München - Neubau des Königshofs am Stachus

  • Bis Ende 2017 kann noch viel passieren. Da wird der Entwurf sicher noch das ein oder andere Mal geändert. Die Visualisierungen bei Tageslicht sind einfach nur schlecht gemacht. Man kann ja kaum erkennen wo die Fenster sind. In der Realität wird das Haus sicher nicht so aussehen. Auf dem Nachtbild sieht es so aus, als bekäme der Bau eine Steinfassade. Das ist immerhin besser als Wärmedämm-Schimmelstyropor.

  • Also nichts für ungut, dagegen wirkt der Bestand doch noch gelungen. Ausgeprägte Sockelzone, Risalite, mezzaninartiger Abschluss, fast schon klassisch bis auf die Fensterausbildung und -formate sowie die Materialwahl. Der Neubau ist dagegen brutal-primitiver Schrott.

  • "Erbses" Entwurf sieht ein wenig "stalinistisch" aus, wie ein Bau aus der frühen DDR. Aber mir gefällt die Kombination aus Neoklassizismus und 50er-Jahre-Moderne. :daumenoben:

    Leider aber haben sich die Verantwortlichen für eine konsequente Moderne entschieden. Dem Platz werden sie vermutlich keinen Gefallen damit tun. Und ein Luxushotel würde ich als Tourist hinter dem geplanten Klotz auch nicht gerade vermuten. Aber, wenn sie meinen, dass sich das rechnet, dann müssen sie´s wohl tun.

  • München ist eine Großstadt und muss solche Bauten außerhalb des alten Zentrums aushalten. Überhaupt, wo es innerhalb desselbigen wahrlich noch genug zu tun gäbe.
    Der neue Entwurf ist immerhin ein orgineller Blickfang. So macht Moderne noch am ehesten Spaß. Der Vorgängerbau ist einfach nur lähmend.
    Man darf auch nicht vergessen, dass sich Wirkung und Stimmung dieser alten, historistischen Platzräume aufgrund der schrecklichen Verkehrsituation einfach nicht mehr wiederherstellen lassen. So ein Verkehrsknotenpunkt hat halt heute im Gegensatz zu 1900 0,0 Verweilqualität. Daher ist es nur konsequent, dass man den Bauwerken nur sehr grobe, quasi en passant wahrnehmbare Reize verleiht.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das sehe ich nicht so. Zum einen zeigen viele Beispiele, dass das Nebeneinander von Fußgängern und Autoverkehr eher zur Belebung der Stadt beitragen kann, als das vor allem aus den 70er Jahren stammende Konzept der Fußgängerzone. In Frankfurt sind beispielsweise die Außencafés an Straßen mit Autoverkehr (z.B. Berger Straße) keinesfalls unbeliebter, als jene in der Fußgängerzone (z.B. Fressgass´) . Fußgängerzonen sind zudem nachts oft Angsträume. Die Geschäfte sind geschlossen, es sind kaum noch Leute unterwegs, außer eventuellen Putzkolonnen und herumlungerndem Gesindel. Ich selbst gehe des öfteren in ein Restaurant, dessen Außenwirtschaft zu einer Hauptverkehrsstraße gelegen ist. Ist das Umfeld grün gefasst (Büsche, hohe Bäume), stört das keinesfalls so sehr, wie man annehmen würde. Zum Beispiel kann man durchaus gut in einem Café direkt an der Champs Elysees sitzen und die Urbanität genießen. Und das vor allem, weil man dort gefällige Architektur vorfindet, nicht aber irgendwelche Klötze mit "sehr groben... Reizen". Ich schlendere auch gerne, trotz des Verkehrs, an der Karl Marx Allee in Berlin entlang. Einfach weil mir die Architektur gefällt. Würden dort irgendwelche modernen Klötze stehen, würde ich den Ort als Fußgänger meiden.
    Zudem muss man auch den Blick in die Zukunft richten. Man muss nicht unbedingt davon ausgehen, dass der Verkehr immer weiter zunimmt. Das auf Wachstum ausgerichtete System wird irgendwann fallen. Wer weiß, vielleicht haben wir in 50 oder 100 Jahren weit weniger Auto-Verkehr als heute. Zum einen, weil Treibstoff und Energie insgesamt zu knapp und teuer geworden ist, zum anderen, weil sich viele Leute kein Auto mehr leisten können/wollen. Der Trend ist heute in den Großstädten bei den jungen Leuten schon erkennbar. Ich habe selbst jüngere Freunde, die ihr Auto abgeschafft haben. Warum also Architektur nicht auch nachhaltig gestalten? Zum Beispiel sich nicht dem Primat des Verkehrs und grenzenlosen "Fortschritts" unterordnen, sondern schon heute an der Welt von morgen bauen? Dazu gehört, dass man gar keine Bauten mehr "aushalten" muss. Egal an welcher Stelle, sollten sie stets ein Augenschmaus sein.

  • Wo bleibt da der tolle Mäckler mit seinem Stadtbaukunst-Institut? Sonntagsreden zu mehr Baukultur halten, das können sie, aber derweil werden unsere Städte weiter mit austauschbaren Kisten verschandelt, das ist die Realität in Deutschland. Ich halte ja nichts von Verschwörungstheorien, aber manchmal meine ich die verantwortlichen Architekten und Preisrichter haben sich zum Ziel gesetzt die einheimische Architektur auszutauschen und überall ihre Kisten hinzupflanzen, und je mehr Widerstand es gibt desto verbissener machen sie weiter.

    In dubio pro reko

  • Leider sehen die Liebhaber dieses Entwurfes nur die Front. Diese mag ja mit dem eckigen Spalt ganz interessant sein. Was aber ist mit den übrigen drei Seiten? Wie man hier sieht, kommt da wieder nur Langeweile auf. Man wird sich dem Haus sicher nicht immer vom Stachus aus nähern.

    Übrigens empfinde ich den Namen "Justizkasten" für den Justizpalast schon als ziemlich dreist.

  • "Erbses" Entwurf sieht ein wenig "stalinistisch" aus, wie ein Bau aus der frühen DDR. Aber mir gefällt die Kombination aus Neoklassizismus und 50er-Jahre-Moderne. :daumenoben:

    Das fände ich jetzt nicht so schlecht, würde sich doch dieser Entwurf von Erbse noch harmonisch einfügen. Aber des Ding was da nun gebaut werden soll, kann ich nur als greissliches Schandmal bezeichnen


  • Dir ist klar, dass du hier den Vertretern der autogerechten Stadt das Wort redest, oder?
    Ursus, ursus... nono:)

    Gegen eine Autogerechte Stadt ist an sich nichts einzuwenden, so man denn vernünftige Lösungen findet, wie beispielsweise den Autoverkehr unter die Stadt zu verlegen. Anstatt über einen Bau einer 2. S- Bahnröhre nachzudenken, wäre es meines Erachtens nach sinnvoller den Tunnelbau für Kraftfahrzeuge voranzutreiben.

  • ...motorisierter Individualverkehr sollte schon längst zu einem Anachronismus geworden sein. Ist er aber leider nicht.
    Ich finde es sollte alles daran getan werden, das Auto im Statdtverkehr weitestmöglich durch einen guten günstigen (bspw. fahrkartenlosen) ÖPNv und durch Fahrräder zu ersetzen. EIne autogerechte Stadt ist eine menschenverachtene Stadt. Sowohl der Umwelt als auch der Lebensqualität würde eine drastische Reduzierung der PKWs sehr sehr gut tun.

  • Ich bin auch kein Fan der autogerechten Stadt aber in Zeiten von Internethandel ist es für eine funktionierende Innenstadt wie wir es ja alle wünschen, unumgänglich, dass diese auch erreichbar ist. Auch früher, und damit meine ich vor Einführung des Automobils, stellte der Individualverkehr, damals noch Droschken und Fuhrwerke, ein Problem dar. Das Problem ist unsere Form von Stadt und die Citybildung. Paris und London standen damals vor dem Kollaps, auch ohne Autos.
    Die damals einsetzende Landflucht derer, die es sich leisten konnten, war die Konsequenz. diese dauert bis heute an. In die Stadt geht man doch eigentlich nur zum Ausgehen und Einkaufen. Wer in der Stadt wohnt hat darüber hinaus auch gut schimpfen und muss sich nicht mit dem schlecht ausgebauten Nahverkehr auseinandersetzen. Ein Gutteil des städtischen Verkehrs machen ja die Leute von ausserhalb aus und jetzt stellt euch mal vor, die würden alle auch noch die öffentlichen Verkehrsmittel verstopfen. Die die jetzt groß tönen, wären die ersten, die sich über die Auswärtigen aufregen würden und wenn diese gar in die Stadt ziehen würden, würde über die steigenden Mieten geklagt.

    Den Individualverkehr nur zu verdammen, ist der falsche Weg. Ausserdem kassieren die Städte auch kräftig in Form von Parkgebühren und Strafzetteln ab, viel Geld, das im Haushalt ansonsten fehlen würde.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Hm, da hat Freund DV schon mit einigem Geschick versucht, mich dort zu treffen, wo es mir weh tut. Selbstverständlich will mich mit autogerecher Stadt und derartigem Firlefanz nichts am Hut haben.
    Aber aber habe eben nur etwas konstatiert und nichts weiter. Um die Schönheit gründerzeitlicher Ensembles wiederherzustellen, muss man sich gegen den Autowahn stemmen. Ich wäre der erste Verfechter dafür.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • OT

    Zitat

    ...motorisierter Individualverkehr sollte schon längst zu einem Anachronismus geworden sein. Ist er aber leider nicht.

    Wer in einer Großstadt wohnt und in geringer Entfernung eine häufig bediente Bushaltestelle oder U-Bahn-Station hat, der mag dies denken. Aber schon an meinem Wohnort mit immerhin 40.000 Einwohnern in Landkreis Esslingen, der gerade mal 600 Meter hinter der Stuttgarter Stadtgrenze liegt, ist es ziemlich schwierig, speziell am Wochende ohne Auto nach Stuttgart zu gelangen - da fährt der Bus nämlich nur noch einmal die Stunde bis zur nächsten Stadtbahn-Haltestelle, und die Stadtbahn fährt auch in relativ großen Abständen. Aber was soll die Alternative sein? Die am Wochenende sowieso zu 80 % leere Stadtbahn dann alle 10 Minuten völlig leer fahren zu lassen oder jedes kleine Dorf mit Sammeltaxis anbinden, die dann realistischerweise zweimal am Tag fahren?

    Letzten Samstag habe ich übrigens ein Experiment veranstaltet und bin von meinem Wohnort ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus, S-Bahn, Regionalbahn, dann andere Regionalbahn und nochmals S-Bahn und Bus) zur Spezialradmesse nach Germersheim gefahren - obwohl ich immer den optimalen Anschluß gewählt hatte, war ich insgesamt 4 Stunden und 40 Minuten unterwegs, und das für eine Strecke von 120 km, die ich mit dem Auto in weniger als einer Stunde fahre (da durchgängig Autobahn oder vierspurige Bundesstraße).

    Die Abschaffung des Individualverkehrs erscheint mir selbst in einem sehr dicht besiedelten Bundesland wie BW schlicht nicht machbar.

  • Die Abschaffung des Individualverkehrs erscheint mir selbst in einem sehr dicht besiedelten Bundesland wie BW schlicht nicht machbar.


    Stimme zu. Postwachstumsfantasien ohne Individualverkehr etc. bleiben Fantasien, auch künftig.

    Was sich natürlich gern ändern darf, sind die diversen Antriebsarten und Emissionen - es geht auch weitgehend ohne Lärm, Ruß und Gestank. Wenn wir uns dann alle von unseren flüsterleisen, selbstgelenkten E-Kisten über staufreie Straßen kutschieren lassen, macht das Ganze sogar wieder richtig Freude. Dabei dann entspannten Klängen lauschen, Whiskey trinken und vom Frollein massieren lassen. :thumbup: