Potsdam - Wiederaufbau der Villa Persius

  • Schade, daß man keine gescheiten Fenster eingesetzt hat. Das wertet den ansonsten doch sehr gelungenen Bau leider etwas ab...

  • Vielen Dank für die Berichterstattung und Glückwunsch nach Potsdam zu einem Projekt, dass an mir hier im Forum bislang vorbeigegangen ist. Gerade an dieser exponierten Stelle dürfte dieser Bau ein Riesengewinn für die Stadt sein.

    Wenn ich alle 1-2 Jahre einmal in Potsdam vorbeikomme, halte ich mich doch eher im Bereich Schloss/Landtag auf. Ich glaube, am hier diskutierten Areal war ich überhaupt noch nie. Grund genug, dort demnächst einmal vorbeizuschauen.

  • Aber echt: der Verzicht auf Sprossenfenster tut mir seelisch weh. Diese Fassade ist nicht für Fenster der Moderne konzipiert. Sie setzt auf Details, auf Linien. Der Architekt versucht, zwei verschiedene Architekturkonzepte zu vereinen, die nicht vereint werden wollen! Das Gebäude als Gesamtkunstwerk funktioniert so einfach nicht!

    "Die Qualität städtischen Bauens resultiert aus einer Generationen währenden, kollektiven Leistung." Hans Kollhoff

  • In zwei Wochen ist sie fertig:

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    "Wie schön ist es doch zu leben." Pippi Langstrumpf

  • Aber echt: der Verzicht auf Sprossenfenster tut mir seelisch weh. Diese Fassade ist nicht für Fenster der Moderne konzipiert. Sie setzt auf Details, auf Linien. Der Architekt versucht, zwei verschiedene Architekturkonzepte zu vereinen, die nicht vereint werden wollen! Das Gebäude als Gesamtkunstwerk funktioniert so einfach nicht!

    Na zumindest Rahmen wären doch drin gewesen...über die Sprossung kann man sich streiten. Generell ist ja ein gewisser Minimalismus bei Klassizistischen Bauten garnicht doof..aber dann muss man ihn eben auch gekonnt einsetzen und nicht wider jeder Ästhetik

  • Nennt es doch einfach "kritische Rekonstruktion". Das verbindet Rekonstruktion mit Neuinterpretation.
    Übrigens finde ich dieses Beispiel einer kritischen Rekonstruktion sehr gelungen.

  • Unter dem Stichwort "kritische Rekonstruktion" wurde neben einigem Akzeptablen auch allerhand Schwachsinn verzapft. Dieses Wortpaar sollte so gut es irgend geht vermieden werden. "Kritisch" klingt auch gleich schon irgendwie negativ, als könne man sich keine lebensbejahende, den Ursprungsentwurf zelebrierende Grundhaltung erlauben.

  • Mit 10% mehr Aufwand bei den Stuckgesimsen und etwas mehr Einfühlungsvermögen in die Architekturideen des Spätbiedermeier wäre es auch eine 100% Reko geworden. Fehlendes Bewusstsein, Eitelkeit, Starrsinn und falsche Sparsamkeit wird auch oft hinter solchen Worthülsen versteckt.
    Unsere Kinder lernen jetzt daraus, wirklich achten muss man nichts, lässt sich ja alles zu 80% rekonstruieren und die Eigenschaft des pflichtbewussten Fertigmachen einer Sache ist nicht mehr anstrebenswert. Persius war eben noch ein Fertigmacher und erst das macht glücklich. Man kann ja auch nicht eine nur zu 80% schöne Frau als makellos schön bezeichnen. Bei solcher Art von Selbstbetrug leidet man nur.

  • Nun sind die Gerüste gefallen. Einen Neumieter kann man auch schon -an Hand der großen Beschriftung- ausmachen :biggrin: (s. Google). Merkwürdig sind die "Fenster-Rahmen" im Turm...

    ...und auch hier.

    Schönes Detail am Nachbargebäude.

    Der Nachbar. Im Hintergrund die Wohnanlage "Villa Hegel".

    Fotos: Autor, 04.01.2015

  • Hallo zusammen,

    ich nenne das eine typische Potsdamer 80% Reko. Mehr ist anscheinend in dieser Stadt einfach nicht drin.

    Grüße
    Luftpost

    Diesen Eindruck der 80 % und der 20 % "Luft nach oben" teile und empfinde ich auch.

    Es scheint wohl gerade der Ruf der Stadt Potsdam zu sein und auch das Vorhandensein der Stiftung Baukultur, die die GEFÜHLSMÄSSIGE Annäherung oder gar Wiedererstehung der Historie im Bauen als Gefühlsduselei denunziert und das Maßgebliche des heutigen Architekten darin sieht, mehr oder minder gewaltsam eigene Duftmarken zu setzen. Wie wohltuend ist da die Bemerkung Christian Wendlands, der vom Demut im Bauen sprach, also der Zurücknahme angesichts hervorragender baulicher Vorbilder, anstatt dass die Architektenschaft gerade in namhaften Städten großenteils zwischen Banalität und Überdramatisierung schwankte.

    Auch fallen mir dabei mitunter und so auch jetzt die Worte des Schriftstellers Martin Mosebach ein, einem architektur-kritischen Geist, der vor Jahren die Eröffnungsrede auf einem Architektursymposium hielt:

    "So wünsche ich mir als Erstes Bauherren und Architekten, die die Stadt, für die sie bauen und planen, als beseeltes Lebewesen erkennen, (…). Die die Stadt als ein Werk vieler Generationen begreifen, als Werk zahlloser Namenloser, die gemeinsam diese städtische Individualität zu immer größerer Deutlichkeit ausgebildet haben. Die wissen, dass nicht sie es sind, die diese Stadt erfunden haben. Die die Lage der Stadt in der Landschaft analysiert haben, ihr An-einen-Fluss-geschmiegt-Sein, ihr Thronen auf Hügeln, ihr Lagern in Ebenen. Die die Genialität der Stadtgründer verstanden haben, die Stadt gerade an diesen und keinen anderen Ort gesetzt zu haben. Architekten, die bewundern, wie die alte Stadt gleichsam aus sich selbst erbaut wurde ..."

  • Tja, gut gemeint ist oft das Gegenteil gut gemacht.

    Da hat sich der Bauherr aber keinen überzeugenden Gefallen mit diesem "Nicht Fisch - nicht Fleisch Häuschen" gemacht. Das kommt dann leider dabei heraus, wenn ein heutiger Architekt (dem das gestalterische Grundwissen unserer Vorväter mangels Studium Architectura Fundamentale) sich an einen grenzgenialen Persius annähern möchte... . Man möchte mitleidig ausrufen: "Schuster, bleib` bei deinem Leisten", aber wer soll es den heutigen Architekten denn verübeln, dass sie es nicht und nicht schaffen, sich mit den göttlichen Meistern von damals zu messen.

    Man erkennt (wie immer): Es hätte für den Wiederaufbau nur einen Architekten geben dürfen - Persius himself bzw. seine Pläne!