Brüssel (B) (Galerie)

  • Brüssel hat mir auch sehr gut gefallen. Es sieht halt alles nicht so geleckt aus, aber das kann auch von Vorteil sein. Gerade während der Fahrt raus zum Königspalakst (Laeken) und zum Atomium kam man durch recht schöne Stadtteile mit geschlossener Gründerzeitarchitektur (was auch immer der belgische Ausdruck dafür sein mag).

  • Ich finde Brüssel auch sehr schön. Ich hatte einmal eine Freundin aus Brüssel...vielleicht deshalb.

    Hast Du auch ein Foto vom grenzgenialen Palais Stocklett von Hoffmann gemacht? So etwas gibt es in der Welt kein zweites Mal - leider.

  • Ja, da muss ich euch Recht geben. Brüssel hat wirklich viele schöne Ecken, allerdings muss man schon sagen, dass die Hochhauskomplexe und das EU-Viertel ein heftiger Kontrast sind. Getoppt noch von abartigen 60er Jahre Bauten. Die Plätze und Gassen der Altstadt und auch gewisse Viertel außerhalb sind aber wirklich sehr schön. Der tiefprovinzielle öffentliche Nachtverkehr ist aber ein echtes Ärgernis. Ich ergänze das dann mal kurz mit ein paar Bildern:

    Hier fürs EU-Viertel typischer Kontrast:

    Quelle: flickr.com, User davidroethler, CC-Lizenz

    Und hier noch ein paar eigene Bilder:

    Das Brüsseler Flat-Iron:

    Viele wunderbare Läden, die dick machen:

    Das Rathaus bei Nacht:

    und die ebenfalls bereits gezeigten Galeries Royales Saint-Hubert bei Nacht:

  • Zitat von "Benni"

    ...Aber wie lange sanieren die denn noch den Justizpalast :schockiert:?...


    Das hatte ich mich auch gleich gefragt, denn vor einigen Jahren als ich mal dort war, war er schon ähnlich eingerüstet. Wie schon von euch passend kommentiert wurde, ist Brüssel wirklich eine Stadt der Kontraste, in die ich aber nicht nur wegen des völlig zu Recht zum Weltkulturerbe zählenden Rathausplatzes jederzeit wieder gerne fahren möchte. So gehören auch die Sammlungen der könglichen Museen ( http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6ni…e_(Br%C3%BCssel" onclick="window.open(this.href);return false;\r
    de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nig ... %C3%BCssel) ) zu den absoluten Highlights in Europa und nicht zuletzt auch die Unmenge an verschiedenen Bieren, zwischen denen man fast überall auswählen kann :zwinkern:

    Last but not least: dir spacebowboy natürlich vielen Dank für die Bilder.

  • Mit den Bildern von der Flandern-Tour geht es nun mit Brüssel weiter. Leider war es der letzte Tag in Belgien, ich nach drei fast 12 Stunden-Tagen durch Löwen, Brügge und Gent entsprechend geschafft und zudem noch mit dem gesamten Gepäck (Trappistenbier ;)) für die Heimreise beladen, so dass der Bewegungsspielraum in der Stadt nicht der Größte war.

    Brüssel ist wirklich ein zweischneidiges Schwert: da haben wir bis zum Horizont reichende Gründerzeitviertel, im Stadtkern immer noch Massen an uralten Häusern, wirklich zahllose bombastisch ausgestatte Kirchen und mit dem Grote Markt vielleicht den schönsten Platz der Welt, der einem bei blauem Himmel echt fast die Tränen in die Augen treibt. Daneben gibt's dann Bausünden von einer Scheusslichkeit, dass sie manche Stadt im Ruhrpott oder Baden-Württemberg schlagen und einen Verfall, ja geradezu eine Verslumung ganzer Stadtviertel, wie ich sie in noch keiner europäischen Stadt ausgemacht habe. Und das teilweise nur wenige Häuser vom Grote Markt entfernt! Ähnlich wie schon in den Außenbezirken von Löwen wird oft noch das unterboten, was man so aus Bildern von der DDR anno '89 kennt. Vor allem die Rückseiten der Häuser, auf die man aus der Bahn so zwischen Brussel-Centraal und Brussel-Zuid guckt, haben mit ihren wellblechartigen Anbauten schon was von Doré's London – A Pilgrimage.

    Trotz allem muss ich mich im Fazit dem anschließen, was Philon schon im November 2006 auf der ersten Seite dieses Threads geschrieben hat: die Stadt fasziniert, gerade durch ihren eigentümlichen Charakter, man hat das Gefühl, hier über Monate hinweg immer wieder etwas neues entdecken zu können. Von den Museen von Weltrang noch ganz abgesehen. Trotz aller Bausünden ist der Unterschied zwischen einem Brüssel und einer planmäßig zerbombten deutschen Großstadt eben immer noch einer wie zwischen Himmel und Erde!

    Die Bilder entstanden am 14. Juli 2009. Das Wetter war, wie auch zu sehen, für flandrische Verhältnisse genauso außergewöhnlich gut wie schon die Tage zuvor. Verwendete Ausrüstung war wie meist die Canon EOS 1Ds Mark II mit dem Canon EF 24-70mm 2.8 L USM, die Fotos sind hier ausnahmsweise mal nicht topographisch, sondern im Sinne eines tatsächlich stattgefundenen Rundgangs chronologisch angeordnet.

    Und los geht's: die Sint-Hubertusgalerij (auch bekannt als Galeries Royales Saint-Hubert) dürfte fast jeder kennen – 1839–40 entworfen vom Architekten Jean-Pierre Cluysenaar, war sie 1847 fertiggestellt und ist somit eine der ältesten Ladenpassagen Europas. Sie besteht aus drei Teilen, hier blicken wir in einen davon, die südliche Koninginnegalerij (Königingalerie). Rechts ein Ladengeschäft, das noch seine originale und fantastische Jugendstilausstattung hat, viele andere Läden haben noch ältere Originaleinrichtungen und sind es schon deshalb wert, sie mal zu betreten.


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    Detail: die Fassaden sind im Stil der italienischen Renaissance gehalten.


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    Blick in den Westflügel, die Prinsengalerij (Prinzengalerie).


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    Am anderen Ende der Galerie raus, ein Blick nach Westen in die Arenbergstraat, die für Brüsseler Verhältnisse noch vergleichsweise homogen wirkt. Nun geht's gleich durch das Gewirr der südlich hiervon gelegenen Viertels, in denen sich die Gastronomiebetriebe die Klinke in die Hand geben und sogar vor der Tür um Kundschaft buhlen, zum Grote Markt, den wir über die östliche Zuführung, die Heuvelstraat, betreten...


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    ...so dass unser Blick zunächst direkt auf das Stadhuis (Rathaus) fällt, eines der Hauptwerke der profanen Brabanter Gotik. In seiner Prachtentfaltung kommt das Gebäude dem Löwener Rathaus schon sehr nahe. Die dem Platz zugewandte Seite entstand 1401–22 unter Jacob van Tienen, 1444–48 wurde der Südflügel angeschlossen. 1449–55 errichte Jan van Ruysbroeck schließlich den 97 Meter hohen Belfried, der den wetteifernden Löwenern bekanntlich verwehrt blieb (vgl. dort), und krönte ihn mit einer Statue des Erzengels Michael, dem Patron der Stadt. Bei der Bombardierung durch die Franzosen 1695 wurde das Rathaus nicht völlig – wenn auch traurigerweise das darin untergebrachte Stadtarchiv – zerstört, so dass man es 1706–14 vergleichsweise schnell in alter Form (!) wiederhergestellt hatte, damals kamen auch die westlich anstoßenden Trakte im Barockstil hinzu, die hier nicht zu sehen sind.


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    Der Figurenschmuck der Fassade stammt dagegen größtenteils erst aus dem 19. Jahrhundert, die Auflagekonsolen (wie auch in Löwen) aus der Bauzeit, sind aber im Gegensatz dazu nur mit jeweils einzelnen Person, nicht kompletten mikroskopisch gearbeiteten Bibelszenen geschmückt.


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    Detail des Portals am Grote Markt, im Hintergrund sieht man das Pendant des barocken Westtrakts.


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    Die Kamera nun etwas nach recht bzw. nach Nordwesten geschwenkt, eröffnet sich dem Auge nun die ganze barocke Prachtentfaltung des Platzes – diese Häuser sind einfach perfekt! Man gewinnt den Eindruck, dass hier auf dem absoluten Gifpel der europäischen Städtebaukunst gewerkelt wurde, danach ging es nur noch bergab. Der Platz bestand bereits seit dem 11. Jahrhundert in der heutigen Form, und war vor der Zerstörung durch franzöischen Beschuss im Jahre 1695 von Architektur des 15. bis 17. Jahrhunderts geprägt.

    Von links nach rechts:

    - De Vos (Der Fuchs, 1699), seit Mitte des 15. Jahrhunderts das Gildehaus der Krämerzunft, der Neubau von 1699,
    - Den Horen (Das Horn, 1697), seit Mitte des 15. Jahrhunderts Gildehaus der Schiffer, der Neubau von 1697,
    - De Wolvin (Die Wölfin, bereits 1691 nach einem Brand errichtet, 1695 schwer beschädigt und 1890 nach den Originalplänen wieder auf den Originalzustand zurückgeführt ), seit dem 14. Jahrhunderts das Gildehaus der Bogenschützen,
    - Den Sac (Der Sack, 1695), seit Mitte des 15. Jahrhunderts Zunfthaus der Zimmerleute und Fassbender,
    - Den Cruywagen (Der Schubkarren, 1696–97 nur der bereits aus dem Jahr 1644 stammende Vorgängerbau barockisiert), seit Mitte des 15. Jahrhunderts Gildehaus der Lebensmittelhändler,
    - Den Coninck van Spaignien (Der König von Spanien), bis 1695 ein Privathaus, danach 1696–97 errichtetes Zunfthaus der Bäcker, nachdem dieses später mal verkommen war, wurde es nach den alten Plänen 1901–02 rekonstruiert.


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    Detail des meist im Dunkel des Rathauses liegenden De Vos.


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    Detail der herrlichen Giebel des De Vos, Den Horen und De Wolvin.


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    Die obere Nordostseite, meist Bürgerhäuser, zeigt die schlichtesten Fassaden, von links nach rechts:

    - Den Ezel (Der Esel, 1696),
    - Sint-Barbara (Sankt-Barbara, 1696),
    - Den Eycke (Die Eiche, 1696),
    - Het Voske (Der kleine Fuchs, 1696),
    - Den Pauw (Der Pfau, 1697),
    - Den Helm (Der Helm, 1697).


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    In der Mitte der Nodostseite steht das Broodhuis (Brothaus). Es wurde erstmals 1321 erwähnt, und 1405, Anfang des 16. Jahrhunderts, 1625, 1695 und schließlich 1767 immer wieder im jeweiligen Stil der Zeit umgebaut. Zwischen 1811 und 1865 muss das Haus derart verkommen sein, dass man sich 1873 zur drastischen Maßnahme des Abbruchs und zu einer Totalrekonstruktion im neugotischen Stil entschloss, wobei sich der Architekt Pierre-Victor Jamaer am auf Stichen überlieferten Zustand der Jahre 1513–36 orientierte, aber auch einiges hinzuerfand. Im Inneren befindet sich heute das Stadtmuseum.


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    Im unteren Bereich der Nordostseite geht es prachtvoll weiter, von links nach rechts:

    - Het Ammanskamerke (?, 1695),
    - De Duif (Die Taube, 1695), seit Anfang des 16. Jahrhunderts Zunfthaus der Maler und Wohnhaus von Victor Hugo im belgischen Exil im Jahr 1852,
    - Den Gulden Boot (Die goldene Schaluppe, 1697), seit Anfang des 16. Jahrhunderts Zunfthaus der Schneider,
    - Den Engel (Der Engel, 1697),
    - Josef en Anna (Josef und Anna, 1897 erfolgte Zusammenlegung zweier kleinerer Häuser mit neuer Fassade),
    - Den Hert (Der Hirsch, 1710).


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    Den Südosten des Platzes dominiert das Huis der Hertogen van Brabant (Haus der Herzöge von Brabant). Zu dem Gebäude konnte ich leider nichts herausfinden, außer, dass hier sechs eigenständige Häuser unter einer Fassaade zusammengefasst sind.


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    Entsprechend sind die teils älteren Häuser links...


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    ...und rechts davon schon nicht mehr Bestandteil des Grote Markt?


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    Der Südwesten treibt die Prachtentfaltung dann nochmals auf die Spitze – hier sind nicht nur die Fassaden (wie überall) herrlich, auch die feine Abstimmung der Gebäudehöhen, so dass das höchste Haus genau im Goldenen Schnitt liegt, zeigt, wie bewusst gebaut wurde. Übrigens ist hier im Vergleich mit den Bildern in diesem Strang, die so um 2004 gemacht wurden, deutlich zu erkennen, dass diese seitdem gründlich renoviert worden sind, die Fassaden waren auf den bisherigen Bildern völlig verdreckt und von der Vergoldung kaum noch etwas zu sehen. Nun ist das Gegenteil der Fall! Von links nach rechts:

    - Den Bergh Thabor (Der Berg Thabor, 1699)
    - De Roose (Die Rose, 1702)
    - Den Gulden Boom (Der goldene Baum, 1698), im 15. Jahrhundert Zunfthaus der Teppichweber, seit 1638 der Brauleute, weswegen es heute auch Sitz des Brauereimuseums ist,
    - De Zwane (Der Schwan, 1698), seit 1720 Zunfthaus der Metzger,
    - De Sterre (Der Stern, 1695), das kleinste und an dieser Stelle am längsten nachweisbare Gebäude (seit dem 13. Jahrhundert) auf dem Grote Markt mit den schönen barocken Arkaden wurde 1853 für eine Straßenverbreitung abgerissen, um 1897 im Zuge einer Rekonstruktion wiederzuerstehen.


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    Detail der Erdgeschosse des Gulden Boom und des Zwane...


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    ...und der Giebel der Roose, des Gulden Boom und des Zwane.


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    Aus dem Gebiet westlich des Grote Markt habe ich leider nur dieses eine Bild der von Léon Suys d.J. 1873 in einem sehr eklektizistischen Stil vollendeten Börse, die in ihrem Grundriss auffällig einer Kirche vom Typus des Zentralbaus nahe kommt.


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    Nun geht's nach Richtung Südwesten, dreimal dürft ihr raten, wohin. Viel muss hierzu wohl nicht mehr gesagt werden, das Gedränge um diese winzige Figur, die es hier (Kreuzung Stoofstraat / Korte Beenhouwersstraat / Lievevrouwbroersstraat / Eikstraat) angeblich bereits seit dem 15. Jahrhundert gibt (das heutige Knäblein stammt von 1619 von Jéromé Duquesnoy d.Ä.) war geradezu aberwitzig und ist im nachfolgenden Bild dargestellt.


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    Detail der eigentlichen Statue – sie hat mittlerweile hunderte historische Kostüme zur Auswahl, an diesem Tag war es angeblich eine französische Paradeuniform.


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    Blick nach Süden in die Lievevrouwbroersstraat mit der brüsseltypisch-heterogenen Bebauung.


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    Weitere Kontraste in der Lombardstraat, Brutalismus der übelsten Sorte zwischen reinem (im Hintergrund) und spätem Jugendstil (rechts).


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    Das ehemalige Textilkaufhaus "Old England" am Hofberg gilt als das Hauptwerk des Archäologen und Architekten Paul Saintenoy (1862–1952), eine fantastische Mischung aus Historismus und Jugendstil und eines der selbst europaweit rar gewordenen Beispiel für eine reine Eisen-/Glaskonstruktion. Es berherbergt heute das Instrumentenmuseum.


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    Ein paar Schritte weiter östlich liegt der Koningsplein (Königsplatz), im Osten die Sint-Jacobskerk (Sankt-Jakobskirche), die 1776–80 unter Barnabé Guimard als Hofkirche des dahinter gelegenen Königspalastes erbaut wurde. Die Seitenschiffe kamen erst 1843–45 hinzu, die Kuppel 1849–51. Rund um den Platz finden sich weitere bedeutende Museen.


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    Wir betreten nun die Regentschapsstraat nach Südosten und machen uns auf dem Weg zum Justizpalast.

    Mitten an der stark befahrenen Straße, die im Westen an den historischen Stadtkern anstößt, aber aber fast nur Bauten des 19. Jahrhunderts beherbergt, steht die gotische Kirche Onze-Lieve-Vrouw ten Zavel (Liebfrauenkirche auf dem Sand) ein bisschen wie ein gelandetes Ufo. Sie wurde etwa zwischen 1405–1477 zum größten Teil und nach einer kurzen Baupause dann ab 1494 bis etwa Mitte des 16. Jahrhunderts als Rohbau fertiggestellt. Seit dem 17. Jahrhundert stand sie unter dem Schutz des Hauses Thurn und Taxis und diente als deren Grabstätte, was nach den religiösen Auseinandersetzungen ihren Verfall verhindern konnte, und wurde dann ab 1844 unter deutlich sichtbarem Einfluss der Neogotik über Jahrzehnte restauriert – leider inklusive Abriss der angebauten Häuser, wovon heute noch die Grünflächen rund um die Kirche zeugen – und erst vor kurzem vom Dreck der Großstadt gereinigt.


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    Bereits der skulptural sehr reich verzierten Westfassade ist die Restaurierung des 19. Jahrhunderts anzusehen – die Bilderstürmer hatten an historischen Kirchen ja meist nichts übrig gelassen.


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    Pseudopanorama vom Eingang zum Chor - wir befinden uns in einer dreischiffigen Kreuzbasilika.


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    Die vollständig (!) erhaltene Farbverglasung, wohl eine komplette Neuschöpfung des 19. Jahrhunderts, taucht die Kirche in ein fantastisches Licht.


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    Eingang zum Ende des 17. Jahrhunderts entstandenen Kapellenanbau mit den Grabstätten derer von Thurn und Taxis in der Nordwand des westlichen Querhauses.


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    Blick zur Orgelempore – die Orgel sieht noch spätklassizistisch aus?


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    Da es so dunkel war, dass man kaum Ausstattung fotografieren konnte, nachfolgend noch zwei Detailbilder...


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    ...der prächtigen Farbverglasung.


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    Zum Schluss entdeckte ich dann noch mit einigen gotischen Wandmalereien ein Ausstattungsdetail aus der Bauzeit (an der Grenze des fotografisch möglichen).


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    Sehschule vor dem Westportal der Kirche, die wir nun wieder verlassen: die Südseite des letzten Stücks der Regentschapsstraat prägen noch die Prachtbauten des 19. Jahrhunderts...


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    ...die Nordseite ist dagegen wie die Faust aufs Auge. Oder eben typisch Brüssel. Wir sind am Justizpalast angekommen, der immer noch fleissig restauriert wird, und zu dem man ganze Romane schreiben könnte. Daher hier nur in aller Kürze: erbaut 1866–83 nach Plänen des Architekten Joseph Poelaert und eines der größten Bauprojekte (wenn nicht das größte) des Historismus in Europa überhaupt. Das Gebäude beansprucht 665.000 Kubikmeter Volumen und 26.000 Quadratmeter Fläche.


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    Dieses Pseudo-Panorama des Inneren mag ein wenig die Dimensionen verdeutlichen, bis zum Scheitel der Kuppel sind es je nach Quelle zwischen 100 und 150 Meter. An den kleinen beleuchteten Tischchen sitzen die Rechtsanwälte mit ihren Mandanten und bereiten sich auf die Prozesse am höchsten belgischen Gerichtshof vor, die sich auf insgesamt 27 Gerichtssäle verteilen. Auffällig fand ich die laxen Sicherheitsvorkehrungen, kein Mensch überprüfte unsere Taschen oder Rucksäcke, geschweige denn dass es Metalldetektoren gab! Man hätte hier problemlos schwer bewaffnet oder gar mit Sprengstoff hineinmarschieren können, denn auch vor den Gerichtssälen steht keiner...


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    Diese Treppe im in Relation zum Gebäude winzigen Eingangsbereich mag nochmal die kolossalen Dimensionen verdeutlichen.


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    Auf dem Rückweg in die Innenstadt geht es durch das Stadtviertel Stadtviertel Zavel – eigentlich wollte ich die hier befindliche, nicht namentlich identifizierbare Barockkirche besuchen, doch die war natürlich geschlossen. Stattdessen gibt es verblüffend gut erhaltene und hochwertige, teils schon sehr französisch wirkende Straßenzüge (Ernest Allardstraat)...


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    ...der Gründerzeit (Minimenstraat) zu sehen.


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    In den Seitengassen (Duivenstraat) hat sich teilweise sogar zumindest so aussehendes älteres Zeug erhalten – ansonsten ist auch dieses Bild ein wahres Symbol für die Stadtgestalt.


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    Schon wieder nahe dem Grote Markt, Blick entlang der Spoormakersstraat.


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    Nun stehen wir vor der Hauptkirche der Stadt und der Nationalkirche von Belgien, der Sint-Michiels en Sint-Goedelekathedraal (Kathedrale Sankt-Michael und Sankt-Gudula). Vorgängerbauten sind seit dem 8. Jahrhundert nachgewiesen, diese 1226 begonnene und Ende des 15. Jahrhunderts beendete Kirche ist der dritte an dieser Stelle und zudem einer der wenigen in ganz Belgien, wo die allerdings auch "nur" 69 Meter hohen Türme im Mittelalter fertig wurden. 1579 wurde fast die gesamte Innenausstattung von Bilderstürmern zerstört, wovon aufgrund einer aufwändigen neogotischen Renovierung im 19. Jahrhundert aber kaum noch etwas zu merken ist. Stilistisch sind sowohl Einflüsse der frühen französischen als auch der späteren Brabanter Gotik verarbeitet, als Material diente ein weißer Kalkstein.


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    Das reich verzierte Westportal entstand erst Ende des 15. Jahrhunderts und ist entsprechend von der virtuosen Phase der Spätgotik geprägt.


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    Pseudo-Panorama des Inneren nach Osten.


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    Historistische Fenster im östlichen...


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    ...und im westlichen Seitenschiff.


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    Die für belgische Verhältnisse in der unteren Oberklasse rangierende Kanzel, 1699–1702 von Hendrik-Frans Verbruggen. Sie thematisiert die Vertreibung aus dem Paradies und verbindet diesen mit dem Erlösungsgedanken in Gestalt einer Maria Immaculata und eines kreuztragenden Christuskindes. Sie stand ursprünglich in der Jesuitenkirche in Löwen (!) und wurde nach der Auflösung des Ordens 1773 von Kaiserin Maria Theresia hierher verschenkt.


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    Der 1226–80 erbaute, noch etwas schwerfällige Chor steht im deutlichen Kontrast zu den hochgotischen Teilen der Kirche.


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    Hochaltar im Stil des 13. Jahrhunderts, vergoldete Kupfertreibarbeit von Lambert de Rijswijch aus dem Jahre 1887.


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    Die seit 1282 existierende Chorscheitelkapelle, im 17. Jahrhundert von Léon van Heil barockisiert. Hier steht einer der wertvollsten Altäre der Kirche, der Passionsaltar, der von Jan Money, dem Bildhauer von Kaiser Karl V. im Jahr 1538 gebaut wurde. Er zeigt Szenen aus der Leidensgeschichte Christi.


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    Monumentale Kreuzweg-, Kreuzigung und Kreuzabnahme des Malers Michel van Coxie, der seinerzeit als befähigt genug galt, für Philipp II. von Spanien eine Kopie des Genter Altars zu fertigen.


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    Von wirklich ganz fantastischer Qualität und einer der größten Schätze der Kirche sind die noch aus dem 17. Jahrhundert stammenden, riesigen Fenster an den Schmalseiten des Querhauses und in der Westfassade oberhalb des Eingangs. Hier ist exemplarisch das 1537 vom Antwerpener Glasmalermeister Jan Haeck geschaffene Fenster im nördlichen Querhaus zu sehen, das Karl V., seine Gemahlin Isabella von Portugal und als Namenspatrone Karl den Großen und die Heilige Elisabeth zeigt.


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    Die in ihrer Formensprache meines Erachtens durchaus gelungene, moderne Schwalbennestorgel aus dem Jahr 2000.


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    An den Rundsäulen des Langhauses befinden sich ingesamt zwölf Apostelfiguren von namhaften südniederländischen Barockbildhauern, u.a. Jérôme Duquesnoy d.J. und Lucas Fayd'herbe.


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    Zum Abschluss noch ein Pseudopanorama von der Vierung nach Westen.


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    Das war's aus Brüssel, als nächstes folgt dann Gent.

  • Zitat von "RMA"

    mit dem Grote Markt vielleicht den schönsten Platz der Welt, der einem bei blauem Himmel echt fast die Tränen in die Augen treibt.


    Da sprichst Du wahre Worte. Ich hätte einen solchen Platz niemals in dieser Stadt erwartet und war bei meinem Besuch hin und weg.
    Du mußt ihn nachts sehen, wenn alle Fassaden hell beleuchtet sind - schöner als im Märchen.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Einfach nur grandios! Danke!

    Ich war genau im September 1999 das erste und bis dato letzte Mal in Brüssel. Es war berauschend und wunderbar. Ich wohnte privat bei einer Freundin, die zusammen mit drei weiteren Mädels ein Haus wg-mäßig in der Altstadt bewohnte. Auch andere Freunde von ihnen wohnten so: Im ersten Stock die Aufenthaltsräume (im Mittelpunkt jeweils ein großes Zimmer mit offenem Kamin. Jeweils über schmale, einläuige Trepen ging es in die Schlafräume in den oberen Geschossen). Da bei uns in Wien die Menschen in Altbauten zumeist in nur einer Ebene wohnen, fand ich dies einen für mich bleibenden Eindruck.

    Hast Du auch das Stocklett gesichtet? Die breiten Ringstraßen mit den Unterführungen sind mir auch noch im Gedächtnis geblieben, wie auch die vielen Zuckerlgeschäfte und Antiquitätenläden im Zentrum als auch die blau-weißen EU Kennzeichen :lachen: .

  • Danke für das Update. Zieht sich die Sanierung des Justizpalastes so wegen seiner Größe oder ist das eine Schritt-für-Schritt-Sanierung?

    Hier noch mal das Atomium bei Nacht. Wie ein Weihnachtsbaum ;)...

  • Vielen Dank für diese Ladung Brüssel mit all den Hintergrundinformationen! Die reich verzierten Fassaden mit den goldenen Elementen sind besonders beeindruckend und auffallend - da fällt mir in Deutschland keine vergleichbare Stadt ein. Auffällig auch, daß hier offenbar immer mal wieder rekonstruiert wurde - sofern man das rekonstruieren nennen will, oder eben "umbauen". Zumindest war man lange Zeit bestrebt, verlorene historische Zustände wiederherzustellen. Wie in Deutschland bis 1945...

  • RMA: vielen Dank auch von mir für deine fundiert kommentierten Ansichten dieser kontrastreichen Stadt. Ich habe ja schon in mehreren Beiträgen darauf hingewiesen, dass ich die für Belgien typischen naturalistischen barocken Holzkanzeln sehr bewundere. Auch das Löwener Exemplar in der Brüsseler Kathedrale ist für mich ein besonders gelungenes Exemplar, wie dein Photo zeigt.

  • Eine gewohnt absolut grandiose Fotoschau RMA, vielen Dank!

    Deine Kommentare sind wirklich interessant zu lesen, gut, dass du dir damit so viel Mühe gibst.
    Nimmst du die Infos aus dem Internet oder was nutzt du da für Lektüre?

    Ich war damals auch überrascht (2002 war's glaube ich), wie vielgestaltig und heterogen die Stadt ist.
    Teilweise sind die brutalomodernen Einsprengsel wirklich erschreckend, aber irgendwie gehören sie auch zur Stadt. Sie ist jedenfalls nicht gar so langweilig, wie immer behauptet wird, auch wenn es spannendere Städte in dieser Größenordnung geben mag. Das flandrische Bauerbe ist jedenfalls einzigartig, dieser Stil (sowohl in der Gotik als auch der Renaissance) gehört zu meinen absoluten Favoriten. Teilweise gab es Ausläufer davon ja auch im westl./nördl. Deutschland, so z.B. in Bremen (sowie andere Städte der Weserrenaissance, Hameln z.B.), Teilen des Rheinlandes und in einzelnen Städten wie Wesel.

    Den Justizpalast-Godzilla finde ich absolut beeindruckend, habe irgendwo mal einen kompletten Rundgang angeschaut, den such ich bei Gelegenheit nochmal raus.

  • Zitat

    In den Seitengassen (Duivenstraat) hat sich teilweise sogar zumindest so aussehendes älteres Zeug erhalten

    Das ist meines Wissens tatsächlich alt, sprich 15. - 17. Jahrhundert.

    An den Justizpalast schließt übrigens gleich südlich das Marolles-Viertel (Les Marolles/De Marollen, von franz. marais = Sumpf) an, das im Mittelalter und früher Neuzeit das Viertel der kleinen Leute, wenn nicht das Armenviertel war, und in dem sich noch ausgesprochen viel spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Bebauung erhalten hat.

    Schön übrigens auch, daß du in Notre-Dame du Sablon/Onze-Lieve-Vrouw ten Zavel reinkonntest. Während ich in Brüssel lebte wurde die gerade restauriert und war nicht zugänglich. Jetzt weiß ich doch wenigstens, wie die von Innen aussieht :zwinkern:

    Ja, war schon 'ne schöne und intensive Zeit damals in Brüssel. Ich glaube, ich habe nie in einer so verrückten Stadt gelebt ...

    Vielen Dank noch einmal für die wunderbaren Bilder!

  • Danke für die traumhaften Bilder...der Grote Markt ist ja schon für sich eine Reise wert...auch wenn neben viel Licht viel Schatten sichtbar wird...so muss ich Brüssel unbedingt auf meine Besuchsliste setzen...

    Gruß DV

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia

  • Danke, RMA, für die Bilder von und Informationen über Brüssel!

    RMA hat geschrieben:

    Zitat


    - Den Horen (Das Horn, 1697), seit Mitte des 15. Jahrhunderts Gildehaus der Schiffer, der Neubau von 1697,

    Der obere Teil dieses Giebels hat mich immer an den Heck einer Gallione erinnert. Jetzt weiß ich, daß diese Interpretation richtig war.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Nachdem ich am ersten Wochenende des Jahres erstmalig in Flandern war, möchte ich hier ein paar Bilder von Brüssel einstellen. Wieso ich hier nicht schon eher war, weiß ich nicht. Brüssel hat mir hervorragend gefallen, auch wenn das meiste von dem, was hier bereits geschrieben wurde, zutrifft. D.h., in der Innenstadt von Brüssel gibt es neben sehr vielen schönen auch schäbige Ecken, speziell im Norden der Innenstadt zwischen der Kathedrale St. Michel und dem Nordbahnhof. Hier eine komplette Tour durch Brüssel vorzustellen, hat wohl keinen Sinne mehr, da dies hier ja schon mehrfach geschehen ist. Auch einige herausragende Bauwerke, wie der wunderschöne grand' place, das Atomium oder die Galerie St-Hubert, wurden hier schon ausgiebig gewürdigt. Ich werde also mehr oder weniger zusammenhanglos Bilder zeigen, von denen mir auffällt, dass sie hier noch nicht zu sehen waren. Teilweise ist es auch interessant, Neubauten zu sehen, die hier bislang in einem früheren Baustadium gezeigt wurden.

    Allez go, ich beginne mit einem nächtlichen Blick auf den klassizistischen Märtyrerplatz. Ein toller Platz, der allerdings, nur ein paar Meter von der Haupteinkaufsstraße rue neuve entfernt, bei Dunkelheit so einsam war, dass ich es fast mit der Angst zu tun bekam. Aus der Sicht des Betrachtes beim ersten Foto hinter dem Platz beginnt das schon erwähnte Katastrophengebiet zwischen Kathedrale und Nordbahnhof. Am Südende wartet eine leere, gammelige Einkaufspassage, geschätzt aus den 70ern, auf Ihre weitere Bestimmung.

    Noch einmal das Ganze von Süden. Im Hintergrund des Bildes kann man das schwierige Umfeld ahnen.

    Wenn ich den Märtyrerplatz in Richtung Westen verlasse, komme ich in der Rue des sables zum heutigen belgischen Comic-Center, das sich in den magasins waucquez befindet, einem ehemaligen Textilkaufhaus, das 1905-06 im art-nouveau-Stil gebaut wurde. Hier fällt der Name Victor Horta, der in der Szene wohl eine Art Pabst ist. Nun habe ich von art nouveau keine Ahnung, aber das Gebäude hat mir von innen gut gefallen. Allein die Tatsache, dass hier ein Kaufhaus stand, deutet ja nun darauf hin, dass hier mal ein Wohngebiet war, davon ist in der Umgebung nichts übrig geblieben. Hier hat schon mal jemand geschrieben, dass die Gegend an Ost-Berlin vor der Wende erinnert, dem kann ich nichts hinzufügen.

    Wenn ich nun etwas Osten gehe, komme ich in ein Viertel mit z.T. riesigen Bank- und Verwaltungsgebäuden. Dieses Gebäude wurde hier schon mal in einem unfertigen Stadium gezeigt. Das Bild habe ich ziemlich genau von der Kathedrale St. Michael aus gemacht. Mit etwas dickeren Autos auf der Straße könnte die Szene auch irgendwo in den USA sein. Links ist allerdings wieder etwas mehr Ost-Berlin vor der Wende. Links hinter dem hohen Gebäude liegt der jardin botanique, der zwischen Hochhäuser und einem breiten boulevard fast so zugebaut ist, wie der central park in Manhattan, allerdings ist hier das Ambiente deutlich bescheidener.

    Jetzt kommen wir in Richtung Nordbahnhof, in diesem Hotel haben wir drei Nächte übernachtet, vermutlich war es vor 50 Jahren das höchste Objekt in der Umgebung. Die nagelneuen Gebäude dahinter wurden hier auch schon in einem älteren Stadium gezeigt. Ich frage mich bei diesen Glaspalästen immer, wer diese Fassaden wie sauber macht.

    Noch etwas mehr in Richtung Nordbahnhof.

    Die gleiche Ecke zweimal bei Nacht, jetzt kriegt die Szenerie etwas von Las Vegas.

    Zum Abschluss für heute noch der Nordbahnhof und die angrenzende Bebauung. Der Nordbahnhof hat von außen etwas. Ich würde ihn um das Jahr 1930 datieren, bin mir aber nicht ganz sicher. Innen ist der Bahnhof mehr als schäbig. Schalter und Gänge (nicht die Raumaufteilung) erinnern mich an den Bahnhof von Hannover vor 25 Jahren, vermutlich befindet sich in einer Ecke noch das für einen deutschen Bahnhof der 70er und 80er obligatorische Porno-Kino. Manchmal sollten wir doch würdigen, was die Deutsche Bahn in den vergangenen Jahren auf die Beine gestellt hat.

  • Zitat

    Allein die Tatsache, dass hier ein Kaufhaus stand, deutet ja nun darauf hin, dass hier mal ein Wohngebiet war, davon ist in der Umgebung nichts übrig geblieben. Hier hat schon mal jemand geschrieben, dass die Gegend an Ost-Berlin vor der Wende erinnert, dem kann ich nichts hinzufügen.

    Och, die Ecke geht für Brüsseler Verhältnisse fast noch. Wenn du das schon für schäbig hälst, warst du vermutlich nicht zwischen St. Catherine und dem Westring bzw. westlich des Boulevard Lemonnier unterwegs ...

  • Gibt s eigentlichGrößenangaben zur Grand Place?
    Ich weiß nur noch, dass ich sie als viel kleiner und enger als erwartet empfunden habe.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Abschließend habe ich noch einen zweiten Teil mit Brüssel-Bildern vom ersten Wochenende 2010. Ich beginne mit einem Blick auf dem Justiz-Palast aus dem späten 19. Jahrhundert. Eine ähnliche Perspektive hatten wir schon mal, ich möchte nur zeigen, dass das Gebäude nach wie vor und offenbar schon seit Jahren eingerüstet ist. Haben in Belgien Schildbürgerstreiche nicht eine lange Tradition? Das hier sieht fast danach aus.

    Ein Bild noch aus der Vorhalle, in den Innenraum mit der hohen Kuppel kamen wir am Samstag leider nicht. Ich mag ja solche protzigen Gebäude.

    Weiter geht's mit einem Blick auf das Old England und die umliegende Bebauung. Im Hintergrund ist die Place royale mit einem Reiterstandbild des Kreuzfahrers Gottfried von Bouillon in der Mitte. Wenn ich vom Old England, also aus dem Südosten der Innenstadt zum grand' place gehe, komme ich durch den für mich schönsten Teil der Brüsseler Innenstadt. Ich weiß nicht mehr, wie der tolle Platz vor dem südlichen Eingang der Galerie St-Hubert heißt. Hier gibt es straßenweise Bausubstanz um 1650 - 1750, Bausünden habe ich nicht gesehen.

    Wenn wir die Innenstadt in Richtung Westen verlassen, führt die Rue de la loi erst durch die Zone mit den EU-Parlaments-Gebäuden, dann durch den "Jubelpark" (parc du cinquantenaire), der zur Weltausstellung im Jahr 1880 gebaut wurde. Mitten in diesem schönen Park steht der 1905 vollendete Triumphbogen.

    "Zu beiden Seiten des Triumphbogen befindet sich je eine große Ausstellungshalle, die die ursprünglichen Pavillons und Ausstellungshallen der Ausstellung von 1880 ersetzten. Diese beiden Hallen, die selbst bereits als architektonische Denkmäler angesehen werden können, beherbergen heute Museen: In der südlichen Halle befindet sich das Autoworld Museum mit einer großen Oldtimer-Sammlung. In der nördlichen Halle ist das Militärmuseum Musée Royal de l'Armée untergebracht, das u.a. historische, aber auch moderne Kampfflugzeuge zeigt"(Text und Foto aus Wikipedia).
    Die beiden Hallen erinneren mich auch von innen sehr stark an die Zeppelin-Hallen in Riga, die heute als Markthallen fungieren. Ob diese Hallen aber tatsächlich seinerzeit zur Unterbringung und Wartung von Zeppelinen genutzt wurden, weiß ich nicht.

    Diese Perspektive bietet bei Nacht ein oft zu sehendes Postkartennmotiv. Die autobahnartige Rue de la loi wurde seinerzeit einfach durch den Park durchgebaut, stört aber tatsächlich kaum.

    Die Place Broucknere wurde hier schon mal als ziemlich häßlich beschrieben, zumindest den Nordteil der Bebauung sowie Ost- und Westseite fand ich eigentlich ansprechend.

    Dieses letzte Foto zeigt nun den Süden der Place Brouckere, der wird nun deutlich schäbiger, aus Sicht des Betrachters nach links bis direkt vor die Oper wird die Lage sogar katastrophal. Simpelste Shopping-malls, die nach oben zu gesichtslosen Hochhäusern aufgetürmt wurden. Direkt vor der Oper. Ich erspare Euch Bilder und habe auch keine. Die Gegend um das Comic-Center wurde ja schon als "Ost-Berlin vor der Wende bezeichnet", der Platz vor der Oper könnte für mich in einer weitergeführten DDR vielleicht zum Jahr 2000 entstanden sein, ambitioniert, schlecht umgesetzt, am falschen Platz und in Summe völlig in die Hose gegangen.

  • Ja, Brüssel hat mir auch ziemlich gut gefallen. Wenn es da auch einige schmuddelige Ecken gibt. - Doch die negativste Erinnerung an meinen ersten Besuch war die Suche nach dem Weg aus der Stadt. In Zeiten wo es noch kein Navigationssystem gab. Die Wegweiser und Straßenbeschilderung in Brüssel sind echt mies. :biggrin:

  • Dieses Art-Nouveau-Kaufhaus (Ich Persönlich finde ja die ganzen Abwandlungen des Jugendstils Interessant: Arts and Crafts, Art Nouveau, Katalanische Moderne... :zwinkern: ) stammt aus dem Spätwerk von Victor Horta und zeigt bereits eher neoklassizistische Tendenzen. Sein Früh- und Hauptwerk, wie sein eigenes Wohnhaus und Atelier oder das Hôtel Tassel, ist wesentlich feudaler und voller organischer, geschwungener Elemente.
    Sein absolutes Meisterwerk jedoch, das Maison du Peuple ('Volkshaus' oder 'Festhaus'), ein Bau aus Stahl, Glas und Keramikfliesen, so wie das Old England, nur noch pompöser und mit geschwungener Fassade, fiel in den 60ern der Abrissbirne zum Opfer - für das Hochhaus, welches im Hintergrund des Fotos von der Duivenstraat steht. :kopfwand: Steigern kann man diese Dummheit nicht mehr: Das schönste Gebäude (die übrigen Horta-Häuser zählen heute zum UNESCO-Welterbe) für das hässlichste vernichten. Ein Sinnbild für den Geist der Nachkriegszeit.

    Maison du Peuple - Vorher und Nachher (aus einer anderen Perspektive, aber das Gebäude sieht sowieso von überall gleich aus)

    Form is Function.

    "Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet."

    Adolf Loos (Ja, genau der.)

    Einmal editiert, zuletzt von TrierRekos95 (30. April 2012 um 17:18)