München - Kriegs- und Nachkriegsverluste

  • Der jetzigen Denkmalschutzlogik nach folgend müsste nicht nur dieser Bau umgehend unter Schutz gestellt werden. Zumindest die Persilschule (wobei das in der Landsberger Str. eine andere Grundkonstellation ist und die dort niemand wirklich stört) oder das Tantris sind es ja längst (letzteres hat es ja auch in das neue Buch "Der Geschichte auf der Spur 3 - Bayerns einzigartige Denkmäler" gebracht, wie schon beispielhaft für Nürnberg die Caltex-Tankstelle). In Augsburg sind die Stadtwerke am Hohen Weg auch so ein ähnlich zwingender und längst überfälliger Kandidat.

  • Der jetzigen Denkmalschutzlogik nach folgend müsste nicht nur dieser Bau umgehend unter Schutz gestellt werden.

    Nun, mir persönlich will sich diese Logik nicht öffnen, auf der einen Seite werden Gründerzeitbauten an der Münchner Freiheit abgerissen, auf der anderen Seite gibt es Bestrebungen, wirklich greissliche Schandflecke unter Denkmalschutz zu stellen. Um es mit kurzen Worten zu fassen "ich verstehe es nicht".

  • Von der malerischen und kleinteiligen Bebauung auf der Ostseite des Oberen (Großen) Angers blieb nach 1945 nichts erhalten. Stattdessen prägte dort ab 1965 ein besonders hässliches Parkhaus das Erscheinungsbild. Jetzt ist es der nicht minder maßstabslose Klotz von Linde.


    Bildarchiv Foto Marburg


  • Dieses zum Angerkloster gehörende Mietshaus wurde nach 1945 erstmal instand gesetzt, um dann 1965 für ein 80m langes Stahlbeton-Parkhaus abgerissen zu werden. An selber Stelle heute ebenfalls Linde. Zehn Jahre vorher wurde bereits die benachbarte links im Bild angeschnittene Jakobskirche durch einen 50er-Jahre-Zweckkirchenbau ersetzt.

    Das Parkhaus sah so aus: http://www.089.com/doku.php

    Einmal editiert, zuletzt von Markus (11. Dezember 2013 um 19:17)


  • Kriegsverlust, der selbige Standort ist für mich infolge des autogerechten Ausbaus des Oberangers und der veränderten Straßenführung nicht mehr nachzuvollziehen, ist auch egal, von der Vorkriegsbebauung ist am Oberen Anger nichts verblieben, den Straßenzug prägen heute maßstabslose, hässliche Kisten, die in keine Altstadt gehören.

  • Gibt es auch baugeschichtliche Informationen zu den einzelnen Häusern? Auch eine parzellengenaue Karte Alt-Münchens (am besten nach der historistischen Überformung) wäre dem Außenstehenden und Ahnungslosen (wie mir) hilfreich.

  • Nachfolgend eine Übersicht über die bisherigen Beiträge in diesem Strang.

    ...

    Beitrag Adresse Bezeichnung
    2 Brienner Str. 11/13/15 Cafe Luitpold
    9 Bahnhofsplatz Hauptbahnhof
    ...
    97 Brunnstr. 3 Ehem. Kreuzbräu


    Die Nummern in den Kopfzeilen der Beiträge sind die lokalen Beitragsnummern. Beim Einfügen oder Entfernen von Beiträgen werden diese allerdings verändert; sie zeigen stets an, um den wievielten Beitrag innerhalb des Stranges es sich gerade handelt.

    Für den Fall, dass es in diesem Strang irgendwann irgendwelche Veränderungen gibt, stelle ich mal beim ersten und letzten genannten Beitrag die lokalen und absoluten Beitragsnummern gegenüber, so dass im Bedarfsfall zumindest der erste und letzte genannte Beitrag wieder aufgefunden werden können:

    2 = 155592
    97 = 165059

  • @ RMA

    Zitat

    Gibt es auch baugeschichtliche Informationen zu den einzelnen Häusern? Auch eine parzellengenaue Karte Alt-Münchens (am besten nach der historistischen Überformung) wäre dem Außenstehenden und Ahnungslosen (wie mir) hilfreich.


    Gibt es sicherlich auch zum einen anderen Gebäude, das "Bürgerhaus in München" ist diesbezüglich sehr lohnend. Weitergehende Literatur kenne ich wenig, persönlich besitze ich praktisch fast keine Altmünchen-Literatur (das war mir bisher einfach zu heftig) und habe mir das eine oder andere immer mal wieder ausgeliehen oder manches kopiert. An einer parzellengenaue Karte des Altstadtbereiches vor dem 2. Weltkrieg wäre ich auch interessiert. Ganz nützlich ist jedenfalls die historische Karte online im Bayern-Atlas (bei Amtl. Karte), diese offenbar noch mit ganz alter Nummerierung.


  • Bildquelle: Das Bürgerhaus in München
    16. Jh., im 18. Jh. aufgestockt, nach 1945 abgebrochen.


    Heute steht an derselben Stelle dieses zum Jüdischen Zentrum gehörende Gebäude (rechts im Bild). Links davon eines der allerletzten erhaltenen Altmünchner Bürgerhäuser, Oberanger 1, das Ignaz-Günther-Haus, das in den 70er Jahren auch bereits zum Abbruch freigegeben war und wie durch ein Wunder davon verschont blieb.

  • der Vollständigkeit halber
    Verweis auf den entsprechenden Strang: München - die Maxburg

    Herzog-Max-Burg vor der Zerstörung und heute:


    Pacellistraße 5

    Bilder:
    "Der Stadtfotograf. Georg Pettendorfers Ansichten von München 1895 - 1935", München 1989
    commons.wikimedia.org


  • Hof des Josephspitals um 1910

    Heute Stadtsteueramt:


    Einer der wie ich finde bedauerlichsten Kriegsverluste Münchens ist das Josephspital Ecke Josephspitalstraße und Herzog-Wilhelm-Str. (Hackenviertel, westlicher Altstadtbereich).
    Im Internet ist dazu wenig bis nichts zu finden (ähnlich wie zur Totalräumung nördlich vom Neuen Rathaus, heutiges Marienhofareal, mit seinen ehemals mindestens 30 Gebäuden).
    In der Münchner Schadenskarte wird es unter „Sehr schwere und Totalschäden“ geführt. Das Grundstück wurde 1953-54 mit dem Stadtsteueramt überbaut, das zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt wurde.

    Einmal editiert, zuletzt von Markus (9. Dezember 2015 um 12:25)


  • Das einst so idyllische Roseneck an der vom Marienplatz südlich abgehenden Rosenstraße, eines der wie ich finde Altmünchnerischsten Motive mit diesem wunderbar bemalten Gebäude. Die Rosenstraße heute ein ganz besonders hässlicher und denkmalfreier Straßenzug. Repräsentativ für die heutige „Altstadt“.


    Die heutige Bebauung an selber Stelle zusammen mit dem Kaufhof am Marienplatz Anfang der 1970er entstanden. Nach der vorherrschenden Denkmalschutzdoktrin müsste der Komplex, der sicherlich zu den grausamsten und schlimmsten Bausünden Bayerns zählt, eigentlich in den nächsten Jahren unter Denkmalschutz gestellt werden. Jeder vernünftig denkende Mensch, würde man meinen, sollte da für den sofortigen Abriss sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Markus (9. Dezember 2015 um 13:49)

  • Zum 1972 fertig gestellten Kaufhofneubau am Marienplatz und entlang der Rosenstraße stand am 11.4.1969 in einer Münchner Zeitung übrigens:
    "Dank einer geschickten Fassadengestaltung bleibt der Altstadtcharakter an dieser Stelle weitgehend erhalten."

    Die Bemalung am eigentlichen Roseneck-Gebäude stammte vom Umbau 1897 und stellte neben einem Rosenstock die Patrona Bavariae dar.


  • "Dank einer geschickten Fassadengestaltung bleibt der Altstadtcharakter an dieser Stelle weitgehend erhalten."

    Das könnte man fast als Verhöhnung auffassen. Allerdings waren die späten 60er und frühen 70er der absolute Tiefpunkt der Bebauung, von daher kann man schon froh sein, wenn historische Straßenfluchten eingehalten wurden und zumindest am Roseneck ein angedeutetes Satteldach.

    Auch wenn ich grundsätzlich auch Nachkriegsgebäuden den Denkmalschutzstatus zuschreibe, hier sehe ich keine Berechtigung. Am bereits unter Denkmalschutz stehendem Kaufhof am Stachus dagegen sehr wohl.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Die Tankstelle (Agip, Josephspitalstraße 12) am Altstadtrand hat mich schon als Kind gestört. Sie scheint aber alle Zeiten zu überdauern...

    Ich hab gestern Abend dort noch getankt, bin eigentlich ganz froh über deren Existenz da ich mir bei der Sixt Station Stachus nie gedanken machen muss, wo ich vor Abgabe noch tanken kann. Grundsätzlich kann ich in einer Altstadt wie München mit solchen Ecken leben, sofern ein Großteil der Altstadt intakt ist. Irgendwo muss die Infrastruktur ja hin und um die Ecke einigermaßen wiederherzustellen muss so viel abgerissen und rekonstruiert werden, dass man die Energie besser auf andere Bereiche (z.B. Kaufhof Marienplatz, Marienhof etc.) aufwendet.

    Ich denke aber, solange sich hinter der Tankstelle der Schlund der Stachus-Tiefgarage auftut, wird die Tankstelle auch bleiben, da man sie anders schlecht zubauen kann.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Aber das Anschauen löst in mir Qualen aus.


    Dito. Aber paradoxerweise nicht das Anschauen des aktuellen Zustandes, sondern das des vergangenen. Das Gegenwärtige kennt man ja, man hat es nie anders gesehen und sich mehr oder weniger damit arrangiert. Aber die Abbildungen des früheren Zustandes machen erst schmerzlich deutlich, was alles verlorengegangen ist.

    Der Vergleich zeigt freilich auch, dass wir uns in einer Art Zweckoptimismus all die Jahre und in vollem Bewusstsein, sich damit selber auszutricken, eingeredet haben, der jetzige, der Nachkriegszustand sei normal und es wäre illusorisch, etwas anderes zu erwarten. Die Münchner Altstadt würde nun mal so ausschauen und alles andere zu erwarten wäre weltfremd. Auf dieser Basis entsteht natürlich auch kein großes Bedürfnis nach Wiederherstellung des einstigen, freilich ungleich wertvolleren Zustandes. Dennoch kann man sich trotz aller Einrede- und Selbstüberlistungsversuche nicht an den Gedanken gewöhnen, so ein Gebäude wie das Stadtsteueramt wäre vernünftig gestaltet. Von den Horrorbauten der Gegenwart, wie vor allem am Oberanger, will ich gar nicht reden.

  • Man könnte ja nun einwerfen "solche Fotos sind bei herbstlichem Schmuddelwetter nie schön anzuschauen", nur bin ich an diesem Ort schon an einem der schönsten Frühlingstage gewesen....des war auch ned schöner.