Potsdam - zwischen Plantage und Neuem Markt

  • Bei allem Respekt vor Frau Hüneke, das ist doch alles unausgegorenes Zeug. Soweit ich weiß, gibt es für das Rechenzentrum ohnehin nur noch Bestandsschutz, d.h. wenn das Ding einmal abgerissen ist, darf da gar nichts mehr hin. Die Mosaiken würde ich allerdings auch erhalten wollen - aber nicht notwendigerweise in situ.

  • Besonders ärgerlich finde ich an dem Vorstoß von Frau Hüneke die Idee, das neue Rechenzentrum solle sich gestalterisch an das alte anlehnen. Das Rechenzentrum taugt architektonisch nichts. Das Festhalten an dem Gebäude ist rein ideologisch begründet. Man schaue sich die Fensterbänder auf den beiden Fotos unten an! Der ästhetische Reiz, wenn man so will, besteht gerade in der schäbigen und billigen Anmutung der Fenster und der Aluminiumteile zwischen ihnen. Bei einem Neubau mit Wärmedämmung nach heutigen Vorschriften dürfte sich das kaum nachstellen lassen. Man vergleiche das Bibliotheksgebäude am Platz der Einheit! Dort wurde ein schlechter DDR-Bau saniert. Das Ergebnis ist weder besonders schön noch DDR-mäßig.

    Das Datenverarbeitungszentrum wurde 1969-1971 errichtet. Heute steht nur noch das Bürogebäude, die zugehörige Rechnerhalle wurde abgerissen. Es handelt sich um einen simplen Zweckbau in Montagebauweise (kein Plattenbau), entworfen durch den Stadtarchitekten Weber.

    Das Glasmosaik besteht aus 18 einzelnen Platten von 3 m mal 3,30 m. Durch ein Neuarrangement kann das Wandbild nur gewinnen. Die Platzierung im Erdgeschoss, gleich über dem Boden beginnend und von schäbigen Pfeilern und Fenstern gerahmt, wirkt nicht besonders gut. Immerhin scheint es sich als Graffitischutz zu eignen. Es gibt bessere Wandbilder aus DDR-Zeiten. Das liegt auch daran, dass der Maler Fritz Eisel kein schlechter Künstler war, aber nicht zu den besten gehörte. Ich interessiere mich ja für bildende Kunst der DDR. Das Mosaik trägt die Handschrift von Fritz Eisel und hat eben ein mittleres Qualitätsniveau. Ich bin dafür, es zu erhalten und in einem ganz anderen Arrangement zu zeigen.

    Rechenzentrum, Dortustraße 46, Teile des Wandmosaiks von Fritz Eisel (Foto: C. Suthorn, Februar 2019, CC-BY-SA-4.0)

    Rechenzentrum, Dortustraße 46, Teile des Wandmosaiks von Fritz Eisel (Foto: Clemensfranz, September 2011, CC-BY-SA-3.0)

  • Wie zu erwarten ist der OB nach der Klausur von SPD, Grünen und Sozialisten am Wochenende mit der Überraschung rausgerückt:

    1. Das Schiff der Kirche soll modern werden und die Form mittels eines internationalen Architekturwettbewerbes bestimmt werden.

    2. Das Rechenzentrum soll - soweit es dem Schiff nicht entgegen steht - erhalten und langfristig gesichert werden.

    3. Der B-Plan Nr. 1 soll bis 2023 an die neue Ziele angepasst werden.

    https://www.pnn.de/potsdam/neuer-…G6JcuMAnL4-UY98

  • Na ,so wie es jetzt im Moment aussieht hat sich der jahrelange Kampf für die linken Rotfrontkämpfer doch noch gelohnt.Einfach hartnäckig bleiben:kopfwand:.Es ist einfach traurig wie kurzsichtig man denkt.Letzendlich befriedigt man nur Forderungen einer kleinen überwiegend linken Gegnerschaft aber ein architektonischer Gewinn ist es im großen für Potsdam nicht.Das war schon klar das irgendwann der OB vor diesen sehr Bestimmend auftretenden Gegnern einknicken würde.Also wird jetzt viel Geld ausgegeben für den Erhalt des RZ oder dessen Abriss für einen Neubau an selber Stelle plus neues Kreativzentrum?Na,diese Kreativen werden am Ende für die Stadt sehr,sehr teuer werden.:kopfschuetteln: Hätte ja hätte die Stadt diesen Kreativen das RZ gar nicht erst zur Verfügung gestellt wäre ihr viel unnötige Unruhe und Streit erspart geblieben und das RZ wäre schon einige Jahre Geschichte.

    Dieser"Kompromiss" ist lediglich nur ein ruhigstellen der Gegnerschaft(kurzsichtiges Denken).Sehr schade für Potsdam.:daumenunten:

  • Es ist doch zu hoffen, dass erst mal gar kein Geld für ein Kirchenschiff zusammenkommt. Vielleicht kann es natürich die Kirche stemmen, eine Halle in billiger Containerbauweise oder aus Betonplatten zu errichten. Aber wozu? Ein richtiges Nutzungskonzept hat sie offenbar ja bis heute nicht. Also wird der Turm gebaut und auf das Schiff hoffentlich gänzlich verzichtet. Darum kann sich dann die nächste Generation kümmern, die ganz andere Probleme haben wird als die Streithähne von heute.

    Das Rechenzentrum zu sichern dürfte eine kostspielige Maßnahme werden. Zumal ja eigentlich ein ganz neues Kreativquartier in unmittelbarer Nachbarschaft geplant ist. Warten wir mal ab, wie sich die Stadt vorstellt, das finanziell zu stemmen und den Bürgern zu verkaufen. Denn mit dem Geld könnte man ja auch eine Menge sozialer Unterstützung Armer leisten, Schulen und Kindergärten sanieren. Ich bin mal gespannt, wie sie das offiziell rechtfertigen.

  • Beim Thema des Kirchenschiffes wird es sicher so sein, daß erstmal gar nichts passiert. Die Stiftung ist mit der Fertigstellung des Turms befaßt und wird das Problem bekomen, daß der Spendenfluß vollends abreißen wird: niemand wird für eine Bilbaoisierung Potsdams oder irgendwelche Eventarchitektur spenden. Es wird also schwer genug, vom Bund die restlichen Gelder zu bekommen um das begonnene Projekt des Turmes zu beenden. Für die Freifläche des Schiffes ist schon ein Landschaftsarchitekt gechartert, der steht auch schon auf dem Bauschild.

    Die Kirchenstiftung wird nicht das Geld haben einen internationalen Architektenwettbewerb auszuloben und wird auch nichts Schuberts Jugendherberge mit daniel Libeskind bauen - das müsste die Stadt schon selbst tun. Dafür fehlen ihr jedoch die finaniellen Mittel. Beim Thema Wettbewerb erinnere ich nochmal an das Seniorenheim in Form der Heilig-Geist-Kirche.

    Zudem ist es pervers erst etwas zu rekonstruieren um es dann zu denkonstruieren. Die Beispiele von Schubert betreffen ja allesamt Bestandsbauten, die umgebaut wurden.

    Ein richtiger Schaden allerdings tritt durch den geplanten Teilerhalt des Rechenzentrums ein. Der Stadtkanal wird dann nur noch ohne östliche Fahrspur reaktivierbar sein, da das RZ so weit in der Straße steht. Die geplanten Grünflächen anstelle des Rechenzentrums fallen ersatzlos weg, da wird es interessant wie das mit den Klimazielen der Stadt vereinbar wird. Und bei einer Sanierung muß ja eine neue Fassade gebaut werden, da die bestehende keinerlei Umwelt- und Energiegesetzgebungen mehr entspricht - es würde also - wie die Bibliothek - ein völlig neues Haus. Wer die deutlich über 10 Millionen Euro hierfür tragen soll bleibt in den Sternen - die Stadt hat das Geld nicht. Es kann also nur eine Privatisierung geben.

  • Diese Entwicklung habe ich schon vor ein paar Wochen vorausgesagt, der heimliche Bürgermeister Lutz Böde und seine lautstarken Fußtruppen haben sich durchgesetzt. Der opportunistische Oberbürgermeister und die bisher in Potsdam durchaus als bürgerlich zu bezeichnenden Grünen sind umgefallen. Da die CDU auch kein Rückgrat mehr hat ....

    Angesichts der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse in der Stadtpolitik zog die CDU schließlich ihren Antrag für ein historisches Kirchenschiff am Turm der Kirche zurück

    ... hat ein historisches Kirchenschiff jetzt nur noch entsprechenden Rückhalt bei den Parias der AFD, damit hat sich das Projekt wohl endgültig erledigt (allein schon weil man ja keinen Beifall von der falschen Seite bekommen möchte .. ).

    Das alles ist die bittere Konsequenz aus einem jahrelangen ängstlichen devoten Duckmäusertum gegenüber verbissenen Krawallos wie Lutz Böde und sonstigen linken Deutungsmonopolisten. Statt beharrlich zu sein und zu argumentieren (was de facto nur "Mitteschön" tat) ist man Schritt für Schritt vor dem linken Rand zurückgewichen. Und vermutlich wird man sich im Potsdamer Rathaus dafür auch noch gegenseitig auf die Schultern klopfen und sich versichern dass man "Haltung" gezeigt habe.

    Meine nächste Prophezeiung: Auch der Staudenhof wird erhalten bleiben, auch wenn auch hier die wirtschaftlichen Argumente dagegen sprechen.

  • Was ich nicht verstehe: Es ist doch beschlossene Sache, dass die Künstler auf das Gelände der Feuerwache umziehen, und dass das Rechenzentrum dann für das Kirchenschiff abgerissen wird. Das Grundstück des Kirchenschiffs gehört aber der Stiftung, und nicht der Stadt. Mit welchem Recht soll die Stadt jetzt auf einmal vorschreiben können, was die Stiftung bauen darf?

    Und richtig, Konstantindegeer: Wie soll der Erhalt des Rechenzentrums mit den Klimazielen der Stadt vereinbar sein? Das Rechenzentrum ist hinsichtlich Energieverbrauch und Flächenversiegelung der totale Klimakiller!

  • Das neue Künstlerquartier auf dem Gelände der Feuerwache ist momentan überhaupt kein Thema.Aber gerade das ist doch die reale Zukunft dieser Kreativen.Stattdessen schaukeln sich die Emotionen an einem einfachen und unwirtschaftlichen Gebäude hoch(Altes RZ).Das beste ist jetzt mal wieder herunterzufahren und sich auf das wirklich wichtige zu Konzentrieren nämlich um das neue Kreativquartier.Entgültige und weitreichende Entscheidungen können unter dieser überhitzten Debatte ohnehin nicht gefällt werden.Dazu müssen sich die Wogen erst einmal glätten und man muss etwas Zeit ins Land gehen lassen.

    "Der Seemann sticht nicht bei Sturm in See".

  • Ich weiß nicht... irgendwie scheint mir "Mitteschön" nicht begriffen zu haben, dass sich die Zeit und die politische Kultur in den letzten 30 Jahren verändert hat. Das hat auch etwas damit zu tun, dass diese braven Bürgersleut´ sich zu lange in der Sicherheit wähnten und gerne die Augen zukniffen. Als der Wiederaufbau 1991 beschlossen wurde, und dieser Herr Erster Vorsitzender des Kulturausschusses der Potsdamer SVV war, existierte eine kurze Zeit der geistigen Freiheit. Die lange Jahre herrschenden Kräfte waren durch die Wende paralysiert, und in diesem Zeitfenster waren Entscheidungen wie diejenige für die Garnisonkirche und die Potsdamer historische Mitte möglich. Seitdem hat es Jahrzehnte eines Roll-Backs gegeben. Zudem ging die Umsetzung der Potsdamer Mitte schleppend langsam vor sich. Und heute hat sich einfach die Situation so weit verändert, dass die Einflussmöglichkeiten für "Mitteschön" eben tendenziell auf Null reduziert wurden. Da hat ihnen das ganze brave Mitmachen der letzten Jahre nichts gebracht. Wenn Herr Prietz schreibt, "dass die Gegner einfach nicht fähig sind den nationalistischen Ballast von dieser architektonisch wunderschönen Kirche abzuwerfen und Potsdams Genesung als geschichtliches Ganzes frohgemut entgegen zu sehen", dann hat er leider nichts verstanden. Die Gegner sind sehr wohl fähig, zu denken, wie sie möchten. Indes, sie wollen den "nationalistischen Ballast" gar nicht abwerfen. Im Gegenteil, es ist der Sprit von dem sie leben und zehren. Bei der Garnisonkirche wie der sonstigen politischen Auseinandersetzung. Weder verstehen diese Leute die Garnisonkirche als "wunderschön", noch geht es ihnen um die "Genesung" der Stadt als "geschichtliches Ganzes". An dieser Strategie ist nichts "peinlich", sondern sie ist radikal und konsequent.

    Um ein Fazit zu ziehen. Block III am Markt wird noch gebaut. In Block IV gibt es mit Glück wohl noch eine Rekonstruktion. Dann kommt wohl noch die kritische Rekonstruktion des "Einsiedler", wenn denn mal mit dem Bau angefangen wird. Und mit Glück entsteht der Garnisonkirchenturm in halbwegs historischer Gestalt. Mehr ist nicht mehr drin. Das Tor ist zu.

  • Ich werde den Teufel tun. Das ist Sache der Potsdamer, von aus auch der UrPotsdamer. :zwinkern:

    P.S.: Allerdings, wenn ich Potsdamer wäre, soviel kann ich sagen, würde ich erst mal versuchen, zufrieden zu sein mit dem Erreichten. Und ansonsten abwarten. Die Zeiten werden sich auch wieder ändern. Und vielleicht auch irgendwann ganz neue Chancen bieten. Bis dahin kann man auch andere schöne Sachen tun.

  • Ich finde den Text von Mitteschön gut. Es ist doch richtig, bestimmte Dinge nochmals in Erinnerung zu rufen.

    Der Wiederaufbau der Garnisonkirche war von Anfang an ideologisch besonders umkämpft. Das Zeug, eine zweite Frauenkirche zu werden, hatte die GK nie. Man hat versucht, diese Analogie herbeizureden, aber wirklich verfangen hat sie nie. Das Problem des GK-Projektes ist, dass es von einer verzagten, wankelmütigen und uneinigen Kirche getragen wird statt von einer breit aufgestellten Bürgerstiftung. Der entscheidende Fehler war dann, die Nutzung des Rechenzentrums durch "Kreative" zuzulassen, statt es abzureißen. Hinzu kommt, dass Potsdam einen schlechten Oberbürgermeister hat. Für Heimdall scheint ein unabänderlicher Zeitgeist zu walten. Dabei kann man konkrete Personen und Fehlentscheidungen benennen.

    Bezüglich des von Maecenas erwähnten Staudenhofs bin ich nicht so pessimistisch. Das ist ein simples Wohnhaus und hat zudem für bestimmte Gruppierungen nicht die Funktion, ein symbolisch überfrachtetes Bauprojekt zu verhindern. Das Institut für Lehrerbildung wurde bereits abgerissen. Sowas geht also auch in Potsdam. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass der Kirchturm in Ruhe weitergebaut werden kann und dann positiv in den Stadtraum ausstrahlt - selbst wenn der bauplastische Schmuck noch nicht vollständig ist. Dass das Rechenzentrum dauerhaft erhalten bleibt, sehe ich noch nicht. Ich bin eben Optimist.

  • Um ein Fazit zu ziehen. Block III am Markt wird noch gebaut. In Block IV gibt es mit Glück wohl noch eine Rekonstruktion. Dann kommt wohl noch die kritische Rekonstruktion des "Einsiedler", wenn denn mal mit dem Bau angefangen wird. Und mit Glück entsteht der Garnisonkirchenturm in halbwegs historischer Gestalt. Mehr ist nicht mehr drin. Das Tor ist zu.

    Aber warum sollte das so sein? Der reine Zeitgeist enthebt ja nicht vom logischen Denken. Das Prinzip der Rekonstruktion herausragender Bauwerke hat sich in Potsdam bewährt und die Bevölkerung ist damit überparteilich einverstanden. Selbst die Sozialisten haben für das Stadtschloß, dür das Barberini und für die Blöcke III und IV gestimmt - sich bei der Garnisonkirche nur enthalten. Wie sagte der letzte OB Jakobs: zu Anfang meckern die Leute immer und wenns fertig ist finden es alle toll. Wenn sich also eine Strategie bewährt hat und die groe Zustimmung der Bevölkerung findet ist es widersinnig, von dem Prinzip abzuweichen.

    Das Hauptargument gegen weitere Rekos sind bei Wohnbauten die dann angeblich teueren Wohnungen. Eine Rekonstruktion von historischen Putzbauten ist aber nicht teuer und zudem viel nachhaltiger. Darüber hinaus wird die Frage der Mieten in Potsdam nicht an 20 oder 50 in der Innenstadt entschieden - Potsdam hat 180.000 Einwohner. Die Wohnungen der Genossnschaften am Alten Markt werden auch mehr als 14,50 Euro/qm kosten, soweit sie keine Sozialwohnunge oder anderweitig gebunden sind.

    Zudem wird die "Privatisierung" kritisch angeführt. Aber für wen ist denn die Innenstadt da? Doch für die Bürger und nicht für eine Stadtregierung. Die Stadt verfügt zusammen mit den Genosschaften aus historische Gründen über tausende von Wohnungen in der Innenstadt, da ist doch eine Vermehrung gar nicht sinnvoll, wenn man nicht die Mischung kippen lassen möchte.

    Was soll diesen Umschwung also sonst politisch rechtfertigen? "Deattraktion", wie manche in Berlin die Strategie gegen steiegnde Immobilienpreise nennen? Purer Neid, daß manche in einer schönen Straße wohnen können mit einem schönen Umfeld?

  • "Konstantin", Deine Argumente sind ja völlig richtig. Bloß, wie Du immer wieder selbst bemerkst, hier geht es nicht um Sachargumente, sondern um eine politisch-ideologische Machtdemonstration. Da hilft auch nicht die ständige Erinnerung daran, dass die Sozialisten in der Vergangenheit, also unter anderen Bedingungen, mal so oder so gestimmt haben. Heute werden sie sich anders positionieren. Die Potsdamer haben nun einmal dementsprechend gewählt und erhalten, was sie bestellt haben. Dass das nicht ewig so sein muss, sondern sich Zeitgeist auch wieder drehen kann (wenn auch meist nicht von alleine), wird von mir gar nicht bestritten.