Kurzer (bau-)geschichtlicher Überblick zu Oberndorf am Neckar im Landkreis Rottweil:
Die Herzöge von Teck erbauten vermutlich im zwölften Jahrhundert die Höhenburg Waseneck als Residenz und gründeten vor 1251 auf der Anhöhe die heutige Oberstadt.
Die Straßenführung, die sich hier rechtwinklig kreuzt, beweist eine gelenkte Anlage. Die Ummauerung hatte zwei Haupttore (Obertor und Kirchttor), das Mühltörle am Aufgang 'Langer Weg' sowie mehrere Türme und war im Westen durch einen Graben geschützt. Die im Kern romanische Stadtkirche Sankt Michael geht auf das zwölfte Jahrhundert zurück. Die herzogliche Pfalz wurde später zum Kameralamt umgebaut. Vor 1264 gründeten die Stadtherren in der Talvorstadt ein Augustinerkloster. 1272 wird bei der Stadtkirche in der Oberstadt ein Dominikanerinnenkloster genannt. 1772 wurde das Augustinerkloster, 1774 die dazugehörige Klosterkirche neu erbaut. Beim großen Stadtbrand 1780 brannten 87 Häuser ab, darunter das Rathaus, das Schulhaus, das Pfarrhaus, der Kirchturm und das Dominikanerinnenkloster. Nach dem Übergang an Württemberg wurde 1810 im Dominikanerinnenkloster ein Oberamt eingerichtet. Im Augustinerkloster wurde 1811 eine staatliche Gewehrsfabrik eingerichtet, ab 1874 Waffenfabrik Mauser. Bei einem neuerlichen Stadtbrand im Jahre 1842 wurden 35 Häuser in der Altstadt zerstört.
Plan der heutigen Oberstadt (Altstadt) von Oberndorf am Neckar nach Geometer Hofer, 1812
Bildquelle: eigene
Mit auf Grund der Waffenfabrikation war Oberndorf Ziel zahlreicher Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg. Es grenzt fast an ein Wunder, dass nicht die nahe gelegene Altstadt komplett zerstört wurde. Was der Krieg nicht zerstörte, erledigte aber in der Nachkriegszeit vielfach die Abrissbirne. So fiel die ehemalige Zehntscheuer in der Pfalzstraße/ Ecke Kameralstraße 1959 dem Neubau zweier Wohnhäuser zum Opfer. Auch in der Färbergasse und anderen Teilen der Altstadt musste alte Bausubstanz Neubauten weichen, die, oft aus Beton und rein dem Zeitgeschmack gehorchend, aus dem Boden gestampft wurden. Unter Sanierung verstand man hier schon damals Neubau als Ersatz für abgerissene alte Gebäude. Aber auch einige Renovierungen und Erneuerungen bestehenden Wohnraums ließen das historische Gewand der Häuser verschwinden. So wurden oft alte Häuser den Neubauten angepasst und nicht umgekehrt. Unter dem Stichwort der Altstadtsanierung wurde in Oberndorf beispielsweise fast die komplette untere Hauptstraße in Folge des alten Rathauses abgebrochen. Historische Bausubstanz wurde vernachlässigt, marode und der Ausbau von Verkehrswegen schien bedeutsamer als die Bewahrung alter Gebäude. Beinahe wäre sogar das barocke Augustinerkloster dem Ausbau der Bundesstraße zum Opfer gefallen. Nach langen und heftigen Kontroversen und der Einschaltung des Landesdenkmalamtes entschied sich der Oberndorfer Gemeinderat für den Kauf und Erhalt des kunsthistorisch wertvollen Gebäudes. Die renovierte Kirche ist mit Abschluss der Arbeiten seit 1978 Konzert und Veranstaltungshaus. Im angrenzenden Klosterbau sind das heutige Rathaus mit Verwaltungsabteilungen sowie die Polizei untergebracht.
Quellen: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands/ Baden-Württemberg, Geschichte der Stadt Oberndorf am Neckar/ Band 1 und 2