München - Kriegs- und Nachkriegsverluste

  • In prominenter Lage direkt neben Lenbachhaus und Propyläen wurde 1911 nach Plänen von Gabriel Seidl dieses schicke Haus mit Walmdach und Arkadenhalle für den Kommerzienrat Freundlich errichtet:

    Heute steht dort der erst in diesem Jahr fertiggestellte "schicke" Erweiterungsbau der Lenbach-Galerie:

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  • Zur einstmaligen Bebauung des Marienhofareals ist tatsächlich generell wenig zu finden. Folgende Aufnahme stammt aus der sehr empfehlenswerten Reihe Bürger schreiben für Bürger Das Graggenauer Viertel (Institut Bavaricum München Elfi Zuber), wo zu den 4 Altstadtvierteln (Kreuzviertel, Graggenauer Viertel, Angerviertel und Hackenviertel) jeweils viel Interessantes zusammengetragen worden ist. Dort finden sich auch zwei Artikel zur einstigen Marienhofarealbebauung.

    Die alte Polizeidirektion an der Weinstraße, 1914 in die Ettstraße verlegt (Aufnahme von 1905):

    Vesperbild aus der zerstörten Gruftkirche, heute in der Kirche von Salmdorf (Lkr. München):

    Gruftkirche


  • Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich das erste Mal am Promenadeplatz war. Bis heute bin ich die Vorstellung nicht losgeworden, dass wir hier in Wien sind. Was mir damals schon unglaublich vorgekommen ist, ist der Umstand, dass wir hier in der Altstadt sein sollen. Denn nichts an diesem Platz sieht doch nach Altstadt aus. Als Kind habe ich mir damals die Frage gestellt, ob die Stadtbefestigung dann wohl südlich von Maffeistraße und Promenadeplatz verlaufen ist - und die Maxburg damit die nordwestliche Ecke der befestigten Satdt besetzt hätte. Auch nördlich des Promendeplatzes, also im Bereich Kardinal-Faulhaber-Platz, Prannerstraße, Salvatorstraße etc., hat es für mich nie nach Altstadt ausgeschaut - die Jungfernturmstraße mit dem einzigen obertägig erhaltenen und für die Öffentlichkeit sichtbaren Stück Stadtmauer liegt zu abgelegen. Bis heute habe ich ein ausgesprochen gestörtes Verhältnis zu diesem Gebiet und habe es, glaube ich, geschafft, in meinem Leben nicht öfter als fünfmal über den Promenadeplatz zu gehen.

    Krass. :schockiert: Ich hatte auch immer irgendwie die Assoziation mit Wien am Promendeplatz. Allerdings anders als Zeno postiv belegt. Irgendwie so das ganz normale Großstadtleben in einer historischen Stadt abseits von Haupteinkaufsstraße


    Heute nur kurz zwei Fragen:
    @thommystyle: wo hast du im Internet deine historischen Photos zum Karmelitenkloster gefunden oder sind die Photos eingescannt?

    Die Photos sind zum Teil eingescannt aus den Quellen die ich unterhalb genannt habe.
    Generell ist mir aufgefallen, dass sich im Vergleich zu anderen Städten extrem wenig Vorkriegsbilder von München im Netz finden (wie auch beim Marienhofareal). Vor einigen Jahren hat der Stadtrat der Bayernpartei eine Anfrage an den Oberbürgermeister gestellt, ob es möglich ist, die Bestände des Stadtmuseums zu digitalisieren und als "Bildspende" Wikicommons zur Verfügung zu stellen. Leider entzieht sich meiner Kenntnis was die Antwort war. Da man aber nichts mehr davon hörte, denke ich, dass man dieses Anliegen negativ beschieden hat.
    Der Bildindex ist im Bezug auf München auch recht dürftig.

    Ich habe sowohl das Buch "München und seine Bauten" als auch einige andere Vorkriegsbücher mit teilweise recht interessanten Bildern zu Hause, die ich später einscannen und zur Verfügung stellen kann. Allerdings bin ich nach kurzem Aufenthalt zu Hause zur Zeit wieder einige Monate außer Landes, daher wird es etwas dauern.


    Zitat von Plantir

    Hallo Frank,

    eine beachtliche Quelle stellt auch die Fotosammlung "Das alte München"von Karl Valentin dar; diese ist auch als Bildband noch antiquarisch erhältlich.
    Während die Stadt München (Stadtmuseum) unter falscher Anmaßung eigenen Urheberrechts nur einzelne Bilder im Zwergformat ins Netz gestellt hat, befinden sich die meisten davon in dieser bei Wikipedia bereitgestellten Sammlung in größerer Auflösung abrufbar - sie sind ja auch gemeinfrei!

    http://commons.wikimedia.org/wiki/Karl_V…_of_photographs

    Ein Hoch dem Internet mit seinen freien Bildsammlungen ohne vorgeschobene oder angemaßte Rechteinhaberschaft.


    Die Quelle hatte ich noch gar nicht entdeckt! Danke!
    Es ist ärgerlich, dass manche Institutionen immer noch meinen sie müssten hier irgendwelche Pseudorechte geltend machen. Und selbst wenn die Urheberrechte nicht abgelaufen wären, sollte es nicht gerade für das Stadtmuseum als steuerfinanzierte Institution mit öffentlichem (Bildungs-)Auftrag ein Anliegen sein, solche Raritäten möglichst großzügig (in Absprache mit etwaigen TATSÄCHLICHEN Rechteinhabern, sprich Erben) zu veröffentlichen?

    Zitat von Palantir

    München ist ein hervorragendes Beispiel für diesen Befund. Der Blick wird fortwährend von irgendeiner halbwegs sehenswerten Vorkriegsfassade angezogen, an der er dankbar haften bleibt und die stellvertretend für die benachbarten Nichtigkeiten einem zu bestätigen sucht, dass man nicht umsonst in diese Stadt gefahren ist, denn sie ist wirklich 'seeehr schööön'!


    Ganz meine Meinung. Die inferiore Bebauung z.B. in Riem spricht Bände.
    Da werden die Reste (so bedeutend sie zum Teil sein mögen) von historischer Bebauung "hoch-gepusht" und auf der grünen Wiese nichtssagende und menschenverachtende Viertel hochgezogen und die Innenstädte noch weiter verschandelt (in dem Zusammnhang verstehe ich auch nicht wie man so ein Dach genehmigen konnte). Und verantwortliche Investoren, Architekten, Planer und Politiker suhlen sich in veröffentlichter Meinung in der "Großartigkeit" des Mistes, den sie produziert haben.
    Kann es sein, dass man in 80ern da schon mal weiter war? oder ist das nur eine subjektive Wahrnehmung von mir?

    Zitat

    Es mag durchaus schade um die alten Häuser sein. Aber so dicht, wie die Münchener Innenstadt doch noch bebaut ist, finde ich es nicht schlimm, dass am Marienhof nun nach Umbau ein schöner, grüner und vor allem Stadtplatz entstanden ist, eingefasst von größtenteils doch recht ansehnlichen Bauten.


    Nun da München eigentlich genung Grünflächen in der Innenstadt hat muss ich dir widersprechen. Die Urbanität im Herzen der Stadt leidet darunter. Wenn man damals auf den direkt dem Rathaus anschließenden kleinen Block verzichtet und dort ein kleines Plätzchen geschaffen hätte, ok. Aber so klafft hier eine große Wunde.

    Die Polizeistation die Markus im vorigen Beitrag zeigt ist übrigens auch ein sekularisiertes, vormaliges Kloster.


    Moderationshinweis (Zeno): Zitat berichtigt

  • Der Platzl gehört auch heute noch zu den am besten erhaltenen Plätzen der Innenstadt mit gründerzeitlicher Prägung. Eine bedauerliche und unnötige Ausnahme ist unter anderem das ehemalige Corpshaus Rheno-Palatia , das 1898/99 nach Plänen von Hans Grässel erbaut wurde, und direkt links neben dem Hofbräuhaus stand:

    Die "Tyroler Torggel-Stube" im Erdgeschoss war einst ein berühmter Künstler- und Literatenstammtisch:

    Die Fassade wurde im Luftkrieg zwar beschädigt, war aber wohl noch bis 1972 im wesentlichen erhalten und wurde dann ärgerlicherweise durch diesen Neubau ersetzt:

  • Altheimer Eck 14 (ehem. 6)


    Ein altertümlich anmutendes Halbgiebel- und Schopfwalmhaus, wohl Mitte 18. Jh., 1969 abgebrochen.
    Eines von mehreren Altmünchner Bürgerhäusern, die 1944/45 überstanden, danach verwahrlosten und denen es Ende der 60er und in den 70er Jahren an den Kragen ging.

    heute, links anschließend die derzeitige Karstadt-Baustelle:

  • Promenadeplatz 17, Karmeliten-Apotheke


    Bildarchiv Foto Marburg
    Die Fassade stammte aus der Zeit um 1780. Die Apotheke lag auf der Südseite des Promenadeplatzes. Kriegsverlust.


    Heute an selber Stelle die Dt. Bank, links anschließend das Gunetzrainerhaus, von dem zumindest die Fassade erhalten blieb.

    Der idyllische Laubenhof:

    17. Jh.; Kriegsverlust


    Südseite Promenadeplatz 2013

    Einmal editiert, zuletzt von Markus (11. Dezember 2013 um 13:27)

  • Theatinerstr. 10, Mielich-Haus

    Kriegsverlust. Wäre für mich eine der vordringlichsten Rekonstruktionskandidaten (gewesen). Die Fassade war 1945 noch weitgehend vorhanden und hätte in einen Neubau integriert werden können, aber wie etliche andere bedeutende Gebäude erfolgte auch hier der vollständige Abbruch.


    Das nach Hans Mielich (1516-73), einem früheren Besitzer, von dem u.a. ursprünglich die Bemalung am Weinstadl in der Burgstraße stammte, benannte Gebäude wurde unter Graf Felix zu Törring-Jettenbach 1747-54 umgebaut. Die Rokokofassade war wohl die schönste in M.

    Heute etwa an selber Stelle dieses wie ich finde besonders grässliche Vorhanghaus, Eingang zu den 5 Höfen:

  • Markus: der Verlust des Mielich Hauses (und des benachbarten Palais Piosasque de Non, das du sicherlich auch noch verstellen möchtest) in der Theatinerstraße gehört zu den ärgerlichsten Verlusten, weil in der Münchener Altstadt- gerade auch wegen vieler Abrisse in der Gründerzeit- eh nicht mehr viele barocke Palais erhalten waren. Mir ist zwar klar, das in der unmittelbaren Nachkriegszeit zur Erleichterung der Schutträumung und aus Sicherheitsaspekten wegen der Einsturzgefahr nicht jeder der unzähligen Fassadenreste der Altstadt erhalten werden konnte, aber dass gerade solch wertvolle barocke Fassaden nicht erhalten und nicht zumindest nachfolgend rekonstruiert worden sind, ist von heute aus betrachtet kaum noch nachvollziehbar. Da die am Ort des früheren Mielich Hauses heute stehenden Fünf Höfe erst 1999-2003 errichtet worden sind, ist eine Reko auch auf lange Zeit ausgeschlossen.

    Einmal editiert, zuletzt von -Frank- (6. Juli 2013 um 17:31)

  • Direkt gegenüber von der Residenz wurde 1893/94 nach Plänen von Seidl das Gasthaus Bauerngirgl in neobarocken Formen gebaut.

    Das Haus wurde im Luftkrieg weitgehend zerstört, aber die Fassade war bis 1956 noch leidlich erhalten. Sie wurden dann abgerissen, um dort 1956/57 einen durchaus ansprechenden Neubau mit Erdgeschossarkade, Mansarddach und Fassadenmalereien zu errichten (das dunklere Haus in der Bildmitte):

  • Sehr schön! Mit anständigen Fenstern würde das Gebäude (Residenzstraße 19/20) sogar noch besser aussehen.

    Edit:
    mir ist gerade noch was aufgefallen. Ist das hier ein aktuelles Foto?
    Das weiße Gebäude links hat bei Googlemaps (http://goo.gl/maps/9YVE8) noch hässliche Fenster und eine billige Gestaltung der Arkaden. Das wäre ja mal eine deutliche Verbesserung.

    Das Haus wurde im Luftkrieg weitgehend zerstört, aber die Fassade war bis 1956 noch leidlich erhalten. Sie wurden dann abgerissen, um dort 1956/57 einen durchaus ansprechenden Neubau mit Erdgeschossarkade, Mansarddach und Fassadenmalereien zu errichten (das dunklere Haus in der Bildmitte):

    4 Mal editiert, zuletzt von Timber (6. Juli 2013 um 21:32)

  • Timber, ja sehe ich genau so. Nur noch ein paar SprossenFenster wie beim ebenfalls gelungenen Nachkriegsbau links daneben und auch dieser 50er Jahre Bau wäre gut gelungen und ein weiteres passendes Beispiel dafür, dass gerade in der früheren Nachkriegszeit in München noch oft ansprechender und um Einfügung bemühter als in den Jahrzehnten danach gebaut wurde.

    Edit: tatsächlich, die Änderungen beim Haus links daneben waren mir gar nicht aufgefallen, können aber nicht sehr alt sein. Mein Photo ist ubrigens von letzter Woche. Wirklich mal eine positive Sanierung!

    3 Mal editiert, zuletzt von -Frank- (6. Juli 2013 um 21:39)

  • Die betreffende Häuserzeile an der Residenzstraße sah im Jahr 1826 dann so aus, wenn ich das richtig sehe?


    "Domenico Quaglio (1787 - 1837), München - Die Residenzstraße gegen den Max-Joseph-Platz im Jahr 1826"

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Auf dem Bild von 1826 ist links die Residenz zu sehen, hinten links die Residenzpost und rechts die westliche Häuserzeile der Residenzstraße.

    Das "weiße Gebäude" ist wirklich eine erfreuliche Verbesserung, erkennt man sogar 1826 wieder. Um den Bauerngirgl ist es auch sehr schade, vergleichbar dem Donisl hat der jetzige Bau zumindest gewisse Qualitäten.


  • Das "weiße Gebäude" ist wirklich eine erfreuliche Verbesserung, erkennt man sogar 1826 wieder.

    Das weisse Haus ist übrigens ein kompletter Neubau von 1961 (!), der bewusst in Anlehnung an den historischen Vorgängerbau geschaffen wurde, deshalb die Ähnlichkeit zum Haus auf dem Gemälde von 1826, und bei der letzten Sanierung in diesem Jahr wohl auch zum ersten Mal Sprossenfenster erhalten hat. Sehr erfreulich.

    Einmal editiert, zuletzt von -Frank- (7. Juli 2013 um 21:46)

  • Eine der erbärmlichsten Leistungen des Wiederaufbaus München im "modernen" Stil ist die nach Niederlegung der Stadtbefestigung ab 1815 zwischen Stachus und Sendlingertor angelegte Ring-Esplanade, die heutige Sonnenstraße. Vor der fast vollständigen Zerstörung dieser Straße durch alliierte Luftangriffe war die Straße vorwiegend spätgründerzeitlich geprägt. Heute steht dort ein hässlicher Nachkriegsbau neben dem anderen. Man muss noch nicht mal an die analoge Wiener Ringstraße denken, um sich vor Graus im Angesicht dieser Unmenge an Hässlichkeit abzuwenden.

    Als Beispiel sei das Hotel Reichshof des mir ansonsten unbekannten Architekten Gustav Pfeiffer gezeigt, das dort 1899/1900 gebaut worden war:

    Nach Kriegszerstörung steht dort heute folgender Bau (das Bild ist aus entgegengesetzter Richtung aufgenommen, das Hotel Reichshof stand wohl im linken Bereich des Bildes, etwa dort wo heute das schreckliche "Isar Medizin Zentrum" steht, rechts davon übrigens das einzige erhaltene Bauwerk der Vorkriegszeit in dieser Straße) :


    GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder einer späteren Version

    2 Mal editiert, zuletzt von -Frank- (8. Juli 2013 um 21:54)

  • Mal wieder ein Beispiel dafür, dass nicht jeder Wiederaufbau misslungen war:

    An der Ecke Liebfrauenstraße/ Kaufingerstraße wurde 1897/98 dieser malerische Baukörper mit asymmetrischer Staffelung errichtet.

    Dieser Baublock wurde nach schweren Kriegszerstörungen ab 1954 wiederaufgebaut, eine für diese Zeit ebenfalls gelungenen Lösung, finde ich:


    Lizenz: DerHexer, Wikimedia Commons, CC-by-sa 3.0

  • Das Haus in der Residenzstraße war in der Tat ein greisslicher Nachkriegsbau welches man in den letzten Jahren dem Altstadtflair anpaßte - auch wenn der Stuck nur raufgepappt ist, und die Fenster wahrscheinlich Aluminium oder Kunststoffverbundfenster sind, so wertet es doch erheblich die Optik des Ensembles auf.