• Das Erdgeschoss des Zuckerhuts, wie es auf der Vorkriegsaufnahme zu sehen ist, sieht aus, als sei es im 19. Jahrhundert ausgebaut worden, also wesentlich später als der übrige Bau. Das muss nicht unbedingt wiederhergestellt werden. Die "neue Interpretation" des Erdgeschosses auf der Skizze im Zeitungsartikel fällt kaum auf.

  • Guten Morgen,
    also ich bin mit dem Zuckerhut ansich auch zufrieden. ich bin allerdings der Meinung, dass auch das originale pfeilerhaus rekonstruiert werden müsste. Allerdings hat auch das bestehende Pfeilerhaus mit dem nierenförmigen Kiosk an den Pfeilern etwas. Immerhin hat sich hier jemand bei dem Wiederaufbau nach dem Krieg gedanken gemacht wie es hier vorher ausgesehen hat und im Sinne der 50 er interpretiert, und nicht zerstörend in das Stadtbild eingegriffen.

  • Das ist aber nach meiner Beobachtung durchaus normal für die 50er. Auch wenn die Architektur nicht das Gelbe vom Ei sein mag, bezüglich ihrer städtebaulichen Qualitäten, sprich der Rücksichtnahme auf bestehende Ensembles oder historische Bausituationen steht sie eigentlich noch ganz in der "anknüpfenden" Tradition der 30er. Ganz im Gegenteil zu dem brutalen und stadtbildverachtenden Kram, der Dörfer und Städte seit Mitte der 60er bis heute überfällt.


  • Quelle: http://www.bildindex.de">http://www.bildindex.de

    Dennoch bleibt es unglaublich schaebig, von so etwas nur der kuriose Anbau zu rekonstruieren. Es erinnert sehr an die gewaehlte Loesung beim Kaiserhaus. Man will ein 50er-Stadtbild mit ein paar Teilrekonstruktionen als Mahnung an und Wegweiser in die Vergangenheit. Man will kein rekonstruiertes, selbst kein teilrekonstruiertes oder repariertes Stadtbild. Das ist neben einer finanziellen auch und vor allem eine ideologische Angelegenheit.
    Es gibt in dieser Stadt so unglaublich viel zu rekonstruieren, und vielerorts, z. B. hinter dem Rathaus, ist der Platz dafuer noch frei. Andernorts stehen ein paar Neubauten aus den 50ern bis 70ern im Wege, die im Vergleich zur Vorkriegsbebauung absolut minderwertig sind. Wo bleibt in dieser Stadt die Stimme der Vernunft?
    Vergegenwaertigen wir uns wohl: der kleine Zuckerhut ist der einzige Gewinn fuer das Stadtbild Hildesheims der heutigen Dekade!

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Amen. Hildesheim war trotz seiner geringen Größe von der kunstgeschichtlichen Bedeutung seiner Bauten wenigstens so wichtig wie Braunschweig oder Hannover. Es gibt hier noch unglaublich viel zu tun.

  • RMA:

    Das Hildesheimer Fachwerk war in kunsthistorischer Hinsicht weitaus bedeutender als das Hannoveraner.

    Zur fürs niedersächsische Fachwerk produktivsten Zeit des 16. Jh. hatte Hildesheim deutlich mehr Einwohner als Hannover, dementsprechend waren deutlich mehr Gebäude dieser und der älteren Zeit erhalten. Hannover besaß größtenteils Häuser mit Schwerpunkt im 17. und 18. Jh., wobei oftmals kleinere ältere umgebaut und aufgestockt wurden. So entstanden zwar sehr hohe, "großstädtisch" wirkende Straßen- und Platzwände, die kunsthistorische Bedeutung war jedoch eher gering.
    Braunschweig war jedoch noch eine Klasse 'besser'.

  • Zitat von "Brandmauer"


    Quelle: http://www.bildindex.de">http://www.bildindex.de

    Dennoch bleibt es unglaublich schaebig, von so etwas nur der kuriose Anbau zu rekonstruieren. Es erinnert sehr an die gewaehlte Loesung beim Kaiserhaus. Man will ein 50er-Stadtbild mit ein paar Teilrekonstruktionen als Mahnung an und Wegweiser in die Vergangenheit. Man will kein rekonstruiertes, selbst kein teilrekonstruiertes oder repariertes Stadtbild. Das ist neben einer finanziellen auch und vor allem eine ideologische Angelegenheit.
    Es gibt in dieser Stadt so unglaublich viel zu rekonstruieren, und vielerorts, z. B. hinter dem Rathaus, ist der Platz dafuer noch frei. Andernorts stehen ein paar Neubauten aus den 50ern bis 70ern im Wege, die im Vergleich zur Vorkriegsbebauung absolut minderwertig sind. Wo bleibt in dieser Stadt die Stimme der Vernunft?
    Vergegenwaertigen wir uns wohl: der kleine Zuckerhut ist der einzige Gewinn fuer das Stadtbild Hildesheims der heutigen Dekade!

    Der Turm der Lambertikirche wurde 2007 rekonstruiert :D Also 2 gute Projekte seit 2000.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Zitat von "Däne"


    Der Turm der Lambertikirche wurde 2007 rekonstruiert :D Also 2 gute Projekte seit 2000.

    Der Lambertikirchturm ist keine Rekonstruktion. Der alte Turmhelm vor 1945 war niedriger, das Dach des Kirchenschiffs lief in die Schräge des Turmdaches hinein. Diese Situation wurde als gestalterisch unbefriedigend angesehen und daher bei dem neuen Turm anders gelöst - er ist höher, auf dem eigentlichen Turm sitzt eine Holzkonstruktion, auf der erst der eigentliche Helm sitzt. Ich habe leider kein Foto des alten Turmes online gefunden, sonst hätte ich es verlinkt. Vom neuen Turm sind auf Wikipedia Fotos zu finden.

  • Sehr richtig !!! Außerdem ist bei St Lamberti noch ein Seitenschiff wiederaufzubauen, das hätte man lieber tuen sollen, als eine Pseudo 50er konstruktion auf den Turm zu friemeln. Bis denne

  • Zitat von "Hildesheimer"

    Der Lambertikirchturm ist keine Rekonstruktion. Der alte Turmhelm vor 1945 war niedriger, das Dach des Kirchenschiffs lief in die Schräge des Turmdaches hinein. Diese Situation wurde als gestalterisch unbefriedigend angesehen und daher bei dem neuen Turm anders gelöst - er ist höher, auf dem eigentlichen Turm sitzt eine Holzkonstruktion, auf der erst der eigentliche Helm sitzt. Ich habe leider kein Foto des alten Turmes online gefunden, sonst hätte ich es verlinkt. Vom neuen Turm sind auf Wikipedia Fotos zu finden.

    Es ist doch immerhin eine deutliche verbesserung!

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Das habe ich ja auch nicht abgestritten. Ich finde das jetzige Erscheinungsbild besser als das mit dem Notdach. Vor allem für die Stadtsilhouette ist es eine Verbesserung.
    Es ging mir auch nur darum, klarzustellen, dass es sich hier um keine Rekonstruktion im strengen Sinne handelt, sondern eher um eine vom Vorbild inspirierte Nachschöpfung.

  • Zitat von "Der Herzog"

    Sehr richtig !!! Außerdem ist bei St Lamberti noch ein Seitenschiff wiederaufzubauen, das hätte man lieber tuen sollen, als eine Pseudo 50er konstruktion auf den Turm zu friemeln. Bis denne

    Das Seitenschiff ist absichtlich als Mahnmal zerstört stehen geblieben, wie die Kaiser-Wilhelm-Kirche in Berlin, die Ruine in Hannover am Klagesmarkt (deren Name mir gerade nicht einfällt) und andere Beispiele.

  • Da wir gerade von Hildesheim sprechen: ein wichtiger Bau am Andreasplatz, der rekonstruiert werden sollte, ist auch das Trinitatisspital:


    Quelle: bildindex.de

    Was steht eigentlich heute an der Stelle des Rolandspitals?


    Quelle: bildindex.de

    In Hildesheim gibt es so viel Verlorenes von hoechstem kunstgeschichtlichen Range. Da koennte man wirklich tagelang Bilder wie oben zeigen und besprechen. Es ist fast nicht moeglich, Prioritaeten fuer die Rekonstruktion zu setzen, da einfach alles so wichtig war.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat

    In Hildesheim gibt es so viel Verlorenes von hoechstem kunstgeschichtlichen Range. Da koennte man wirklich tagelang Bilder wie oben zeigen und besprechen. Es ist fast nicht moeglich, Prioritaeten fuer die Rekonstruktion zu setzen, da einfach alles so wichtig war.

    Wobei allerdings das, was ich über meine Kanäle so aus Hildesheim höre eher in die andere Richtung geht: "Jetzt noch den Umgestülpten Zuckerhut und dann ist gut mit den Rekonstruktionen." Also quasi der Umgestülpte Zuckerhut als abschluß der Hildesheimer Reko-Bemühungen und nicht als Beginn einer neuen Reko-Welle.
    Hoffentlich setzt diese Meinung sich nicht durch.

  • Das hoffe ich auch, aber ich habe auch den Eindruck, dass die Stimmung dort nicht sehr rekonstruktionsfreundlich ist. Es könnte sich aber nur um einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung und einigen Entscheidungsträger handeln, beraten vom Hornemann-Institut und der Unesco.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Zitat von "Brandmauer"

    Da wir gerade von Hildesheim sprechen: ein wichtiger Bau am Andreasplatz, der rekonstruiert werden sollte, ist auch das Trinitatisspital:

    Was steht eigentlich heute an der Stelle des Rolandspitals?

    An der Stelle des Trinitatisspitals steht heute ein 50er Jahre-Gebäude.

    Das Rolandspital würde heute mitten in der Straße stehen, da die Kardinal-Bertram-Straße nach dem Krieg erheblich verbreitert wurde (früher Rolandstraße/Poststraße). Die Ansicht auf dem Foto ist aus der Poststraße aufgenommen, die direkt auf das Rolandspital zulief.

  • @ Hildesheimer

    Wäre es möglich eine Hildesheimgalerie zu machen? Nicht nur vom Marktplatz, sondern vor allem aus dem Brühlviertel (mit Neustadt) und dem Dombereich. Dort gibt es meiner Meinung nach viele schöne Bauten. Darüber hinaus hätte ich gerne Bilder der zahlreichen Kirchen und der (zumeist angepassten) Neubauten im Michaelisviertel. Auf der Homepage von Raymond Fauré gibt es viele Bilder, leider sind sie sehr klein.

    P.S. Ich finde Hildesheim ganz ok - vor allem wenn man die Bilder der Zerstörung im März 45 gesehen hat.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Zitat von "Däne"

    @ Hildesheimer

    Wäre es möglich eine Hildesheimgalerie zu machen? Nicht nur vom Marktplatz, sondern vor allem aus dem Brühlviertel (mit Neustadt) und dem Dombereich. Dort gibt es meiner Meinung nach viele schöne Bauten. Darüber hinaus hätte ich gerne Bilder der zahlreichen Kirchen und der (zumeist angepassten) Neubauten im Michaelisviertel. Auf der Homepage von Raymond Fauré gibt es viele Bilder, leider sind sie sehr klein.

    P.S. Ich finde Hildesheim ganz ok - vor allem wenn man die Bilder der Zerstörung im März 45 gesehen hat.

    Fotos zu machen, ist nicht das Problem - ich sollte sogar einige Fotos haben, denke ich. Die Frage ist nur, wie und wo man die als Galerie einstellen kann. Ich habe keine Homepage und will mir die Arbeit einer eigenen Seite auch ehrlich gesagt nicht machen.

    Hildesheim wurde nach dem Krieg "im traditionalistischen Sinne wieder aufgebaut", wie eine Erklärung des damaligen Stadtbaurates Bernhard Haagen lautete - daher auch z.B. die Bauten im Michaelisviertel. Hier wurde in den 50ern versucht, mit den Mitteln der Zeit die Struktur der Stadt wieder herzustellen - anders haben es unsere Vorfahren z.B. nach dem 30jährigen Krieg auch nicht gehalten. Dass dabei der Stadtgrundriß der Zeit angepasst wurde, ist nur logisch. Viele der alten Bauten hätten die "Sanierungswelle" der 60er Jahre auch ohne Krieg nicht überstanden.

    Auch in der Kaiserzeit gab es schon erhebliche Verluste - ich kann das Buch von Frau Dr. Maike Kozok "Hildesheim zur Kaiserzeit" nur empfehlen, es enthält viele Bilder aus Alt-Hildesheim und dokumentiert die Veränderungen um 1900 sehr gut. Darin sind einige Bilder von Hinterhöfen und Nebengebäuden - die sind eher erschreckend. Wenn darin jemand leben musste, war das nach heutigen Maßstäben nicht menschenwürdig.

    Genug gequasselt :zwinkern:

  • Zitat

    Hier wurde in den 50ern versucht, mit den Mitteln der Zeit die Struktur der Stadt wieder herzustellen - anders haben es unsere Vorfahren z.B. nach dem 30jährigen Krieg auch nicht gehalten.

    Der Unterschied ist nur, daß im 30jährigen Krieg höchstens eine Handvoll Städte und bis auf Magdeburg gerade nicht die großen und bedeutenden Städte (die waren nämlich zu gut verteidigt) zerstört wurden, während im 2. Weltkrieg bis auf genau vier Ausnahmen (Regensburg, Halle, Erfurt, Heidelberg) alle größeren Städte des Landes und über hundert kleinerer ausradiert wurden.

    Damit wurde ein Großteil der kulturellen Identität einer ganzen europäischen Nation ausgelöscht. Das hätte schon eine anderen Herangehensweise erfordert als nach den ziemlich unbedeutenden Städtezerstörungen (bei den Dörfern sah's natürlich im 30jährigen Krieg anders aus) des 30jährigen Krieges.

  • Zitat von "Philon"

    Der Unterschied ist nur, daß im 30jährigen Krieg höchstens eine Handvoll Städte und bis auf Magdeburg gerade nicht die großen und bedeutenden Städte (die waren nämlich zu gut verteidigt) zerstört wurden, während im 2. Weltkrieg bis auf genau vier Ausnahmen (Regensburg, Halle, Erfurt, Heidelberg) alle größeren Städte des Landes und über hundert kleinerer ausradiert wurden.

    Unbestritten.

    Zitat von "Philon"


    Damit wurde ein Großteil der kulturellen Identität einer ganzen europäischen Nation ausgelöscht. Das hätte schon eine anderen Herangehensweise erfordert als nach den ziemlich unbedeutenden Städtezerstörungen (bei den Dörfern sah's natürlich im 30jährigen Krieg anders aus) des 30jährigen Krieges.

    Die Parallelen liegen für mich auch weniger im Grad der Zerstörung, sondern eher im Zustand der Gesellschaft - nach dem 30jährigen Krieg waren die betroffenen Gebiete teils entvölkert und mussten zusehen, wie sie wirtschaftlich über die Runden kamen. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges mussten die Leute zusehen, dass sie wieder ein Dach über dem Kopf hatten - da waren kulturelle Erwägungen bis auf Einzelfälle deutlich nachrangig.

    Will sagen, nach beiden einschneidenden Kriegen waren erstmal andere Dinge wichtig, nicht die kulturellen. Erst kommt das Fressen, dann die Kultur, um ein Zitat von Brecht abzuwandeln.