Braunau am Inn

  • sowie in den 1930er-Jahren von den Nationalsozialisten mehrfach überformt.

    Muss es dann nicht unseren Zielen nah kommen, wenn diese Umformung rückgebaut wird? Allerdings kann ich in dem Entwurf weder ein Haus des 17. Jh. noch das des Biedermeier erkennen. Mit scheint es eher eine Neuschöpfung zu sein, die mit dem ursprünglichen Zustand des Hauses nicht viel gemein hat.

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  • Muss es dann nicht unseren Zielen nah kommen, wenn diese Umformung rückgebaut wird?

    Man könnte aber argumentieren, dass der Zustand, den die Nazis geschaffen haben, der historisch interessanteste und daher auch erhaltenswerteste ist. Denn ohne seine Verbindung zu Hitler ist das Haus ja mehr oder weniger unbedeutend.

  • Wobei die Nazis, glaube ich, nicht viel an dem Haus verändert haben. Die Fensterfront im Erdgeschoss wurde strenger gestaltet:

    Vorher: https://img.welt.de/img/kultur/mob…Geburtshaus.jpg

    Nachher: https://www.merkur.de/bilder/2018/12…lGxAa6Hatee.jpg

    Und ausgerechnet das Nazi-Erdgeschoss bleibt beim neuen Entwurf weitgehend unverändert erhalten: https://oekastatic.orf.at/mims/2020/23/34/crops/w=1280,q=70,r=1/578515_bigpicture_197334_salzburger_vorstadt_15_5.1_schaubild_salzburger_vorstadt.jpg?

    (Leider habe ich kein Photo gefunden, das das Haus eindeutig vorm Dritten Reich zeigt.)

  • Zitat von Tegula
    Muss es dann nicht unseren Zielen nah kommen, wenn diese Umformung rückgebaut wird?

    "unsere Ziele" ist gut, Dieses Streitthema ist wohl nicht lösbar.

    3 x-beliebige Beispiele, die mir halt so durch den Kopf gegangen sind:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_Langenlois#/media/Datei:Langenlois_Kirche_Orgel_01.jpg#

    https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_zur_…nu_CIMG0089.JPG

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…u_nach_1870.JPG

    Natürlich Beispiele auf ungleich anderem Niveau, aber man sollte sich klar sein, dass es schwer sein dürfte, in diesem Zusammenhang von "unseren" Zielen zu reden. Ich weiß nicht einmal, wo ich selbst stehe.

    Hier meine Meinung: Torgau: entschieden gegen die "Purifizierung" oder eigentlich auch nicht, wenn ich die Gründe der Reko näher betrachte.

    Prag: Wiglwogl, eher dagegen

    Langenlois: kann mich nicht entscheiden.

    Aber im Fall von Braunau?

    Was ist mehr wert - authentisches Biedermeier oder schlecht dokumentierte Frühneuzeit, die recht pseudogotisch anmutet?

    Letztlich ist die Fassade ein Verlust, ein "Minus". Es geht weniger um Substitution, um Ablösung einer Schicht zugunsten einer älteren, sondern gelinde gesagt um Eliminierung, Vereinfachung. Der Hinweis auf eine angebliche "Historizität" vermag da nicht darüber hinwegzutrösten.

    Noch zum von Tegula erwähnten "Identifikationsobjekt".

    Was nach 45 wurde, weiß ich nicht. Ich hab kein Nazi-Schrifttum aus diesen Jahren. Hingegen habe ich das Buch "Oberdonau, die Heimat des Führers". In diesem "Schlüsselwerk" ist eine pittoresk gotische Altstadtgasse von Braunau abgebildet, mit entsprechendem Verweis ("Geburtsstadt"). Ein Bild des Geburtshauses fehlt. Hingegen ist das von mir erwähnte "Elternhaus des Führers" in Leonding" abgebildet. Es ist extrem kleinhäuslerisch. Hitler war stolz auf seine oö Abkunft, aber er war abstammungsmäßig Niederösterreicher (worauf er gar nicht stolz war). Braunau spielte keine Rolle in seinem Leben, abgesehen vom Umstand der Geburt. Er hatte keine Verwandte dort, sein Vater war dort als Zollbeamter beschäftigt, er wuchs im Großraum von Linz auf. Hindenburg nannte ihn "den böhmischen Gefreiten", weil für ihn "Braunau" in Böhmen lag. Von der Stadt am Inn hatte er wohl noch nie gehört, obwohl sie ungleich größer und historisch bedeutender ist als jene an der Steine. 1945 wrude die Stadt ohne besonderes Brimborium und ziemlich kampflos von den Amerikanern eingenommen.

    Das Theater um Braunau und um dieses unscheinbare Haus, in welchem er höchstwahrscheinlich nicht einmal geboren wurde, ist so unnötig wie ein Kropf, und wie viele derartige Phänomene, wie ja auch der Widerstand gegen das Hitlerregime im Ganzen, nimmt es mit dem Fortgang der Jahre unentwegt zu.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Könnte man eigentlich behaupten, dass die Fassade dann wieder so aussieht, wie zu der Zeit um Hitlers Geburtstag? Ein Schelm, wer... ;)

  • Nein. kann man nicht behaupten.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.