem 19. Jhd. bietet, ist die Mainzer Straße schon aufgelockerter und unspektakulärer und entspricht schon eher dem Bild einer gewachsenen Wohngebäudestraße mit einigen wenigen Bauernhöfen. Nur wenige Häuser sind deshalb fotowürdig.
Mainzer Straße 2: Über viele Jahrhunderte hinweg bestand rund um das Dorf ein etwa zwei bis drei Meter tiefer und mit Wasser gefüllter Graben, der mit Ulmen („Effen“) bewachsen war und für die Dorfbewohner eine Siedlungsgrenze, ähnlich einer Stadtmauer bedeutete. Dort befand sich ein befestigter und verschließbarer Zugang zum Dorf, der als Klingelpforte bezeichnet wurde und einen der drei Zugänge zum Dorf bildete. Der Verlauf des Dorfgrabens ist zwischen den Häusern Hauptstraße 44 und Hauptstraße 48 noch erkennbar. Erst mit der Erweiterung des Siedlungsgebiets im 19. Jhd wurde die Mainzer Straße angelegt und parzellenweise bebaut. Daher ist ihr Erscheinungsbild aufgelockerter als das der Hauptstraße und entspricht eher dem Bild einer gewachsenen Wohngebäudestraße mit einigen wenigen Bauernhöfen.
Die Parzelle der Mainzer Straße 2 lag ursprünglich "außerhalb" des Dorfes "hinter" dem Dorfgraben und dessen Übergang, der Klingelpforte. Im Kern ist das Haus wohl die älteste Bebauung der heutigen Mainzer Straße. Ältester Teil ist der westliche, nicht unterkellerte Hausteil. Nach den erhaltenen Brandkatastern wurde dieser um 1830/31 durch Jakob Schmahl 9. (1806-1878) und Maria Eva Schmahl geb. Schott (1809-1868) erbaut. Jakob Schmahl betrieb neben Landwirtschaft und Weinbau im Erdgeschoß des Hauses eine Brennerei und vermittelte umfangreiche Immobilien- und Grundstücksgeschäfte. Wie sein erhaltenes Kassenbuch verrät, verlieh er auch Geld an sozial benachteiligte Mitbürger. Die Summen entsprechen einer frühen Form einer Darlehenskasse. Die jüngstgeborene Tochter Magdalena Mossel geb. Schmahl (1844-1901) übernahm 1879 den Hof und führte gemeinsam mit ihrem Ehemann Adam Mossel III. (1835-1905) die umfangreiche Landwirtschaft weiter. Ein erster Erweiterungsanbau am Haus wurde in den Jahren 1882/83 angefügt. Mit der Errichtung eines Kellers in 1887 und einem weiteren Anbau wurde die heutige Fassadenbreite erreicht. Die Umbauten der Wirtschaftsräume zogen sich bis zum Jahr 1900 hin.
Das Erdgeschoß ist massiv in Bruchstein, das Obergeschoß in verputztem Fachwerk erbaut. Im Erdgeschoß befand sich am 2. Fenster von rechts ursprünglich eine (in den 1950er Jahren beseitigte) Haustüre. Türen nach der Straße deuten auf eine gewerbliche Nutzung, hier auf die erwähnte Brennerei hin. Eine heute noch vorhandene Durchreiche im Inneren soll noch auf diese Funktion zurückgehen.
Als einem von nur ganz wenigen weiteren Beispielen in Essenheim ist an der westlichen Grundstücksgrenze noch ein Kreuzgewölbestall aus der Zeit um 1830/40 erhalten, die in Rheinhessen auch als Kuhkapelle bezeichnet werden. Die Haltung von Milchvieh und der Verkauf hauseigener Produkte bildete über jahrhunderte hinweg einen kontinuierlichen Wirtschaftsfaktor.
Eine Vorstellung von der Bedeutung des Getreideanbaus und der Lagerung vermittelt die gewaltige Scheune, die im Kern ebenfalls aus der Zeit um 1840 stammt und etwa um 1890-1900 erweitert und auf die Höhe eines fünfgeschossigen Wohnhauses ausgebaut wurde.
Das Anwesen Mainzer Straße 2 ist ein anschauliches Beispiel für einen im 19. Jhd in mehreren Abschnitten gewachsenen Bauernhof, dessen Familiengeschichte in eindrucksvoll geschlossener Form erhalten geblieben und nachvollziehbar ist.
Mainzer Straße 2: Grenzstein des Klosters Eberbach von 1705 aus der Essenheimer Gemarkung.
Mainzer Straße 4: 1909 erbaut, stattlicher Bauernhof auf langgestrecktem Grundstück und mit langgestrecktem Hof, eines der wenigen Beispiele für ein qualitativ hochwertiges Bauen in der 1900er Dekade, welches Elememte aus rotem Sandstein mit Backstein verbindet. Die Zierbacksteine der Fassade stammen vermutlich aus einer Finther Brennerei, umgekehrt ist auch an der Seitenfassade zu sehen, daß hier schon entgegen der Zierbacksteine normale verwendet wurden. Was ich als ein ganz kleines Detail von der Baugeschichte dieses Hauses weiß ist, daß man damals mit dem Pferdefuhrwerk gelben Sand in Finthen holte. Ein stattlicher Keller, außen aus Sandstein, trägt das Gebäude. Das Gebäude ist auch im inneren im Stil seiner Erbauungszeit erhalten und zeigt ein exemplarisches Beispiel eines hochwertigen Bauens in der ersten Dekade des Jahrhunderts.