Das alte Mainz in Bildern und Postkarten

  • Ich stimme weitestgehend mit Riegel überein, würde jedoch aufgrund der Ornamente fast schon eher auf Spätbarock (Rokoko) tippen denn auf Klassizismus. Von daher, meiner Meinung nach, minimal früher.
    Aber ich glaube, die laienhafteste aller Einschätzungen werden alle mit mir teilen: ...*SCHÖN*...

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

  • Die Datierung von Riegel stimmt in erstaunlicher Form mit dem Erbauungsjahr 1786 überein. Hierfür herzlichen Glückwunsch!
    Es handelt sich um das "Bahl´sche Haus", die ehemalige Rheinstraße 91.
    Johann (Jean) Bahl war Kurfürstlicher Brückenmeister und ließ diesen Bau in unmittelbarer Nähe des Neuen Zeughauses, dem Deutschhaus, der Martinsburg und dem Kurfürstlichen Schloß für sich errichten. Die Hintergründe sind zwar ungeklärt, aber auf welche Art und Weise muß Jean Bahl im Lauf seines Lebens zu einem außerordentlichen Reichtum gelangt sein, der es ihm ermöglichte, sein "Bahl´sches Haus" in den Dimensionen eines Privatpalais zu errichten.

  • Eine Reise ins Goldene Mainz in den Jahren zwischen 1859 und 1870. Genauer läßt sich das Foto nicht datieren. 1859 erhielt der nördliche Flankenturm des Ostchores des Doms seinen Helm, 1870 wurde das hier zu sehende Moller´sche Ei mitsamt dem gotischen Glockengeschoß von 1381 abgetragen. Vom Zeitpunkt der Bombardierung in 1793 bis etwa zum Jahr 1878 gehörte das Bild der zerstörten Ostgruppe, ablesbar in den beiden Flankentürmen sowie dem etwas provisorischen Moller´schen Ei über viele Jahrzehnte zum Erscheinungsbild der Stadt.
    Im Vordergrund ist ein stadtgeschichtliches Detail nicht uninteressant: der Weinberg des Fürstenberger Hofs. Viele Jahrhunderte befanden sich in diesem Gebiet, sowie am Kästrich und auch am Michelsberg, noch Weinberge. Erst im Zug der Nachverdichtung verschwanden diese und wurden bebaut.
    Links lugen die Doppeltürme der Peterskirche heraus, rechts davon ist das Moller´sche Theater noch in seinem alten Zustand zu sehen (dieses diente als Vorbild für die alte Semper-Oper), anschließend ist im Vordergrund die Johanniskirche zu sehen, die links vom Quintinsturm und rechts vom Christophstum begrenzt wird. Im Bildzentrum der Dom, rechts vorne das Rochusspital mit Spitalkapelle, noch bevor diese einem Brand zum Opfer fiel. Rechts die Augustinerkirche.
    Der Straßenzug vorne ist die Weißliliengasse noch in ihrem alten, gewachsenen Bild. Rechts unterhalb der Johanniskirche sieht man die Einmündung der Heringsbrunnengasse und mit dem Haus mit dem Zwerchgiebel ist demnach auch eine sehr alte Aufnahme des Hauses zum Hering zu sehen, ein bedeutendes Barockhaus von 1719, ehemals Weißliliengasse 24, nach Kriegszerstörung um 1980 an der Straßenkreuzung von Weißliliengasse und Rochusstraße wiederaufgebaut.

  • Brand 5. Dieses ausladende und stattliche giebelständige Fachwerkhaus fränkischen Typs erscheint schon auf Gemälden, die etwa um 1800 herum angefertigt wurden, wobei auffällt, daß die beiden oberen Geschosse geohrte Fenstergewände aufwiesen und unter den Fenstern vermutlich Stuckfestons und Stuckspiegel angebracht waren. Eine Überarbeitung der beiden oberen Geschosse ist daher zwar zu vermuten, aber durch die Quellenlage derzeit noch nicht belegbar. Auffallendes Merkmal war an der Ecke zur vorderen Schafsgasse hin das barocke Relief einer Marienkrönung in einer von Pilastern gegliederten Nische vor einem Muschelbaldachin.

    Blick auf die Südseite sowie einen Teil der Westseite. Linkerhand zunächst die Einmündung der Rentengasse, folgend das Hotel zum Karpfen. Die Brand-Südseite macht nach rechts einen Knick, wodurch dem Platz seine eigenartige Keilform zukommt. Das bedeutendste Haus war das Klein-Brandenberg oder auch zum Brandenburg, welches wohl etwa kurz vor 1500 als viergeschossiges gotisches Fachwerkhaus errichtet wurde- interessanterweise als "Doppelhaushälfte". Auch das Abknicken der Fassade war ein typisches Merkmal.

    Interessant finde ich auf diesen beiden Bildern (zweites Bild: zweites Gebäude von rechts) ja, dass hier m. M. n. recht deutlich mittelalterliche Geschossbauten als Kern zu erkennen sind, was ich beispielsweise in alten Ansichten aus [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] bis auf 2– 3 Kandidaten so noch nie gesehen habe. Die repräsentative hohe Ständerhalle, die einst ein Geschoss bildete, und dann später im Rahmen der Nutzung als Mietshaus ab der frühen Neuzeit durch Einziehen einer Zwischendecke in zwei Geschosse geteilt wurde, ist ja ein recht typisches Phänomen im hessisch-fränkischen Fachwerk und findet sich heute noch an vielen Beispielen in Limburg, aber z. B. auch Alsfeld oder Fritzlar. Die Obergeschosse, die bei den Exemplaren aus dem 14. Jahrhundert häufig noch über eine Hängepfostenkonstruktion auskragten, hat man ganz gerne spätestens im 18. Jahrhundert im Zuge der klassizistischen Fassadenglättung zurückgeschnitten.

    Das Haus Klein-Brandenberg oder auch zum Brandenburg erinnert mich stark an das Haus Kleines Paradies (Markt 27) in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon]. So spinnefeind sich die beiden Reichsstädte im Mittelalter auch waren, die rein bürgerliche Architektur (in Mainz aufgrund der Herrschaftssituation freilich etwas seltener als Dribbdebach) ist sich verblüffend ähnlich.

    Vielen Dank auch von mir für diesen höchst sachkundigen und informativen Thread. ursus schrieb vor ein paar Seiten so treffend, wie es genauer nicht mehr geht: „Es ist wirklich kaum zu fassen, was alles vernichtet worden ist, so sang- und klanglos, ohne dass man als Normalinteressierter irgendeine Ahnung davon hätte.“

    2 Mal editiert, zuletzt von RMA II. (4. Dezember 2013 um 21:11)

  • Vielen Dank auch von mir für diesen höchst sachkundigen und informativen Thread. ursus schrieb vor ein paar Seiten so treffend, wie es genauer nicht mehr geht: „Es ist wirklich kaum zu fassen, was alles vernichtet worden ist, so sang- und klanglos, ohne dass man als Normalinteressierter irgendeine Ahnung davon hätte.“

    Dem kann man vorbehaltlos zustimmen. Was tatsächlich alles vernichtet worden ist, lässt sich, wenn man sieht wie viel erst in den 70er, 80er, 90, ja sogar erst vor kurzem tatsächlich als bedeutende Bausubstanz identifiziert wurde, nur im entferntesten erahnen... wie muss es vor dem Krieg gewesen sein, wo vieles noch gar nicht entdeckt/erfasst/dokumentiert worden ist (man hatte ja soviel)? Wir werden es leider nie herausfinden...
    Vielen Dank Weingeist für die äußerst informativen und interessanten Beiträge!

  • Aber trotz allem was vernichtet wurde, hat Mainz noch heute eine sehr schoene (und nicht ganz so kleine) Altstadt! Fuer mich eine der interessantesten und stimmungsvollsten Altstaedte Europas mit ihrer Mischung von Barock, Fachwerk und andere Baustile.

  • Vor kurzem hatte ich die große Freude, eine Postkarte des bedeutendsten Ensembles der Augustinerstraße, der Nrn. 71-75 zu bekommen. Diese Karte ist auf 1931 datiert, ging zur Silberhochzeit nach Löbau und zeigt damit das Ensemble noch vor den Ereignissen der Jahre 1942-45. Selten hat eine Silberhochzeit in Sachsen bei mir solches Interesse erregt.
    Linkerhand ist zunächst der große, anschließend der kleine Elefant zu sehen. Beim großen Elefanten verweisen sowohl der Neigungswinkel des Daches als auch der ungeheuerliche Überhang wenigstens in die erste Hälfte des 16. Jhd., oder doch früher. Dieses Haus wurde 1945 zerstört.
    Von Interesse ist der Spiegelberg. Über die Gestalt der ursprünglichen Ladenarkaden können z. Zt. nur Mutmaßungen angestellt werden, zu vermuten ist jedoch eine Anzahl von drei. Die auf dem Foto zu sehenden Ladenarkaden stammen aus einem Umbau des EG etwa um 1900, als anstelle des im 19. Jhd. neu eingefügten EG zwei neue barockisierende Ladenarkaden eingefügt wurden, die bis heute erhalten sind.
    Eine erste Barockisierung erfuhr der Spiegelberg ja schon in der Zeit um etwa 1720, als die bisher sichtbare Renaissancefassade unter Putz gelegt wurde und die Hauptfassade mit Bandelwerkmotiven stuckiert wurde. Interessanterweise wurden zu diesem Zeitpunkt auch die Fenster mit hölzernen Rahmen versehen, die den geohrten Gewänden aus Sandstein dieser Zeit entsprechen. Damit ist der Spiegelberg auch ein bis heute erhaltenes Beispiel der Barockisierungen und Überformungen, die im 18. Jhd. auch in Mainz geläufige Praxis waren.
    Obwohl der Zeitpunkt, zu dem man ab dem 3. OG das Fachwerk wieder freilegte, nicht bekannt ist, dürfte dieses ebenfalls etwa um 1900 erfolgt sein. Nach meinem Dafürhalten stellte dieser Zustand einen sehr guten Kompromiß dar, da sowohl die Barockisierung um 1720 erkennbar blieb, andererseits aber das Haus auch deutlich den Zeitraum seiner ursprünglichen Erbauung aufzeigte. Ein verwandtes Fachwerk ist gleich nebenan im Kirschgarten beim Haus Baumberg/ Beymburg zu sehen.
    Dieses Erscheinungsbild blieb bis 1993 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt wurde bei einer Renovierung das 3. OG und der Giebel wieder unter Putz gelegt.
    Der Spiegelberg ist heute sicherlich das bedeutendste erhaltene Bürgerhaus der gesamten Restaltstadt und erfährt durch die drei OGé und den zweigeschossigen Giebel eine Höhenwahrnehmung, wie man diese z.B. auch in Frankfurt in der Saalgasse oder der Bendergasse erleben konnte. Der Spiegelberg wurde vor etwa 20 Jahren durch die Denkmalpflege auf etwa 1610 datiert und gehört zu den bedeutendsten erhaltenen Fachwerkhäusern der Region.

  • Mal wieder zwei Neuzugänge in der Sammlung: zwei Karten aus dem Gebiet der ehemaligen Altstadt.

    Im Gebiet nördlich der Quintinskirche stand das barocke Jesuitennoviziat, das einen ganzen Baublock umfaßte. Hier zu sehen ist die heute noch erhaltene Josefskapelle mit dem sehr reichen Portal aus der Zamels´schen Werkstatt, welches heute noch wohlerhalten ist. Interessant ist, daß man hier die Aufstockung sehen kann, die die Josefskapelle erhielt, als man ein Jahrzehnt nach ihem Bau ihr ein Bibliotheksgeschoß aufsetzte. Die Pilaster aus der Zeit der Erstbebauung endeten somit quasi im nichts. Trotz der vielfältigen Bemühungen von Fritz Arens, das Gebäude zu retten und in ihm z.B. eine Rathausnutzung zu finden, wurde die guterhaltene Ruine etwa um 1953 abgerissen. Damit verschwand eines der wenigen erhaltenen Jesuitennoviziate. Der Turm der frühgotischen Christophskirche beherrscht das Bild.

    Im südlichen Bereich der Altstadt nahe am Beginn der Augustinerstraße ist der Holzturm zu finden, einer der dei noch erhaltenen Tortürme der Stadtmauer. Vom Holzturm aus führte die Holzstraße hinein in die Altstadt, die ebenfalls eine reizvolle und gewachsene Altstadtstraße war, aber 1945 vollständig zerstört wurde und beim Wiederaufbau wesentlich verbreitert wurde. Die derzeitige Dokumentation ist nicht besonders gut; was an Dokumenten zu den Häusern im Archgiv noch erhalten ist, müßte erst geklärt werden. Dennoch überlieferte Ernst Neeb in seiner Sammlung der Kunstdenkmäler 1903 auch für die Holzstraße eine beachtliche Zahl an Häusern und Details. Eine Beschäftigung mit den Häusern
    - 4 (Grosser und kleiner Greifenstein)
    - 8 (Zum Rabennest)
    - 9 und 11
    - 12 (Zum kleinen Schlegel)
    - 15 (Zur güldenen Lederhose)
    - 18 (Zum Straßburger Hof gehörend)
    - 25 (Zum Ritter, Schwanen, Pfälzer Hof)
    -32 (Zum Hemdenrad, Löweneck, Bären, Schwarzer Bär)
    steht also noch aus.
    Ganz rechts ist geringfügig ein sehr schmales giebelständiges Fachwerkhaus angeschnitten, welches wohl das Haus zum kleinen Schlegel war. Der größere ebenfalls giebelständige Nachbar dürfte noch aus dem 17. Jhd. gestammt haben. Bei diesen Häusern fällt auf, daß der Typus Vergleichsbeispielen z.B. in Frankfurt doch auffallend nahe verwandt ist.
    Das Haus im linken Bereich mit dem Treppengiebel ist nicht bei Neeb aufgeführt und es scheint wohl erst im 19. Jhd. erbaut worden zu sein. Die vier- und dreigeschossigen Nachbarn zur rechten entstanden als Nachfolgerbebauung auf früheren Parzellen. Die an der Ecke zu sehende Hausmadonna hat aber alle Merkmale des Barock und ist demnach beim Neubau wiederverwendet worden.
    Die Blickrichtung geht in Richtung Osten zum Holzturm und zum Rhein.

  • Mal wieder ein paar Neuzugänge in der Sammlung:
    Kloster der reichen Klarissen, in Unterscheidung zu den armen Klarissen Reichklara genannt. Heute Naturhistorisches Museum. Blick in die Reichklarastraße, die fotografisch ganz schlecht dokumentiert ist.

    Renaissanceportal aus dem alten Stadioner Hof, etwa um 1575, um 1900 in den Neubau der Höheren Töchterschule eingefügt. Derzeitiger Verbleib unbekannt.

    Blick von der Stadthausstraße ins Sonnengäßchen. Links das Stadthaus, rechts Sonnengäßchen 3, Verlagshaus J.Falk III Söhne, später auch Mainzer Journal. Spätrenaissance-Eckerker, Salon, sog. Spiegelsaal, mit reichen Rokokostuckaturen und Kamin. Zu Druckerei Falk gehörten Sonnengäßchen 3 und Stadthausstraße 16 mit dem früher zu Betzelsgasse 13 gehörenden Haus Mon(t)plaisir. Unter dem alten Namen "Zum Mompaselier" ist seit 1368 Haus Montplaisir in den Stadtaufnahmen nachgewiesen und war 1657-1794 Krämerzunfthaus, der auch die Buchdrucker angehörten. Ivo Schöffer war 1541 dem Haus zünftig verbunden. Figur des Erzengels Michael mit Waage stammt aus dem alten Zunfthaus. 1942 zerstört.
    Sonnengäßchen 3 (Zur hohen Burg, Zum Hohenberg)
    Als Baurat Ernst Stephan 1974 sein wichtiges Buch „Das Bürgerhaus in Mainz“ herausgab, hat er dieses Haus vergessen, daher ist es kaum bekannt. Städtebaulich reizvoll gelegen, bildete dieses Haus den Eckbau zum Sonnengäßchen hin und hatte als Nachbarn zur linken das Stadthaus. Bei beiden Gebäuden war die Hausecke abgeschrägt, womit der Blick in das kurze Sonnengäßchen hineingeleitet wurde. Haus Hohenberg war in der Substanz ein dreigeschossiger Bau der Spätrenaissance und hatte zum Sonnengäßchen hin sechs Fensterachsen sowie eine Torfahrt. Es fällt auf, daß die Fassaden eher schlicht und zurückhaltend waren in der klassischen Putz- und Rahmen-Tradition. Um so beeindruckender wurde das Raumbild durch den zweigeschossigen Renaissance- Eckerker geprägt, der in den Straßenraum hineinragte, auf mächtigen Konsolen ruhte und in den Brüstungsfeldern Wappenmotive zeigte. Die Figur des Erzengel Michael mit der Waage stammte aus dem benachbarten Krämerzunfthaus Haus Montplaisir in der Betzelsgasse 13. Im Zusammenhang mit der Nutzung als Druck- und Verlagshaus waren vier Flügel um einen größeren Innenhof vorhanden, der südliche Gebäudeflügel hatte noch profilierte Renaissance-Fenster mit gekreuztem Stabwerk und Kragsteinen. Ein sog. Spiegelsaal bzw. Erkersaal im ersten OG hatte im Rokoko seine Fassung erhalten, wovon ein Kamin erwähnenswert wären als auch eine reiche Deckenstuckatur. 1942 ausgebrannt und abgerissen, die Quartiergrenzen sind heute stark verändert.
    Obwohl das Stadthaus nur geringfügig abgebildet ist, möchte ich seine Geschichte ebenfalls kurz ansprechen:
    Stadthausstraße 18-20 (Zum grünen Baum, zum spitzen Würfel, später Stadthaus) 1767
    Es mag wie eine falsche Einordnung aussehen, aber das folgende Gebäude, das wie ein stattliches Adelspalais aussieht, hat einen rein bürgerlichen Hintergrund. Auf zwei benachbarten Grundstücken (Zum grünen Baum sowie zum spitzen Würfel) entstand etwa um 1700 das Brau- und Gasthaus zum spitzen Würfel. Ein Umbau in 1767 führte zu Breitenverhältnissen, die die meisten Adelspalais weit übertraf. Durch seine ungewöhnliche Breite fällt der vierachsige Mittelrisalit auf, sowie die beachtliche Höhe des 1. OG und das Mezzaningeschoß, die profilierten Brüstungsfelder aus Stein unter den Fenstern sowie die Architravverdachungen über den Fenstern des 1.OG. Die flachbogigen Fenster des Mittelrisalites entsprechen dem Stil der 1760er Jahre. Da in der Stadt seit dem späten Mittelalter kein eigentliches Rathaus mehr existierte, war es von 1786 bis zur Zerstörung 1942 eine Art Notlösung, daß hier das Stadthaus als Funktion eines Verwaltungshauses untergebracht war. Das 3. OG kam im 19. Jhd bei einem Umbau hinzu. Dieser Bau war ein beeindruckendes Zeugnis für den Umstand, daß bürgerliche Bauherren die Mittel hatten, so manches Adelspalais in den Schatten zu stellen. Die Ruine des 1942 ausgebrannten Gebäudes wurde im Zusammenhang mit einer neuen Straßenführung abgerissen.

    Blickrichtung vom Holzturm in die Holzstraße, Brau- und Wirtshaus zum schwarzen Bären mit der Hausmadonna "Notre Dame de Mont Pelier". Stammte wohl aus dem 18. Jhd. Heute mit völlig anderer Straßenführung überbaut, der originale Standort ist nicht mehr nachzuvollziehen.

    Löhrstraße 29, Hotel Landsberg, Hausname Landsberg an diesem Ort mit langer Tradition. In der recht einheitlichen, weitgehend im 18. Jhd. um- und neugebauten Löhrstraße bildete dieses Haus durch seine drei Obergeschosse einen bedeutenden Blickpunkt. Die Baugeschichte ist nicht erforscht. Das Erscheinungsbild läßt auf die Zeit nach 1755 bis 1770 schließen. Es fallen auf: die sehr traditionelle Form, die durch die Adelspalais von Groenesteyn vorgegeben war, dreigeteilt und mit übergiebeltem Mittelrisalit, gequaderte Pilaster, die ansonsten stark in der Zeit zwischen 1728 bis etwa 1745 auftreten, sowie das gebänderte Erdgeschoß, aber auch die Spiegelfelder unter den Fenstern mit eingetieften Profilen, die erst ab ca. 1754 auftreten. Die Fenster außen und der Hauseingang haben segmentförmige Rahmen und Scheitelsteine, wie sie Baumeister Dielmann in den 1760ern bis nach 1770 häufig baute. Deutlich zu sehen auch die Teilung mit hohen Beletagefenstern und niedrigeren im zweiten und dritten OG.

    Leichhof in Blickrichtung Nordost, wobei der Blick auf die Bebauung der Leichhof-Ostseite fällt. Diese Gebäude wurden im 19. Jhd. erbaut. Auffallend ist, daß das Gebäude rechts sehr Frankfurterisch wirkt.

    Große Bleiche, entweder Ecke Lotharstraße oder Klarastraße. 19. Jhd.

    Die damals neu erbaute Kaiserstraße und die Christuskirche. Wenigstens noch ein Teil der Bebauung hat heute überlebt.

    Höhere Töchterschule im Quartier von Mitternacht, Reichklarastraße und Petersstraße. Links der eingefügte Standerker vom Bickenbau am Flachsmarkt. Der stark beschädigte Schulbau in Neorenaissance wurde beim Wiederaufbau vollkommen purifiziert.

    Vestibül im Hotel Rheinischer Hof, Rheinstraße.

    1930: Tag der Befreiung: Der schon etwas altersdemente Hindenburg und-österreichischer-Kunstmaler-zum-Reichskanzler-Ernenner wird am Schillerplatz an unserem so grandiosen Bassenheimer Hof vorbeigefahren. Durch die Nutzung als Bankhaus und auch Wiener Cafe´wurde der Bassenheimer Hof im Erdgeschoß stark umgebaut, wie hier deutlich zu sehen. Da seltene Postkarte, teure Geschichte.

  • Mal wieder einige Neuzugänge in der Sammlung: eine Reihe etwa aus den 1870ern stammende Aufnahmen, wobei die Motive weitgehend schon bekannt sein dürften:

    Das Stadtpanorama mit der Schiffsbrücke - dieses Bild dürfte über einige Jahrhunderte relativ konstant geblieben sein und hat sich erst mit der Bebauung des aufgeschütteten und begradigten Rheinufers verändert. Die Rheinstraße war ein typischer Vertreter einer nur auf einer Seite bebauten Uferstraße und zeigte stolz ihr gewachsenes Bild.
    Deutlich erkennbar ist auch der Dom im Zustand des 19. Jhd. mit dem "Moller´schen Ei" und dem südlichen Flankenturm des Ostchors in seinem ruinenhaften Zustand, der ein Menschenalter lang so bestehen blieb.

    Der Dom wohl von der Quintinskirche aus aufgenommen mit einem Blick über die Dachlandschaft des historischen Herzens von Mainz.

    Der Ostchor vom Liebfrauenplatz aus, wobei links die Hauptwache erkennbar ist, rechterhand der westliche Hausgiebel vom Römischen Kaiser und daneben das nicht mehr bestehende Haus zum Schwarzwald bzw. Kleiner Lateran. In dieser Form bot der Liebfrauenplatz bis 1942-45 eines der prachtvollsten und faszinierendsten Raumbilder der Altstadt.

    Der Mollerbau, unser Theater, im Moller-Zustand, der bis etwa 1906 und dem Umbau bestehen blieb.

    Fritze Schiller steht hier noch recht frisch auf seinem Sockel am Schillerplatz. Im Hintergrund angeschnitten der Osteiner Hof und der Bassenheimer Hof. Es scheint so, daß man auf diesem Foto auch die Ziervasen des Giebels erkennen kann, die gemeinsam mit dem weißlackierten Balkongitter und den vergoldeten Kartuschen der Fassade noch einmal eine ganz besondere Steigerung an Pracht verliehen. Die Ziervasen verschwanden zu unbekannter Zeit.

    Ein Bild der Stephanskirche bzw. vom Stephansturm gemeinsam mit der Dachlandschaft des Stephansviertels am Übergang der Altstadt zur Oberstadt hin.

  • Ich habe bei meiner Mutter ein paar alte Ansichtskarten von Mainz entdeckt, die mein Opa während des 1. Weltkriegs nachhause schickte. Er war dort 1915 als Soldat zur Ausbildung stationiert, bevor es an die Front ging. Ich weiß nicht, ob die Karten bekannt sind, auf den ersten Blick, konnte ich sie hier im Forum nicht entdecken.

  • Die Gustav-Stresemann-Gedenkstätte am Fischtorplatz wurde 1931 eingeweiht.


    Bildquelle: Stresemann-Gesellschaft e.V.


    Bildquelle: Wikimedia, Rechtsinhaber 'Haffitt', CC BY-SA 3.0 unportiert

    Die Gedenkstätte wurde bereits 1935 von den Nationalsozialisten aus ideologischen Gründen abgeräumt.

    Ein Ersatz mit den Mitteln unserer Zeit steht befindet sich heute am Neuen Zeughaus: Stresemann-Ehrenmal an der Staatskanzlei Mainz

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ersatz mit den Mitteln unserer Zeit


    Wenn das wirklich alle Mittel sind, die unserer Zeit zur Verfügung stehen um ein Denkmal zu errichten, dann brauchen wir uns um eine Zukunft des Abendlandes wirklich keine Gedanken mehr zu machen.

  • Hallo Alle,

    die beigefügten Fotografien sind bisher unveröffentlicht und zeigen die Bowlingbahn "Excel", im Dachgeschoss des City Parkhauses "Kronberger Hof" in Mainz in den 1960er-Jahren.

    Die Bilder stammen von Viktor Brüchert, einem Mainzer Fotografen, dessen Nachlass bereits in einem Forschungsprojekt der Johannes Gutenberg-Universität betrachtet wurde. Die Ergebnisse der Projektgruppe "Ansichtssache", die sich letztes Jahr mit dem Nachlass auseinandergesetzt hat, wurden in einer Publikation vorgestellt. Daraus ist auch eine Ausstellung im Stadthistorischen Museum Mainz entstanden, die noch bis zum 16. Mai 2021 verlängert wurde (https://www.stadtmuseum-mainz.de/ausstellungen/…usstellung.html).

    Ich war Teil der Projektgruppe "Ansichtssache" im Rahmen meines Studiums der Kulturanthropologie/Volkskunde und werde mich auch in meiner Master-Arbeit mit Werken des Fotografen beschäftigen. Die angehängten Bilder sind nicht im Museum oder der Publikation gezeigt worden und ich würde für meine Abschlussarbeit gerne "die Geschichten hinter den Fotos" erfahren. Hierfür suche ich dringend Zeitzeugen, die auf der Bowlingbahn gespielt haben. Ich würde in meiner Abschlussarbeit gerne die Anfänge des Bowlings in Mainz beleuchten und vor allem, wie die Mainzer die Bowlingbahn in ihrem Alltag erlebt haben. Die Interviews würden nur im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeit genutzt und am besten (Pandemie bedingt) am Telefon geführt werden.

    Schon das Parkhaus Am Kronberger Hof scheint einige Geschichten aus den 1960er-Jahren zu liefern, vor allem durch die Szene-Lokale Scotch-Club und Töff-Töff und dann dem Brand der Bowlingbahn 2003. Ich bin neu hier im Forum und würde mich wahnsinnig über Unterstützung in Form von Fotos, Geschichten und sonstigem freuen.

    Vielen Dank und mit den besten Grüßen

    S. E.

  • Snork 28. Februar 2021 um 14:17

    Hat den Titel des Themas von „Mainz - das alte Mainz in Bildern und Postkarten (Galerie)“ zu „Das alte Mainz in Bildern und Postkarten“ geändert.
  • Architektonische Rundschau 1891.

    Wohnhaus in der Kaiserstraße in Mainz (erbaut 1880-1881):


    Hier nachträglich noch die Grundrisse des Hauses in Mainz, Kaiserstraße. Das Wohnhaus wird in der Architektonischen Rundschau als "gehobenes" Mietshaus bezeichnet. Es hatte im I. Obergeschoss eine große Wohnung, in den übrigen Etagen zwei Wohnungen.