Istanbul - Konstantinopel

  • Auswirkungen für die Mosaiken

    Im griechischen Fernsehen wurden bereits gestern erste Visualisierungen veröffentlicht, die zeigen, wie mit den Mosaiken zukünftig umgegangen werden soll.

    Während man die Kunstwerke auf den Emporen offenbar lediglich mit Tüchern abdecken will (siehe Video Min. 1:48 - 1:55) , scheint für das Aspismosaik der Gottemutter in der Tat eine große Gefahr der Übertünchung zu bestehen (siehe Video Min. 2:12 - 2:17).

    Wenn hier kein Mißverständnis vorliegt, wäre das eine Katastrophe !

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  • Sollten wir uns lieber um die Zukunft kümmern ?

    Wie reagiert man auf den Einwand, daß wir mit unserer Empörung eigentlich sechshundert Jahre zu spät kommen und somit die Schlachten von Vorvorgestern schlagen ? Stimmt es, daß wir uns besser darauf konzentrieren sollten, der Isaaks-Kathedrale in St. Petersburg, dem Wawel in Krakau, St. Stephan in Wien, dem Kölner Dom, St. Peter in Rom, Notre Dame in Paris, St. Paul’s in London, Santiago de Compostela und der National Chathedral in Washington D.C. das Schicksal der Hagia Sophia zu ersparen ? Taugt die einst größte und prächtigste Kirche der Christenheit heute somit nur noch als warnendes Beispiel ?

  • Wie reagiert man auf den Einwand, daß wir mit unserer Empörung eigentlich sechshundert Jahre zu spät kommen und somit die Schlachten von Vorvorgestern schlagen ? Stimmt es, daß wir uns besser darauf konzentrieren sollten, der Isaaks-Kathedrale in St. Petersburg, dem Wawel in Krakau, St. Stephan in Wien, dem Kölner Dom, St. Peter in Rom, Notre Dame in Paris, St. Paul’s in London, Santiago de Compostela und der National Chathedral in Washington D.C. das Schicksal der Hagia Sophia zu ersparen ? Taugt die einst größte und prächtigste Kirche der Christenheit heute somit nur noch als warnendes Beispiel ?

    Dass die Osmanen 1453 Konstantinopel eingenommen haben, das ist eine historische Wendung, die ich in der Tat vollkommen emotionslos zur Kenntnis nehme. Ebenso wie die deutschen Kreuzzüge nach Ostmitteleuropa, die für das Christentum einen positiveren Ausgang bedeuteten.

    Inwiefern den oben genannten Kirchen ein ähnliches Schicksal droht wie der Hagia Sophia (wobei jetzt abzuwarten sein wird, was die Umwidmung wirklich zu bedeuten hat), erschließt sich mir nicht. Die Hagia Sophia kann insofern auch keine Warnung sein. Allenfalls zeigt das Beispiel uns, was Kultur in totalitären Staaten erwarten kann. Aber das wissen wir nun nicht erst seit Erdogan.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Zwei Beiträge wurden aufgrund politischer Äußerungen deaktiviert. Bitte zukünftig politische Äußerungen meiden, sofern sie nicht zwingend mit dem Thema erforderlich sind.

  • Das geht uns denn doch an :

    Erdogan stellt in seiner jüngsten Rede die Konversion der Hagia Sophia in einen beunruhigenden Kontext

    Der Journalist Seth J . Frantzmann von der 'Jerusalem Post ' schreibt hierüber:

    " Turkey’s President Recep Tayyip Erdogan vowed to “liberate al-Aqsa mosque” from Israel after “resurrecting Hagia Sophia” as a mosque on Friday.

    [...]

    The speech, which was in Turkish, was translated slightly differently to Arabic and English, apparently as a way to hide part of Ankara’s full views on how it has linked Hagia Sophia to a wider agenda.

    [...]

    In Arabic the speech says that turning Hagia Sophia into a mosque is part of the “return of freedom to al-Aqsa,” essentially meaning Israel should be ejected from controlling Jerusalem’s Old City where al-Aqsa is located.

    Turkey’s president linked the decision to reviving Islam from Bukhara in Uzbekistan to Andalusia in Spain. "

    Im vergangenen Jahrhundert hat man ja leider oft genug, die Worte von totalitären Potentaten zunächst nicht für voll genommen; mit fatalen Konsequenzen für Millionen von Menschenleben und das bauhistorische Erbe Europas...

    Hoffentlich sind wir diesmal klüger !

  • Ihr seit unfair! Ihr habet ohne mich angefangen zu spielen! Haettet Ihr nicht auf mich warten koennen?

    Macht ja kein Spass!


    Die Internationale Gemeinschaft ist deshalb so sauer, weil es ja noch mehr Vorkomnisse gibt. Das Problem ist,

    dass der Oeffentlichkeit wichtige Informationen vorenthalten werden. Daher die Reaktionen von manchen hier die

    die Tuerkei oder den Islam meinen Verteidigen zu muessen. Dabei koennen sich die Moslems schon selbst Verteidigen

    und sind in der Bringschuld ein Vertrauen aufbauen zu muessen...

    Bleiben wir also bei der Hagia Sophia. Das diese keine Kirche geworden ist hat mit dem Verbot zur Errichtung neuer

    Christlicher Gotteshaeuser in der Tuerkei zu tun. Das Verbot neuer Kirchen wird auch im Jahr 2020 gehandhabt.

    Hier geht es also nicht um Aufrechnung des Vergangenen, sondern um aktuelle Ereignisse. Auch die geziehlte

    Zerstoerung bereits exestierender Kirchen in der Tuerkei in den letzten Jahren, meist durch die Armee, ist hier ein grosses

    Problem. In Istanbul kommt dann noch ein weiterer Punkt hinzu: Der Islam steht dem Denkmalschutz ablehnend

    gegenueber. Wir werden daher sehen und ich hoffe auf das Beste...

  • Die Internationale Gemeinschaft ist deshalb so sauer, weil es ja noch mehr Vorkomnisse gibt. Das Problem ist,

    dass der Oeffentlichkeit wichtige Informationen vorenthalten werden. Daher die Reaktionen von manchen hier die

    die Tuerkei oder den Islam meinen Verteidigen zu muessen. Dabei koennen sich die Moslems schon selbst Verteidigen

    und sind in der Bringschuld ein Vertrauen aufbauen zu muessen...

    Ich kann dir nicht folgen. Was wird der Öffentlichkeit hinsichtlich der Hagia Sophia vorenthalten? Und von welcher Bringschuld sprichst du?

    Der Islam steht dem Denkmalschutz ablehnend gegenueber.

    Diese Erkenntnis ist aus was abzuleiten?

    Da sollten wir uns keiner Hoffnung hin geben. In der heutigen westeuropäischen Wohlstands- und Wegwerfgesellschaft gibt es keine Gemeinsamkeit zum Erhalt des bauhistorischen Erbes. Und eine Aufklärung über die Folgen einer Islamisierung, insbesondere für die Frauen, ist politisch unerwünscht.

    Diese pessimistische Sichtweise hinsichtlich unseres Bauerbes teile ich nicht. Auch, wenn wir nicht jedes Baudenkmal retten können, so hat man doch den Wert unseres Kulturerbes im Wesentlichen mittlerweile erkannt. Was diese in fragwürdigen Kreisen heraufbeschworene Islamisierung allerdings damit zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

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    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Diese pessimistische Sichtweise hinsichtlich unseres Bauerbes teile ich nicht. Auch, wenn wir nicht jedes Baudenkmal retten können, so hat man doch den Wert unseres Kulturerbes im Wesentlichen mittlerweile erkannt. Was diese in fragwürdigen Kreisen heraufbeschworene Islamisierung allerdings damit zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

    Na ja, gerade in den letzten Wochen konnten wir miterleben, wie heutzutage mit unserem westlich europäisch geprägten Kulturerbe umgegangen wird. In den USA und europaweit wurden reihenweise Denkmäler unserer Vorfahren gestürzt und geschändet. Denkmäler, Straßennamen, Kasernennamen, Stadtwappen ... man nutzt ein ethisches Maß von heute und legt es an Denkmäler aus einer vergangenen Zeit. Man betrachtet nicht mehr den Kontext.

    Ältere Generationen, denen Denkmäler, Burgen, Schlösser, Kirchen, Religion, unsere Kultur, eine Altstadt oder einfach nur historische Architektur noch irgendwie am Herzen liegen, weil sie sich damit identifizieren können, es als Heimat empfinden, werden früher oder später, aber mit Sicherheit wegsterben.

    Meine Generation, ich bin 30 und eine Ausnahme, hat mehrheitlich kaum noch einen Bezug zu unserem Kulturerbe. Wir werden wurzellos, mit einer negativen Sichtweise zu unserer eigenen Kultur, über Schulen, Unis und Medien erzogen. Unsere Werte liegen doch nur noch in irgendwelchen materiellen Konsumgütern. Ideelle Werte, Prinzipen, die Liebe zur Heimat und der Umgebung sind über Bord geworfen. Wer will schon im Schwarzwald Urlaub machen oder eine Burg besichtigen, wenn man auch nach Malle saufen kann.

    Betrachtet man die jüngste Generation, vorwiegend in den Metropolen, ethnisch komplett fragmentiert mit unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen, dann wird es zukünftig überhaupt keine Wertschätzung zum Erhalt unseres bauhistorischen Erbes mehr geben. Wenn sich niemand mehr damit identifizieren kann, wird dieses Erbe verschwinden. Historische Bauten, die irgendeinen kulturellen Zusammenhang aufweisen werden verschwinden. Es ist nur noch eine Frage der Zeit und Demografie. Das Thema Islam schenk ich mir an dieser Stelle.

    In der Architektur spiegelt sich die Gesellschaft wieder. Schauen wir uns doch an wie heutzutage gebaut wird. Es gibt dogmatische Gründe weshalb wir nur noch universelle Einheitsbauten sehen.

    Es macht mehr Sinn die Ursachen anzugehen als nur die Symptome zu bekämpfen. Dafür ist ein offener Diskurs in der breiten Gesellschaft nötig.
    Ich finde in Russland findet eine harmonische Symbiose aus Vergangenheit und Zukunft statt, was Architektur betrifft.
    Warum baut man folgende Kathedralen nicht bei uns...

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  • Die obige Einschätzung teile ich nicht bzw. halte ich für sehr pessimistisch. Jede Generation ist der Meinung, dass die nachfolgende mit Dingen, die ihr am Herzen liegen, nichts mehr am Hut hat und allgemein schlechter gebildet, weniger kulturinteressiert, was weiß ich, ist. Über Jahrzehnte wurde nun unseren jungen Leuten Desinteresse an Politik, Egoismus und Hedonismus vorgeworfen, und wenn sie sich dann mal engagieren, wie zuletzt im Rahmen der Klimabewegung, ist es auch wieder nicht recht. Ich teile nicht alle Ziele der Bewegung, halte vieles für naiv und manches für übertrieben, aber so wie diese Bewegung sieht es nunmal aus, wenn man jung ist und sich für etwas engagiert und interessiert.

    Ich erlebe junge Leute im Übrigen ganz anders, interessiert, und glaube auch, dass die Abrisspolitik der Nachkriegszeit heute nicht mehr möglich wäre. Den geringeren Impetus, den junge Leute und ihre Ideen haben, sehe ich eher in ihrer demografischen Minderzahl begründet, das war in den 80er Jahren, als die heutigen "Boomer" jung waren, natürlich ganz anders - und auch damals hätte es in Onlineforen Einlassungen, die der Deinen 1:1 gleichen gegeben, wenn es das Internet schon gegeben hätte.

    Edit: Ich glaube, dass es im Übrigen ziemlich normal ist, dass junge Leute sich relativ gesehen weniger für Architektur interessieren als Ältere. In meinen 20ern hatte ich auch andere Interessen und glaube nicht, dass das bei den vorhergehenden Generationen sehr anders gewesen sein wird. Wie viele klassische Themen wachsen die Interessen doch erst mit der Lebenserfahrung. Ich bin zwar in einer Familie großgeworden, mit der man im Urlaub an keiner Kirche vorbeikam, ohne sie sich kurz angeschaut zu haben, würde aber trotzdem sagen, dass mich das Thema Architektur über ein allgemeines Ästhetikgefühl ("schön" - "hässlich") hinaus bis ich Mitte 30 war, kaum interessiert hat. Das heißt nicht, dass dies bei allen so sein muss, aber ich glaube nicht, dass man aus dem gefühlten Desinteresse heutiger junger Leute für diese Leute ein immerwährendes Desinteresse destillieren kann. Architektur ist ein "acquired taste", der wie klassische Musik oder andere Themen der Kunst häufig erst später im Leben wichtig wird. Ausnahmen wie Du (die sich in einem solchen Forum natürlich überproportional einfinden) bestätigen da mMn eher die Regel.

  • Militärkirche und Hagia Sophia

    Abgesehen davon, daß die Ikonographie der Militärkirche ein erneuter Beleg dafür ist, mit welcher Nonchalance im Russland Putins eigentlich Unvereinbares (Rote Sterne und zaristische Symbole; Fresko mit dem Triumph der Roten Armee vor dem Reichstag und Ikone für die ‚Kaiserlichen Leidensdulder’ [Nikolaus II. und seine Familie]) vereinbar gemacht wird ,so strahlt dieses neue Gotteshaus doch zumindest eines aus: Traditionsverbunden Selbstbehauptungswillen. Und an genau dem fehlt es uns von Mitteleuropa bis nach Kalifornien leider momentan sehr. Zu Zeiten als wir diesen noch hatten, wurden wir von den Entscheidungsträgern in der islamische Welt geachtet und als Vorbild genommen (Atatürk, die Pahlewis in Persien oder Zahir Schah in Afghanistan waren nur einige Beispiele hierfür), hatten Personen wie Hassan al Banna mit seinen Muslimbrüdern (und deren Epigonen) keine Chance. Man denke vielleicht einmal darüber nach, weshalb die Rückbesinnung auf den Islam in diesen Ländern in dem Maße zunahm, in dem ein übersteigerter Selbstzweifel (gegen Selbstkritik hingegen ist nichts zu sagen, bewahrt sie doch vor Hybris) in der abendländischen Welt Einzug hielt (hier von ‚kommunizierenden Röhren zu sprechen, könnte naheliegen).

    Um auf die Hagia Sophia zurückzukommen: War es nicht so, daß sich im Vorfeld des 29. Mai 1453 die byzantinischen Theologen in ihr die Köpfe darüber heiß redeten, welches Geschlecht Engel hätten, während die Osmanen vor den Mauern Fakten schufen. Nun, wir diskutieren heute darüber, ob es überhaupt biologische Geschlechter gibt. Man finde die Parallelen …

  • Ältere Generationen, denen Denkmäler, Burgen, Schlösser, Kirchen, Religion, unsere Kultur, eine Altstadt oder einfach nur historische Architektur noch irgendwie am Herzen liegen, weil sie sich damit identifizieren können, es als Heimat empfinden, werden früher oder später, aber mit Sicherheit wegsterben.

    Meine Generation, ich bin 30 und eine Ausnahme, hat mehrheitlich kaum noch einen Bezug zu unserem Kulturerbe. Wir werden wurzellos, mit einer negativen Sichtweise zu unserer eigenen Kultur, über Schulen, Unis und Medien erzogen. Unsere Werte liegen doch nur noch in irgendwelchen materiellen Konsumgütern. Ideelle Werte, Prinzipen, die Liebe zur Heimat und der Umgebung sind über Bord geworfen. Wer will schon im Schwarzwald Urlaub machen oder eine Burg besichtigen, wenn man auch nach Malle saufen kann.

    Nur in aller Kürze geantwortet, weil ja Heinzer im Grunde alles vorweggenommen hat, was ich dem erwidern würde: Die Interessen eines Menschen ändern sich im Laufe seines Lebens. Immer wieder haben ältere Generationen den jüngeren vorgeworfen, sich nicht für überlieferte Traditionen und Kultur zu interessieren. Das ist ein immer wiederkehrendes Muster. Richtig merkt ab Heinzer an, dass es diese älteren Generationen sind, denen wir die autogerechten Städte mit teilweise dramatischen Abrissen an Altbausubstanz zu verdanken haben, während man heute den Wert einer intakten Altstadt zu erkennen beginnt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

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  • es sollte schon der Islam differenzierter betrachtet werden , was uns bisher negativ auffiel, war der Islamismus, also fundamentalistisch politische Islam. Wir sollten damit aber nicht den gesamten Islam in die selbe Schublade stecken.....Aleviten gehören beispielsweise auch der islamischen Religion an, haben aber mit negativen Beispielen welche wir vielleicht kennen, absolut gar nichts zu tun.

    Hier sollte doch wenn schon, der ISLAMISMUS beim Namen genannt werden.

  • Jede Generation ist der Meinung, dass die nachfolgende mit Dingen, die ihr am Herzen liegen, nichts mehr am Hut hat und allgemein schlechter gebildet, weniger kulturinteressiert, was weiß ich, ist.

    Ist das wirklich so?

    Für "VaterRhein" trifft die Aussage jedenfalls nicht zu. Er schreibt ja weniger von der nachfolgenden Generation, als von...

    Meine Generation, ich bin 30 und eine Ausnahme, hat mehrheitlich kaum noch einen Bezug zu unserem Kulturerbe.

    Ich erlebe junge Leute im Übrigen ganz anders, interessiert, und glaube auch, dass die Abrisspolitik der Nachkriegszeit heute nicht mehr möglich wäre.

    Die Nachkriegszeit war ein Sonderfall, auch weil durch den Bombenkrieg viele Strukturen stark beschädigt waren. Aber Abrisse finden doch auch heute statt. Und ich will erst noch sehen, wie die bildungsbürgerlich einheimische Restjugend gegen Abrisse verbliebener historischer Gebäude auf die Straße geht. So zwischen Fitness-Studio und der nächsten Australien-Reise, zwischen Einkauf im Veggie-Supermarkt und der nächsten Klima-Diskussion in der Bierkneipe.

    Bezüglich der Hagia Sophia denke ich nicht, dass Erdogan den Tourismus nachhaltig schädigen möchte. Das wäre ein Eigentor. Das ganze ist natürlich eine symbolische Machtdemonstration, denn an Moscheen mangelt es ja in Istanbul nicht. Man muss abwarten, wie sich das konkret auswirkt.

  • Naja, "VaterRhein" empfindet sich ja selbst als Ausnahme. Nur fehlt mir in seiner Argumentation irgendein Beleg für die These, dass das vor 30 oder 60 Jahren grundlegend anders ausgesehen hätte. Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie die "Null-Bock"-Generation der 80er Jahre (also die heutigen "Boomer", die das Lied des Niedergangs singen), in den 80er Jahren mit Feuer und Flamme für klassische Architektur und Rekonstruktionen auf die Straße gegangen wären und nicht irgendwie daneben aussehend mit langen Haaren zu komischer Musik an ihren Mopeds rumgeschraubt haben - oder die "Halbstarken" der 50er.... ironischerweise ist die einzige junge Generation, die mir bekannt ist, für den Erhalt alter Häuser gekämpft zu haben, ausgerechnet die hier so verhasste "68er"-Generation.

    Der Normalfall war aber wohl auch schon vor 100 Jahren, dass junge Leute sich eher selten für das Alte interessiert haben, ganze kulturelle Traditionen beruhen ja darauf, die Jungen auf Tradition "einzunorden" mittels verschiedener, meist nur bedingt erfolgreicher Methoden und heute irgendwo zwischen "Nudging" und Zwang einzuordnenden Ritualen und Maßnahmen.

    Auch Du begehst immer wieder den gleichen Fehler, aus dem persönlichen Empfinden und Erleben auf angeblich neue Trends zurückzuschließen, dabei gehört es im Konflikt der Generationen praktisch seit der Aufklärung zum guten Ton, dass die Jungen Altes in Frage stellen, alte Zöpfe abschneiden wollen und Neues wagen wollen, während die jeweilige Generation der Alten der Meinung ist, die nachfolgende Generation sei der Untergang des Abendlandes. Irgendwie müsst Ihr da mal mit was Neuem kommen, was diese oft wiederholte, krude These mal belegt. Hast Du Dich mit 18 für die Mädels aus Deinem Jahrgang interessiert oder für den Barock? Mit 23 von einer besseren Welt geträumt oder Dich in einer Bürgerinitiative zum Erhalt eines Fachwerkhauses Deiner Heimat aufgerieben?

    Die allermeisten Menschen würde beide Fragen wohl mit den jeweils ersten Antworten beantworten und ich sehe keinen einzigen Hinweis darauf, dass das vor 20 oder 40 oder 60 Jahren, meinetwegen auch 100 Jahren anders gewesen wäre. Die Existenz von in einem Forum für klassische Architektur natürlich selektierten, also überrepräsentierten Ausnahmen wie "VaterRhein" belegt da gar nichts. Es spricht in der Zusammenschau sehr viel dafür, dass die in den 90er Jahren Grunge hörende Restjugend des Bildungsbürgertums in 10 oder 20 Jahren diejenigen sein werden, die in Stadtbildinitiativen den Ton angeben werden und die heutigen Fitnesshedonisten und Backpacker dies dann in 30 Jahren tun werden.

    Ich glaube auch, dass diese wohlfeile Kritik an jungen Menschen überproportional von Kinderlosen kommt, das ist kein Urteil, sondern eine These. Diesen Leuten fehlt einfach das natürliche Band zwischen den Generationen, das einen als Eltern dazu zwingt, die Welt zumindest auch mal aus den Augen der eigenen Kinder zu sehen. Ohne dieses Band kann man natürlich herrlich über Minderleister, Hedonisten und Kulturlose der jeweils nächsten Generation herziehen, es kostest nichts und fällt nicht auf einen selbst zurück.

  • "Heinzer",

    weil Du da eine allgemeinere Diskussion anfängst, muss bzw. möchte ich doch etwas dazu antworten.

    1. Das mit der 68er-Generation als Retter der Altbauten wurde ja schon öfter besprochen. Sie retteten diese eher "zufällig", weil diese Bauten zur billigen Zwischennutzung bzw. zur freien Besetzung damals zur Verfügung standen. Bei einigen mag sicher auch die Zuneigung zur historischen Architektur eine Rolle gespielt haben. Aber im Allgemeinen war es eher ein Nebeneffekt.

    2. Die wendest Dich öfter gegen...

    das Lied des Niedergangs

    Das ist aber auch ein linkes/linksliberales Fortschrittsdenken. Es geht in diesem immer nur Voran, nie aber herab. So als gäbe es gar nicht so etwas wie Niedergang. Klar, die Welt dreht sich immer irgendwie weiter. Nach den Dinosaueriern kamen die Beuteltiere. Aber für die Dinosaurier war das nun einmal ein Niedergang. Plattenbau kann man auch als Teil des immer nur in eine Richtung voraneilenden Fortschritts sehen. Für manche Liebhaber der Baukunst ist es aber ein Niedergang. Aber da vertrete ich eben ein konservatives Geschichtsbild, das Aufstiege und Abstiege in steten Wellen beobachtet. Von oben betrachtet sind es nur Wellen, und irgendwann geht es wieder nach oben. Wenn Du aber in der Welle bist, hat es Auswirkungen für Dein Leben.

    3. Zur Jugend

    Hast Du Dich mit 18 für die Mädels aus Deinem Jahrgang interessiert oder für den Barock? Mit 23 von einer besseren Welt geträumt oder Dich in einer Bürgerinitiative zum Erhalt eines Fachwerkhauses Deiner Heimat aufgerieben?

    Mit 18 habe ich mich nicht für Mädels aus meinem Jahrgang interessiert, sondern für diejenigen 2-3 Klassen unter mir. Ich hatte schon immer einen Hang zu jüngeren Frauen. Für Barock habe ich mich nie mit echtem Herzblut interessiert. Eher für Klassizismus oder Jugendstil. Mein architektonisches Interesse war aber schon mit 15 vorhanden. Der erste Artikel für die Schülerzeitung, den ich mit 16 Jahren schrieb, handelte von schöner Architektur. Und von der besseren Welt träume ich noch heute. Allerdings habe ich damals wie heute so gut wie nie auf eine Verwirklichung dieser durch ein gesellschaftspolitisches Engagement oder einen "Kampf" im Rahmen einer Gruppe geglaubt. Will sagen, ich bin eigentlich "Einzelgänger".

    4. Es ging zudem "VaterRhein" nicht darum, in Frage zu stellen, dass die heutigen Stadtbild-Initiativen von vielen jungen Menschen getragen werden. Aber er stellte in Frage, dass seine Generation heute und in Zukunft nennenswert in Stadtbild-Initiativen strömen wird. Es findet ja ein Bewusstseinswandel statt (Klassische Vereine haben es immer schwerer, Nachwuchs zu finden) und ein demographischer Wandel.

  • ...

    Auch Du begehst immer wieder den gleichen Fehler, aus dem persönlichen Empfinden und Erleben auf angeblich neue Trends zurückzuschließen, dabei gehört es im Konflikt der Generationen praktisch seit der Aufklärung zum guten Ton, dass die Jungen Altes in Frage stellen, alte Zöpfe abschneiden wollen und Neues wagen wollen, während die jeweilige Generation der Alten der Meinung ist, die nachfolgende Generation sei der Untergang des Abendlandes.

    Schon die alten Römer klagten über die damalige ungehorsame Jugend. Aber heute liegt eine ganz andere Situation vor. Wir dürfen dankenswerter Weise in einem Jahrhundert ohne Krieg in Mitteleuropa leben. In Kriegen wurde die Jugend stets radikal dezimiert und Ratschläge wie aktive Hilfe der Alten waren hochwillkommen. Heute sind Erfahrungen der Alten für die Jugend uninteressant, weil das Internet diese zu ersetzen scheint. Aber dieses Internet ist einseitig gefärbt und birgt die Gefahr der Manipulation. Der Untergang des Abendlandes ist nicht unmittelbar zu befürchten, aber eine Ausbreitung des Islams, die Erdogan vorschwebt, ist denkbar. Und es ist kein Geheimnis, dass in undemokratischen Herrschaftssystemen nie die gemäßigten, sondern zumeist die Hardliner ans Ruder kommen. Für die betroffenen Gebiete könnten also ähnliche Umwandlungen christlicher Architektur und Symbolik zu erwarten sein, gegen welche es an einer erforderlichen Gegenströmung fehlt. Und diese könnte nur von einer umorientierten Jugend aus gehen.

  • Aber dieses Internet ist einseitig gefärbt und birgt die Gefahr der Manipulation.

    Das Gegenteil ist richtig (was den ersten Aspekt betrifft). In keinem anderen Medium kann man sich so umfassend informieren wie im Internet inklusive alles extremen Position. Das Problem hier ist nicht einseitige Information sondern die Überschwemmung durch diese. Viele Menschen überfordert es dann schließlich, diese zu filtern. Sie können seriöse Nachrichten nicht mehr von Fake News unterscheiden. Der Vorteil des Internets wird zugleich zu seinem Problem: Jeder darf darin seinen Mist abladen, während früher einfach das Medium fehlte. Ich erwische mich immer häufiger dabei, dass ich mir einen Internetführerschein wünsche.

    Das Internet ist jedenfalls nicht das Problem für unsere hiesige Architekturtradition.

    Und es ist kein Geheimnis, dass in undemokratischen Herrschaftssystemen nie die gemäßigten, sondern zumeist die Hardliner ans Ruder kommen. Für die betroffenen Gebiete könnten also ähnliche Umwandlungen christlicher Architektur und Symbolik zu erwarten sein, gegen welche es an einer erforderlichen Gegenströmung fehlt. Und diese könnte nur von einer umorientierten Jugend aus gehen.

    Nun gut, aber ich denke, wir diskutieren hier über die deutsche, aber zumindest mitteleuropäische Jugend. Hier bedroht kein undemokratisches Herrschaftssystem christliche Architektur. An Umwandlung wie in Istanbul ist nicht zu denken, wenn man mal von der Umnutzung von Kirchen in den Niederlanden absieht, die dort recht häufig vorkommt. Der Hintergrund ist da aber ein ganz anderer. Er dient auch dem Denkmalschutz.

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