Stadtbild in Deutschland: Bilanz der letzten 10 Jahre

  • In diesen zehn Jahren ist absolut nichts besser geworden - es gibt zwar ein paar Sahnehäppchen wie die Frauenkirche, aber das ändert nichts daran, dass die Suppe, die wir irgendwann auslöffeln müssen, immer noch nicht schmeckt.
    Es gibt immer noch zu viele Menschen, die einfach nicht begreifen, dass beim Bau(en) nicht der Profit zählt und man historische Gebäude nicht am Materialwert messen kann.
    Wenn ich in meinem Bekanntenkreis erzähle, dass beispielsweise ein Fachwerkhaus in meiner Heimatstadt (übrigens ein reich verziertes, sodass selbst der Ungebildetste erkennen müsste, dass es erhaltenswert ist) leersteht und langsam verfällt, heißt es so gut wie immer: "Hoffentlich robbe se die alt Hubick ab. Was des fer e Geld kostet. Do geht nix mee fier." oder "Na ja, dann reißen sie das halt ab - ist ja nicht meine Sache. Ich meine was soll ich denn machen?" oder "Es ist schon schade, aber da kann man halt nichts machen: Das ganze ordentlich zu sanieren und zu erhalten, kostet richtig viel Geld und Energie geht auch viel verloren, weil es nicht gedämmt ist.
    Und dann hat man auch noch den Denkmalschutz an der Backe.
    Soviel Geld, Zeit und Nerven hat doch niemand.
    Deshalb ist es besser, das Ganze abzureißen."

    Ich habe hier auch noch einen Link, der das in besonders rabiater Form deutlich macht:
    http://www1.wdr.de/themen/panoram…ntent-long.html (Bernys Kommentar)

  • Wenn das Ironie sein soll, wüsste ich nicht, wo die Indikatoren diesbezüglich zu verorten sein sollen.

  • [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist schon ok, die Altstadt ist halt klein und gibt (für mich) nicht allzu viel her. Insgesamt ist es schon eine Stadt, in der ich mich im Vergleich zu manch anderer in D schon erstaunlich wohl gefühlt habe und gerne dort war.

    Klar, wenn mir 1999 jemand gesagt hätte, wie Neumarkt und Umfeld in DD 2013 ausschaut, den hätte ich verrückt erklärt. Aber was hat sich schon in Augsburg, München oder Nürnberg in den letzten 10 Jahren verbessert und gibt es hierfür, abseits von dem was die Altstadtfreunde N leisten irgendwelchen Optimismus? Memmingen z.B. scheint derzeit das nachholen zu müssen, was sie erstaunlicherweise um 1970 im Altstadtbereich weitgehend versäumt haben Und siehe Ingolstadt oder Regensburg, das sind Projekte, die eigentlich fast alles in den 60er oder 70er übertreffen. Die Ulmer Mitte gehört für mich auch dazu, sowas gab es nicht einmal Anfang der 70er. Die Hoffnung, das qualitätvolleres Bauen sich in den nächsten Jahren wieder mehr durchsetzt, habe ich trotzdem, im Moment spricht aber zumindest vielerorts im Süden D wenig dafür. Und wenn so wie in den letzten Jahren einige bedeutende Altstadtgebäude in LA abgerissen werden und weitere wichtige einfach so aus dem Denkmalschutz genommnen werden, macht das einen auch nicht optimistischer.

  • Die gegenteilige Wahrnehmung ist meiner Ansicht nach schon verblüffend. Ich kann unsere aus dem Süden stammenden Foristen verstehen. In den neuen Ländern kann man sich ob der fortgeführten Sanierungen natürlich nicht dem Eindruck erwehren, dass es besser geworden ist. Dazu tragen auch an sich unscheinbare Neubauten bei, die eklatante Lücken im Stadtbild füllen. Diese Entwicklung wiegt für mich den Schmerz um vielfachen Abriss historischer Bausubstanz insgesamt eigentlich auf.

    Im Süden allerdings geht es zwangsweise bergab. Die Innenstädte sind saniert. Der Denkmalschutz listet weniger Objekte, eine "Erkundungswelle" wie nach 1990 in den neuen Ländern hat es nie wirklich gegeben. Wenn man zeigen will, dass auch im kleinsten Städtchen moderne Zeiten angebrochen sind, schreckt man vor modernistischen Entgleisungen kaum zurück.
    Solche Abrisswellen wie sie bspw. Landshut die letzten Jahre erlebt, ist in einer vlt. gerade erst durchsanierten Altstadt wie Quedlinburg oder auch Erfurt unvorstellbar.

  • Das ist richtig. Wie oft musste ich mich fragen, warum im Süden der Republik Häuser abgerissen wurden, weil sie "unrettbar", weil "ruinös" und so angeblich nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren waren, während ich unsere wirklichen(!) Ruinen im Osten im Kopf hatte...wo bei vergleichsweise deutlich geringeren zukünftigen Mieteinahmen (aufgrund geringerer Einkommen der Bevölkerung) dennoch sehr ambitionierte Sanierungprojekte durchgezogen wurden oder aktuell noch werden.

    Irgendwie geht da ne Schere auf in Deutschland...

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Ich beschäftige mich jetzt seit 15 Jahren nebensächlich mit historischer Architektur und bin in diesem Zeitraum aus Wettringen im Münsterland nach Dortmund zum Studieren und jetzt nach München zum Promovieren gezogen... und habe in dem Zeitraum auch viel gesehen.

    Grundsätzlich ist es schon positiv, dass plötzlich Gebäude stehen oder gebaut werden, von denen ich vor 10-15 Jahren nie geträumt hätte, sie einmal wiedersehen zu können. Hier sei unter anderem der umgestülpte Zuckerhut, Schloss Herrenhausen, Potsdamer und Berliner Stadtschloss (wenn auch beide etwas verstümmelt), der Dresdener Neumarkt oder die weitere Rekonstruktionen von Teilen der Frankfurter Altstadt. Auch der immer öfter zu beobachtende historisch angepasste Baustil stimmt mich positiv.

    Doch wieviel einzigartige Gebäude sind in diesem Zeitraum für immer aus dem Stadtbild verschwunden? Hier nur mal eine kleine, unvorbereitete Aufzählung aus dem Kopf heraus:
    - Märchenhaus [lexicon='Leipzig'][/lexicon] (Friedrich-Ebert-Straße 81)
    - Blechbüchse [lexicon='Leipzig'][/lexicon] (ich hatte bis zum Schluss gehofft, die historische Sandsteinfassade bleibt erhalten)
    - Karstadtgebäude Essen
    - Gottschalk-Areal Kassel
    - Bismarckbad Hamburg
    - Jugendstilviertel Duisburg-Bruckhausen (wohl DAS Stadtverbrechen des 21. Jahrhunderts)
    - etliche Einfamilienhäuser und Villen der Gründerzeit bis 30er Jahre
    - Kümpers-Fabrik Rheine
    - Lehrter Stadtbahnhof, Berlin
    - Rest des Wertmann-Kaufhauses Berlin
    - Hauptpost Köln
    - Gründerzeitgebäude zwischen Hauptbahnhof und Rhein in Köln
    - Ringmessehaus-Hallen, [lexicon='Leipzig'][/lexicon]
    - Bahnhofsflügelbauten, Stuttgart (+ Anbau der Bahndirektion)
    - Bundesbahndirektion Frankfurt
    - Die großartigen 20er-Jahre Kraftwerksbauten in Dresden (Kraftwerk Mitte) und Dortmund (Weißenburger Straße)
    ...

    Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Insbesondere bei Bauten, die heute nicht mehr in ihrer Ursprungsfunktion nutzbar sind, wird schneller die Abrissbirne geschwungen anstatt sich über Alternativkonzepte Gedanken zu machen. Eine andere Entwicklung ist die, dass immer öfter nur noch die Fassade stehen gelassen wird. Auf das Stadtbild hat dies zwar keinen negativen Einfluss, allerdings verschwinden somit historische Räume, Treppenhäuser uvw. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass die heutigen Bauwerke genauso haltbar sind wie die historischen. Somit können wir gespannt sein, was passiert, wenn das Nachfolgebauwerk sanierungsbedürftig wird. Auch die Architektur der 30er-50er-Jahre, die mir doch immer öfter zusagt, wird heute sehr schnell zerstört. Beispielsweise ist die Oberfinanzdirektion Frankfurt für mich ein Top-Beispiel für 50er-Jahre Architektur und stört auch nicht das Stadtbild - wird aber leider genauso verschwinden wie das Friedrich-Engelhorn-Hochhaus in Ludwigshafen. Auch die zunehmende Verschandelung durch Styropordämmung und den vermutlich in einigne Fällen resultierenden Abriss in 10 Jahren aufgrund verschimmelter Baustruktur ist eine Entwicklung, die es früher nicht gegeben hat. Genauso beunruhigt mich, dass derzeit viele ihr Geld in Immobilien anlegen und somit (zumindest in München) überall vorschnell abgerissen und mit billigster Investorenarchitektur aufgefüllt wird.

    Grundsätzlich betrachte ich daher die aktuelle Entwicklung mit Sorge und habe insbesondere Angst um alle Gebäude, deren Bedeutung heute aufgrund von Verstümmelungen nicht mehr sichtbar oder aus welchen Gründen auch immer nicht abzuschätzen ist. Und ich hoffe, dass die Rekonstruktionen sich zu einer regelrechten Rekowelle weiterentwickeln - auch wenn eine Reko in den seltensten Fällen (nämlich bei einer 1:1-Reko) ein wirklicher Ersatz ist.

    Grüße
    Michael

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • für Bremen kann ich tatsächlich sagen, dass die letzten 10 Jahre ebenfalls eher positiv zu bewerten sind. Es hat seit der Jahrtausendwende doch ein grundlegendes Umdenken in Sachen Erhalt historischer Gebäude gegeben, während die Stadt bis weit in die Neunziger Jahre tlw. durch haarsträubende Fehlentscheidungen als kleine "Freie und Abrissstadt" mit Hamburg wetteiferte.

    Der städtische Denkmalschützer Georg Skalecki hat zusammen mit einigen lokalen Mäzenen wie Klaus Hübotter mit seinem Engagement z.B. für die Reste der erhaltenen Hafenarchitektur (s. entsprechende Galerie) für eine grundlegende Wende gesorgt, wiewohl seine grundlegende Ablehnung von Rekos hier nicht unbedingt auf Gegenliebe stoßen dürfte.

    Im Zuge der Erstellung des "Masterplans" für die alten Hafenreviere, nun Überseestadt genannt, war ursprünglich der Totalabriss aller bestehenden Altbauten auf dem Gelände geplant, inkl. des historischen Speichers XI, dem einzigen erhaltenen Langspeicher aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Erst als man merkte, dass sich Bestandsbauten sogar wesentlich besser vermarkten lassen und Herr Skalecki dann in einer geschickten und fast als "konzertiert" zu bezeichnenden Aktion fast die gesamte überkommene Hafenbebauung mit einem Schlag unter Denkmalschutz stellte, drehte sich der Wind ganz gewaltig.

    Nur deshalb können wir in HB noch die Kaffee-HAG-Werke sehen (erste Fabrik DER WELT mit Fließbandproduktion, noch vor Henry Fords Autowerken), viele verschiedene Hafenspeicher und -schuppen aus verschiedenen Epochen und nicht zuletzt die monumentale Getreideverkehrsanlage. Mittlerweile werden sogar scheinbar unscheinbare und doch sehr gelungene 50er-Jahre-Speicher, die gar nicht unter Denkmalschutz stehen, schick renoviert und äußerst erfolgreich vermarktet. Der Flächenrenditedruck ist in Bremen eben (noch) nicht so hoch wie in anderen Städten, wo natürlich jedes dieser Gebäude durch ein flächenoptimiertes Monstrum ersetzt worden wäre.

    Problem in Bremen ist aber sicher auch der Umgang mit den freistehenden Villen aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Hier mehren sich die Abrisse und Ersatz durch die Baugesetze maximal ausnutzende Neubauten - ein Phänomen wohl in fast jeder einigermaßen prosperierenden Stadt und sehr schwierig zu lösen.

    Was die Innenstadt und die von Bremer Häusern geprägten Gebiete der Stadt angeht, ist die Bilanz allerdings bestenfalls gemischt. Aber auch hier scheint die Zeit der maßstabsprengenden Neoklötze eher hinter als vor uns zu liegen.

  • Danke Booni und Heinzer für Eure detailierten Einschätzungen im Rahmen einer "Bilanz der letzten 10 Jahre". Es scheint derzeit alles nebeneinander erlaubt zu sein: Auf der einen Seite Rekos, klassische Neubauten und behutsame Luxussanierungen. Auf der anderen Seite, billigste Investorenarchitektur, rücksichtlose Luxusbebauung und Abrisse historischer Bausubstanz. Ich hatte Eingangs dieses Threads ein positives Bild der derzeitigen Situation gezeichnet. Allerdings habe ich das Gefühl dass ich meine Meinung etwas revidieren muss. Insbesondere in Berlin wurden in letzter Zeit wieder auffallend viele "Ego"-Bauten von Architekten gebaut - ohne jeglichen Anstand gegenüber dem historischen Kontext. Was die Freie Hanse und Abrissstadt Hamburg veranstaltet ist ohne Worte. Zumindstens in den Mittelstädten ohne hohen Investorendruck scheint sich die Lage beruhigt zu haben und es scheint eine vielleicht sogar positive Gesamtbilanz für die letzten 10 Jahre zu geben.

    ...

  • Booni und Wikos,

    Finde es immer toll um eine Bilanz zu machen. Deutschland ist, trotz dem massenhaften Bau von Würfel und Abbruch schöner Grzt. Fassaden (Chemnitz) auf dem positiven Weg!! Viele Fassaden wurden saniert. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und Halle führen hier die Städte an! In Potsdam wurde einiges saniert und wiederaufgebaut, in Dresden geht es langsam voran. In Berlin werden weiter Lücken gefüllt aber die Stadt hat noch immer nicht die Vorkriegszahl an Einwohnern erreicht und die Pläne zur Heilung der Innenstadt (Marien Viertel und Petri-Viertel) gibt es nicht: keine Vision dazu die Mut macht oder Vertrauen gibt. Das Danziger Vorbild wünsche ich der Innenstadt Berlins von Herzen zu!!!

    Positiv beurteile ich die Entwicklungen und allgemeine Lage in Grosstädten wie Berlin, Hamburg, München, [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Dresden, Düsseldorf, Stuttgart, Hannover, Nürnberg, Bremen, Wuppertal. Negativ: Köln, Frankfurt (Ausnahme Altstadtpläne), Mannheim und Magdeburg (einige Aussenviertel sehen aber überraschend heil aus). Neutral beurteile ich Karlsruhe und Chemnitz (wegen der Abbruchfälle und Leerstand neben Sanierungen). Also sieht die Mehrzahl der historisch gewachsen Grossstädte doch schön aus.

    Dazu schöne Sanierungen im ehemaligen Breslau und Stettin, worauf die Deutschen Stolz sein können. Königsberg: weitgehend verlorene Pracht, aber es gibt Pläne zur Rekonstruktion der Innenstadt. Danzig: ein grosser Teil der ehemaligen Innenstadt sehr schön saniert. Die Lage in der ehemaligen schöen Stadt Kassel ist leider noch immer miese. Wie in Berlin hält man hier nichts von historisch angelegtem Bauen oder Rekos zur Aufwertung der Stadt.

    Enttäuschend waren für mich die Staab / Moll Entwürfe für Friedrichswerder und die Haltung zu weiteren Rekonstruktionen in Potsdam (Alte Post), Magdeburg (Ulrichskirche) und Dresden (die Pläne für VII versprechen wenig Gutes). Daneben die bedrohliche Lage in dem wunderschönen Zittau, die wenig durchgreifende Sanierung des Pellerhauses (leider noch keine Vorbildfunktion) oder des Schlosses in Zerbst.
    Und am Schluss sehe ich in Berlin vorerst noch keine massenhafte (historisch angelegte) Aufwertungen / Sanierungen in den ehemaligen erhobenen Gründerzeitviertel. Enttäuschend finde ich auch, dass für die ehemalige schöne Innenstadt von Duisburg wenig bis nichts getan wird, um diese Innenstadt wieder etwas von der ehemaligen Schönheit zu bieten.

    Einmal editiert, zuletzt von Klassiker (11. März 2014 um 20:33)

  • Positiv beurteile ich die Entwicklungen und allgemeine Lage in Grosstädten wie Berlin, Hamburg, München, [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Dresden, Düsseldorf, Stuttgart, Hannover, Nürnberg, Bremen, Wuppertal. Negativ: Köln, Frankfurt (Ausnahme Altstadtpläne), Mannheim und Magdeburg (einige Aussenviertel sehen aber überraschend heil aus). Neutral beurteile ich Karlsruhe und Chemnitz (wegen der Abbruchfälle und Leerstand neben Sanierungen). Also sieht die Mehrzahl der historisch gewachsen Grossstädte doch schön aus.

    Kann deine Bewertung nicht ganz nachvollziehen. Wo sind denn in München und Stuttgart positive Tendenzen zu sehen? Gerade in München wird doch aktuell in der Wohnbaunot so ziemlich alles genehmigt, was irgendwie Wohnraum schafft. In Stuttgart ist das städtebauliche Tabula Rasa mit Stuttgart21 allein schon Grund genug, hier keine positive Entwicklung zu sehen.
    Köln und Frankfurt würde ich dagegen eher als positiv werten. In Köln gab es z.B. die Flora-Rekonstruktion und das ein oder andere klassische Neubauprojekt (wobei Köln ggü. Düsseldorf hier klar zurücksteht). In Frankfurt ist die Rekonstruktion der Altstadt eine Sache, insgesamt habe ich aber auch so dass Gefühl, dass eine größere Wertschätzung gegenüber dem alten Stadtbild entsteht. Das neue Hotel am Opernplatz z.B. ist Teil dieser Entwicklung.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Allgemein ist die Entwicklung positiv zu sehen. Doch insbesondere in München und Hamburg sehe ich derzeit einen massiven Rückschritt. Was dort in der letzten Zeit und demnächst an historischer Restbebauung unter der Abrissbirne verschwindet ist ohne Worte.

    ...

  • Allgemein ist die Entwicklung positiv zu sehen.


    Das kann ich mitnichten bestätigen. Auch in den letzten Jahren ist es beständig schlechter geworden. Auch in den Altstädten wird gnadenlos, ohne Rücksicht auf die Umgebung oder die Bedeutung der Altstadt als den historischen Stadtkernen, drauflosgeklotzt, was an Hässlichkeit und Gesichtslosigkeit kaum mehr zu übertreffen scheint. Es fällt mir schwer, irgendwo eine Verbsserung zu entdecken. 1988 waren die Neubauten am besten, seitdem geht es beständig bergab. Wo ich hier auch nur einen Ansatz von positiver Entwicklung sehen soll, ist mir schleierhaft.

    Aber das habe ich hier ja schon einmal gesagt: Stadtbild in Deutschland: Bilanz der letzten 10 Jahre

  • Die letzten 10 Jahre hat schon ein Paradigmenwechsel stattgefunden mit Rekos u. Vorhaben, die vor 20 Jahren noch nicht einmal erträumt waren:
    u.a. Dresden, Frauenkirche, Neumarkt mit vielen Leitbauten und rekonstruierten Fassaden, Berlin/Stadtschloss, Braunschweig/Schlossfassade, Hannover/Schloss Herrenhausen, Potsdam/Stadtschloss/Palais Barberini geplant/Gebäude an der Alten Fahrt geplant, Frankfurt/M. - DomRömer-Projekt - 35 Altstadthäuser - teis Rekos.

    Es gab natürlich viele Abrisse, aber auch viele Lückenschlüsse und Ersatzbauten für die 50-ger bis 70iger Gewaltarchitektur, die vermehrt selbst unter die Abrissbirne kommt.

    ...

  • Nun, wenn ich so auf die ehemalige Stadt mit Herz München sehe, so kann ich nur Heinrich Heine variieren: "Denk ich an München in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht" oder noch schlimmer T.Sarrazin: " München schafft sich ab"
    Ich bin ja nun wirklich Wahlmünchner, aber alles was ich an München so schätzte, die ganze Kultur, diese anheimelnde Architektur, die netten Stammtische in den Wirtshäusern - vorbei - München dreht architektonisch und kulturell völlig durch, schlimmer noch als es in Berlin der Fall war.

  • In Berlin beobachte ich zzt. völlig auseinanderdriftende Architekturvorstellungen: Da gibt es einerseits zunehmend mehr Architektur, die sich deutlich am klassizistischen Erbe orientiert (vorrangig Eigentumswohnungen in gehobener Wohnlage), auf der anderen Seite die völlige Banalisierung von Investorenarchitektur (Kiste, Löcher rein, Styroporfassade & fertig), und auf der Avantgarde-Seite eine deutliche Tendenz in Richtung 60er Jahre (Skulpturale Solitäre mit einem Zug ins Brutale, oft dunkle, schwere Fassaden, oder kastenförmige Erker unregelmäßig über die Fassade verteilt). Dazwischen auch immer noch teils gute, teils banale, tendenziell spröder und härter werdende, moderne Architektur, die sich noch in der Manier der 90er maßstäblich in das Straßenbild einfügt.

    Schwer zu sagen, worauf das in der Summe hinauslaufen wird.

    Ergänzung: hab mir gerade das von Heimdall gepostete pdf angeschaut. Da ist auch alles dabei. Leider überwiegen dort die Investorenkisten und die 60er Jahre Nachbauten...

    Einmal editiert, zuletzt von Maßwerk (12. März 2014 um 22:58)

  • Ich denke, "Walhall" meint damit Stadtbildveränderungen dieses Kalibers:

    http://www.gartenstadt-harlaching.de/inhalte/vorher…%fcnchen_vn.pdf

    Völlig richtig. Was mir auch sehr nahe ging war die Tragödie mit dem 100 Jährigen (Wirts)Haus in der Säulingstraße (Westpark) - dem Wirt wurde gekündigt da man dort Eigentumswohnungen bauen wollte, der Wirt nahm sich darauf hin das Leben.
    Makabererweise steht es noch immer im Internetbranchenverzeichnis, obwohl es längst weg ist: http://www.branchen-info.net/muenchen/fp_1394513.php