• Weiter geht es an der Wilhelmsaue in Alt-Wilmersdorf:

    Hier stehen durchaus noch eine Handvoll kleinerer 2- oder 3-geschossiger Wohnbauten aus den 1870er bis 1890er-Jahren, die eben nur zum Teil als Denkmäler eingetragen sind und angesichts der wieder lukrativeren Verwertungsaussichten der Eigentümer dringend eines besseren Schutzes bedürfen.

    Folgend ein entstuckter Putzbau mit Backsteinrücklagen - wie lange wird er noch stehenbleiben?

    Links davon ein bereits im Rohbau nahezu fertiggestellter Bau von Klaus Theo Brenner Stadtarchitekten. Zuvor befand sich dort ein Parkplatz mit Garagen, anscheinend eine Kriegslücke:



    Unter Denkmalschutz steht das Mietshaus Wilhelmsaue 111A von 1896-97 und 1899:

    Ebenfalls unter Denkmalschutz die "Erste Kirche Christi Wissenschafter", Wilhelmsaue 112, von Otto Bartning, Datierung 1936-37 und 1956-57:


    Hier ein Bürobau wohl aus den 1990ern, der etwas an Möbelhäuser in Gewerbegebieten erinnert:

    Seinerzeit auf Grund der Granitfassade wohl sogar noch den ambitionierteren Bauten zuzurechnen. Auch die flächigen Glas- Metall-Erker und das verglaste, durch einen angedeuteten, rundlich vorgewölbten Erker betonte Treppenhaus über dem Eingang sind typische Merkmale der Architektur der 1990er Jahre.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Berlin braucht ansehliche Neubauten die an der originale Gründerzeitbauten angeknüpft sind oder eine bereicehrung darstellen. Die massive Neubauten in "klassische" Formen wie gezeigt sind viel zu wenig filigran oder besitzen gar kein historisches Aussehen. Es fehlt an angepasste Dächer, Giebel and sierliche runde Formen, Logie usw. D

  • Sehr qualifizierte Aussage...


    Ach geh her - solche Kisten sind in Marzahn -Hellersdorf oder Märkischen Viertel nicht weiter auffällig. Aber solch Billigbauweise als Eigentumswohnungen in Wilmersdorf zu veräußern, ist schon ein starkes Stück.

  • "Henry", mit Marzahn oder dem Märkischen Viertel kann man diese Neubauten aber nun wirklich nicht gleichsetzen. In besagten Stadtvierteln dominieren gigantische Beton-Großwohnanlagen (siehe hier oder hier). Hier wird ein recht kleines Gebäude in die bestehende Blockrandstruktur eingepasst. Das Hintergebäude ist ein einfallsloser Kasten, der von mir aus ein herausgesägtes Element aus einem Marzahn-Plattenblock sein könnte. Die mit Rasen begrünten Dächer sind ohnehin nur Zeitgeist-Show ohne große ökologische Bedeutung. Das Vordergebäude bemüht sich aber immerhin durch die gerundeten Streamline-Loggien und die Verklinkerung in der Sockelzone bis zum 2. Obergeschoss Anklänge an die Art déco-Moderne zu transportieren. Das geht in der Wertigkeit schon weit über das Märkische Viertel hinaus. Ich hoffe nur, dass das Nebengebäude dem Investorendruck standhält.

  • Ich würde die negative Bewertung dieses Bauvorhabens auch nicht unbedingt teilen. Ich habe die Website von Klaus Theo Brenner Architekten oben verlinkt, damit man sich ein Bild von anderen Entwürfen dieses Architekten machen kann, der in meinen Augen in einer Liga mit den hier durchaus gut angesehenen Büros von Höhne und Nöfer spielt: ein von Art Deco inspirierter, gemäßigt moderner, sehr stadtverträglicher Baustil, der in den meisten Fällen einen positiven Akzent im Stadtbild setzt. Als Beispiel sei hier nur das Carrée Voltaire genannt.
    Auch der Entwurf in der Wilhelmsaue zeigt meines Erachtens durchaus ein gutes Bemühen um eine positive Auswirkung auf das Straßenbild, zum Beispiel durch die Anlage eines Vorgartens, die Ausbildung eines kleinen Hofs im Eingangsbereich, die Verwendung von Klinkerverblendungen (leider wohl nur als Riemchen), die ansprechend gestalteten Balkone und allgemein die Harmonie in den Proportionen. Dass hier ein Maximum an Geschosszahl im Vorder- wie Hinterhaus herausgeholt wird, kann man dem Architekten sicher nicht anlasten.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Also ich weiß nicht, runde Ecken machen für mich noch keine ansehnliche Architektur aus und neben den Gründerzeitlern empfinde ich diese Kisten schon als Schlag ins Gesicht. Das es durchaus auch anders geht, zeigt das Beispiel Eisenzahn.

  • Wie immer ist es ja erstmal eine Frage des Städtebaus. Platzanlagen wie die Wilhelmaue gehören unter Schutz und sollten sich räumlich wieder erlebbar gestalten. Die Verkehrsachse Heidelberger Platz - Uhlandstraße ist völlig überdimensioniert. Hier einmal ein Bild der historischen Wilhelmaue - die Uhlandstaße endete an ader Grünfläche.

    Zudem zwei Renderings des Neubauvorhaben, die heutzutage der Realität entgegen kommen. Daran ist zu erkennen, daß Theo Brenners Qualitäten nicht die Proportionen sind. Da nützt es auch nur wenig mit dem Vorgarten ein Charakteristikum der Wilhelmaue erkannt zu haben und mit Klinkerriemchen auf Polysterol wenigsten einen Sockel ausgebildet zu haben.

  • Das Problem der völlig überdimensionierten, stadtzerstörerisch wirkenden Verkehrsschneisen wird ausführlich von der sehr lobenswerten Bürgerinitiative Wilmersdorfer Mitte thematisiert. Auf den Seiten der Initiative finden sich auch historische Ansichten der Gegend. Der Vergleich mit der heutigen Situation ist deprimierend. Viele überdimensionierte Trassen könnten tatsächlich auch zukünftig ganz oder teilweise zurückgebaut und im historischen Grundriss wiederbebaut werden. Bestrebungen hierzu gibt es bereits mancherorts in Berlin, so etwa am Breitenbachplatz. Die Zustimmung von Seiten der Politik ist durch alle Lager prinzipiell vorhanden.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Theo Brenner Bauten finde ich phantasielose Kisten. Sie wirken deplaziert auf die benachbarte sensibele zierliche Bauten, obwohl die ihre Details schon eingebüsst haben. Mag sein dass es in diese Kiste gut wohnen ist. Die Aussenseite ist aber bizar trist.

    Die heutige Architekten (auch die Patschkes) verstehen wirklich nichts von richtig schöne Wohnbauten. Alles viel zu clean und einfallslos. Macht auf mich kein einziger Eindruck

  • Nach Rücksprache mit dem Vorstand des Vereins Stadtbild Deutschland e.V. möchte ich auf deren Anregung hin den Entwurf des offenen Briefs an den Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) und den Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) von Charlottenburg-Wilmersdorf hier vorab zeigen und zur Diskussion stellen. Geplant ist, ihn nächste Woche durch den Vorstand abzuschicken. Die damit verbundenen Fragen an die Forumskolleg/-innen wären: gibt es Hinweise zu Inhalt und Form? Als Empfänger sind angedacht: Bezirksbürgermeister, Vertreter der Bezirksverordnetenversammlung, Senat, Abgeordnetenhaus, Denkmalbehörden, Presse (Berliner Morgenpost, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Berliner Kurier, evtl lokale Anzeigenblätter), Medien (RBB), einige Bürgerinitiativen (Wilmersdorfer Mitte, weitere?). Um den Verein bei der Zustellung zu unterstützen, bin ich dabei, eine Mailingliste für Berlin zu erstellen, die ja vielleicht auch noch für andere Zwecke Verwendung finden könnte. Hat einer von Euch diesbezüglich evtl Kontaktlisten? Gerne auch per PN.

    "Drohender Abriss eines historischen Hauses im alten Ortskern von Wilmersdorf

    Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Bezirksstadtrat

    Das 1875 errichtete Haus Wilhelmsaue 17 an der historischen Dorfaue von Alt-Wilmersdorf soll offenbar abgerissen werden! Das in unmittelbarer Nähe von Auenkirche und Schoelerschlösschen gelegene Haus mit originaler Fassade ist eines der letzten erhaltenen Bauwerke aus der Zeit, als aus dem ländlich geprägten Wilmersdorf ein Teil der Großstadt Berlin wurde. Es hat Krieg und Nachkriegszeit nahezu unbeschadet überstanden.

    Nun hat der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf einen Bauvorbescheid erteilt und es droht der Abriss und damit der weitere, unersetzliche Verlust eines prägenden historischen Bauwerks im bereits durch Kriegsschäden, Fassaden-Entstuckungen und einen maßstabsprengenden Neubau an der Ecke Mehlitzstraße beschädigten historischen Ortskern von Alt-Wilmersdorf.

    Anders als andere benachbarte, vergleichbare Bauwerke aus dieser Zeit, wie das gegenüberliegende Landhaus Wilhelmsaue 120 von 1891 und das Mietshaus Wilhelmsaue 111A von 1897, wurde das noch ältere Haus Wilhelmsaue 17 bisher nicht unter Denkmalschutz gestellt.

    Der schleichende Verlust historisch bedeutender, im Ensemble wirkender Bauten muss beendet werden! Die Interessen einzelner Grundstücksbesitzer an der bestmöglichen Verwertung ihrer Liegenschaften dürfen nicht über das Interesse der Allgemeinheit am Erhalt einer identitätsstiftenden, gewachsenen baulichen Umgebung gestellt werden!

    Der bundesweit tätige Verein 'Stadtbild Deutschland e.V'. setzt sich für den Erhalt und die Pflege historischer Ortsbilder ein.
    Wir fordern, alle Vorbereitungen zum Abriss des Hauses Wilhelmsaue 17 in Berlin-Wilmersdorf zu beenden und den Bau unter Denkmalschutz zu stellen. Wir fordern die Ausarbeitung einer Erhaltungsverordnung für Alt-Wilmersdorf, analog anderer für Berlin bestehender Erhaltungsverordnungen. Von der Entwicklung einer Erhaltungsverordnung für Alt-Wilmersdorf darf nicht nur deswegen abgesehen werden, weil das betroffene Areal bereits Beschädigungen aufweist!
    Wir unterstützen die Bürgerinitiative Wilmersdorfer Mitte e.V. und weitere engagierte Bürger in ihrem Bemühen, die weitergehende Zerstörung des historischen Ortskernes von Alt-Wilmersdorf zu verhindern.

    Berlin, den ...


    Unterschrift"

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Hier eine positive Nachricht zur Wilhelmsaue 17: Bisher wurde kein Bauantrag durch den Eigentümer gestellt und somit wurde auch keine Genehmigung durch den Baustadtrat und seine Behörde erteilt. Der Antrag bei der oberen Denkmalpflege läuft dagegen. Somit besteht aktuell keine Gefahr eines Abrisses. Allerdings hat der Wirbel, den der inzwischen in online-Ausgabe der Berliner Woche gelöschte Artikel von Herrn Röder viel Wirbel verursacht, was den Eigentümer zu einem schnellen Handeln bewegen könnte. Hier ist zu berücksichtigen, dass ein Antrag auf Denkmalschutz keine aufschiebende Wirkung hat. Die Grüne Fraktion wird in der nächsten BVV den Antrag stellen, das Bezirksamt weiterhin bei der Unterschutzstellung der Wilhelmsaue 17 zu unterstützen. Hoffen wir also, dass die obere Denkmalschutzbehörde positiv entscheiden wird, denn das Haus (errichtet ca. 1840) ist nach dem Schoelerschlösschen das älteste Gebäude an der Wilhelmsaue und Zeugniss der Entwicklung einstigen Dorfkerns von Wilmersdorf zur Stadt Wilmersdorf und dem heutigen Bezirk.

    p.s. die Redaktion der "Berliner Woche" hat sich beim Baustadtrat und der Behörde für den von ihr nicht überprüften Artikel, der eine reine Erfindung von Herrn Röder war, entschuldigt.

  • Hier noch der Link zum aktuellen Stand laut Berliner Woche. Sowohl in dem Artikel, als auch in der Einwohnerfrage (Nr. 6 + 7) ist von einem Errichtungszeitpunkt um 1875 die Rede, was ich nach meinem Eindruck vor Ort auch für plausibel halte. Ob es sich allerdings um beispielsweise den Ausbau eines Vorgängergebäudes aus früheren Jahrzehnten handelt, wird hoffentlich dann dem Bericht in der Denkmaldatenbank zu entnehmen sein.

    Somit gilt es, erst einmal die Entscheidung des Denkmalamts abzuwarten, die in Anbetracht der vergleichbaren Unterschutzstellungen in der Gegend positiv ausfallen dürfte. Ich hoffe sehr, dass das Haus damit gerettet ist - leider stellt der Denkmalschutz bekanntlich keine Erhaltungsgarantie mehr dar. Allerdings sehe ich dank einer aufmerksamen Öffentlichkeit und angesichts der politischen Verhältnisse im Bezirk gute Chancen für eine Rettung des Hauses.

    Der im vorletzten Beitrag zu lesende offene Brief wird dementsprechend somit vorerst nicht abgeschickt. Man wird zunächst die weitere Entwicklung beobachten müssen.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Weiterer Artikel in der Berliner Woche vom 17.1.20 zum Thema Wilhelmsaue 17 mit interessanten Informationen:

    Von Seiten des Baustadtrates Schruofrfenegger sei bestätigt worden, dass der Eigentümer des Hauses Abriss und Neubau geplant hätte. Allerdings habe der Baustadtrat "aus dem Landesdenkmalamt Signal erhalten, dass es das Haus wohl auf die Denkmalliste des Bezirks schaffe".

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Nach der Aufforderung des Senats im Mai 2019, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, ist der Auftrag bisher nicht erfolgt.

    Begründung: zu wenig Personal.

    Haltbarkeit der Brücke: bis 2021

    Wenn hier weiter so gepennt wird, müssen u.U. die maroden Auffahrten noch saniert werden - um sie dann später abzureißen.

    Typisch Berlin.

  • Im Newsletter des Tagesspiegels stand heute, dass das Landesdenkmalamt den Denkmalschutz von Vorderhaus und Strassendurchgang des Hauses Wilhelmsaue 17 eingerichtet hat. Die Eintragung in die Denkmalliste stehe noch aus.

    Alle Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf hatten sich in der letzten Woche für eine Unterschutzstellung des Hauses ausgesprochen, dieses Ansinnen wurde vom Baustadtrat an das Landesdenkmalamt übermittelt.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir