Wartberg ob der Aist und Pregarten (Galerie)

  • Wieder einmal Bilder von mir vom schönen Mühlviertel: Mit einer guten Freundin unternahm ich (gestern, am Samstag) eine Tour durch die Orte Wartberg ob der Aist und Pregarten (Bezirk Freistadt, ca. 20 min östlich von Linz) und deren Gemeindegebiete.

    Ich beginne - in chronologischer Reihenfolge - mit der "Flehlucka" (also mühlviertlerisch für "Flieh - Loch"), einem Erdstall (http://de.wikipedia.org/wiki/Erdstall) in der Streusiedlung Reitern westlich von Wartberg. Erdställe sind hauptsächlich eben im Mühlviertel vorkommende Stollenanlagen (meist ungefähr 20/30/40 m lang), die im Mittelalter entstanden sind. Wieso diese Anlagen in den Fels gehauen wurden, ist bis heute unklar. Die gängigste Theorie ist, dass die als Versteck in kriegerischen Zeiten dienten. Manche Wissenschaftler interpretieren sie auch als Lagerräume (Keller) oder sogar als Wohnstätten. Oft befinden sich die Zugänge (nicht wie im Fall der Flehlucka) zu diesen Stollen in Bauernhäusern. Da es aber meistens keinen zweiten Ausgang gibt, lässt sich aber ausschließen, dass man sie als Fluchtwege benutzte. Das Rätsel der Erdställe ist bis heute jedenfalls noch nicht gelöst.

    Erdställe gibt es heute nur mehr wenige, ursprünglich waren es aber wahrscheinlich sehr viele. Die meisten sind eingestürzt, zugewachsen, in Vergessenheit geraten. Manchmal aber werden solche alten, vergessenen Stollensysteme wieder entdeckt: Vor ein paar Jahren fand ein Mann in seinem Garten in einem Einfamilienhaus (ich glaube, es war in Perg?) beim Ausheben eines Blumenbeetes zum Beispiel einen großteils verschütteten Erdstall. Den ehemaligen Eingang, glaube ich zumindest, konnte man nicht mehr finden.

    Der Eingang der Flehlucka liegt versteckt in einem steilen Waldstück. Im Inneren verbinden mehrere kurze, niedrige Gänge fünf Kammern. Die Gesamtlänge ca. 30 Meter.

    In der Nähe der Flehlucka steht dieser alte Bauernhof, aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

  • Schloss Haus

    Südlich vom Wartberg ob der Aist steht das Schloss Haus. Anstelle einer mittelalterlichen Burg wurde in den 1720ern das heutige Barockschloss errichtet, nur wenige ältere Bauteile wurden in den Nordtrakt integriert. Der hier sichtbare Trakt ist der Westflügel, ein ausschließlich barocker Bau.

    Weiter geht´s nach Wartberg: Dort gibt es ein wirklich bemerkenswertes Ensemble gotischer Kirchen: Die Pfarrkirche, die Michaelskapelle und die Wenzelskirche. Auf dem ersten Foto sieht man vom Marktplatz aus die Michaelskapelle und dahinter die Pfarrkirche:

    Nun zur Pfarrkirche (Mariae Himmelfahrt):

    Der älteste Bauteil ist der Chor, aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Der Turm ist wohl um 1400 errichtet worden, das Langhaus baute man in der 2. Hälfte des 15. Jahrhundert sowie in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts, Weihe schließlich 1508. 1889-1895 Inneres umgestaltet, neue Einrichtung.

    Äußeres: Rund ums Langhaus:

    Das prächtige Westportal:

    Der Chor:

    Der Turm mit zeitgenössischer Sgrafittogliederung:

    Inneres:

    Innen war es leider ziemlich dunkel, ich hoffe, man kann auf dieser Aufnahme doch ein bisschen etwas erkennen...

    Das Langhausgewölbe

    Zuerst zur prächtigen Westempore, die möglicherweise erst nach 1508 entstanden ist: Sie steht am Höhepunkt der Spätgotik, die Dekorationsformen sind sehr prächtig und besonders bemerkenswert ist der "Säulenwald" unter der Empore.

    Der "Säulenwald":

    Die dekorierten Säulen:

    Das Portal zum Aufgang:

    Die Empore ist auch auf der Nordseite weitergeführt, allerdings nur sehr schmal und auf Konsolen anstatt von Säulen. Dieser Teil ist wahrscheinlich etwas jünger als die Westempore

  • Der Chor:

    Blick vom Chor nach Westen, leider etwas unscharf und ziemlich dunkel - durch die bemalten Glasfenster fiel kaum Licht in die Kirche. Hier lässt sich aber das Langhaus sehr gut erkennen: Eine 3schiffige 4jochige Halle von stattlichen Dimensionen, im östlichen Joch des nördlichen Seitenschiffs ist der Turm eingestellt (Als der Turm errichtet wurde, stand wohl an Stelle des heutigen ein einschiffiges Langhaus).

    Einrichtung:

    Der Hochaltar ist ein Werk des berühmten Ottensheimer Meisters Josef Kepplinger, der für viele Kirchen des Mühlviertels prächtige Altäre schnitzte, die wohl zu den bedeutendsten neugotischen Holzaltären Österreichs, vielleicht sogar Mitteleuropas? zählen.

    Mittelteil Himmelfahrt Mariae, seitlich hl. Petrus und Paulus

    Auf der rechten Seite neben dem Hochaltar befindet sich diese Sitznische, der Doppelbogen lagert mittig auf einer Kopfkonsole

    In der Nische: (1772)

    Auf der gegenüberliegenden Wand ist das Sakramentshäuschen, die Darstellung des Schweißtuchs der Veronika über der Mittelnische stammt vermutlich von einem älteren Grabstein.

    Das Chorgestühl aus Kepplingers Werkstatt

    Ein bemerkenswertes Renaissanceepitaph im Chor von 1553, leider von einem Beleuchtungskörper verstellt

    Die spätgotische Kanzel ist am ersten Langhauspfeiler angebracht.

    Das ehemalige Altarblatt Mariae Himmelfahrt aus dem 18. Jahrhundert:

  • Die Michaelskapelle steht westlich der Pfarrkirche über einem als Karner genutzten Erdgeschoss (seit 1828 Gruftkapelle der Starhemberger!, einem wichtigen oberösterreichischen Herrschergeschlecht), heute ist sie eine Aufbahrungshalle. Erbaut wurde sie im späten 15. Jahrhundert und im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts.

    Die Nordwestecke ist besonders interessant gestaltet, sie ist abgeschrägt und durch Strebepfeiler gegliedert. Überdachte Lichtschächte führen zum Untergeschoss, auch das dortige Steingeländer ist original.

    Noch einmal die Ansicht vom Marktplatz:

    Wiki-Seite von Wartberg für Interessierte: http://de.wikipedia.org/wiki/Wartberg_ob_der_Aist

    An der Südseite eine seichte Apsis ausgebildet:

    Der Marktplatz befindet sich westlich der Kirche.

    Die sog. Große Hagenberger Taverne stammt noch aus dem 17. Jahrhundert, der kleine Giebelrisalit ist klassizistisch.

    Gegenüber davon ein biedermeierliches Wohnhaus:

    Am Weg zur Wenzelskirche steht dieses futuristisch anmutende Einfamilienhaus, das erst vor wenigen Monaten fertiggestellt worden sein dürfte.

    Weiter zur Wenzelskirche, einem spätgotischen Bau, der heute als Kriegerdenkmal dient. Eine genauere Präsentation dieses Gebäudes gibt es einmal im Sommer, bei besserem Wetter, denn da genießt man von dort einen herrlichen Blick über das gesamte Alpenvorland bis zum Gebirge.

  • Pregarten

    Aum Weg nach Pregarten, nur wenige Meter unterhalb des Ortszentrums steht die Bruckmühle aus dem 19. Jahrhundert, die erst vor wenigen Jahren zum Veranstaltungszentrum umgebaut wurde.

    Daneben der Veranstaltungssaal, eine große Rotunde, die in die niedrigeren Seitengebäude mit Glasfronten integriert ist.

    Auf der gegenüberliegenden Seite ein kleines Biedermeierhaus, früher war es komplett mit Efeu und anderen Pflanzen zugewachsen, die man erst vor Kurzem entfernt hat, bald wird das Gebäude renoviert.

    Weiter geht´s zum Ortszentrum: Pregarten ist an der Kreuzung mehrere wichtiger Handelsstraßen vom Donauraum nach Böhmen bzw. von Linz ins Waldviertel (heute Schnellstraße) gelegen und war deswegen schon sehr früh relativ bedeutend. Schon seit 1254 ist es ein Markt und die meisten am Platz stehenden Häuser wurden schon im Babenberger Urbar 1230 erwähnt! Außerdem war Pregarten auch ein wichtiger Gerichtsort. Der Ort gehörte übrigens zur Herrschaft Haus/Freistadt (Schloss Haus siehe weiter oben). Die hohe Bedeutung verlor Pregarten allerdings mit der Zeit langsam, trotzdem war es auch während der Neuzeit ein wichtiger Markt. Der Verlust dem Mautrechtes 1727 leitete aber einen wirtschaftlichen Abstieg ein. Im späten 19. Jahrhundert ging es wieder bergauf, vor allem wegen dem Bau der Eisenbahn und überhaupt wegen der verkehrsgünstigen Lage. Seit 2003 ist Pregarten Stadt.

    Der Marktplatz:

    Dreiecksangerplatz, leider habe ich keine vernünftige Gesamtaufnahme, das Internet aber schon... http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pregarten_Stadtplatz.jpg

    Der Häuser am Platz sind leider stark erneuert, es gibt auch viele Neubauten. Die meisten haben aber doch noch einen sehr alten, oft mittelalterlichen Kern.

    Einige der Häuser am Platz sind im Kern spätmittelalterlich, wie zum Beispiel Nummer 6, hier zu sehen. (got. Breiterker im rechten Gebäudeteil noch zu erkennen)

    Besonders interessant ist dieses schmale spätmittelalterliche Haus (Nr. 9): Der Breiterker ist gotisch, die Muscheldekorationen unter den Bögen vermutlich 1. Hälfte 19. Jahrhundert, so etwas habe ich noch nie gesehen...

    Viele der Häuser haben historistische Fassaden und älteren Kern, wie z. B. diese zwei:

    Das Bankgebäude ist vielleicht das interessanteste und markanteste Gebäude im Ort. Der Barockbau mit mittelalterl. Kern hat eine secessionistische Fassade um 1910.

    Am Stadtplatz stand mittig ursprünglich die Kirche des Ortes, im 19. Jahrhundert riss man diese ab und baute die neugotische heutige Pfarrkirche, wobei man einige Häuser an der östl. Platzseite für einen freien Blick zum Sakralbau abriss.

  • Pfarrkirche St. Anna

    Sie wurde 1893-97 von Otto Schirmer erbaut, der Architekt der auch den neugotischen Linzer Mariendom plante. (Da gibt´s auch mal eine Galerie drüber :D) Artikel Mariendom: http://de.wikipedia.org/wiki/Mari%C3%A4-Empf%C3%A4ngnis-Dom

    Blick vom Stadtplatz:

    Chorschluss:

    Südseite:

    Inneres:

    Dreischiffige vierjochige Halle mit eingezogenem Chor.

    Der Hochaltar von 1897, eine bemerkenswerte Arbeit ganz aus Marmor:

  • In einem Garten neben der Kirche eine spektakuläre Burg :)

    Kirchengasse mit Villen:

    In der Gutauer Straße nördlich des Ortszentrums ein Biedermeierwohnhaus:

    Eines der interessantesten Häuser im Ort ebenfalls in der Gutauer Straße: Der im Kern wohl frühneuzeitliche Bau erhielt um 1910 eine neue Fassade und den Holzerker.

  • Zum Abschluss noch zwei kleine Highlights bäuerlicher Architektur:

    In der Streusiedlung Schmidsberg im Gemeindegebiet von Hagenberg (nächster Ort in Richtung Norden) steht der Hof Schmidsberg 4 (Danner), sicherlich einer der schönsten Mühlviertler Dreiseithöfe. Die drei Trakte stammen im wesentlichen aus dem 18. Jahrhundert, der Hausstock reicht im Kern aber sogar noch ins 15. Jahrhundert zurück. Fast alle Fassaden sind steinboß, d. h. sie sind verputzt mit einigen freiliegenden Steinen dazwischen, eine Technik, die - soweit ich weiß - fast nur im Mühlviertel angewandt wurde/wird (auch bei Neubauten sehr oft verwendet) und bei der sich dann ein besonders schönes Fassadenmuster ergibt.


    Der Hausstock (rechts) mit kleinen, spätmittelalterlichen Fenstern.

    An der Hausstockrückseite ungewöhnlicher Vorbau:

    links der 2. Hausstock (Auszugshaus), bezeichnet 1723.

    Neben dem Hof freistehender Stadel, der 1692 bezeichnet ist.

    Hinter diesem Gehöft befindet sich ein weiterer schöner Bauernhof, leider wurde es schon dunkel, als ich dort fotografierte...

    Auch dieser ist im Wesentlichen barock, allerdings wurde er im 19. Jahrhundert stark umgebaut. Derzeit steht er leer und verfällt leider langsam. Der Hausstock:

    Die mächtige Rückseite des Hofes (Mauern wohl 18. Jh.) wirkt direkt wehrhaft...

  • Und zu guter Letzt noch das zweite bäuerliche Highlight...

    Ganz in der Nähe steht in der Streusiedlung Penzendorf einer der wohl bedeutendsten und ältesten Wirtschaftstrakte Oberösterreichs, dessen Wert und Alter aber so gut wie niemand kennt. Beim Hof Penzendorf 3 steht ein spätgotischer Troadkasten (=Getreidekasten, das Wort wird nicht nur dialektal gebraucht sondern scheint tatsächlich eine offizielle Bezeichnung für Getreidespeicher in Oberösterreich zu sein), das Gehöft war ehemals ein Zehenthof, deswegen ist dieses Lagergebäude auch relativ aufwendig gestaltet.

    Es war schon dunkel, als ich die Fotos machte, aber für so ein Kleinod darf man keine Finsternis scheuen... :D

    Die Fenster haben prächtige Gewände - und das bei einem Getreidespeicher!

    Neben dem Hof eine Kapelle, 19. Jh.

    Ich hoffe, es hat euch gefallen, auch wenn es manchmal doch sehr ausführlich war - das ist halt mein Stil.

    LG