Lübeck - Neubauten im Gründerviertel

  • Um was geht es bei dem Wiederaufbau? Die Touristen wollen sehen was Sie erwarten (sowas wie ein Schloss Neuschwanstein) und Ihnen ist die Geschichte dahinter nur bedingt wichtig und die Einwohner wollen nicht wieder Die gesichterlose Berufsschule zurück. Konseqenz daraus ist ein Wiederaufbau fiktiver Mittelalterlicher Kaufmannshäuser, zumindest von der Fassade her. Mehr sollte es an diesem Ort nicht zu sehen geben. Bitte macht mit und kämpft für ein schöneres Lübeck als es da je gab. Die Chance kommt nie wieder.
    (B.Lüders https://www.facebook.com/Architecture.Berlin)

  • Hallo "L Architecure",

    auch wenn in den Entwürfen sicher viel Arbeit steckt, so lehne ich für meinen Teil diese für Lübeck ab. Es tut mir leid, aber ich möchte in Lübeck exakte Rekonstruktionen oder (wenn das nicht durchsetzbar ist) moderne Fassaden mit Zitaten der alten Häuser haben. Solche historisierenden Bauten spiegeln vor, dass diese so dort historisch gestanden haben.
    Ich habe in meinen Anmerkungen zu Elbing weiter oben schon dargestellt, was ich davon halte und möchte zugleich diese Diskussion hier nicht erneut führen.

    Zudem sind die gezeigten Entwürfe bis auf das Fassadenmaterial nicht einmal typisch lübsch, sondern sind mit den stark profilierten Lisenen und den durch sie geteilten nach oben offenen Giebelabschnitten eher in mecklenburgischen und vorpommerschen Städten zu finden (z.B. "Alter Schwede" in Wismar und die zerstörten gotischen Häuser am Markt in Anklam). Auch die teilweise dargestellten Sandstein-Vierpassfriese findet man an den historischen Bürgerhäusern nicht. Solche Häuser wie in den Entwürfen dargestellt gibt und gab es in Lübeck nicht.

    Und außerdem: Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine neugotische Fassaden billiger käme als eine rekonstruierte Originalfassade, sind doch bei beiden teure Formsteine nötig. Was soll das ganze also? Die gezeigten Rückfassaden der Entwürfe finde ich hingegen (bis auf den Carport) garnicht mal so schlecht.

    Dafür, Touristen irgendetwas vorzugaukeln, was sie eventuell zu sehen erwarten, ist mir Lübeck zu schade. Es gibt außerdem noch genügend Originalsubstanz, die dafür herhalten kann. Zumal das Vorgaukeln mit diesen wenig ortstypischen Kunstfassaden den Leuten gegenüber doch sehr unehrlich wäre - soll man die Gäste/Touristen wirklich so auf den Arm nehmen?

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (19. Oktober 2014 um 09:12)

  • @ Frank: Es wird aber leider keine Rekonstruktionen im Gründerviertel geben, von daher gesehen sind die obigen Entwürfe nicht nur eine Meisterleistung sondern auch eine sehr gute optische Lösung! Sie sind absolut altstadtgerecht.

    Wenn 1:1-Rekonstruktionen in diesem Quartier von vornherein durch die Entscheidungsträger der Stadt Lübeck abgelehnt werden (was natürlich bedauerlich ist!) ist ein zeitgemäßes Bauen in traditionellen / überkommenen Formen der norddeutschen Backsteingotik sicherlich keine schlechte Lösung! Den Vergleich mit Elbing (siehe dieses Bild) finde ich im Vergleich mit den obigen Entwürfen übrigens wenig passend, weil die dortigen Gebäude sehr "wilde" Neuinterpretationen sind die kaum noch etwas mit den Ursprungsbauten zu tun haben.

    Mich erinnern die obigen Entwürfe mehr an den Prinzipalmarkt in Münster, wo man durchaus einfühlsam in traditionellen Proportionen und Formen neugebaut hat.

    Bild: Prinzipalmarkt Münster (Bild Wikipedia, Urheber Rüdiger Wölk)
    .

    Einmal editiert, zuletzt von Maecenas (19. Oktober 2014 um 11:44)

  • @Kralle: Du hast Recht, es wird wohl leider kaum bis keine Rekonstruktionen geben. Aber es wird auch keine in der hier dargestellten historisierenden Neubauten geben. Wie schon geschrieben - bevor man diese baut, könnte man auch gleich rekonstruieren und hätte dann zumindest authentische Ergebnisse. Ich muss nochmal betonen: Meiner Meinung nach kann es nur Rekonstruktionen und/oder moderne Fassaden geben.

    Zu Münster kann ich mangels Kenntnis nicht viel sagen. Die Fassaden auf dem von Dir geposteten Bild machen zumindest einen sehr viel zurückhaltenderen Eindruck als die völlig übertriebene "Neo-Neugotik" von "L Architecture". Und damit komme ich noch einmal auf dessen - sicher gutgemeinte - Entwürfe zurück: Die Profanarchitektur in Lübeck war sehr viel schlichter als diese Entwürfe. Es ist sogar so, dass die neugotischen Bauten vom Ende des 19. Jahrhunderts - wie das Versorgungsamt in der Großen Burgstraße oder das nicht mehr existierende Hauptpostamt am Markt, das Paketpostamt am Schüsselbuden, das ehemalige Naturkundemuseum am Dom und einige mehr mit ihren Großformen und beinahe bis ins groteske übertriebenem Zierrat die mittelalterlichen Gebäude in den Schatten stell(t)en und übertrumpf(t)en. Genau das passiert bei den oben vorgestellten Entwürfen auch. Es gab an Häusern nirgends aufgesetzte Turmhelmchen und nur in seltenen Fällen Schichten aus mit Salz glasierten Steinen, da diese im Mittelalter extrem teuer und nur von reichen Ratsherren oder Kaufleuten bezahlbar waren. Von "L Architecture" wird aber geradezu verschwenderisch damit umgegangen. Zudem gab es nirgends Arkaden - außer am Rathaus. Auch dieses Motiv wird in den Entwürfen unpassend zitiert. Man kann sagen: Die Entwürfe enthalten einfach zu viele Elemente, die nur den Großbauten wie Kirchen und Rathaus vorbehalten, nie aber an Bürgerhäusern zu finden waren.

    Des weiteren sind die Erdgeschosszonen fast durchweg zu niedrig. Die historischen Lübecker Häuser besaßen hohe Dielengeschosse von etwa der doppelten Höhe der Obergeschosse oder gar mehr. Alle Abweichungen davon sind Umbauten des 19. Jhdts., als der Wohnraum knapp wurde und man in die Dielen Zwischendecken einzog.
    Zudem ist die reine Menge der Neugotik schon erdrückend. Lübeck lebt vom Nebeneinander vieler verschiedener Baustile. Die Entwürfe lassen andere Stile - wie insbesondere die Renaissance - vermissen. Auch diese hat in Lübeck mit ihren Backstein-Treppengiebeln einen besonderen, typischen Stil hervorgebracht.

    Und nicht zuletzt weisen die Entwürfe stilistische Fehler auf: Die Fassaden der Gotik waren stark vertikal gegliedert, insbesondere durch spitzbogig abgeschlossene Blendnischen, die vom 1. OG bis zum oberen Ende der Fassade durchliefen. Die vorliegenden Entwürfe zeigen aber eigene Blendnischen in jedem Stockwerk oder vom Erdgeschoss bis zum 1. OG - das gab es nicht. Zudem waren die Fensteröffnungen hochformatig, hier sind aber unterhalb der Dachzone sehr viele querformatige Fenster zu sehen.

    Alle diese Punkte zusammen mit dem Lisenen- und Vierpassthema aus meinem vorigen Posting lassen mich als echtem Lübecker mit den Entwürfen von "L Architecture" fremdeln. Ich erkenne darin einfach nicht Lübeck.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (19. Oktober 2014 um 13:50)

  • Vielen Dank für die beiden Beiträge. Ich lass die lieber unkommentiert und bitte um mehrere Meinungen dazu, Gut oder schlecht. Das bringt mich näher dahin was Ihr wollt. Zusammen finden wir einen Weg! Die Überarbeiteten Entwürfe gehen in den Wettbewerb.

  • In Anklam, Greifswald, Rostock, Stralsund oder Wismar würden wir solche Entwürfe mit Kußhand begrüßen!

    Plus Outre

  • Zitat

    Um was geht es bei dem Wiederaufbau? Die Touristen wollen sehen was Sie erwarten (sowas wie ein Schloss Neuschwanstein) und Ihnen ist die Geschichte dahinter nur bedingt wichtig und die Einwohner wollen nicht wieder Die gesichterlose Berufsschule zurück. Konseqenz daraus ist ein Wiederaufbau fiktiver Mittelalterlicher Kaufmannshäuser, zumindest von der Fassade her. Mehr sollte es an diesem Ort nicht zu sehen geben. Bitte macht mit und kämpft für ein schöneres Lübeck als es da je gab. Die Chance kommt nie wieder.

    Grundsätzlich muss man diesen Worten zustimmen.
    Dazu kommt, dass diese Entwürfe nicht viel "vorgaukeln". Die Fassaden sehen allesamt wie historistische Anspielungen auf die Backsteingotik und nicht wirklich alt aus. Es ist nichts dabei, was ich als wirklich geschmacklos ablehnen würde.
    Eine Lösung mit Anstand, ohne Zweifel.
    Als bloße Anregung an den Künstler (wenn er seine Entwürfe hier zur Diskussion stell muss er mit derart rechnen):
    Mich würde mehr postmoderne Gewagtheit faszinieren. Wie wäre zB dies: ein ziemlich authentischer gotischer Giebel, vielleicht als Zitat eines echten Gebäudes (egal ob noch irgendwo bestehend oder - besser! - untergegangen) allerdings nur bis zur Hälfte, dh im Scheitel brutal abgeschnitten, und daneben etwas ganz anderes - ein anderer halber Giebel eben, modern oder auch traditionell, jedenfalls die Symmetrie grob verletzend. Auf diese Verletzung wäre in den Nachbargebäuden aadäquat zu reagieren, dh innerhalb des Ensembles Bezug zu nehmen.
    So etwas hätte mich immer gereizt, leider habe ich es noch nie wo gesehen. Eine mE interessante Möglichkeit Tradiotion und Moderne zu verbinden. sicher gehören da Formempfinden, Stilsicherheit und Geeschmack dazu, aber daran scheint es mir bei dir ja nicht zu mangeln.
    Vielleicht hättest du mit derartigen Auffälligkeiten mehr Chance auf Realisierung.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Vielen Dank für die beiden Beiträge. Ich lass die lieber unkommentiert und bitte um mehrere Meinungen dazu, Gut oder schlecht. Das bringt mich näher dahin was Ihr wollt. Zusammen finden wir einen Weg! Die Überarbeiteten Entwürfe gehen in den Wettbewerb.


    Ich dachte, der Wettbewerb lief von Mai bis September? So war es zumindest in der Presse zu lesen. Hat er sich derart verzögert, dass demnächst erst Entwürfe eingereicht werden? Könnten wir eine Info über den momentanen Zeithorizont bekommen?
    Grundsätzlich finde ich es ja sehr erfreulich, dass ein Architekt sich in diesem Forum meldet und die Meinung der Mitglieder erfragt und evtl. auch berücksichtigen möchte. Vielen Dank dafür.

    Und grundsätzlich finde ich historisierende Entwürfe ja auch nicht schlecht. Ich möchte hier aber einfach nochmal deutlich machen, worum es mir geht. Auf die Schnelle habe ich dazu im Moment nur diese beiden Bilder griffbereit:


    Abb.1: Mengstraße Südseite, im Hintergrund Marienkirche


    Abb.2: Rathaus Marktseite

    Auf Abbildung 1 sieht man eine typische Abfolge von Kaufmannshäusern im Gründerviertel. Alles in allem sehr schlicht, bis auf ein paar Nischen und Maueranker kein "Schnickschnack", alles eher bescheiden - ok zugegebenermaßen ist auch ein Terrakottafries zu sehen.

    Abbildung 2 zeigt die Marktseite des Rathauses: Hier haben wir eine repräsentative Schaufassade mit Mengen von Türmchen, Wappen, glasierten Ziegeln und allem, was das Herz noch so begehrt. Die Arkaden erfüllten hier den Zweck, dass die Fläche darunter an Handwerker vermietet werden konnte.

    Ich hoffe, dass der Unterschied deutlich zu sehen ist. Die vorliegenden Entwürfe übertragen aber nun alle Eigenschaften des öffentlichen Großbaus Rathaus auf die "kleinen" Privathäuser im Gründerviertel. Und genau das halte ich für völlig falsch - historisch wie städtbaulich.

    Als Anregung zur Veränderung der Entwürfe möchte ich also folgendes vorbringen:
    - Verzicht auf unangebrachte Verzierungen wie Türmchen oder auch Giebel an Traufseiten
    - Kein Zitat des Arkadenmotivs des Rathauses
    - Hohe Ergeschosszone (das ist im übrigen auch die Wettbewerbsvorgabe)
    - Wenig bis keine glasierten Steine
    - Ausschließlich hochformatige Fenster, auch in den unteren Geschossen
    - Zitat mehrerer Baustile, nicht nur Gotik

    Zum letzen Punkt: Wie auf Abb.1 zu sehen, ist die Gotik deutlich in der Minderzahl:
    Rechts ist ein Haus der Spätrenaissance mit schon horizontaler Fassadengliederung zu sehen, links daneben eine (schlichte!) gotische Fassade, weiter links eine frühe Renaissancefassade (noch mit von der Gotik übernommenen Hochblenden und damit vertikaler Teilung der Fassade und im 19.Jh. überformten Erdgeschoss), dahinter klassizistische Fassaden vor wahrscheinlich deutlich älteren Hauskörpern.

    Vielleicht wird durch diesen Beitrag deutlich, dass ich die vorliegenden Entwürfe nicht destruktiv zerreißen möchte, sondern konstruktiv zeigen konnte, was Lübeck ausmacht.

    Falls gewünscht, kann ich weitere Fotos beispielhafter Fassaden zur Verfügung stellen. Ich habe 2009/2010 ca. 2/3 der gesamten Altstadt fotografisch dokumentiert und weiß, wovon ich hier schreibe.

    Die Fotos sind von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Also ich finde die Skizzen sehr schön und letztendlich finde ich auch die Beispiele kreativ. Ich finde nicht dass sie sind "over the top". Solche Gebäude würden die Lübecker Altstadt extrem aufwerten!

  • Ich finde die Ideen gut, bin aber für Lübeck dagegen, ich wünsche mir zumindest Leitbauten mit authentisch rekonstruierten Rekonstruktionen. Alles andere wird dem Ort nicht gerecht.

  • Und- werden die "Kisten", die unweigerlich kommen werden, dem Ort mehr gerecht?
    Deine Beispiele, Franz MCCIV, zeigen echte, authentische, originale Gotik.
    Die Entwürfe unseres Künstlers zielen auf gründerzeitliche Formenzitate an.
    Das ist der Unterschied.
    Ich denke aber, dass dies konsequent in Gassengluchten beibehalten, eine sehr überzeugende Wirkung hätte.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Und- werden die "Kisten", die unweigerlich kommen werden, dem Ort mehr gerecht?
    Deine Beispiele, Franz MCCIV, zeigen echte, authentische, originale Gotik.
    Die Entwürfe unseres Künstlers zielen auf gründerzeitliche Formenzitate an.
    Das ist der Unterschied.
    Ich denke aber, dass dies konsequent in Gassengluchten beibehalten, eine sehr überzeugende Wirkung hätte.


    Bitte "Frank" und nicht "Franz".
    Genau das ist doch der Punkt: Es war hier vorher echte Gotik und keine gründerzeitliche Neugotik. Und ich möchte deswegen eine Formensprache, die sich auf echte Gotik bezieht und nicht auf gründerzeitliche. Das ist in der Tat ein Unterschied und doch nicht so schwer zu verstehen?
    Und ich denke, dass die eine oder andere Einzelfassade dieser Entwurfsreihe evtl. noch erträglich wäre, aber in ganzen Straßenfluchten auf jeden Fall erschlagend.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Nur mal kurz, so gründerzeitlich sind die Entwürfe nicht. Die Bauten beziehen sich alle auf existierende Gebäude oder aber kopieren diese. Man kann also nicht unbedingt von Gründerzeit sprechen. Derartige Gebäude mit den vorliegenden Materialen gab es auch im Mittelalter. Ürsprünglich waren viele der lübecker Gebäude nicht so schlicht, wie jetzt. Damals waren übrigens auch Turmspitzen an Profangebäuden üblich.

  • Ich versuch es mal. Bisher ist ein guter Punkt die Fenster vertikal auszurichten, weniger Dekor zu nehmen und die Kombination einer gotischen mit modernen (in unserem Fall den seit ca. 100 Jahre alten Minimalismus) Fassadenelementen.
    Bisher hab ich immer versucht mir vorzustellen, daß ein gotischer Baumeister mit der Technologie von heute für die Belange der Menschen von heute baut, so wie es K.F.Schinkel immer getan hat.

  • Im Lübecker Gründerviertel sind m. E. nur authentische Rekonstruktionen angebracht. Phantasiebauten tun dem historisch äußerst wichtigen Ort fast so wenig Recht wie ''moderne'' Bauten. Beides sollte es nicht geben. Dennoch bin ich gespannt auf LArchitectures modifizierten Entwürfe.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat

    Bitte "Frank" und nicht "Franz".

    Wennst meinst dass das schöner ist - bitte.

    Zur Frage der authentischen Rekos: Natürlich ist das wünschenswert. Allein: mittelalterliche Bürgerbauten bestechen oft durch Alter, Patina und Authentizität als durch überzeugende Architektur. In Barockstädten wie Potsdam und Dresden ist die Situation eine andere, hier ist der ideale Boden für Rekos.
    Gab es wirklich herausragende Einzelbauten in diesem Quartier? Mir ist eigentlich nichts an alten Aufnahmen bekannt. Es werden Straßenbilder gewesen sein, die glücklicherweise an anderen Stellen erhalten sind.
    Daher kann man auch anders so argumentieren:
    Da in Lübeck so viel erhalten ist, kommt es auf die eine oder andere Reko nicht mehr an. Es gilt vielmehr, einen zentralen Stadtraum wiederzugewinnen und ästhetisch ansprechend zu gestalten. Dazu sind diese Entwürfe sehr wohl geeignet.
    Natürlich sind sie gründerzeitlich, schon allein in der rein wirtschaftlichen Ausrichtung der unteren Geschosse. Aber da dies mit Formgefühl erfolgt ist, kann ich nichts dagegen einwenden.
    Ich hätte nur gerne den einen oder anderen Schuss postmoderne Gewagtheit. L'Architektüre tendiert zu vertikalen Schnittlinien. Ich würde gern einmal horizontale sehen. Derartige Symmetrieverletzungen wären wirklich originell.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Da es hier um das zentrale Kaufmannsviertel zwischen St. Marien und Obertrave ging, waren die Häuser hier sehr wohl noch prächtiger als in anderen Teilen der Stadt, vor allem als in den Handwerkervierteln. Deshalb wäre Rekonstruktion hier auch so wichtig: Lübeck verlor beim Bombardement wirklich sein Herz und nur das, anders als in vielen anderen deutschen Städten, wo die gesamte Altstadt vernichtet wurde, der Fall war.
    Daß das zentrale Viertel der Kaufleute am prächtigsten war, ist eine strukturelle Gegebenheit auch in anderen Handelsstädten. Siehe in Antwerpen das Viertel zwischen der Kathedrale und der Schelde (auch zu einem großen Teil zerstört, aber nicht durch Krieg), Gent am Graslei und Kornmarkt, usw.

    In Lübeck machten das sanft ansteigende Gelände zwischen Obertrave und St. Marien, und der krönende Abschluß des Viertels durch die Westtürme von St. Marien, die mit 125 m für das Mittelalter wirklich sehr hoch waren, das Gesamtbild um so eindrucksvoller.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Trotzdem gibt es genugend prachtvolle Backstein-gotische Hauser in Lubeck - ich glaube am moment dass weder Rekonstruktionen oder neuschopfungen in Backstein-gotische Stil kommen wird.

    In ein Stadt mit so viel gotische Hauser wurde mich neuschopfungen auch nicht storen. Und was meinst du mit Herz? Herz ist wo die Menschen gehen und leben. Da hat Lubeck sicherlich mehrere Herzen.

  • Da müsste es aber umfangreiche Bilddokumentationen geben. Mir ist nichts oder kaum etwas davon bekannt. Auch am Markt standen - vom Rathaus abgesehen keinesfalls die Glanzbauten. Gerade die unmittelbaren Stadtmitten waren verstärkt wirtschaftlichem Erschließungsdruck ausgesetzt und dadruch häufiger historistischer überformt.
    Andersrum: Was ist dokumentiert, welche Häuser wären konkret rekonstruierbar, was wäre konkret zu fordern?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.