Fachwerkbauten in der Rhön

  • Ich werde mich in der nächsten Zeit intensiver mit dem Fachwerk in der Rhön beschäftigen. Als Vorbild dienen mir die hervorragenden Beiträge von Riegel zu den Fachwerkbauten in Frankfurt und Nürnberg. Ich bin immer dankbar für Kommentare, Berichtigungen, und Ergänzungen zu den gezeigten Fachwerkbauten.

    Einmal editiert, zuletzt von Michael (17. Juli 2018 um 16:24)

  • Michael: besten Dank für deine Fleißarbeit. Inhaltlich kann ich dir mangels Fachwissens leider keine Hinweise geben. Ich fände es hilfreich, wenn du zu deinen Zeichnungen vielleicht auch passende Photos solcher Bauten anfügen bzw. verlinken könntest. Das würde die Sache für Laien wie mich noch anschaulicher machen.

  • @ Michael
    Vielen Dank, dass du diesen neuen Strang eröffnet hast! Ich werde gespannt mitlesen, und allenfalls mich dazu jeweils äussern. Du wirst dann sehen, dass nur schon ein einzelner Beitrag zu einem Haus viel Arbeit benötigt, vor allem, wenn man noch Grafiken und Fotos einbinden möchte. Dazu kommen noch Quellenhinweise, und allenfalls auch noch Zitate. Ich schreibe dies nur aus eigener Erfahrung.

    Du hast das Thema richtig angepackt, und einfach mal eine Auslegeordnung gemacht ("Bisher habe ich erstmal gesammelt was überhaupt vorhanden ist bzw. war und in etwa eingeordnet, das war mit den Zeichnungen einfacher."). So habe ich es auch mit Nürnberg gehandhabt, und einfach mal eine ganze Bilderserie aus dem Bildindex herausgesucht, auf denen Fachwerkbauten in Nürnberg zu sehen waren. Dann hatte ich einige markante Beispiele genauer unter die Lupe genommen, und eingehend beschrieben (Grolandhaus, Waaggasse 11, Dötschmannsplatz 13...), so wie du es nun ja mit dem Haus am Steinweg in Fulda vor hast. So tastet man sich langsam an ein Thema heran, und findet immer mehr Gemeinsamkeiten und chronologische Abfolgen, was sie Sache immer spannender macht.

    Das Haus am Steinweg in Fulda hatte ich auch schon irgendwo in der Literatur gesehen, aber wie ich mich erinnere, wurde es dort nicht eingehend beschrieben, sondern nur wegen seinem altertümlichen Aussehen und dem ungewöhnlichen, fast geschosshohen Kopfstrebenpaar im 3. Obergeschoss an der Giebelseite gezeigt. Jedenfalls ein Haus, das mir damals auch sofort ins Auge gesprungen war!

    Zitat von "MunichFrank"

    Ich fände es hilfreich, wenn du zu deinen Zeichnungen vielleicht auch passende Photos solcher Bauten anfügen bzw. verlinken könntest.


    Diesbezüglich wäre es gut, wenn du in deinem ersten Beitrag Links zu den einzelnen Städtenamen aus deiner Rhön-Galerie einfügen würdest, sodass man direkt zu den Galeriebeiträgen gelangen kann. So hat man gerade zu Beginn schon eine Vorstellung vom Aussehen der Bauten, wenn man sich die Mühe nimmt, hin und her zu blättern.
    (Edit.: Ich habe erst jetzt gemerkt, dass du die Bilder ja als Links bereits angegeben hast. Wenn man sich eben ncht anmeldet, hat man den weissen Seitenhintergrund, und da heben sich die Links leider nur sehr schlecht ab...)

    Mir fällt zudem auf, dass die Vielfalt der einzelnen Fachwerkbilder (damit meine ich die Anordnung der Balken in deinen Zeichnungen, welche eben ein spezifisches "Fachwerkbild" ergeben) sehr gross ist, obwohl ja solche nur aus dem 16., vereinzelt auch aus dem 15. Jahrhundert wiedergegeben sind. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass es sich um ein Übergangsgebiet handelt; jedenfalls erkenne ich darin Fachwerkmuster von Frankfurt bis Bamberg.

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (3. Dezember 2012 um 17:18)

  • Michael; deine Nachforschungen lassen sich wesentlich erleichtern, indem man noch weitere Städte sucht, die Bauten mit den oben gezeigten Fachwerkmustern aufweisen:

    Beispiel:

    Schmalkalden

    Haus aus der Herrengasse (wahrscheinlich 14./15. Jhd).
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…_-_20120901.JPG


    Weidebrunner Gasse 13 (1369/70 d):
    http://www.insuedthueringen.de/storage/pic/in…sion=1356888259

    An der Rückseite ebenfalls angeblattete Kopfstreben:
    http://www.denkmalschutz.de/typo3temp/pics…_fbf85539aa.jpg


    Hinterhaus von Lutherplatz 7 (1365 d):
    [bisher kein Bild im Internet gefunden, jedoch ebenfalls mit kurzen, angeblatteten Fuß- und Kopfbändern, dazu Firstständer und Hängepfosten]


    Eventuell lässt sich sogar Hanau-Steinheim in dieselbe Fachwerkregion einordnen (zumindest für das 14. und frühe 15. Jahrhundert).

    Harmoniestraße 7, Steinheim:
    http://muehlheimers-world.de/Rhein-Main/Bilder/PICT5722.jpg

    Einmal editiert, zuletzt von Mündener (27. Januar 2013 um 18:18)

  • Zitat

    das Erdgeschoss stelle ich mir in Fulda ähnlich vor.

    Da es technisch praktisch nicht möglich ist, bei einem Fachwerkbau Schwelle oder Rähm auszutauschen, ohne das gesamte Gebäude zu zerlegen, ist es in Fulda wahrscheinlich, das man die Vorkragenden Bauteile der Stockwerke I und II dem originalen Gerüst lediglich angehängt hat, und Selbiges bis auf die statisch notwendigen Teile herausgestemmt hat, um keine Hindernisse im Raum zu haben.

    Zitat

    obwohl ich mir dort über das Alter noch nicht sicher bin

    Das Haus Kettengasse 1 in Hersfeld stammt mit einiger Sicherheit aus dem 15. Jahrhundert.

    Zitat

    die Geschossvorkragung über Eck ohne Stichgebälk ist selten

    Eckvorkragungen ohne Stichgebälk sind in der Tat selten, und sind meist sehr kompliziert ausgeführt, etwa am Schoberhaus, Pfullendorf von 1317 (d). Dort hat man eine höchst komplizierte sternförmige Balkenlage errichtet.

  • Dieses Haus wurde abgerissen??? Zum Glück gab es aber noch eine Untersuchung...

    Woher hast du denn die Information über diese Rekonstruktion (Quellenhinweise wären bei solchen Artikeln immer hilfreich)? Mich interessiert nämlich vor allem die "Mischverbindung" an den Streben mittels Anblattung und Zapfen, und dazu am gleichen Haus noch unterschiedlich. Bautechnisch ist das nur sehr schwer realisierbar; diese Mischform habe ich ja auch schon in Nürnberg beobachten können bei:
    - Ludwigstr. 74 in Nürnberg (überkreuztes Strebenpaar mit unten angeblatteter, oben eingezapter Fussstrebe und angeblattetem Kopfband)
    - Mühlgasse 2 in Nürnberg (überkreuztes Strebenpaar mit eingezapter Fussstrebe und angeblattetem Kopfband)
    Allerdings waren diese zwei Beispiele bautechnisch einfacher zu realisieren.


    Übrigens vielen Dank für die ausführliche Beschreibung zum Haus "Kleine Marktstraße 5, Fulda". Lange Texte zu einem einzelnen Haus braucht es zwischendurch; das ist mir in Nürnberg auch so ergangen. Insbesondere wenn man sich zuerst in ein Thema einarbeitet, oder auch wenn man mal einen neuartigen Bautypus entdeckt. Texte zu Vergleichsobjekten können dann schon wieder kürzer ausfallen.

    Eine kleine Bemerkung zu "Kleine Marktstraße 5" habe ich noch:

    Verstrebung: Die Eck- und Bundpfosten auf der Traufseite sind mit kurzen angeblatteten Kopf- und Fußbändern verstrebt, die eingezapften Fußstreben sind m. E. nachträglich eingefügt. Die Fußbänder sind sehr kurz, vielleicht doch ein Hinweis auf ursprünglich doppelte Fußbänder, weitere Blattsassen lassen sich aber nicht erkennen?

    (das Zitat betrifft das 3. Obergeschoss)

    Diese Fussstreben werden kaum nachträglich eingefügt worden sein, da sie ja wegen der Zapfenverbindung nachträglich nur schwer "einzufahren" wären. Und was wäre ihr Sinn? Ich gebe aber zu, dass ich an diesem altertümlichen Haus auch alle Balken mit Zapfenverbindung als nachträgliche Zutaten ansehen würde, aber bei diesen Fusstreben bin ich unsicher...

  • Mündener: Danke, das ist das Haus Pfarrgasse 1, es ist auch in "Fachwerk vor 1600 in Franken" beschrieben und abgebildet.

    Inzwischen war ich in Schmalkalden, dazu werde ich demnächst einige Bilder vor allem zu den Fachwerkbauten in der Galerie von Schmalkalden einstellen.

  • Ich denke ebenfall, dass das Haus sehr alt ist. Ein Vergleich zwischen ihm und dem 1351/52 erbauten Gotischen Haus in Gelnhausen zeigt ausserdem eine doch sehr auffällige Gemeinsamkeit:

  • Mit Sicherheit eine durchgehende Kopfstrebe. Der Anstrich der Balken überdeckt der Regelmäßigkeit wegen auch einen Teil der Gefache, sodass es den Anschein macht, die Überblattung wäre eine Anblattung und damit das untere Ende der Strebe. Der Blattsitz am Ständer erklärt alles Restliche.


    Im Großen und Ganzen: Angeblattete Fußstreben, Kopfstreben und geschossübergreifende Ständer an der Traufseite, kurzum, das Haus stammt aus dem 15. Jahrhundert

  • Zitat

    ^

    Wenn ich dieses Bild so sehe, habe ich das Gefühl, dass sich selbst das spätmittelalterliche Gebäude aus zwei Teilen unterschiedlichen Alters zusammensetzt. Der hintere Teil ist demnach der Ältere, und der Vordere (Grenze durch Riegelketten ersichtlich) wurde später (kurz vor 1500) in Stockwerksbauweise drangesetzt.

    Fest steht eins: Eine dendrochronologische Datierung des gesamten Hauses muss her.

  • Definitiv ist der hintere Teil der Marktschänke von 3 (bzw. 6) Gefachen aus dem 15. Jahrhundert, die vorderen beiden Gefache würde ich zeitlich dem Giebel (17. Jahrhundert?) zuordnen, zum einen aufgrund des Höhenversprungs der Riegelketten, zum anderen aufgrund der Kopfstreben, die denen des Vordergiebels entsprechen. Somit hätte der Vordergiebel des 15. Jahrhunderts in etwa in der Flucht des linken Nachbarhauses gestanden und ist vielleicht im Hausinneren eingebaut noch erhalten.
    Wenn man das Fachwerk einmal genau aufzeichnet, mit allen Befunden, die man sieht, könnte man vielleicht noch mehr sagen. (Auf den vorliegenden Fotos kann man nicht alles genau erkennen.)

    Edit: zeitliche überschneidung mit vorherigem Beitrag von Mündener

  • Ich würde hingegen auch die vorderen Gefache ins 15. Jahrhundert stecken, nicht zuletzt wegen der am Fuß angeblatteten Kopfstrebe an der Traufseite oben. Zudem sind die Fußstreben im Giebeldreieck oben angeblattet.

    Lediglich der Konstruktionsartenwechsel (und die doch recht offensichtliche Baunaht) spricht für eine Unterscheidung der beiden Teile.
    Alle Renaissanceschnitzereien (Eckständer, Balkenköpfe) dürften sekundär sein.

    Zitat

    Wenn man das Fachwerk einmal genau aufzeichnet, mit allen Befunden, die man sieht, könnte man vielleicht noch mehr sagen. (Auf den vorliegenden Fotos kann man nicht alles genau erkennen.)

    Volle Zustimmung meinerseits. Bin aber sobald nicht dort.  sad:)

    Edit: Habe Edit überlesen  :biggrin:

    Michael: Hast du die Photos auch in höherer Auflösung? Dann könnte man sie in der Tat für ein Aufmaß gebrauchen.

  • Ah ja, jetzt wo du es sagst, sehe ich die Überblattung an der Strebe links oben auch... stutzig hat mich der geschossübergreifend durchgehende Ständer sowieso schon gemacht.
    Aber der ganze Vordergiebel ist doch definitiv nicht aus dem 15. Jahrhundert, sondern irgendwann mal neu abgezimmert und davor gesetzt worden?

  • Ich denke inzwischen, dass das untere Fachwerkgeschoss an der Giebelseite mitsamt der Deckenbalkenlage irgendwann im 17. Jahrhundert zusammen mit der Anbringung der Schnitzereien ersetzt wurde.

    Denn die großen Kopf- und Fußstreben der oberen Giebelgeschosse sprechen durchaus fürs 15. Jahrhundert

  • Das erste Photo ist der Beweis dafür, dass auch die Giebelseite noch aus dem 15. Jahrhundert stammt. Dort sieht man recht zentral ein oben angeblattetes Fußband - ein eindeutiges Indiz.

  • Zunächst einmal: Dankeschön! :zwinkern:

    Weitere Erkenntnisse wahrscheinlich in Kürze...

    Noch eine kurze Frage: Mit welchem Programm hast du derartige Abbildungen erstellt?

    Zitat

    Einmal editiert, zuletzt von Mündener (25. Juli 2013 um 19:17)