Lübeck - Neubauten im Gründerviertel

  • Wer oder was ist die breite Masse, das sind doch leere Begriffe. Glaubst du, die breite Masse trägt irgendwelche Rekoprojekte?

    Keiner hat diese Häuser als "formvollendet" bezeichnet. Umgekehrt wüsste ich nicht, wo hier "Unerfahrenheit" vorliegen sollte. Ich kann damit einfach nichts anfangen. Natürlich ist die kalte Ästhetik grundsätzlich hinterfragbar. Aber innerhalb der selbst auferlegten Prämissen ist das Ganze nicht so übel geworden. Und die Vorstellung, dass man das mit Sprossenfenster oä Maßnahmen "reparieren" oder auch nur verbessern könnte, teile ich nicht.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • wo sind die Jubelstürme aus der Breite der Bevölkerung, die diesen Zeitgeist ja scheinbar so trägt

    Die hat ja z.b. die Garnisonkirche auch nicht. Die Befürworter behaupten immer, die Breite Masse wäre begeistert, und die Gegner, die Breite Masse würde es ablehnen. Traurige Wahrheit ist doch, die Breite Masse ist indifferent, was Architektur angeht. Wacht Mal aus euren Träumen auf!

  • Wer oder was ist die breite Masse, das sind doch leere Begriffe. Glaubst du, die breite Masse trägt irgendwelche Rekoprojekte?

    Ja ich finde schon. Wer freiwillig Geld ausgibt für anderer Eigentum, da ist schon sehr viel Enthusiasmus, wenn das ein paar zehntausend machen, dann ist das die Spitze eines Eisbergs, der sicher nicht nur von einer Randgruppe getragen wird. Bei der Frauenkirche in Dresden waren es sogar über eine Million Spender. Die meisten Menschen tragen ihre Sympathie nicht gleich mit dem Geldbeutel aus, ich denke das macht Sinn?

    Aber innerhalb der selbst auferlegten Prämissen ist das Ganze nicht so übel geworden.

    Ich finde es auch ganz und gar nicht übel, deswegen habe ich ja weiter oben mich gegen allzu harsche Kritik ausgesprochen und um Zuspruch für die Architekten geworben. Aber eben nicht in einem Sinne, dass das Bauten moderner Ästhetik seien, also sprich, dass da einfach der alte Stiefel weiter durchgezogen würde.

    Und die Vorstellung, dass man das mit Sprossenfenster oä Maßnahmen "reparieren" oder auch nur verbessern könnte, teile ich nicht.

    Ich frage mich wieso. Den Standpunkt hast Du ja auch schon bei den Dachflächenfenstern vermittelt. Da ich nicht davon ausgehe, dass Du grundsätzlich die Wirkung von Fensterteilungen nicht siehst, muss es also irgendwas mit der Kategorie 'modern' zu tun haben, mit der Fensterteilung irgendwie nicht gehen soll.

  • Die hat ja z.b. die Garnisonkirche auch nicht. Die Befürworter behaupten immer, die Breite Masse wäre begeistert, und die Gegner, die Breite Masse würde es ablehnen. Traurige Wahrheit ist doch, die Breite Masse ist indifferent, was Architektur angeht. Wacht Mal aus euren Träumen auf!

    Es ging hier darum, ob das im Sinne des Zeitgeists gefällige Architektur ist. Die meisten denken bei Zeitgeist an moderne Architektur, und in diesem Sinne lehne ich den Begriff zum Gründerviertel ab. Wenn man dagegen einbezieht, dass der Zeitgeist natürlich auch die vielen Rekos beinhaltet und die neue Wertschätzung für einige der alten Baustile und allgemein die Sympathie Altbauten gegenüber, dann bin ich an Bord. Und in diesem Sinne kann man die Garnisonskirche bewerten. Ich denke schon, dass ein überwiegender Teil der Bevölkerung die Architektur der Garnisonskirche ansprechend finden könnte, aber, da der Bau noch nicht fertiggestellt ist, ist das höchst spekulativ.

  • Wichtig wären Fotos aus der Vogelperspektive, weil die Gebäude im Einzelnen tatsächlich überhaupt kein Altstadt-Feeling vermitteln. Hat die zufällig jemand, oder gab es dazu schon welche?

    Einzeln sehen die Gebäude architektonisch wie hochwertige, aber moderne bis postmoderne Kleinstadt-Häuser aus, die halt auf die Kubatur und das Ziegeldach achten. Die einzigste Aufwertung im Vergleich zur Vorgängerbebauung ist die Kleinteiligkeit.

    Ein Leitbautenkonzept wie in Potsdam wäre besser gewesen, jedoch kommt hinzu, dass Altstädte in Deutschland in der Vorkriegszeit nicht von wohlhabenden Neubürgern wie in den heute gentrifizierten Bereichen besiedelt waren - sondern in den alten Stadtkernen vielerorts oft Elend geherrscht hat und es sich teils um soziale Brennpunkte handelte mit entsprechenden Milieus, Kriminalität, Prostitution etc. (Berlin und Frankfurt sind beste Beispiele, die Frankfurter Altstadt war deswegen sogar eine linke KPD-Hochburg, weswegen die Nazis das Gebiet durch Vereinfachungen und Entstuckungen "aufwerten" wollten).

    Von daher ist auch gerade die Lübecker Altstadt oft schlicht gewesen - viel Klinker, wenig Stuck. Da würde man jetzt eher wenig verändern können.

  • Wichtig wären Fotos aus der Vogelperspektive, weil die Gebäude im Einzelnen tatsächlich überhaupt kein Altstadt-Feeling vermitteln. Hat die zufällig jemand, oder gab es dazu schon welche?

    Bitte schön:

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Ich weiß, besser als nichts.

    Aber die abgerissene Hanseschule aus der Nachkriegszeit, die dort stand, hatte die selben architektonischen Ansprüche wie heute, und hätte deswegen sogar Denkmalwert.

    Die jetzigen Gebäude vermitteln teilweise den Eindruck, dass sie dort nicht lange bleiben werden, sobald der Zahn der Zeit an ihnen nagt. Und spätestens dann haben wir die gleichen Diskussionen wieder wie vor dem Bau des Gründungsviertels.