Berlin-Mitte - St.-Hedwigs-Kathedrale

  • Diese Realpräsenz Christi und das Stellvertretertum des Priesters während der Eucharistie sind im katholischen Glauben von zentraler Bedeutung und meines Erachtens nicht verhandelbar. Die Feier des Abendmahls ist im Katholizismus eben nicht nur Erinnerung, sondern vor allem das „Mysterium der Gegenwart Christi“. Wenn aber jemand diese Realpräsenz nicht anerkennt oder nicht genügend respektiert und in der Eucharistie primär eine gemeinschaftliche Erinnerung an das letzte Abendmahl sieht, in der sich alle Beteiligten gleichberechtigt gegenübertreten, kann er zwar sicher immer noch ein guter Christ, aber halt kein Katholik mehr sein

    Die Transsubstantiation als Teil der Eucharistie war bereits im Mittelalter ein wichtiger Bestandteil der katholischen Lehre und wurde entsprechend häufig in der christlichen Kunst dargestellt. Wir leben aber in einer zutiefst säkularisierten Welt. Ich lehne mich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass die meisten Katholiken an diesen oder auch andere Teile der christlichen Lehre nicht mehr wortwörtlich glauben. All diesen Menschen absprechen zu wollen, Katholiken zu sein, empfinde ich als befremdlich. Kirchen, die versuchen, ihren Gläubigen eine unumstößliche Lehre als Bedingung für die Zugehörigkeit aufzubürden, laufen irgendwann Gefahr, sich im Sektenhaften zu verlieren. Ich glaube, dass die katholische Kirche dies mittlerweile erkannt hat, aber noch nach Wegen sucht, wie man die kanonische Lehre mit der Wirklichkeit des Lebens in Einklang bringen kann.

  • Du hast sicher recht, dass viele Katholiken nicht mehr an die Transsubstantiation glauben, aber was ändert das? Inwiefern sollten sich Glaubensgrundsätze nach den Wünschen oder Vorstellungen der Gläubigen richten? Sollte es nicht logischerweise umgekehrt sein? Durch welches Recht sehen wir uns befugt, an diesem zentralen Glaubensgrundsatz etwas ändern zu dürfen, bloß weil es nicht mehr in unser modernes Weltbild passt? Ich sehe das als befremdlich an, nicht die Tatsache, dass ich gewissen Leuten das Katholisch-Sein abspreche... denn was wäre denn auch so schlimm daran, nicht katholisch zu sein? Es gibt viele Christen, die anderen Konfessionen angehören und es gibt wahrscheinlich noch mehr Menschen auf der Welt, die ganz anderen Religionen angehören und deswegen auch gute Menschen sind. Es scheint Dir anscheinend mehr darum zu gehen, ja niemanden auszugrenzen als den Katholizismus als das anzuerkennen, was er nunmal ist - er muss nicht everybody's darling sein, er hat seine gewachsene Identität mit gewissen Glaubensgrundsätzen so wie die meisten anderen Religionen auch. Oder würdest Du einem Muslim sagen, er brauche nicht mehr im Ramadan zu fasten, er könne ganz normal weiter essen und trotzdem ein guter Muslim sein? Wenn jemand nicht mehr an gewisse Glaubensgrundsätze glaubt, ist es nicht das Problem der Religion, sondern das des Zweiflers, der sich Gedanken machen und eventuell Konsequenzen ziehen muss. Und das ist auch gar nichts Schlimmes, sondern völlig normal - die meisten Menschen haben irgendwann Zweifel, das ist kein Motiv für Geringschätzung!

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • tegula Die entscheidende Frage lautet: Was ist Wirklichkeit? Die Alltagswirklichkeit des Menschen, die sich jede Generation ändert und überdies auch regional variiert? Wenn dem so ist, muss die katholische Kirche in Afrika eine andere Lehre vertreten als in Ostasien oder in Mitteleuropa. Und dann muss diese Lehre auch alle dreißig Jahre aktualisiert, wenn nicht revidiert werden. Doch dann ist das eben alles auch nur Menschenwerk.

    Oder es gibt tatsächlich eine höhere, eine transzendente Wirklichkeit, die überzeitlich und überall gültig ist - unabhängig davon, ob sie dem Mehrheitsprinzip entspricht. Nach christlicher Lehre hat Gott sich zunächst einem kleinen Nomadenvolk offenbart und mit ihm einen Bund geschlossen. Dieses Volk wurde von der Mehrheit der Weltbevölkerung, sofern diese von ihm überhaupt Notiz nahm, verachtet. Auch das frühe Christentum war im römischen Reich eine Minderheitenreligion der "deplorabels", der "Abgehängen", abgelehnt von der Lebenswirklichkeit der heidnisch-römischen Mehrheitsgesellschaft . Hätte das Christentum sich damals angepasst, wäre es verschwunden. Hätte das Judentum sich unter Mose angepasst, wäre es verschwunden. Man ist damals aber genau den umgekehrten Weg gegangen. Man hat sich nicht der Welt angepasst, sondern die Welt verändert. Man hat die Wirklichkeit des eigenen Lebens dem angepasst, was man für eine absolute Wirklichkeit hielt, und nicht umgekehrt.

    Das Wesen jeder Offenbarungsreligion besteht doch darin, temporären Lebenswirklichkeiten die Stirn zu bieten. Und das ist auch ein Identifikationsangebot, das sehr attraktiv sein kann. Was will ich von einer Religion, die mir nach dem Mund redet, die mir nichts Neues sagt? Was will ich von einem Kirchenraum, der genauso gut ein Plenarsaal oder ein Planetarium oder ein Hörsaal sein könnte? Wie kann ich an einen Gott glauben, den ich mir letztlich selber zurecht gelegt habe?

    Sehr wohl kann man die Meinung vertreten, dass das katholische bzw. das christliche Gottesbild eine rein menschliche Projektion ist, dass die Dogmen der Kirche Menschenwerk bzw. Priesterlehre seien. Es gibt durchaus Gründe, so zu denken. Man kann aber auch glauben, dass durch das Wirken des Heiligen Geistes die Botschaft Christi sich in der Lehre der Kirche immer weiter entfaltet. Das ist dann aber ein unumkehrbarer Prozess. Ich kann ja schlecht sagen: Ja früher, da war das wahr, aber heute denken die Leute anders, da ist es halt nicht mehr wahr.

    Ich kann den Wahrheitsanspruch einer Religion annehmen oder ablehnen. Aber ich kann ihn nicht inhaltlich verändern, indem ich ihn der Mode oder dem Zeitgeist anpasse. Das ist unlogisch. Und wenn Priester und Kirchenfunktionäre dies doch tut, weil sie meinen, es sei opportun, so müssen sie sich m. E. auch den Vorwurf des Opportunismus gefallen lassen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Ich sehe ganz ehrlich nicht, warum die Eucharistiefeier in der St.-Hedwigs-Kathedrale nicht genauso abgehalten wird wie in jeder anderen katholischen Kirche auch. Insofern sehe ich auch den Widerspruch zur Lehre der Transsubstantiation nicht. Zudem hat es ja im 20. Jahrhundert - wenn ich richtig informiert bin - zahlreiche Reformschritte in der Liturgie der heiligen Messe gegeben. Es ist also mitnichten so, dass es eine unumstößliche, für alle Zeiten gültige Tradition in der Messfeier gibt.

    Auch die grundsätzliche Lehre der katholischen Kirche hat in seiner 2000jährigen Geschichte immer wieder Anpassungen und Abspaltungen erlebt. Dass dann die Traditionalisten mit scharfer Kritik in Form von Vorwürfen der Häresie rasch zu Stelle waren, ist auch keine neue Erkenntnis. Nein, Religion definiert sich nicht zwangsläufig dadurch, dass ihre Lehre unveränderbar und unumstößlich ist. Sie ist immer der Interpretation des Menschen unterlegen, denn Religion ist tatsächlich untrennbar mit diesem verbunden. Ohne Menschen findet keine religiöse Praxis statt und ohne diese existiert auch keine Religion. Die Heilgeschichte besitzt immer eine göttliche und eine menschliche Komponente.

  • Wir leben aber in einer zutiefst säkularisierten Welt. Ich lehne mich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass die meisten Katholiken an diesen oder auch andere Teile der christlichen Lehre nicht mehr wortwörtlich glauben. All diesen Menschen absprechen zu wollen, Katholiken zu sein, empfinde ich als befremdlich.

    Dem zweiten Satz stimme ich zu. Den dritten Satz versteh ich nicht. Ich würde einem solchen Menschen natürlich nicht das Christsein absprechen, aber gläubiger Katholik ist er jedenfalls nicht mehr. Zweifelsohne sieht das die heutige Kirche anders. Stellt sich halt nur die Frage, was der Wesenszug des heutigen Pseudo-Katholizismus sein soll. "Päpstlicher als der Papst zu sein" ist heute, "unter dem momentanen Pontifikat" in den Augen der meisten (gläubigen) Katholiken keine Kunst. Die Antwort, die ich für mich gefunden habe, ist allerdings weit pessimistischer.

  • tegula Das ist schon richtig, dass die Glaubensüberlieferung immer wieder interpretiert werden muss. Die Frage ist nur, wie diese Interpretation aussieht. Wenn ein Dirigent ein Musikstück interpretiert, so bemüht er sich in der Regel um größtmögliche Authentizität. Natürlich kann er Bach auch verpoppen mit dem Argument, damit mehr junge Menschen zu erreichen, aber dann ist es eben nicht mehr Bach.

    Die authentische Interpretation ist viel mühsamer, meist aber auch gewinnbringender, weil sie etwas Kostbares erschließt. Eine Interpretation, die auf vordergründigen Effekt zielt, mag bequemer und massentauglicher sein, aber es geht auch unwiederbringlich viel verloren. Und wenn mit der Zeit der originale Bach vergessen wird, und man nur noch den verpoppten Bach hat und dann eine Rappergeneration kommt, die mit Pop nichts mehr anzufangen weiß, dann ist auch Bach Geschichte. Dann muss man Bach wieder mühsam neu entdecken.

    Letztlich geht es also um die Frage: Was ist das Eigentliche? Was ist die Substanz einer Religion? Wo handelt es sich um Interpretation, wo um Neuinterpretation? Wo bewegt man sich innerhalb der Hermeneutik der Kontinuität, wo in der Hermeneutik des Bruchs?

    Die radikale Moderne jedenfalls hat den Bruch gesucht und die Vergangenheit als Ballast abgeworfen. Die Ergebnisse im Städtebau sind bekannt. Für die Liturgie sehe ich es ähnlich.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Es ist halt so - über die Partitur bzw über die Schrift kommt man nicht hinweg. Man beachte, dass sich tegula klugerweise auf zwei Beispiele beschränkt hat: Zölibat und Männerpriestertum. Hier ist eine vollständige Beweisführung mittels Schrift nicht möglich. Wenn er zB geschrieben hätte: Sexualmoral, Familien- und Eherecht ua, hätte man ihn bequem auf die Schrift verweisen können, also darauf, dass die Postulate des (angebl. konservativen) Katholizismus nur die Schrift wiedergeben und daher nicht genuin katholisch, sondern schlicht christlich, dh jesuanisch sind. Man sieht ja, wie sehr sich die nachkonziliare Kirche bis zu Bergoglio mit diesen Bereichen abmüht und letztlich sich darauf beschränken muss, klare Stellungnahmen zu verweigern oder zu verwässern. Die katholische Kirche kann nicht einmal einen (hinreichend schwerwiegenden) Irrtum in Glaubensfragen eingestehen, denn das depositum fidei ist unantastbar und unveränderlich, eine Abweichung davon wäre formale Häresie und würde sogar zur Exkommunikation führen. So richtig mag man sich daher auf die historisch-kritische Interpretationsmethode nicht einlassen (das geschieht eher in Vorfeldorganisationen). Im Protestantismus, der die Triebfeder dieses Phänomens war, sind die Schranken relativ früh gefallen (auch wenn es hier unterschiedliche Strömungen gibt). Generell tut man sich etwas leichter, weil die Rolle der Kirche bei weitem nicht so umfassend ist und es in erster Linie auf das individuelle Glaubensbekenntnis ankommt (sola fide).

  • Wir geraten natürlich jetzt in eine uralte theologische Diskussion, die etwas parallel zu Architekturfragen verläuft. Der Vergleich mit Bach hinkt, ich weiß, weil es in der Musik eine Partitur gibt und man theoretisch nur über die Frage der Einspielpraxis verschiedener Meinung sein kann.

    In der katholischen Kirche gibt es eben das Lehramt, das - für Protestanten unannehmbar -als gleichberechtigt neben der Hl. Schrift gilt. Die Idee ist folgende: Die Offenbarung geht weit über das schriftlich Fixierte hinaus, das sagt das Neue Testament selbst (Joh 21,25). Die Evangelien beruhten, ehe sie schriftlich ausformuliert und in einem bis ins 4. Jh. reichenden Prozess kanonisiert wurden, gleichfalls auf mündlicher Überlieferung. Sie sind in der uns überlieferten Form also gleichfalls ein Produkt des Lehramtes. Dasselbe gilt für die auf den ersten vier sogenannten Ökumenischen Konzilien (Nizäa, Konstantinopel, Ephesos und Chalcedon) verabschiedeten Dogmen zur Trinität. Sie werden auch von den Protestanten anerkannt, obwohl sie sich zwar plausibel, aber nicht zwingend aus der Hl. Schrift ableiten lassen.

    Das Lehramt ist im Katholizismus also eine conditio sine qua non, ganz gleich, wie man zu seinen Aussagen persönlich steht. Und dazu gehören auch die Transsubstantiationslehre und seit "Domine Jesus" von Johannes Paul II. auch das Männerpriestertum, wohingegen der Zölibat in der Tat nicht zwingend ist, es aber gute Gründe gibt, ihn beizubehalten - eben weil er auch ein Stachel im Fleisch ist.

    Dass katholische Laien mit der katholischen Lehre individuell umgehen und manches in Frage stellen, ist ja völlig normal und in Ordnung. Aber die höchsten Amtsträger sollten wissen, dass sie nur Vollmacht haben und keine Macht. Ihre Auctoritas ist verliehen und eben keine eigene Machtfülle. Der Papst versteht sich als vicarius Christi. Im Kontext seiner anderen Selbstbeschreibung als "Knecht der Knechte Gottes" meint dies keine Stellvertreterschaft in der Art eines Vizepräsidenten, sondern eher das Amt eines Majordomus oder eines Hausmeisters, der sich selbst am allermeisten an die Hausordnung zu halten hat.

    Wenn Bischöfe meinen, sie könnten sich darüber hinwegsetzen, kommt das eine Selbstermächtigung gleich, vor allem bei Verstößen gegen die Lehre. Daraus kann dann schnell ein verhängnisvolles "non serviam" werden.

    Man mag das gutheißen oder nicht, aber letztlich ist es systemimmanent. Sonst müsste man die Katholische Kirche neu erfinden, wozu einige kuriale Kreise derzeit ja durchaus neigen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Wenn ein Hausbesitzer in die Fenster eines Bauhausbungalow Butzenscheiben einsetzt oder auf ein Barockgebäude ein Stahl-Glas-Loft setzt, dann ist das m. E. eine Versündigung, auch wenn es den momentanen Bedürfnissen der Bewohner entgegenkommt. Ich finde, da ist immer auch ein wenig Demut angebracht. Synkretismus ist der Feind des Pluralismus.

    Wieder einen Architekturbezug herzustellen: Könnte es nicht sein, dass dieser Synkretismus hier in Deutschland aus einer missglückten Inkulturation zurückzuführen ist?

    Wir hatten letztens mal das Thema Christianisierung und Heidentum. Ich forschte dann noch etwas nach und bin auf das Heliand-Epos gestoßen. Interessant wie die frühe Christianisierung nördlich der Alpen ablief, wie Jesu Leben erfasst wurde:

    Die Hirten weilten nicht bei den Schafen, sondern bei den Pferden, die Himmel war nicht sternenklar, sondern umwölkt. Die Könige zogen durch einsame Waldwege als "kühner Recken drei" zur Krippe. Nach der Versuchung zieht sich Christus in die Einsamkeit des Waldes zurück, die Apostel sind alle "Christi Mannen"... am Schluss wird der "Landeswart" am Strick erhängt.

    Es war ein geglückter Versuch, die Menschen damals abzuholen.

    Auf heute übertragen heißt es hier: 

    Quote

    Die Botschaft des Evangeliums kann nicht wirksam werden, ohne in der jeweiligen Kultur anzudocken. Zahlreiche päpstliche Schreiben und Ansprachen aus den vergangenen Jahrzehnten bezeugen das, von Paul VI. bis Franziskus. Inkulturation ist auch heutzutage gefragt: In unseren Breiten ist die Kirche besonders herausgefordert, wie sie ihre Botschaft in die säkulare, liberal geprägte Gesellschaft hineinsprechen kann.

    Ob das mit solchen "Museumsräumen" gelingt?

    Beauty matters!

  • Notre Dame -vs- Hedwig

    Heute wird Notre Dame auch wiedereröffnet. Ich denke sie werden dort mit Neid nach Berlin blicken, wenn sie sehen was man aus so einer "heiligen Kathedrale" mit der Hilfe von Zeitgeist und moderner Architektur alles machen kann. Man sollte dringend auch beim Pantheon in Rom alle Dekoration und die gesamte Baukunst raus hacken und diese "saubere, helle, deutsche Lösung" übernehmen. Alles andere würde vom echten "Glauben ablenken" -so wurde es uns erklärt. Im neuen Foyer der ehemaligen Hedwigs-Kathedrale verteilen Kirchenmitarbeiter jetzt kostenlos weiße Plastikeimer. Unter Zugabe einer Eierschale, können wir uns daraus eine neue "zeitgenössische, moderne" Weihnachtskrippe bauen. Bitte alle besinnlichen, geschmackvollen und dekorierten Krippen erneuern -selbst wenn es 60 Mio Euro kosten sollte, es lohnt sich bestimmt!

  • Im neuen Foyer der ehemaligen Hedwigs-Kathedrale verteilen Kirchenmitarbeiter jetzt kostenlos weiße Plastikeimer. Unter Zugabe einer Eierschale, können wir uns daraus eine neue "zeitgenössische, moderne" Weihnachtskrippe bauen.

    Geht der Plastikeimer futsch, kann man ihn ein wenig ablängen und Eier hineinlegen. Durchhalten. Das nächste Ostern kommt bestimmt.

  • Hier noch ein Beitrag, der aus meiner Sicht die Mängel des neuen Innenraums sehr gut herausarbeitet und die dahinterstehende Theologie - oder sollte man besser sagen: Anthropologie? - beleuchtet.

    Kalter Triumph des Modernismus
    Nach sechsjähriger Umbauzeit ist die Hauptkirche des Berliner Erzbistums wiedereröffnet worden. Der Innenraum von St. Hedwig präsentiert sich als
    www.corrigenda.online

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Es ist wahrlich ein kalter Triumph (des Willens); vor allem auf emotionaler Basis; aber halt eben auch das "Idealbild" einer seelisch, inhaltlich kalt und tot seienden Kathedrale inmitten der Bundeshauptstadt. Ihr Vorhandensein hat zumindest den Vorteil, eine innere Abwendung; für Außenstehende ein entschiedenes Meiden herbeizuführen; was leider die perfektionierte Antithese ihres eigentlichen Inhalts darstellt. Mitnichten kann diese Kathedrale als Heimstätte einer pilgernden Gemeinde angesehen werden; allenfalls als Kulminationspunkt einer in eine bedauerliche Sackgasse hineinmanövrierten Gruppierung in einer Region, die für Verirrungen und Fehlinterpretationen leider immer schon etwas auffällig anfällig war. Wohlan - es kann jetzt auch nicht angehen, im APH den Weltuntergang zu postulieren. Das ist dieses bemitleidenswerte Berliner Kathedrälchen nicht wert. Diese Innenraumneugestaltung ist zunächst einmal eine Berliner Angelegenheit. Die Entscheidung, sich hier wohlfühlen zu können oder aber sich von diesem Ort abzuwenden, kann (und sollte) von jedermann selbst erwartet werden. Andere Gemeinden, andere Selbstverständnisse kennenlernen zu können, den Blick zu schärfen für andere und vielleicht auch persönlich mehr ansprechende Orte - auch das kann eine wichtige Erfahrung sein.

    "Deutsch-katholische Nationalkirche" - herrlich.

  • Weingeist : ich finde das aber nicht paradox, sondern folgerichtig: Berlin ist nunmal eine primär protestantische Stadt und keine katholische. Ich finde es eher komisch, dass die wichtigste protestantische Kirche aus dem Historismus stammt und nicht aus dem Mittelalter, wie man es für eine große Hauptstadt mit langer Geschichte annehmen würde... ich kenne mich mit der Kulturgeschichte Berlins überhaupt nicht aus, aber gab oder gibt es in Berlin denn keine bedeutende gotische Kirche?

    Es gibt zwei, St Marien und St Nikolai, außer dem Dom, der eigentlich auch aus dem Mittelalter stammt. Berlin ist übrigens mehrheitlich atheistisch.

  • Oh schnöde Welt- da hat es zwei alte Kirchen, Nikolai und Marien; die letztere sogar mit ein paar ordentlichen Skeletten - da würde man gern, aber man darf nicht. Und in Jadwiga Simplicitas (der jüngeren) will man´s nicht gerne; aber man muß es.

  • Hier noch ein Beitrag, der aus meiner Sicht die Mängel des neuen Innenraums sehr gut herausarbeitet und die dahinterstehende Theologie - oder sollte man besser sagen: Anthropologie? - beleuchtet.

    https://www.corrigenda.online/kultur/wiedere…des-modernismus

    Zitat:

    "Darum noch einmal zurück zur Eingangsfrage: Was nur will diese Kirche? Bei der hl. Messe zur Wiedereröffnung am vergangenen Sonntag teilte der evangelische Landesbischof Christian Stäblein unverblümt seine Beobachtung mit, die ganz in der Nähe liegenden evangelischen Gebetsstätten Berliner Dom und St. Marien seien „ja herzlich katholisch anmutende Kirchen“, und da sei er doch ganz dankbar, „dass man auch den Eindruck haben kann, ihr hättet den Spieß hier ein bisschen umgedreht“. Tosender Beifall der geladenen Gäste. Der Hausherr macht gute Miene zum vergifteten Lob."

    Köstlich! Da pflegen die Konfessionen in Berlin ja einen herzlichen, zünftig groben Umgang miteinander! Das neue Wir! Gell!?:daumenoben:

    Zitat:

    "Dieses Interieur ist der Stein gewordene Synodale Weg, die Wir-machen-Kirche-Ideologie in Reinform: Klerus und Volk, Priester und Gemeinde, alle gemeinsam auf Augenhöhe für ein gutes Miteinander, egal, an was du glaubst, im Dialog nach der Wahrheit suchend, denn jeder hat doch seine eigene Wahrheit, gell? Dem Herrn Jesus Christus kommt da nur noch die Funktion zu, eine „Alternative“ anzubieten – die aber bitte ja nicht unsere mündige Menschengemeinschaft mit Geboten behelligen wolle. Und der Weg zur Hölle ist mit Gemeinschaft in Stuhlkreisen gepflastert."

    Bissig böse, so was auch!? Tsss! :thumbup::lachen:

  • Nöh, so bissig oder böse ist der Text gar nicht; es ist eher als ein Glücksfall zu sehen, ihn in dieser distanzierten Treffsicherheit lesen zu können. Daß Marien und Nikolai halt einfach mehr hermachen, ist nicht deren Unterschied zu einem fridericianischen Kuppelbau geschuldet; und für die aktuellen Entwicklungen eines "calvinistischen Bildersturms" sowie die Transformation zur Kathedrale des "Deutschkatholizismus" wird man den Bau selbst auch nicht verantwortlich machen wollen. Die Gefühle tendieren hier eher hin zum gefühlten "Tempel des Todes"; die Frage nach Verantwortlichkeiten tendiert hier eher zu bestimmten Personen; und zurück bleiben tiefe Entfremdungen, tiefe Verletzungen sowie das konsequente Bedürfnis einer dauerhaften Abwendung von diesem lebensfernen Ort (mit eigenem Eingang zum hinabsteigen in das Reich des Todes). Hier pilgert keine Gemeinde, hier hat sie ihre Endstation erreicht. Theologisch hochproblematisch; und auch das wieder eher als ein Kernproblem ihres Führungspersonals vor Ort zu sehen.

  • Andererseits ist die Hedwigskathedrale niemals für ihr Interieur berühmt gewesen, oder täusche ich mich da? Überkommene Bilder aus der Vergangenheit zeigen eigentlich nur das Äußere. Ich halte es sogar für möglich, dass der Innenraum nicht besonders überzeugt hat (was aufgrund der erstaunlich schlechten Überlieferung nicht ganz beurteilbar ist). Jedenfalls hat man sich anders als beim kunsthistorisch wie ideologisch sicher nicht hochgeschätzten Dom eben nicht für rekonstruktive Maßnahmen entschieden, und das mit einer Rigorosität, die eigentlich ziemlich einzigartig ist. Gab es dafür vielleicht gar wennzwar nicht unbedingt "gute", aber doch verständliche Gründe?