Der junge Schlossherr und sein Wasserschloss – solche Macher braucht das Land
Mein heutiger Beitrag beschäftigt sich mit Schloss Berbisdorf, einem der wenigen noch erhaltenen Wasserschlösser Sachsens. Zur Lage: Berbisdorf ist ein eingemeindeter Ortsteil von Radeburg (Kleinstadt nördlich von Dresden, Schloss Moritzburg „gleich um die Ecke“).
Von Dr. Bernd Gross - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, Wikimedia commons
Die wichtigsten Eckdaten zur Schlossgeschichte:
- Entstanden im16. Jahrhundert als Wasserburg
- Umbau um1666
- im 18. Jhd.barocke Umbauten
- 1878 Überdeckung des Innenhofes durch ein Glasdach
- 1889 Anbau des Turmes (dieser wurde den Türmen von Schloss Moritzburg nachempfunden)
- der letzte Vorkriegsbesitzer soll 1945 bei der Bombardierung von Dresden umgekommen sein
- ab 1945 Nutzung als Unterkunft für Vertriebene aus dem Osten (DDR-Sprech: „Umsiedler“)
- ab 1949 Nutzung als Kinderheim und zuletzt als Lehrlingswohnheim
Nach der Wende kam es zum langjährigen Leerstand mit den bekannten Folgen, die Besitzer wechselten. Und schließlich das Jahr 2012 mit einem dramatischen Ereignis: eine Gebäudeecke stürzte zusammen; hier 2 Fotos:
KlickKlick
Über die möglichen Einsturzursachen war in der Lokalpresse Folgendes zu lesen:
Zitat von Radeburger AnzeigerDie wechselnden Besitzer oder vermeintlichen Besitzergaben sich die Klinke in die Hand oder nahmen selbige gleich mit. WertvollesInterieur wurde mutmaßlich gestohlen, eine ernsthafte Verfolgung vonmutmaßlichen Straftaten in diesem Zusammenhang hat es nie gegeben. Das einzige,was zwischenzeitliche Besitzer dem Schloss gutes angetan haben, war dieNeueindeckung des Daches, da aber fehlender Putz an den Außenwänden nichtausgebessert wurde, drang weiter Nässe und Feuchtigkeit in das Gebäude ein undschwächte die Bausubstanz weiter. Nach einem Sturm, so berichten Anwohner, seiein Baum auf die ein bis zwei Meter überstehende tragende Plattform zwischenGraben und Schlossgebäude gestürzt. Seit dem seien zwei große Risse in demFundament zu sehen gewesen. Der Baum sei zwar beseitigt worden, aber den Rissenwurde offenkundig keine Beachtung geschenkt. Möglicherweise ist über dieseRisse Wasser in das Gebäude eingedrungen, gefroren und hat bei dem extremenFrost das Mauerwerk weiter aufgesprengt, was bei Tauwetter dann zum Einsturzder darüber liegenden Wand führte.
Ab Sommer 2013 beginnt dann der gute Teil der Nachwendegeschichte des Schlosses. Die Einsturzstelle hatte man bis dahin gesichert und wieder aufgemauert – allerdings wer das in welchem Umfang finanziert hat, habe ich nicht recherchieren können.
Am 21. Juni 2013 meldete die Immobilienzeitung:
Zitat von ImmobilienzeitungSchloss Berbisdorf in Radeburg kam unter den Hammer. Aufgerufen zum Startpreis von 55.000 Euro, ging das Wasserschloss für 86.000 Euro über den Tisch.
Die nächsten Fotos zeigen, was der neue Besitzer da erworben hatte:
Von Paulis - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, wikimedia commons
Von Paulis - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, wikimedia commons
Von Paulis - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, wikimedia commons
Die nachfolgenden Geschehnisse und Informationen über den neuen Schlossbesitzer sind in einem aktuellen Artikel der Sächsischen Zeitung (20. Juli 2016) dargestellt, hier ein Auszug:
Zitat von Sächsische ZeitungAls das Anwesen ein Jahr später bei einer Grundstücksauktion in Dresden unter dem Hammer kam [Anm.: gemeint ist die Auktion vom Juni 2013], war die Skepsis vieler Berbisdorfer groß. Schließlich hatten seit der Wende schon zwei Besitzer versucht, dem Areal neues Leben einzuhauchen. Vergeblich. Stattdessen schien der endgültige Verlust zu drohen.
Sollte es nun ausgerechnet der große Unbekannte schaffen, der zwar nach eigenen Angaben aus der Region zu sein schien, aber im Anschluss an die Auktion zur SZ gesagt hatte: „Ich will das Schloss privat nutzen und es nach und nach in Ordnung bringen.“ Dass klang nicht nach schneller Hilfe. Zumal er noch ergänzte, dass er und sein Vater vieles selbst machen wollten.
Doch bald schon tat sich etwas auf dem Gelände. Und mit den Arbeiten in dem jetzt zugänglichen Bereich bekamen die neugierigen Betrachter auch langsam eine Ahnung davon, was für ein Kleinod hier in den nächsten Jahren entstehen könnte. Wenn Kay-Uwe Strehle – so heißt der Schlossherr – sein Projekt zu Ende bringt. Mit der Eröffnung des kleinen Schlosscafés, das die Mutter des Autohausbesitzers betreibt, hat er eine erste Etappe geschafft.
Allerdings ist dieser sichtbare Erfolg längst noch nicht alles, wie er verrät. Denn inzwischen gibt es im Schloss auch neue Anschlüsse für Wasser, Abwasser und Strom. Und das Haus habe im Inneren durch das Herausreißen nachträglich eingebauter Wände wieder seine ursprüngliche Raumstruktur zurückbekommen, wie sie durch den großen Umbau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden war. Die damaligen Schlossbesitzer hatten die bis dahin u-förmige Anlage zu dem jetzt rechteckigen Gebäude umgestalten lassen. Dafür war der Hof überbaut und später dann auch noch der Turm angefügt worden.
„Derzeit sind wir gerade dabei, die inneren Fenster aufzuarbeiten. Diese stammen alle noch aus dieser Zeit.“ Wie beim Zaunschmieden und den anderen Arbeiten legt der Schlossherr auch hier selbst Hand an. Einen gemeinsamen Urlaub mit der Frau und den drei Kindern gab es daher im vergangenen Jahr nicht. „Diesmal musste ich wenigstens eine Woche versprechen.“ […]
Doch wie soll es nun weitergehen? Möglichst noch in diesem Jahr will Kay-Uwe Strehle mit dem Herrichten der Fassade beginnen und dabei natürlich auch die Außenfenster in Ordnung bringen. „Das wird auf jeden Fall bis 2017 dauern.“ Nach und nach sollen dann die Räume ausgebaut werden.
Quelle: http://www.sz-online.de/nachrichten/ka…ck-3447514.html
Noch einige Fotos aus 2015:
Von Dr. Bernd Gross - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, Wikimedia commons
Von Dr. Bernd Gross - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, wikimedia commons
Die Sandsteinbalustrade (siehe unmittelbar voran stehendes Foto) wurde bereits restauriert, sie begrenzt die Terrasse des kürzlich eröffneten Schlosscafes: Klick
Von Dr. Bernd Gross - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, wikimedia commons
Zur Abrundung noch ein kleines Filmchen aus YouTube, hier hat jemand - offenbar ohne Kommerz-Hintergrund - das Objekt (incl. Innenräume) visualisiert, toll: Klick