Neue Namen für klassische aktuelle Architektur ?

  • Sollte die aktuelle traditionelle Architektur einen "modernen" Namen erhalten ? 2

    1. Nein (0) 0%
    2. Keine Meinung (1) 50%
    3. Ja (1) 50%

    Mir ist in diversen Architekturforen immer wieder aufgefallen,
    daß die Architekturströmung "Traditionelle Architektur" schief
    angesehen wird. Liegt es nur an den Inhalten oder vielleicht
    auch an der Verpackung ? Sprich: Namensgebung.
    Sollte man nicht einen neuen Namen für diesen Stil entwickeln,
    wie etwa Neue Moderne Klassik oder Moderne trad. Architektur ?

    Vielleicht hilft es diesem Architekturstil dann ein wenig aus dem
    miesen Image in der Architektenszene heraus.
    Wie ist Eure Meinung dazu ?

  • Also ich hab dazu keine wirkliche Meinung, will aber gerne disktutieren.

    Neue Moderne Klassik und Moderne trad. Architektur widerspricht sich in meinen Augen jedoch ein wenig und ist außerdem zu lang.

    Neo-Historismus wäre vielleicht passend, klingt aber auch irgendwie blöd.

    Eigentlich könnte man hier eine Neologisme schöpfen aus dem, was diese Häuser auszeichnet. Wörter, wie ästhetisch, wohnlich, passend (in ein Stadtbild), ökologisch usw.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Das Problem liegt, so denke ich, bei der Betonung des Wörtchens
    "traditionell". Es wirkt verstaubt, überaltert und überhaupt nicht jung
    und frisch. Dabei bringt dieser Architekturstil eine enorme Frische
    in die verstaubte Bauhaus-Kisten-Branche. Nur kann dieser Schwung
    nicht genutzt werden, weil "Tradition" immer wieder mit hintlerwelt-
    lerischem Rückstand assoziiert wird.
    Wenn man hier geschickt einen neuen Namen in Umlauf bringt,
    könnte man sicher einen höheren Erfolg bei jungen Architekten
    erreichen.
    Denn welche junge Menschen fühlen sich schon bei "Tradition"
    angesprochen ? Das werden die wenigsten sein.

    Mir schwebt so etwas vor wie "Neuer Jugendstil" oder
    "Avantgardistischer Stil" ! :D

  • Zitat von "Oliver"

    Mir schwebt so etwas vor wie "Neuer Jugendstil" oder
    "Avantgardistischer Stil" ! :D

    Hmm... nee. Jugendstil klingt für mich noch älter als tradiotionell und avantgardistisch waren die Bauten der frühen moderne bzw. Art-Déco. Passt also auch nicht so wirklich.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • von den jetzigen gegner neuer traditioneller architektur wird sie - egal wie die bezeichnung lautet - ohnehin als solche "entlarvt".

    ich finde die diskussion bezeichnend, drückt sie doch einmal mehr das ohnmachtsgefühl gegenüber den modernisten aus. man sucht krampfhaft nach neuen bezeichnungen, für etwas das nunmal traditionell ist und was man stattdessen selbstbewußt vertreten sollte auch wenn es derzeit von der "elite" noch nicht anerkannt ist. dabei beschränkt sich traditionelle architektur nicht auf einen stil im gegensatz zu modernistischer. es macht also auch insofern nur wenig sinn über einen namen nachzudenken.

    viel wichtiger scheint mir in der ganzen diskussion auch das wort rekonstruktion. es geht doch vormalig um die rückgewinnung zerstörter stadträume. erst eine erneute auseinandersetzung mit dem bisherigen vokabular traditioneller architektur wird langfristig, darauf aufbauend, vielleicht zu einer neuen bezeichnung führen. aber erst einmal steht die auseinandersetzung mit der bisherigen traditionellen architektur im vordergrund, die nun mehr als 70 jahre sowohl handwerklich als auch architektonisch vernachlässigt wurde. das gilt es doch erst einmal aufzuarbeiten. und somit scheint es müßig über bezeichnungen nachzudenken. :zwinkern:

  • @ Stefan

    Das liegt u.a. auch daran, daß es keine einheitliche traditionelle Linie gibt sondern viele konkurrierende Parallelströmungen. Zudem ist die Frage, was unter Traditionalismus eigentlich verstanden wird, völlig offen.

    Man sollte unterscheiden zwischen den wieder aufkommenden neuklassischen Stilen, welche sich größtenteils auf das klassische, also antikisierende Erbe europäischer Architekturtradition berufen; den Heimat/regionalstilen(die durchaus expressiven Einschlag haben und gleichzeitig vom europäischen Erbe fast gänzlich losgelöst sein können) und der Architektur der Vor- und Zwischenmoderne, die von Van de Velde, Schoder, Behrens und Höger geprägt wurde und sich gegen den gleichmachenden Funktionalismus der "weißen" Bauhausmoderne wendet.

    Das was hier allgemein unter neuem Traditionalismus verstanden wird, ist aber die antikisierende Architektur, Reformationsklassik könnte man meinen, da durch Kollhoff, Patschzke u.a. der vergröberte europäische Klassizismus der Dreißiger(teilweise auch in USA und Lateinamerika) durch modernistische Elemente in seiner Wirkung gemildert und verfeinert wird.

    In der staatsrepräsentativen Variante war dessen Einfluß in der DDR und den sozialistischen Ländern bis weit in die Sechziger hinein erkennbar, vorwiegend an saalartigen Kongreß- und Theaterbauten, welche durch breite Glasfassaden gekennzeichnet waren, welche aber mit dünnen Säulen, Bauwerksgliederung und Symetriewirkung, teils auch durch Verwendung von Kuppeln und Seitentürmen Rückgriff auf die klassischen Bautraditionen Europas nahmen.

    Weil sich die jetzigen Traditionalisten u.a. auf diese Praxis berufen(auch ungewollt), sind sie keine reinen Klassizisten, wohl aber Vertreter einer Reformklassik.


    Daneben gibt es die noch verschüttetere Richtung des Heimatstils, der sich primär nicht auf die Klassik zu berufen braucht(da die Regional/Nationalelemente die äußere Gestaltung und den Bauwillen vor den antikisierenden Formen dominieren) und als besondere, weitgehend vergessene Variante dessen, der völkische Expressionismus, dessen wichtigster Vertreter Alfred Höger gewesen ist. Der eigentliche deutsche Heimatstil, politisch/gesellschaftlich gewollt und kein Nebenprodukt der gewinnorientierten Kommerzarchitektur in Urlaubergebieten, endete um 1957 in der DDR, als man dort innerhalb von drei Jahren radikal umschwenkte vom Gestaltungsprinzip der "Nationalen Bautradition"(hier existierten Neoklassizismus und Heimatstil nebeneinander, wobei es nur selten zu wirklicher Durchdringung kam!) zur Industriellen Bauweise, die eine vergröberte Variante der westeuropäischen Nachkriegsmoderne darstellt. Ironischerweise war es ebenfalls die DDR, welche in den Achtzigern das Prinzip des volkstraditionellen, nichtklassischen Expressionismus wiederentdeckte und eine eigene Variante der Postmoderne schuf. Neben sehr zögerlichen und widersprüchlichen Bauexemplaren wie dem Berliner Nikolaiviertel oder den Dresdner neumarktgebäuden gibt es aber "ausgereifte Postmoderne" wie das Fünfgiebelhaus/Universitätsviertel in Rostock oder in Berlin Gendarmenmarkt und Friedrichstraße. Da das postmoderne Gestaltungsprinzip, anders als im kommerzdominierten Westeuropa, als gesellschaftlich-gestalterische Aufgabe begriffen wurde, von Seiten des Staates; war die DDR-Postmoderne bzw. Expressionismus zwar ernsthafter und nachhaltiger, aber auch politisch belasteter, weshalb die Entwicklung nach der Wende abrupt endete und die noch vorhandenen Innenstädte von der 3. Moderne, den oft dekonstruktivistischen "ironisierenden" Glaskisten fast geflutet worden.

    Ich finde, in Deutschland sollte man gerade in klein- und Mittelstädten, eher auf diese originäre Bautradition bezug nehmen statt auf die europäische Klassik, die schon viele schöne deutsche Städte im 18. und 19. Jh. entstellt und "europäisiert" hatte. Oder man betrachte das Spätwerk Van de Veldes der Zwanziger und Dreißiger(seine letzten Entwürfe datieren aus dem Jahr 1950), was parallel zum Bauhaus lief und eine Art Alternativmoderne darstellt bzw. die "eigentliche", durchaus akzeptable Moderne, welche in Details und städtebaulichen Anlagen wiederum von den Vertretern des Heimatstils aufgenommen wurde....

    Nein, die werden gedünstet

  • Ich glaube eine neue Namensgebung ist nicht das entscheidene!
    Man/ Wir sollten viel weniger von Rekonstruieren oder Wiederaufbau reden sondern eben von Neuinterpretation in "historischen Baustil", denn man weiß ja was heutzutage was viele Architekten von modernen historischen Bau abhält (Disneyland, keine eigene Kreativität usw.)............

  • Hallo,

    Zitat von "Oliver"

    Denn welche junge Menschen fühlen sich schon bei "Tradition" angesprochen ? Das werden die wenigsten sein.

    Ich behaupte mal, wer sich von dem Wort traditionell nicht angesprochen fühlt, der wird sich auch nicht für Retroarchitektur einsetzen. Und wer sich für Retroarchitektur begeistern kann, der wird auch kein Problem mit dem Wörtchen traditionell haben.

    Viele Grüße
    Krokodil

  • Zitat von "Krokodil"

    Ich behaupte mal, wer sich von dem Wort traditionell nicht angesprochen fühlt, der wird sich auch nicht für Retroarchitektur einsetzen. Und wer sich für Retroarchitektur begeistern kann, der wird auch kein Problem mit dem Wörtchen traditionell haben.

    Viele Grüße
    Krokodil

    Deine Behauptung entspricht aber anscheinend nicht den Tatsachen.
    80 % aller die sich für klassische Architektur ausprechen, sind
    ja gerade gegen das Wörtchen "traditionell" !
    So jedenfalls wurde abgestimmt ! :zwinkern:

  • Hallo,

    Zitat von "Oliver"

    Deine Behauptung entspricht aber anscheinend nicht den Tatsachen.
    80 % aller die sich für klassische Architektur ausprechen, sind
    ja gerade gegen das Wörtchen "traditionell" !
    So jedenfalls wurde abgestimmt ! :zwinkern:

    Woher stammt denn diese Zahl?

    Viele Grüße
    Krokodil

  • Hallo,

    Zitat von "Oliver"

    80 % aller die sich für klassische Architektur ausprechen, sind
    ja gerade gegen das Wörtchen "traditionell" !
    So jedenfalls wurde abgestimmt ! :zwinkern:

    Aufgrund des :zwinkern: nehme ich an, daß Du das nicht ernst meinst. Falls doch, so erlaube mir bitte folgende Anmerkungen

    1. Ich glaube kaum, daß ALLE, die sich für klassische Architektur interessieren an dieser Umfrage teilgenommen haben (und ich glaube auch nicht, daß die Teilnehmer einer repräsentative Auswahl darstellen).

    2. Es wurde nicht gefragt, ob die Leute etwas gegen das Wort "traditionell" haben.

    Viele Grüße
    Krokodil

  • ich bin mit stefan auf einer linie.

    mir gefällt der begriff "trad. arch." weil er zeitlos ist und genau das ausdrückt, was es ist: architektur mit historischem bezug.
    als unterformen würde ich mir wünschen, dass bald mal eine zeit des rekonstruktivismus oder regionalismus kommt.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Das Ergebnis der Abstimmung ist ja doch recht eindeutig geworden.
    Hätte ich ja gar nicht gedacht, daß der Name von den meisten
    als hinderlich gesehen wird !
    Wäre es da nicht angebracht, sich jetzt Gedanken um eine Umbennenung
    zu machen ? Hat jemand einen guten Vorschlag für eine "bessere"
    Bezeichnung ? :D

  • Renaissance klang zu allen Zeiten gut! Wenn ich ihn jetzt eindeutschen müßte, um etwas Neues zu erfinden, :zwinkern: würde ich ihn als

    Wiedergeburtsstil

    bezeichnen.

    In Deutschland, als das Land, was es am nötigsten hat, als

    Deutschen Wiedergeburtsstil.

    Man, das klingt ganz schön martialisch, nach:

    Ein Volk, ein Reich, ein Gerhard Schröder.

    Also, vergessen wir`s. Zumindest die deutsche Variante. :irrer:

  • Eure Vorschläge sind meiner Meinung nach nicht prägnant genug, wir brauchen was kurzes. Allerdings halte ich diese Umfrage sowieso nicht für repräsentativ (16 Stimmen) ...

  • na, bisher ist euch ja nicht viel eingefallen... ;)
    wie wäre es denn mit katharsis? ;)

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.