Dresden - Ortsamtsbereich Plauen (Coschütz, Gittersee Kaitz, Mockritz, Plauen, Räcknitz, Südvorstadt, Zschertnitz)

  • Die DNN berichten heute, am 13.12.2013, über eine meiner Ansicht nach wenig glückliche Entscheidung des Stadtrates. Dieser beschloss während seiner gestrigen Sitzung die Erweiterung des Campus' südlich der Nöthnitzer Straße und damit in den bisher "unberührten Landschaftsraum" hinein. Nun kann der Campus theoretisch bis hinauf zu den Wohnhäusern der Südhöhe wachsen, wodurch einer weiteren Frischluftschneise der Stadt Dresden die endgültige Verbauung droht.
    Nicht zuletzt setzt man sich damit über die Planung des Büros von Albert Speer und Partner hinweg, die die Bebauung der hektargroßen Brachen um die Münchner- und Nürnberger Straße vorgesehen hatten. Da der Freistaat dort allerdings mit mehreren Kleineigentümern in Verhandlungen hätte treten müssen, sucht man nun den Weg des geringsten Widerstandes und bebaut lieber die Felder, deren Eigentümer praktischerweise die Landeshauptstadt ist. So haben ja beide Seiten etwas davon. Wen interssiert denn Stadtplanung und -Klima?

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Dabei bieten die Areale um Nürnberger und Münchener Str. genug Freiräume, die nach Verdichtung schreien. Es ist mal wieder nicht zu fassen. Ziemlich dünn mal wieder. :gehtsnoch:

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Zum Thema Wind, bzw. "Frischluftschneisen" und dem "zeitgenössischem Bauen" gabs vor einigen Wochen in der "Zeit" diesen winzig kleinen aber feinen Artikel... den wollt ich euch nicht vorenthalten. :) leider fehlt mir das genaue Datum, weil die Zeitung nur auf Arbeit rum lag und längst nicht mehr aktuell war.

  • Die lokalen Medien berichten heute, am 21.01.2014, über den drohenden Abriss der unter Denkmalschutz stehenden Neuen Mensa in der Bergstraße. So muss das angeblich baufällige Gebäude geschlossen werden.

    Dazu erklärte Stephan Gößl, Sprecher des Finanzministeriums:

    Zitat

    Es ist noch keine Entscheidung gefallen. Allerdings weist die Neue Mensa bis in die Konstruktion hinein erhebliche Schäden auf. Eine Sanierung würde einen erheblichen Aufwand bedeuten, ohne dass es einen funktionalen Zugewinn gebe.

    Bei der Stadt sowie dem Amt für Kultur und Denkmalschutz der Stadt Dresden, stoßen diese Überlegungen allerdings auf Unverständnis. So bescheinigt Dr. Ralf Lunau, Dresdens Kulturbürgermeister, dem Gebäude einen insgesamt guten Zustand und weist auf den Wert des von 1974 bis 1978 nach einem Entwurf von Ulf Zimmermann errichteten Denkmals hin.

    In den DNN heißt es weiter:

    Zitat

    Bundesweit liegen verschiedene Gerichtsurteile vor, wonach der Denkmalschutz genau dann nicht mehr greift, wenn der Unterhalt bzw. die Sanierung des Gebäudes wirtschaftlich unzumutbar ist. Ob sich diese Musterprozesse - angewendet beispielsweise im Fall von alten, verfallenen Bauernhäusern - auf die Neue Mensa übertragen lassen, bleibt abzuwarten.


    Quelle: DNN vom 21.01.2014, S. 13.

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  • Puh, bei den Begriffen Mensa, Dresden und Abriss hatte ich zuerst befürchtet, es träfe die (wie ich jetzt recherchiert habe) alte Mensa aus den 20ern. Der neuen Mensa kann ich nicht viel abgewinnen, obwohl ich mittlerweile durchaus die ein oder anderen modernen Nachkriegsgewüchse leiden mag. Bin dennoch mal gespannt, wie es hier ausgeht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Die architektonisch wenig herausragende Alte Mensa in der Mommsenstraße wurde nach aufwendiger Sanierung und Erweiterung 2007 wiedereröffnet. Da droht - immerhin soll es sich um eines der ersten Studentenhäuser Deutschlands handeln - also keine Gefahr.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Mensa_Dresden

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  • Im Rahmen der interantionalen Tagung "Denkmal Ost-Moderne II - denkmalpflegerische Praxis der Nachkriegsmoderne", die vor einigen Tagen in Weimar stattfand, haben Wissenschaftler und Denkmalpfleger aus ganz Deutschland Ministerpräsident Tillich in einem offenen Brief dazu aufgefordert, die Neue Mensa als bedeutendes Denkmal der Ostmoderne zu sanieren und damit zu erhalten.

    Hier ein Auszug aus den DNN:

    Zitat

    Die überraschenden Pläne des Freistaates, die Mensa abzureißen und anschließend neu zu errichten, haben "Unverständnis unter den anwesen- den Wissenschaftlern und Denkmalpflegern ausgelöst", heißt es in dem offenen Brief. Vertreter zahlreicher Lehrstühle deutscher Hochschulen, von Denkmalbehörden aus der ganzen Bundesrepublik, Journalisten und Architekten warnen demnach vor dem drohenden Verlust eines "hochkarätigen Baudenkmals" der Nachkriegsmoderne.
    "Wir wundern uns über die Kehrtwende, weil in Dresden die Abstimmung zwischen Eigentümer, Planern und Denkmalschutz schon so weit fortgeschritten war. Es kann doch nicht sein, dass man nun hinter den bereits erreichten Stand zurückfällt", sagt Mark Escherich, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Denkmalpflege und Baugeschichte an der Bauhaus-Universität Weimar, gegenüber den DNN. Escherich hatte unter dem Eindruck der Pausengespräche den offenen Brief an Tillich aufgesetzt und den übrigen Konferenzteilnehmern vorgetragen.
    Unterzeichnet haben den "Weimarer Appell" nicht nur Bernhard Sterra vom Dresdner Amt für Kultur und Denkmalschutz und Hans-Rudolf Meier, Professor für Denkmalpflege und Baugeschichte in Weimar, sondern auch Jörg Haspel vom Internationalen Rat für Denkmalpflege (ICOMOS).

    Quelle: DNN vom 11.02.2014, S. 16.

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  • Die "Kehrtwende" kann ich erklären. Es hat sich im Verfahren herausgestellt, dass die Sanierung erheblich teurer wäre als ein vollständiger Abriss und Neubau der Mensa. Hinzu kommt, dass die Bauweise der Mensa nicht besonders funktional ist und dadurch auch langfristig nicht den Nutzen eines Neubaus erreichen kann. Dass das solange gedauert hat, bis das thematisiert wurde, hängt damit zusammen, dass erst später klarwurde, dass man sich in manchen Fällen über den Denkmalschutz hinwegsetzen kann.

    Meiner Meinung nach furchtbar peinlich, sich dem zu widersetzen. Allein schon der unnötig dramatische Name "Weimarer Appell" weist darauf hin, dass die Unterzeichner primär aus Nulpen bestehen, die sich freuen dass sie überhaupt mal wahrgenommen werden. Dabei habe ich noch nicht mal vom ästhetischen Wert diese furchtbaren Kastens gesprochen, der einen in exponierter Position an der Uni begrüßt. Würden diese "Weimarer Knalltüten" Erfolg mit ihrem Widerstand gegen den Abriss bekommen, wäre dies eine Niederlage für die TU im besonderen und die Stadt Dresden im allgemeinen.

  • Die "Kehrtwende" kann ich erklären. Es hat sich im Verfahren herausgestellt, dass die Sanierung erheblich teurer wäre als ein vollständiger Abriss und Neubau der Mensa. Hinzu kommt, dass die Bauweise der Mensa nicht besonders funktional ist und dadurch auch langfristig nicht den Nutzen eines Neubaus erreichen kann.

    Die Begründung ist bekannt. Jedoch besteht kein Automatismus zwischen ihr und der Aufhebung des Denkmalschutzes. Wofür wäre er denn sonst da?

    Allein schon der unnötig dramatische Name "Weimarer appell" weist darauf hin, dass die Unterzeichner primär aus Nulpen bestehen, die sich freuen dass sie überhaupt mal wahrgenommen werden.

    Es darf nicht unwidersprochen bleiben, wenn die führenden Denkmalschützer unserer Republik als "Nulpen" oder "Knalltüten" bezeichnet werden. Das Objekt steht nun einmal unter Schutz, ob es einem vom ästhetischen Standpunkt her gefällt oder nicht. Das sich Denkmalschützer, speziell auf einer Tagung zum Thema "Ostmoderne", dafür einsetzen, sollte einen also kaum verwundern.

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  • Und die Limbacher Straße 37 in Chemnitz stand auch unter Schutz. Muss wohl an der Zahlenkombination liegen...

    Aber im Ernst:

    Erstens hat niemand behauptet, dass der Abriss in der Bautzner Straße richtig oder damit weitere Abrisse zu rechtfertigen wären.

    Zweitens wird die hier diskutierte Mensa intensiv genutzt und es stehen prinzipiell auch Gelder für die Aufrechterhaltung der Nutzung bereit. Nur weil der Freistaat sie nicht mehr in die vorhandene Substanz investieren möchte, rechtfertigt das - unzumutbare Härte - noch lange keinen Abriss.

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  • @ Bilderbuch, der Automatismus besteht keinesfalls, die Möglichkeit diesen Weg einzuschlagen besteht dennoch. Die Frage würde sich gar nicht stellen, wenn nicht alle die mit dem Nutzen dieses Gebäudes in Verbindung stehen ( primär Universität, und Stadt) äußerst gerne einen Abriss durchführen möchten, unter anderem um das Gebäude sinnvoller nutzen zu können. Denn, und das lässt sich nicht von der Hand weisen, der bestehende Aufbau ist aus rein pragmatischen Gesichtspunkten mehr als suboptimal.
    Des Weiteren muss ich meinen Vorwurf gegenüber den "führenden Denkmalschützern der Republik" aufrechterhalten. Nur weil Gelder (gezwungenermaßen) prinzipiell bereit stehen, muss man sie auch nicht zwingend ausgeben. Das ist ein seltsam anmutendes Budgetverständnis. Darüber hinaus ist die Frage ob ein Gebäude unter Schutz steht zu einem gewissen Maß arbiträr. Wenn, wie in diesem Fall so viel Widerstand geleistet wird von Seiten der Denkmalschützer, obwohl der praktische, finanzielle, historische, und ästhetische Sinn einer Sanierung mehr als zweifelhaft ist, ist das für mich primär Wichtigtuerei einer Gruppe von Herren, deren Ego davon abhängt, anderen in die Suppe spucken zu können. Traurig.

  • Bis auf die Tatsache, dass du einen Vorwurf mit bloßen Beleidigungen verwechselst, schöne Worte! Dir ist aber hoffentlich klar, dass du damit den gesamten Denkmalschutz und damit auch im allgemeinen Sinne schöne Gebäude zur Disposition stellst.

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  • Keinesfalls. Es verhält sich mit dem Denkmalschutz wie mit allen anderen Dingen auch: im Übermaß schädlich. Ich bin ein großer Fan des Denkmalschutzes, auch bin ich mit vielen Aspekten der Dresdner Denkmalplege d'accord. Das heißt nicht, das man Einzelentscheidungen nicht anfechten kann, ohne den gesamten Sinn des Denkmalschutzes zu hinterfragen. Dass man dabei, vor allem im Rahmen eines Forums, gelegentlich seinem Ärger Luft macht, dürfte eigentlich kaum überraschen. Wer als Fußballfan eine Schiedsrichterentscheidung kritisiert, muss noch lange nicht deren allgemeine Abschaffung im Sinn führen.

  • Laut einem DNN-Bericht vom 18.02.2014, vollzieht das Finanzministerium eine abermalige Volte und möchte Ulf Zimmermanns Neue Mensa nun doch erhalten. Die Ironie an der Geschichte besteht jedoch darin, dass das Finanzministerium nicht etwa dem dafür zuständigen sächsischen Immobilien- und Baumanagement die Verantwortung als Bauherren übertragen möchte, sondern vielmehr dem mit solchen Projekten vollkommen unvertrauten Studentenwerk. Was für eine Farce!

    Hier findet sich ein ganz lesenswerter Aufsatz von Jana Knauth, der sich mit der allgemeinen Problematik befasst:

    http://quo-vadis-dresden.de/2014-02-weiter…rschwinden.html

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass die Palasax GmbH nicht nur die restliche Bienertmühle mit Vermarktung und Sanierung übernommen hat, sondern auch die BIENERT-VILLA!! Im Moment ist erstmal alles in der Warteschleife. Mal sehen, wann es wirklich losgeht, aber immerhin, ein Silberstreif.

    Rettung 5 vor 12 wäre das.

    http://www.palasax.de/bienertmuehle-ii.html

    http://www.palasax.de/bienertmuehle-iii.html

    http://www.palasax.de/bienertvilla.html (!)

    altes Bild von User "Miwori"

    Gruß DV

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  • Das sind ja fantastische Neuigkeiten. Die Sanierung dürfte in der Tat die fast schon nicht mehr erhoffte Rettung der Immobilie bedeuten.
    Zwar gehört die in einfachen Neorenaissanceformen errichtete Villa nicht gerade zu den wertvollsten – noch vorhandenen – Vertretern der Semper-Nicolai-Schule, dafür aber besitzt sie für den Stadtteil sowie das Mühlenensemble (Fabrikanten-Villa) eine gesteigerte kulturgeschichtliche Bedeutung. Nicht umsonst bemüht sich der Bienert Förderverein Plauenscher Grund etwa um eine Sanierung des hölzernen Gartenpavillons im verwilderten Park des 1863 errichteten Gebäudes. Hoffentlich mögen die Maßnahmen von Verein und Bauträger, der Lageungunst zum Trotz, von maximalem Erfolg gekrönt sein!

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  • Hier ein kleiner aktueller fotografischer Rundgrang um die Bienertmühle und die Bienertvilla, da man ja hier in Bälde einige Veränderungen erleben wird. Wie man sieht wird die Mühle Richtung Weißeritz weiter zu Loftwohnungen ausgebaut. Am Gerüst hängt das entsprechende Plakat. Hofseitig scheint bei den Gebäudeteilen aber nichts zu passieren. Da die Mühle einen Lichthof hat, scheint sich die Nutzung durch Wohneinheiten nur auf den Außenbereich zu beschränken. Bisher. Auch der südliche Anbau, das Wäschehaus, scheint für einen Umbau vorbereitet zu werden. Ob und wie weit die darin befindlichen Ateliers bereits ganz leer sind, weiss ich nicht. (Ich bin vor Jahren vom Besitzer da "rausgeekelt" worden)

    Dazu noch eine aktualisierte Ansicht der Villa hofseitig und vom Bahnsteig DD-Plauen aus. Die Villa hats in den Jahren ordentlich mitgenommen. Nachdem Stuckdiebe (wenns sowas als Bezeichnung überhaupt gibt) die Fabrikantenräume ausgekratzt haben, ist in den letzten beiden Jahren das Oberlicht bis zum Erdgeschoss durchgebrochen. Durchstreifen kann man jetzt deswegen leider nicht mehr. Ob überhaut irgendwas zu retten ist, werden wir ja in Zukunft sehen.

    Viel Spass beim anschauen - und der Bienertpark ist immer einen Spaziergang wert. :)

  • Dazu noch eine aktualisierte Ansicht der Villa hofseitig und vom Bahnsteig DD-Plauen aus. (...) Ob überhaut irgendwas zu retten ist, werden wir ja in Zukunft sehen.

    Das wäre aber doch sehr zu hoffen. Es sollte sich doch in Dresden ein Investor finden, der aus dieser - notfalls entkernten - Villa etwas zu machen in der Lage ist, oder?