• Bekanntermaßen soll die Villa in der Florastraße N°86 auf ihrem schräg zur Straße liegenden Grundstück einem Neubauprojekt weichen.

    Gibts keinen Denkmalschutz in Berlin?! :blink:

  • Da in Pankow so viel erfreulich schöne Architektur gebaut wird, fragt man sich umso mehr, warum gerade am exponierten Garbátyplatz dieser schreckliche schwarze Riegel entstehen mußte. Wie konnte es passieren, daß Bauherr, Architekt und Beamte alle fanden, ein solches Gebäude würde gut zum schönen S-Bahnhof, zum Gesundeitshaus und zum jüdischen Waisenhaus passen?

  • Ich in zwar zur Auffassung gelangt, dass das APH-Forum im Hinblick auf das allgemeine Baugeschehen eher kein Ort des Austausches ist, jedoch hänge ich hier nochmals einige Bilder und Informationen aus Pankow an.

    Lückenbebauung Florastraße N°18

    Gesobau = Belanglos mit starkter Tendenz nach hässlich.

    Wen's interessiert, die bauen noch viel mehr in Pankow; Wohnungsbauoffensive nennt sich das. Neue Heimat für möglichst alle...
    Die Gesobau stellt Bauantrag für 107 Wohnungen an der Florastraße - Berliner Woche

    Nicht weit entfernt wird die Villa Florastraße N°86 leider gerade abgerissen.

    Der Neubau in der Gaillardstraße N°4/5 ('Friedrichscarré), gegenüber den Floragärten, wächst empor.

    Das sog. 'Brehmepalais' in der Brehmestraße ist seit letztem Jahr bezogen.

    Ein Sprung woanders hin, genauer gesagt in den Pankower Nordosten in Richtung Heinersdorf. Diese 16 zusammengefassten Stadthäuser sind vor einigen Jahren unter dem Projektnamen 'Mendelkarree' in der Mendelstraße entstanden.


    Auch in dieser Straße will die Gesobau gemäß dem oben verlinkten Bericht noch kräftig nachlegen...

    Gegenüber liegt übrigens eine große, blockeinnehmende Wohnanlage aus den 20ern (u. a. vom Pankower Stadtbaumeister Carl Fenten), die zeigt, wie man damals sozialen Wohnungsbau mit ästhetischen Belangen in Einklang bringen wollte und konnte.

    In der Bleicheroder Straße N°6 ein Neubau mit viel zu großen Fensterflächen.

    Nun in der Wollankstraße; der Eckbau zur Pradelstraße ist beinahe fertiggestellt.

    Und direkt an der alten Staatsgrenze am S-Bahnhof Wollankstraße ist auch noch ein recht kleines Grundstück zu bebauen.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (16. April 2016 um 21:46)

  • Abgesehen von dem "Wolkenbügel"-Bau mit Schießscharten und "Weitblick" sind die Neubauten zumindest annehmbar. Man ist ja schon ziemlich bescheiden. Um die Villa, die abgerissen wird, ist es schade. Kommt sicher eine hohe Kiste hin oder Stellflächen werden benötigt.

  • Leider sehe ich noch immer keine Wende zur Günste historisch angepasster Neubauten.....
    Deutschland hat nach 2 Jahrzehnten noch immer nichts von England oder den Niederlanden gelernt, das ein historisierender Stil viel besser bewertet wird von Bewohnern und Einwohnern einer Stadt und viel mehr Harmonie schafft in die von Abbruch und Entstuckung geprägte Deutsche Grosstädten.
    Grosse Chancen werden so verpasst in dem Berliner Stadtraum um doch wieder eine ansehliche Grosstadt zu werden. Patschkes Vorschläge rund um den Leipziger Platz, Stuhlemmers für Friedrichswerder wurden eingetauscht für viel weniger eindrucksvolle Bauten und die Vororte Berlins werden von modernem Müll schon Jahrzehnte verseucht und enstellt. Von einer Heilung leider nichts zu bemerken. Die historisch gewachsen Stadt und ihre harmonische Formenpracht wird noch immer verneint oder weiter enstellt. Schade für Berlin und für Deutschland !!!!!!
    Es kann nicht nur die Lüscher sein die dies alles so "klein" hält.

  • @ Klassiker: Auch wenn ich Dir leider recht geben muss, ist Berlin dennoch die deutsche Stadt, die architektonisch am weitesten ist. Investorenblocks wie das Brehme-Palais findet man in München eigentlich so nicht, hier wird wesentlich anspruchsloser gebaut.

    Traurig ist es aber vor allem um die Villa.

    Was ich nicht verstehe ist dieser Drang nach riesigen Glasflächen. Unsere jetzige Wohnung hat auch ausschließlich bodentiefe Fenster - schrecklich. Zum einen wohnt man auf dem Präsentierteller oder muss sich seinen Blick nach außen verbauen, zum anderen reduziert sich die Stellfläche für Möbel enorm. Ich finde sie äußerst unpraktisch. Wer schonmal in Wohnungen der 20er-Jahre war weiß, dass es keine hohen, großen Fenster braucht, um ein helles Ambiente zu bekommen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Pankow wird weiter zugesch... mit überwiegend anspruchsloser Architektur.

    Berliner Straße N°54

    Berliner Straße N°25

    Das Haus Breite Straße N°8/9 (u. a. Galerie Pankow) ist geköpft worden und wird aufgestockt.

    Mal sehen, wie harmonisch oder auch nicht das Ganze später aussehen wird. ==> Interessant, wie das Haus mal aussah.

    Gaillardstraße/Rettigweg, gegenüber den Floragärten ist sicherlich noch das gelungenste Projekt.

    Mühlenstraße N°23 - huh:)

    Und das Schlimmste zum Schluss:

    Zum Haareraufen dieser primitive Bau, wenn man betrachtet, wie vor über 100 Jahren in ähnlicher Eile genossenschaftlich so ungeheuer viel besser gebaut wurde.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (1. Oktober 2016 um 15:55)

  • Was da heute so von den Architekten abgeliefert wird, ist einfach nur noch Massenware. Wahrscheinlich haben die auf ihrem Computer schon vorgefertigte Bausteine parat, in die nur noch die Maße der jeweiligen Baulücke eingetragen werden müssen. Vielleicht werden da noch ein paar Fenster mit der Maus verschoben. Das war dann aber auch schon alles.

    Dagegen sind die Bauten von vor hundert Jahren richtig liebevoll, durchdacht und bis ins Detail ausgeklügelt.

  • Ich denke, es sind nicht nur die Architekten. Ich würde wetten, dass bei entsprechender Nachfrage auch die richtigen Entwürfe kommen.

    Schuld ist m.E. eher die Anforderung nach möglichst günstigen Wohnraum - insbesondre wenn das Grundstück schon so teuer ist. Und dazu muss noch der Grundriss der Wohnungen passen, Balkon ist auch Pflicht und schön hell muss die Wohnung sein. Sanierte Gründerzeitwohnungen sind vmtl bei den meisten Mietern begehrter aber viele sind froh, wenn man überhaupt irgendwie eine gute Wohnung bekommt.

    ... andererseits bin ich vor allem bei Siedlungen der 20er und 30er Jahre immer wieder erstaunt, mit wie wenig Aufwand man schöne Fassaden hinbekommen hat.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ja, Dein letzter Satz sagt es doch. - Angenehm anzusehende Neubauten müssen gar nicht teurer sein. In der Herstellung meine ich. Das ist einfach Unsinn. Hier ist doch schon das beste Beispiel. Die Architekten haben scheinbar einfach keinen Bock sich mehr Mühe zu geben, wenn sie auch für öde Kisten ihre Kohle bekommen.

  • Hast Du auch Zahlen, die das belegen? Ich vermute, dass das Projekt "Grüne Aue" wesentlich hochwertiger und auch teurer ist als der oben gezeigte Genossenschaftsbau. Allein die Baumassen sind ja ganz andere. Dennoch bin ich grundsätzlich der Meinung, dass es auch mit vertretbaren Mehraufwand möglich sein muss. Ein großer Kostenfaktor sind ja z.B. richtige Dächer, weil dann ein voll vermietbares Penthouse wegfällt. Auch Sprossenfenster oder einzelne Gesimse zur Fassadengliederung wären etwas teurer als eine verschieden bemalte Dämmschutzbeplankung. Aber es wäre vertretbar, man muss es nur wollen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Nein, natürlich habe ich keine Zahlen, die das belegen. Ich arbeite auch nicht in der Baubranche, daß ich irgendwie Zugang dazu hätte. Aber da genügt einfach nur etwas nachzudenken. Anstatt einen komplett glatten und einfallslosen Würfel abzuliefern, könnte man die Gebäudeform in vielen Fällen, zum Beispiel durch einen Erker, etwas abwechslungsreicher gestalten. Ein Gesims lässt sich schon mit unterschiedlichen Materialien darstellen. Oder einer einfachen Kante in der Fassade. Das kann unmöglich teurer sein. Aber ich habe das Gefühl, wir schreiben aneinander vorbei. Mir geht es darum, daß man für die gleichen Baukosten viel attraktivere Häuser entwerfen könnte, als das, was in der Regel gebaut wird. Doch dazu fehlt offenbar die Motivation. Ich habe auch nicht behauptet, daß Architekten das nicht könnten. Weiße Wärmedämmwürfel werden nunmal auch gekauft. Warum also seinen Kopf anstrengen und aufwändig gestalten?!

  • Ich möchte Dir nicht widersprechen, denn die Lieblosigkeit und Phantasielosigkeit ist unübersehbar.
    Aber, übertragen auf andere Branchen würde das heißen:

    - Ich gebe mir als Schriftsteller keine Mühe, ich schreibe irgendwelche platten Krimis runter, variiere nur immer mal ein paar Namen und Schauplätze. Die Leute kaufen meine Bücher ja auch so.
    - Ich gebe mir als Musiker keine Mühe, ich klimpere immer nur drei Akkorde. Die Leute kaufen meine CDs ja auch so.
    - Ich gebe mir als Koch und Restaurantbesitzer keine Mühe, ich koche zwei, drei Standardgerichte aus Fertigzutaten. Die Leute kommen ja auch so in mein Restaurant, um zu futtern.
    - Ich gebe mir als Friseur keine Mühe, ich schnibbele den Leuten ein wenig am Kopf rum. Völlig egal, die Leute kommen ja auch so, um sich die Haare schneiden zu lassen.
    - Ich gebe mir als Maler keine Mühe. Drei Kleckse auf die Leinwand. Die Leute kaufen die Bilder sowieso.
    - Ich gebe mir als Gärtner keine Mühe. Zwei Geranien auf die Wiese setzen, eine Gieskanne Wasser drüber. Die Leute engagieren mich ohnehin.
    - Ich gebe mir als Arzt keine Mühe. Ich sage "Hallo", verschreibe eine Packung Traubenzuckerpillen und sage "Tschüss". Die Leute kommen trotzdem wieder.

    Warum läuft das nicht so in anderen Branchen, wie bei Architekten? Zum einen, ist die Lieblosigkeit möglichenfalls dort noch nicht so weit fortgeschritten. Aber vor allem herrscht dort Konkurrenz. Es gibt zu viele Schriftsteller, Musiker, Köche, Friseure, Maler, Gärtner und Ärzte, als das man eine Chance auf dem Markt hätte, wenn man zu schlecht ist. Dann ist man ruckzuck aus dem Geschäft. Bei Architekten scheint das anders, weil 1. es kaum bessere Konkurrenz gibt (es herrscht weitgehend ein Einheitsbrei ohne große qualitative Unterschiede) und 2. die Auftraggeber kaum an besseren Produkten interessiert sind (also nicht bereit, auch nur ein paar Cent mehr dafür zu bezahlen). Für gute Bücher, gute Speisen, gute Haarschnitte und gute medizinische Behandlungen sind Leute bereit, Geld auszugeben. Für gute Architektur offenbar nicht (zumindest nicht mehr, als für schlechte).*

    *= Wobei ich "gut" und "schlecht" in diesem Zusammenhang nicht auf die Ausstattung und Haustechnik beziehe, sondern auf eine subjektiv empfundene Schönheit.

  • Die Auftraggeber solcher großen Wohnblöcke sind eh nur an den Mieteinnahmen interessiert. Da spielt die äußere Ästhetik des Hauses keine Rolle mehr.

    Was mich nur immer wieder verwundert ist, daß mittlerweile auch viele Privatleute sich Einfamilienhäuser in vergleichbar plumper Klotz-Optik bauen lassen. Ist die Gesellschaft schon so abgestumpft? Das kann doch wohl nicht das allgemeine Schönheitsempfinden sein.

    In den schönen alten Gründerzeit-Quartieren hatten die Bauherren sicher auch kein Geld zu verschenken. Und trotzdem wurde dort sehr anspruchsvoll gebaut. Mit den verfügbaren Fertigteilen haben die Architekten viel mehr variiert und sich richtig Gedanken um die Gestaltung gemacht. Seit der Bauhaus-Ära ist das vorbei. Viele Architekten sind darüber bestimmt ganz froh. So sind die Häuser viel leichter und schneller zu entwerfen.

    Daß es auch anders geht, sieht man ja an einigen Häusern im Frankfurter DomRömer-Quartier. Oder an den Architekturbüros, die eher die traditionelle Gestaltungsform vertreten. Nur leider ist das viel zu wenig und kommt seltener vor.

  • Ich fürchte eher, dass bessere Architektur immer auch ein bisschen mehr kostet. Und da die Rendite in den letzten Jahrzehnten zum höchsten Lebensprinzip erhoben worden ist, wird eben auch dann auf Biegen und Brechen gespart, wenn ein Gebäude nur ein paar tausend Euro teurer wird und man damit viel erreichen könnte.

    Und darüber hinaus ist diese Mentalität schon so weit in die Gesellschaft eingedrungen, dass ich oft den Eindruck habe, dass es auch unbedingt effizient aussehen soll. Also bloß keine Verzierungen, weil das ja Muße signalisieren würde.

  • Das scheint mitunter tatsächlich der Fall. Ich erinnere mich noch gut an die Aussage des Projektleiters eines renommierten Architekturbüros, das ein Ministerium für die Bundesregierung plante, der Bauherr - also der Bund bzw. dessen Vertreter, das BBR - habe Details bemängelt, weil sie zu teuer seien. Als die Architekten darauf hinwiesen, dass diese Lösung mitnichten teurer sei als die Standardausführung, aber dafür haltbarer und "schöner", habe der Bauherr auf der anderen Lösung bestanden, weil diese zumindest billiger aussähe und man beim Tag der offenen Tür nicht hören wolle, wie verschwenderisch der Bund doch baue anstatt dieses oder jenes zu finanzieren. Also einerseits die Angst des Bauherrn vor einer besseren Gestalt- und Ausführungsqualität und gleichzeitig die Angst vor den Beschwerden der Öffentlichkeit über angeblich zu hohe Gestalt- und Ausführungsqualität. Absurd.

  • ^ Wenn das stimmt, wäre das ja der absolute Hammer. Unsere Städte mit voller Absicht "billig" und langweilig aussehen zu lassen, nur weil man befürchtet die Bauten könnten zu verschwenderisch wirken.

    Da fallen mir auch direkt mal die BND-Zentrale und der zukünftige Berliner Flughafen ein. Die sind ja nun wirklich keine Schnäppchen, sehen aber trotzdem nicht sonderlich hochwertig/anspruchsvoll aus.

  • Neußer: Nun, die Quelle würde ich als vertrauenswürdig und zuverlässig einstufen. Allerdings ging es damals um ein Detail des Innenausbaus, das sich also nicht aufs Stadtbild auswirkte (jenes stand, weil es sich um eine Altbauumnutzung handelte, aber eh nicht im Fokus der Entwurfs- bzw. Planungsarbeit). Freilich kommen mir durchaus des öfteren Klagen von Laien über die Verschwendung von öffentlichen Geldern bei Bauvorhaben zu Gehör, und in vielen Bereichen haben diese ja auch ihren guten Grund, man denke nur an Projekte wie die Staatsoper oder den BER, aber in manchen spiegeln sie tatsächlich die vom besagten Projektleiter zitierte "Angst des Bauherrn vor zuviel Raffinesse". Geiz ist geil, so etwas wirkt nach...

  • Ich habe keinerlei Zweifel. Selbstverständlich ist das so. Es herrscht in diesem Land hinsichtlich der Architektur eine "Möglichst-Billig"-Mentalität. Man könnte auch von einer gewissen Kulturlosigkeit sprechen. Als ich mal in einem, sich mit ganz anderen Themen beschäftigenden Forum vor einiger Zeit etwas postete, das nebenbei mit dem Berliner Stadtschloss zu tun hatte, gab es umgehend Leute die sich über "Verschwendung unserer Steuergelder" aufregten. Ich musste dem dann entgegnen, dass die Barockfassaden durch Spenden bezahlt werden. Außerdem fragte ich, ob sie sich auch über jedes moderne Bauprojekt des Bundes in ähnlicher Weise aufregen würden, z.B. die BND-Zentrale oder auch andere öffentliche Bauten. Solche Projekte aber interessieren diese Leute nicht, denn sie bilden durch ihre schlichten, "billig" wirkenden Fassaden keine Reibungsfläche.

    Der Drang nach "Billig" erstreckt sich übrigens nicht auf alle Bereiche in diesem Land. Nahrung soll beispielsweise auch möglichst billig sein, während technische Geräte durchaus etwas kosten dürfen. Ein Metzger sagte mir mal: "Für das neueste Smartphone oder Sportfelgen geben die Leute gerne viel Geld aus, aber die Roulade soll möglichst 1,75 Euro kosten. Dass das dann nur Mist sein kann, interessiert die Leute nicht." Und diese Mentalität sieht man auch bei vielen Neubauten, bei denen nicht auf die Fassadengestaltung, dafür aber auf die Ausstattung von Bad/WC großen Wert gelegt wird.