Lübeck - Neubauten im Gründerviertel

  • Schönes Beispiel, danke frank1204.
    Die hier vorgestellten Neubauten stehen und fallen aus meiner Sicht zum Großteil mit der Fenstergestaltung. Die Rekonstruktion verdeutlicht dies einmal mehr.

  • Ja, gerade bei den mit hohen und großflächigen Fenstern (teils Dielenfenstern) gesegneten hanseatischen Giebelhäusern ist das mit das entscheidendste Gestaltungselement. Fällt mir auch immer wieder (meist positiv) bei Neubauten in Stralsund auf, wo immer wieder zu filigranen Holzfenstern gegriffen wird.

  • Hier kommt mal wieder ein Schwung aktueller Fotos :) :


    Abb.1: Auch Braunstraße 26 zeigt sich seit gestern ohne Gerüst. Was soll ich sagen - ich wusste schon, dass es toll wird, als ich die erste Visualisierung sah. Es sieht (trotz der modernen Fenster) aus wie ein klassizistisches Altstadthaus, das dort schon lange steht. Davon hätte ich mir mehr gewünscht. :thumbup:
    Kleiner Wermutstropfen aber auch hier: Faschen und Gesimse sind leider nur aufgeklebt. Aber sei´s drum.



    Abb.2: Gesamtansicht des Braunstraße 28-22 mit Marien-Südturm. Nr. 26 wertet dieses "Ensemble" erheblich in Richtung Altstadtwirkung auf!

    Abb.3: Braunstraße 22-28, Rückseiten mit St. Petri. Auch "von hinten" gefällt mir diese Reihe im Ergebnis ziemlich gut. Hätte ich ursprünglich nicht gedacht. Schöne Farbharmonie zwischen den einzelnen Fassaden. Im Vorbeigehen hörte ich andere Passanten reden, die auch von den Farben angetan waren.


    Abb.4: Fischstraße 7-9 und 5. Rückseiten. Diese beiden Häuser haben nach mehrmonatiger "Wartezeit" nun endlich Putz und Schlämme bekommen und sollten wohl auch bald ausgerüstet werden.


    Abb.5: Fischstraße 5 und 7-9, Straßenfassaden von der Neuen Querstraße aus gesehen. Auch die Straßenfassaden wurde in den letzten Tage beschichtet. Bei Nr. 5 links bin ich mir nicht sicher, ob das nur eine Grundierung oder schon die Endfassung ist. Die aufgetragene Schicht ist extrem dünn und durchscheinend. Bin gespannt.


    Abb.6: Gerade Querstraße 3, Rückseite von der Braunstraße aus gesehen. Das traufständige "Kleinhaus" ist im Rohbau fertig.


    Abb.7: Gerade Querstraße (Bereich der verschobenen ehemaligen Krummen Querstraße).



    Abb.8: Noch einmal Gerade Querstraße 3, Straßenseite.

    Es folgt gleich noch ein zweiter Teil, da man leider nur 10 Fotos pro Beitrag hochladen darf - warum auch immer... :thumbdown:

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    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Hier Teil 2:


    Abb.1: Fischstraße 17, Rückseite. Die Rückseite wird modern, da für eine Reko nicht ausreichend Fotomaterial vorhanden war. Zudem befand sich beim historischen Haus der Seitenflügel auf der anderen Seite, wodurch eine Reko ohnehin nicht in Frage kam. Rechts daneben die Straßenfassade von Fischstraße 16. Hier ist man bereits im Bereich des Treppengiebels :thumbup: angelangt



    Abb.2: Fischstraße 17, Straßenfassade von der Alfstraße aus gesehen. Alle rekonstruierten Fenster sind jetzt drin und der Dachstuhl ist drauf und geschlossen. Das wird sehr schön! :applaus:

    Abb.3: Gesamtübersicht von der Alfstraße aus gesehen. Von links nach rechts: Fischstraße 16, Fischstraße 17 und Braunstraße 22-28.



    Abb.4: Dieses Foto wollte ich unbedingt noch zeigen, weil oben rechts der Mond zu sehen ist. :koenig:


    Abb.5: Panorama des gesamten Baugebiets von der Geraden Querstraße aus gesehen.


    Abb.6: Und noch ein Panorama von der Einhäuschen Querstraße aus. Von hier sieht man sogar zwei Kirchen!


    Allgemein wäre noch zu sagen, dass sich alle in Bau befindlichen Häuser der Fertigstellung nähern. Leider ist bisher kein weiterer Baubeginn zu verzeichnen, so dass ich befürchte, dass die Bautätigkeit in absehbarer Zeit zum Erliegen kommen wird, wenn sich da nicht bald etwas tut. Ich hoffe nicht, dass das Viertel eine endlose Geschichte werden wird, und dass es sukzessive weitergeht.
    Auch das von mir letztes Mal berichtete vermeintliche Ausheben der Baugrube an der Ecke Braunstraße/Einhäuschen Querstraße scheint sich eher zu einer archäologischen Grabung zu entwickeln. Hier ist der Aushub abgedeckt, und es hat sich seit bereits 2 Wochen nichts mehr getan. Dieser Randbereich war seinerzeit nicht Teil der Grabungen, und das muss wohl jetzt nachgeholt werden.

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  • Das graue Haus macht tatsächlich einen interessanten Eindruck; vor allem auch, weil die Grautöne gut abgestimmt sind. Und da die Fenster im EG einen Rahmen aufweisen, unterscheiden sie sich von den oberen durch Größe und Relief. Das bringt Abwechslung und Aufwand, der für die Authentizität und Wiedererkennbarkeit wichtig ist. Die ganze Straßenfront wirkt gut komponiert.

    Schönes eintürmiges Kirchlein übrigens im Hintergrund. Der Stil erinnert mich irgendwie an Nürnberg.
    https://pxhere.com/de/photo/677371

    PS: Durch diese Neubauparzelle fallen die Wiederaufbausünden dieser von mir so ungeliebten schokobraunen fensterkreuzlosen Bauten gar nicht mehr so ins Auge. Es bleibt spannend.
    Vielleicht wird der P&C-Klotz irgendwann auch mal schön. Träumen sei erlaubt.

  • Wenn Du St. Petri meinst - "Kirchlein" ist dann doch arg untertrieben. Der Turm ist nicht weniger als 108m hoch! :D

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  • Heute mal ein kleines Update zwischendurch. ;)

    Für berichtenswert halte ich das Haus Fischstraße 16:


    Abb.1: Fischstraße 16 von der Braunstraße aus gesehen. Die Fassade ist im Rohbau fertig und gefällt mir schon jetzt außerordentlich gut. Schöne Proportionen und vor allem endlich einmal ein neues Haus, das an die Eigenschaften der alten Häuser im Gründungsviertel anknüpft. Hier kann man meiner Meinung nach sehen, wie man es richtig macht! :applaus:
    Im Vergleich zur Visualisierung wurden die ursprünglich wohl bodentiefen Fenster erfreulicherweise in der Höhe reduziert, wodurch die Fassade noch einmal gewinnt. Die Fenster werden wohl im Endzustand noch etwas kleiner wirken, da die Verklinkerung die Öffnungen etwas überdecken wird und auch die Zargen noch einen Teil der Öffnungen abdecken werden (in etwa wie bei denen noch mit Holzverschalung versehenen auf dem Foto).
    Perfekt wäre die Fassade gewesen, wenn man es geschafft hätte, den Eingang nahezu in der Mitte des EG zu positionieren. Diese asymmetrische seitliche Stellung ist etwas schade und stört mein ästhetisches Empfinden.


    Abb.2: Noch einmal etwas rausgezoomt mit Fischstraße 17 und Studentenwohnheim.


    Abb.3: Fischstraße 16 vor Marienkirche. Rechts der Bildmitte ist zu sehen, dass der Beton-Treppengiebel erstaunlich dünn ist. Aus statischen Gründen musste sicher Gewicht eingespart werden, weil die Fassade ja bekanntermaßen quasi über dem Baugrund schwebt, da der Keller erst ca. 1m hinter der Bauflucht beginnt. Der Giebel wird noch mit Backsteinen - teilweise sogar mit Lisenen aus Formsteinen (!) - verkleidet werden.


    Abb.4: Fischstraße 16 und 17 von der Alfstraße aus gesehen. Nr. 17 inzwischen mit Dachdeckung. Sehr schön ist auch der Rückgiebel von Nr. 16 (links). Er korrespondiert sehr gut mit dem hier momentan noch von innen zu sehenden straßenseitigen Giebel - auch das war bei den alten Häusern üblich - also ein durch und durch gutes Haus! Bei vielen anderen der neuen Häuser wurde darauf leider oft wenig Rücksicht genommen.


    Weitere Infos - es geht weiter:
    Kurz nachdem ich letztes Mal meine Befürchtung äußerte, die Bautätigkeit würde zum Erliegen kommen, wenn nicht bald neue Häuser begonnen würden, tat sich dann "plötzlich" tatsächlich eine ganze Menge:

    - Alfstraße 21: Hier wurde die Sohlplatte freigelegt und das Fundament für den Hinterflügel gegossen - es geht also los.

    - Alfstraße 23: Auch hier wurde die Sohlplatte freigelegt, allerdings sind noch keine weiteren Arbeiten zu sehen

    - Investorengrundstück Braunstraße 30a-32/Einhäuschen Querstraße/Fischstraße 25-27: Die historischen Kellermauern wurden entfernt und zu Schotter vermahlen ;( . Die Grube wurde mit Kies verfüllt und der Schotter als Tragschicht für die schweren Baumaschinen aufgebracht. Diese setzen momentan die geschätzt 15m tiefe Spundwand für die Baugrube. Danach wird es mit der Pfahlgründung für die doppelstöckige Tiefgarage weitergehen, bevor der Komplex nach oben wachsen kann.

    - Fischstraße 24, 26 und 28: Auch auf diese drei Grundstücke wurde eine Schotterschicht aufgebracht, auf der sich momentan ein Bohrer für die Pfahlgründung bewegt. Auf diesen drei Grundstücken werden die historischen Kellermauern erhalten. Da diese jedoch nicht tragfähig sind, wird dazwischen auf neuen Pfählen gegründet. Ich hoffe, dass der Bohrer gut zielt und nicht versehentlich historische Substanz zerstört. Sichtbar wird das erst werden, wenn die Baugrube ausgehoben wird.

    Zum Schluss noch ein Foto dazu:


    Abb.5: Bohrer für die Pfahlgründung Fischstraße 24-28. Aufnahme vor ein paar Tagen abends kurz vor einem Gewitter.

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    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • endlich einmal ein neues Haus, das an die Eigenschaften der alten Häuser im Gründungsviertel anknüpft.

    Das finde ich als besonders erfreulich, zeigt es doch, dass man auch Neubauten in altstadtgemäßer Form durchaus bauen kann.

  • Das finde ich als besonders erfreulich, zeigt es doch, dass man auch Neubauten in altstadtgemäßer Form durchaus bauen kann.

    Sehe ich auch so. Was ich auf den letzten Seiten ansonsten so an fertiggestellten Häusern gesehen habe, ist einfach nur eine maßlose Enttäuschung. Dieser ästhetische Billig-Müll könnte in jedem beliebigen Vorort der Republik stehen.
    Sogar am Wohnort meiner Eltern, einer Kleinstadt im Saarland, stehen diese Dinger, meist aus den 80'iger und frühen 90'iger Jahren dutzendweise.
    Nichtssagend, eine riesige vertane Chance. Das einzige, was da hilft, ist sofort wieder abreißen.

  • Nein, das seh ich wirklich nicht so. Vielmehr will es mir scheinen, dass man in puncto "altstadtgerechtem Bauen" ziemliche Fortschritte gemacht hat (wie auch der bedauerlicherweise erhaltene Vorbestand zeigt). Die Fassaden sind in Material und Ästhetik durchaus hochwertiger, eigentlich dem, was man früher als Anpassungsarchitektur gefordert hat, ziemlich nahe, dabei aber dennoch in ihrer Modernität selbstbewusster, insgesamt viel stilsicherer und in den Proportionen gelungener. Das Einzige, was man mit Recht beanstanden kann, ist das (fast) völlige Fehlen von Rekos. aber damit haben wir uns abfinden müssen. Man darf auch nicht übersehen, dass die Bilder zumeist Rückseiten zeigen. Ich finde diese sogar recht hübsch, in Einzelfällen könnte man sie als etwas zu sehr modernisierte Altbauten durchgehen lassen.
    Von vorortlichem Billigmüll kann mE gar nicht die Rede sein.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.


  • Abb.2: Gesamtansicht des Braunstraße 28-22 mit Marien-Südturm. Nr. 26 wertet dieses "Ensemble" erheblich in Richtung Altstadtwirkung auf!

    Abb.3: Braunstraße 22-28, Rückseiten mit St. Petri. Auch "von hinten" gefällt mir diese Reihe im Ergebnis ziemlich gut. Hätte ich ursprünglich nicht gedacht. Schöne Farbharmonie zwischen den einzelnen Fassaden. Im Vorbeigehen hörte ich andere Passanten reden, die auch von den Farben angetan waren.

    'Ästhetischer Billigmüll, der in jedem beliebigen Vorort stehen könnte' sieht schon anders aus. Wir haben bis zur Genüge hier im Forum von diversen Altstädten Beispiele an Investorenarchitektur gesehen, die ihre Projekte mit minimalen Forderungen wie Steildächer und Einzelfenster - womit es sich hat - gesehen. Die haben dann meist noch eine Tiefgarage darunter, Loggen zur Gasse hin, Styropor unter dem Verputz, den man förmlich riecht, Schüttelfenster... von alle dem sehe ich hier in Lübeck nichts. Die Häuser sind durch das planerische Vorgehen der Stadt aufeinander abgestimmt. Bei den Rückfassaden könnte man allenfalls diese Kritik anbringen, aber schliesslich sind es ja Rückseiten. Aber auch hier erkennt man Gestaltungswille und eine Harmonie unter den Häusern untereinander. Das wird sehr lebenswerte und gegliederte Hofräume ergeben. Auf die bodentiefen Fenster könnte ich allerdings verzichten; sie bringen kein bisschen mehr Licht in die Stube.

    'Billigmüll' sieht so aus:


    (Bild mit img-Code...)
    Abb.5: Das Ulrich-Gabler-Haus in der oberen Alfstraße vor der Marienkirche...

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (12. August 2019 um 14:39)

  • Bei den Rückfassaden könnte man allenfalls diese Kritik anbringen, aber schliesslich sind es ja Rückseiten.

    Ich habe mich auch im Wesentlichen auf die Rückseiten bezogen. Aber mal ehrlich, auch die Vorderseiten sind nicht gerade von außerordentlichem Gestaltungswillen geprägt.
    Das Haus ganz links hat eine öde, nichtssagende und im wahrsten Sinn des Wortes flache Ziegelfassade; keine Sprossenfenster, eine langweilige Fassadengliederung etc. Da, wo ich geboren bin (Saarland links unten) stehen Gebäude mit solchen Ziegelfassaden (i.d.R. aus den frühen 30'iger Jahren) an jeder zweiten Straßenecke. Die gibt es da im Dutzend billiger. Das ist nichts, was in das Herz des alten Lübeck gehört.

    Durchgehen lassen würde ich allenfalls die Vorderfassaden der beiden mittleren Häuser, aber selbst die sind letztlich doch ziemlich einfallslos. Das Haus ganz rechts wiederum zeigt genau die typische Investoren-Altstadtarchitektur, die du so treffend beschreibst. Nichts davon ist dem Herzen des alten Lübeck in irgendeiner Weise angemessen.

  • Gestaltungswillen ist schon da. Es ist doch auch eine Frage der Proportionen, nicht nur der Materialität und der Sprossenfenster. Ich vergleiche halt gern auch mit den derzeitigen "Schwesterstädten" von Lübeck, was grossflächige Altstadtrekonstruktion/Reparatur betrifft.

    Ein Vergleich mit Frankfurt am Main ist schwierig, weil dort viel mehr Geld vorhanden war (Wirtschaftsmetropole). Deshalb konnten dort mehr Rekonstruktionen realisiert werden. Was die Neubauten dort betrifft, ist es kein Investorenmüll, aber ein Teil von ihnen kann trotzdem in den Müll geworfen werden. Solche Abartigkeiten sehe ich in Lübeck nirgends projektiert. Ich muss wohl nicht auflisten, welche Gebäude gemeint sind. Und es war auch ein Bauherrenvertreter, der das Szepter in der Hand hielt. Trotz Geldschwemme der Banken konnte dort mehr Baukredit aquiriert werden als nur bei einzelnen kleinen Bauherren wie in Lübeck. Das ist auch ein Problem, das beachtet werden sollte. Bei kleinen Bauherren drehen die Banken die Münzen zweimal um, bevor sie sie zur Verfügung stellen.

    Bei Dresden kamen nur Grossinvestoren zum Zug, und was ist dort trotz vieler Rekonstruktionen entstanden? Viele sogenannte 'Rekonstruktionen' mit Styroporfassaden, zwei bis drei Untergeschossen, abartigste Dachlandschaften und Hoffassaden. Solche Abartigkeiten sehe ich in Lübeck nirgends projektiert. Also Dresden hinkt weit hinter beiden Städten nach, was Altstadtreparatur betrifft. Das ganze Bauklima dort ist doch schon unsympathisch!

    Das Haus links (Vorderseitenbild): es hat auf den ersten Blick eine nichtssagende Vorderfassade. Aber sie strahlt Ruhe aus. Das Erdgeschoss hat eine respektable Höhe und ist durch eine andere Mauertechnik abgesetzt von den Obergeschossen. Die Fenster haben keine Sprossen, aber sie haben wenigsten einen Pfosten exakt in der Mitte. Keinen solchen, der modernistisch oder baumarktmässig assymmetrisch sitzt. Auch ist nicht wie bei vielen modernistischen Fensteröffnungen die eine senkrechte Leibung rechtwinklig zur Fassadenfront und die andere abgeschrägt, sondern einfach auch normal rechtwinklig. Das Verhältnis von Mauerflächen zur Fensterfläche ist stimmig. Das sind doch alles Eigenschaften, die man bei der Dutzendware im Saarland und andern Gebieten nicht findet. Ich persönlich hätte mir für die Backsteinfarbe das Lübeck-Rot gewünscht. Die gläserne Zwischenbrüstung im mittleren Giebelfenster ist schrecklich. Zur Rückseite (im Rückseitenbild rechts): Die Loggia im Giebelfeld hat eine Brüstung und ist nicht bis zum Boden hinab gezogen. Wohl eine Forderung der Ästhetik, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass der Bauherr sie lieber bis zum Boden hinabgezogen hätte. Das ist ein gaz wichtiges Detail, das viele Leser hier nicht bemerken werden! Also auch keine Dutzendware, sondern effektiv der Gestaltung geschuldet.

    Das zweite Haus: Gurtsimsen, Fenstersimsen, Abschlussgesims - (leider) keine Selbstverständlichkeit. Findet man wohl weder im Saarland noch bei Investorenarchitektur. Es knüpft an die klassizistischen Fassaden Lübecks an. Wäre diese Fassade in Frankfurt geplant gewesen, hätte man Sturm dagegen laufen müssen. Zwei Fenstersprossen in der Höhe hätte es leiden mögen.

    Drittes Haus: vorne und hinten die gleiche Würdigung und Kritik wie beim ersten Haus.

    Viertes Haus: sieht man hier besser:


    Abb.2: Braunstraße 24 und 22

    Auch dieselbe Würdigung und Kritik wie beim ersten und dritten Haus, hier aber zusätzlich mit Fensterumrandungen und die Details sehr sorgfältig gelöst. Es ist vorne und hinten das einfachste aller vier Häuser, aber genau das ist doch auch ein Pluspunkt! Es gibt reichere Fassaden und weniger reiche, aber alle vier sind wertig. Schau mal die Harmonie in der Gasse nur schon beim Baustellenbild, insbesondere in Bezug auf die historischen Fassaden im Vordergrund:


    Abb.4.: Die Nordseite der Braunstraße im Überblick, hier ist die historische und neue Bebauung gut zu vergleichen. Farblich passt´s zumindest gut und ich finde, zumindest von weitem sieht es da unten sogar ein klein wenig nach Altstadt aus. Immerhin. Diese Wirkung entsteht sicher nicht zuletzt durch die kleinen Knicke von nur wenigen Grad zwischen den einzelnen Fassaden durch die exakte Aufnahme der historischen Bauflucht.

    Der Gestaltungswille ist sicher zaghafter als bei den historischen Bauten. Aber ganz sicher nicht billiger.


    Ein persönlicher Kritikpunkt gilt allen drei Giebeln: Beim ersten und dritten Haus ist die Mauerstärke viel zu dünn, beim vierten Haus zu dick. Dieses Detail haben wohl auch die meisten Jurymitglieder übersehen. Es war weder auf den Fassadenplänen noch bei den 1:1 gemauerten Fassadenmustern ersichtlich. Gerade beim Blick in Gassenrichtung wäre das ein wichtiger Aspekt.

    Klar hätte ich mir auch reichere Fassaden - insbesondere bei jenen aus Backstein - gewünscht. Es lag wohl baukreditmässig einfach nicht mehr drin, sonst hätte es sicher auch Rekonstruktionen gegeben. In Frankfurt stand viel mehr Geld zur Verfügung, und deshalb konnte auch mehr in unsere gewünschte Richtung realisiert werden. Von der Sympathie des ganzen Bauprozesses her ist für mich Lübeck der absolute Gewinner unter den drei Städten!

    2 Mal editiert, zuletzt von Riegel (12. August 2019 um 21:14)

  • Ohne damit jetzt irgendjemandem zu nahe treten zu wollen, aber „billig“ ist nur eines: Das Argument, die reduzierte Ausgestaltung der Fassaden hätte finanzielle Gründe. Nein wirklich, nein. Die Gebäude sollten „zeitgenössisch“ gestaltet werden, und das sieht man ihnen an. Aus ihnen spricht der Widerwille der Architekten, sich auch nur einen Millimeter weiter auf die Historisierung zuzubewegen als es die Mittel der „Moderne“ gestatten. Das kann man genauso in Dresden am Neumarkt beobachten. In Frankfurt wurde wesentlich mehr gewagt. Daher kann ich Philons Kritik sehr gut nachvollziehen.

    In dubio pro reko

  • Die "zeitgenössische" Haltung ist sicher auch ein Aspekt, aber nicht der alleinige. Mehr und stärker hervortretende Gurtsimsen, Lisenen, fantasievollere Giebelformen, Sprossenfenster... das kostet nicht alle Welt. Aber warst du selber schon einmal Bauherr? Wenn ein Bankenvertreter Pläne mit einigermassen aufwändig gestalteten Fassaden sieht, runzelt er bereits die Stirn. Er selber kann ja als Nicht-Baufachmann nicht abschätzen, dass das nur unwesentlich mehr kostet.

    Anstatt 'zeitgenössisch' schrieb ich vielmehr 'zaghaft', weil einigen Architekten einfach der Mut fehlte, mehr aus sich herauszukommen. Und schliesslich ist es auch eine Frage des Könnens der meisten Architekten; die sind damit schlichtweg überfordert. Es gibt einige Projekte, die gar viel Rundbogenformen an den Giebeln und Fensterstürzen aufweisen, und die sehen für mich sehr gesucht aus. Da sind mir die bisher realisierten einfacheren Bauten viel lieber als diese kitschigen Rundbogenformen, die in diesem Mass im historischen Lübeck an Giebeln und Fenstern nicht vorkamen, wohl aber inneerhalb von Blendarkaden. Jemand kam mal mit einer überhohen Fassade mit konkavem oberen Abschluss. Da bin ich froh, wenn so etwas Exhibitionistisches nicht kommt.

    Ich habe die Jurykommentare dank der vielen Beiträge von frank1204 mitverfolgt und nie den Eindruck bekommen, dass da noch mehr modernistische Tendenzen gefordert wurden.

  • (Bild mit img-Code, also bitte selber nachschauen)

    Kommentar in Klammer ist von mir, Dank wem??????????

    Auf folgende Fassaden könnte ich verzichten:

    Fischstrasse Südseite: Bogenportal unter einer Haustrennwand bei Nrn. 25-27,
    Braunstrasse: Bogenportal an Hausecke ganz links und ganze Fassade Nr. 16,
    Gerade Querstrasse: die beiden schnuckeligen Giebel mit halbrundem Abschluss,
    Einhäuschen Querstrasse: ganze Front.

    Ich habe nichts gegen Rundbogen - aber dann bitte richtig einsetzen und nicht einfach nur mit ihnen spielen!