MK5 am Wiener Platz - "Prager Carrée" (realisiert)

  • Das ist pure Scharlatenerie. Wenn einem Architekten nichts einfällt, schüttelt er die Fensterreihen durcheinander. Ich finde das nicht nur unseriös, sondern infantil. Eine echte Klötzchen-Architektur, kindisch hoch zehn.

    Die Prager Spitze ist m.E. hervorragende Architektur, es ist nicht so dass ich überall nur Barockschlösschen will, manches Moderne gefällt mir durchaus. Aber dann muss es auch wirklich modern sein, und dazu gehört, dass man eben auch die Basics der Architektur beherrscht. Mal zum Vergleich die Prager Spitze, da sie gleich gegenüber steht: Ein Kopfbau ist ein Kopfbau, Punkt. Wenn ein Architekt nicht erkennt ob es sich um einen Kopfbau handelt oder nicht, kann er sich nicht damit herausreden dass es "modern" sei. Die Prager Spitze ist sogar ein sehr guter Kopfbau, ich finde das Gebäude zwar etwas zu gross für die Prager Strasse, aber es hat eine klare Fassung und ist klar gegliedert. Nicht so diese komischen Klötzchen. Das ist eine gar-nichts Architektur. Und das dann noch, damit überhaupt etwas passiert, mit durcheinandergeschüttelten Fenstern. Damit kann ich nichts anfangen.

    Wird eine der hässslichsten Stellen Dresdens werden. Wer genehmigt so einen Unfug? Würde mich wirklich einmal interessieren.

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Bis zum Jahresende wird ein Großteil der Gerüste am Prager Carrée gefallen sein.

    Die DNN berichten:

    http://www.dnn.de/Dresden/Lokale…en-die-Gerueste

    Direkt an der Prager Straße sind die Fassadenarbeiten allerdings noch nicht in einem Maße fortgeschritten, dass hier mit einem baldigen Abbau der Baustelleneinrichtungen und damit einer Wiedernutzbarmachung eines großen Teils der Straße zu rechnen wäre.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Das Prager Carree an der Prager Straße nähert sich der Fertigstellung. Bei der Wertung des Ergebnisses bin ich zwiegespalten: Besonders hier wird einmal mehr deutlich, dass man im Detail differenzieren muss. Insgesamt überwiegen meiner Überzeugung nach die negativen Einflüsse.

    PRO
    Das wichtigste Argument von Verfechtern dieses Projektes wird eindeutig sein, dass eine der größten Baulücken des Dresdner Zentrums geschlossen wurde, wo sich seit vielen Jahren eine fertig ausgehobene Baugrube befand. Dabei lag diese in nächster Nähe zum Hauptbahnhof. Die Fassung der namenlosen Straßen und der Prager Straße ist endlich gelungen und jene endlich überhaupt als Straße wahrnehmbar. Insgesamt ist nach der Bebauung endlich wieder eine städtebauliche Struktur entstanden, die man theoretisch nur begrüßen kann. Ein hübscher Nebeneffekt ist die Verdeckung der unästhetischen Architektur weiter weg, die über viele Jahre hinweg eine enorme, negative Fernwirkung ausgeübt hat (bei dem nicht mehr vorhandenen Blick von der Prager Straße Richtung Nordwesten könnte man sogar behaupten, die Leere, also Nichtbebauung, wäre endlich verdeckt worden).
    Der Blick vom Wiener Platz in die Breslauer Straße:

    Städtebaulich ist die Bebauung also durchaus zu begrüßen.

    Die Fassung der Prager Straße wertet ebenfalls das Viertel auf.


    CONTRA
    Doch ein geschlossenes Viertel ist dennoch nicht entstanden. Diese Architektur wirkt kalt, seelenlos, abweisend und monoton. Da auch die Umgebung wenig Aufenthaltsqualität aufweist, lässt sich dagen, dass trotz der nun vollständigen Bebauung lange kein schöner, ästhetisch ansprechender Ort entstanden ist.

    Trotz der Bebauung wirkt es immer noch zugig (und das liegt nicht nur am Winter!), langweilig und ist enorm anspruchsarm. Die Architektur ist außerdem eindeutig zu grobkörnig: Kein einziges nettes, aufwertendes Detail, eine endlose Wiederholung nichtssagender Strukturen und eine sinnose Untergliederung in Baublöcke, die den ursprünglichen Planungen vollkommen entgegensteht. Vor allem die Lücke zum Wiener Platz hin stört sehr, weil man jetzt immer noch bis zur Bebauung des nächsten Blockes sehen kann. Desweiteren ist der Hof mit seinen massenhaft angebrachten Balkons nicht unbedingt ansehlich, wenn man als Reisender sofort mit solcher Banalität konfrontiert wird:

    Eine Blockrandbebauung, wie sie schließlich eigentlich angedacht war, hätte hier schon im Vergleich zu der jetzigen "Lösung" deutlich mehr hergemacht. Insgesamt ist am Wiener Platz leider eine Situation entstanden, die zwar alle Richtungen der "Moderne" ausschöpft, aber nichts ansehliches dabei herausgekommen ist. Für solche Plätze wirkt der gut gemeinte Ansatz der "Vielfalt in der Einheit" wie Häme.
    Wie schon erwähnt, lässt auch die Umsetzung viel zu wünschen übrig. Die schwarzen Fassadenflächen wirken billig, es bestehen selbst da noch Fugen, wo bereits die Gerüste gefallen sind und die Fassade fertig ist.

    Zu allem Überfluss musste man auch noch die Achsen wo auch immer es geht, springen lassen. Das betrifft sowohl Fenster als auch die schwarzen Fächen. Am Kopf der Zeile, die die Prager Straße fasst (zum Wiener Platz hin), wurden die springenden Fensterachsen, wie sie auf den Visualisierungen zu sehen sind, glücklicherweise nicht umgesetzt worden.
    Doch selbst einheitliche Fenstergrößen sind nicht vorhanden:

    Das ist der Kopf der selben Zeile, nach Norden hin, wo man ihn bestimmt 150 Meter weiter immer noch sehen kann - sehr schade. Zu allem Überfluss werden die Flächdächer nicht einmal die versprochenen vollständigen Gründächer erhalten. So sah es jedenfalls auf den Visualisierungnen aus (nur naive, gutgläubige Menschen glauben zwar, dass auf das Dach nur Grün kommt, aber der Vergleich ist bitter):

    Quelle: Revitalis Real Estate AG, Website des Prager Carrées

    Tja, und nun gibt es solche monströsen Dachaufbauten:

    Quelle: PORR NetCo Professional Services GmbH ...Website: http://porr-prager-carree.webcam-profi.de/archiv.html

    Ich dachte, der Architekt hatte gesagt: "Auch unsere Dächer werden alle ein Gründach erhalten. So holen wir die Natur zurück in die Stadt."
    Doch auch von der Straße aus sind diese Blöcke sichtbar:

    Alle Bilder, die keine explizite Quellenangabe haben, sind heute von mir gemacht worden.

    FAZIT
    Städtebaulich ist die Bebauung begrüßenswert, doch bei der Umsetzung, den Fassaden und der Art, auf welche Art und Weise die Blöcke untergliedert wurden, mangelt es an vielen Ecken.
    Falls das einem noch nicht genug ist, kann er sich gerne noch dieses Video vom Richtfest angucken - allerdings rate ich davon ab. Einzig und allein der Blick vom Baukran ist interessant.

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    Insofern ist dieses Zitat beschreibend: "Wir drehen uns im Kreis, aber nicht auf der Baustelle, sondern am Kran." Na, vielleicht nicht doch ein bisschen Wahrheit in der ersten Aussage drin? Mein Urteil steht jedenfalls fest: So etwas sollte niemals noch einmal so gebaut werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von Millennio (29. Dezember 2015 um 10:29)

  • @Millennio Secondo

    Danke für deinen ausführlichen und exakten Bericht.

    Ein bitteres, bitteres, aber gleichwohl wahres Urteil.

    Ich kann nur empfehlen, an die Mitglieder des Bauausschusses bzw. Herrn Schmidt-Lamortain einmal den Link auf diese Seite und zu diesem sehr guten Bericht zu schicken....

    Einmal editiert, zuletzt von Oktavian (28. Dezember 2015 um 19:56)

  • Das wird bestimmt nichts bringen, weil man nicht daran interessiert ist, die Interessen einer Gruppe, die (zumindest architektonischer Hinsicht) eher konservativ geprägt ist, berücksichtigen zu wollen.
    Habt ihr euch das Video angeschaut?
    Was der sich da zusammenredet. Sätze wie:
    "Die 70 Millionen, die wir verbauen, sehen von hier oben schon relativ klein aus."
    "Die Gebäude besitzen keinen rechten Winkel" (sic!)
    "Die Dächer bekommen ein Gründach, sodass dann nicht nur wir wie Vögel über dieses Objekt fliegen können, sondern auch richtige Vögel und Flugzeuge und Helikopter."
    ???

  • Einfach schrecklich! Passt gut zur Prager Strassen Architektur. Der schoene Bahnhof daneben zeigt wieder einmal das Unvermoegen "unserer" heutigen Baukultur auf. Ein Dresdner von 1915, der ins Jahr 2015 hergebeamt werden wuerde, wuerde sich vermutlich im Fegefeuer waehnen. Wer das Gruseln verlernt hat, der lernt es wieder beim Austritt aus dem Hauptbahnhof.

    Dabei gibt es in Dresden auch bereits gute Planungen, die leider noch nicht umgesetzt wurden. Dass auch der Bauherr keinen architektonischen Anspruch besitzt ist sehr schade (fuer Dresden und fuer alle am Hbf ankommenden Besuchern)!

  • Das Loch ist zu, der Deckel ist drauf. Was will man mehr?

    Wer hätte ernsthaft erwartet, dass etwas anderes herauskommt als die sich ständig neu zu erfinden versuchende,
    mal Strichcode-Fenster, mal versetzte Fenster herausbringende Bauhausbaukultur, welche nun wieder in den 1970igern
    angekommen ist? Da hilft es auch nichts den Sockel mit Sandstein zu verblenden.

    Gruseln kann es einem, wenn man daran denkt wie die Bauten mit der Zeit aussehen werden, wenn die frische Farbe verblasst ist
    und Regenwasserspuren den Beton zieren.

    Hätte man nicht einfach bei der Postmoderne bleiben können? Renditearchitektur kann die doch auch.

    Einmal editiert, zuletzt von Henry (29. Dezember 2015 um 15:16)

  • Gott sei Dank gibt es noch das andere Dresden, das des Barock und der Rekonstruktionen! Was hier gebaut wurde übertrifft die schlimmsten Erwartungen, natürlich hat man in den Visualisierungen mal wieder alles schöngeschummelt. Ich hätte nie gedacht, dass die Spärneunziger-Architektur am Anfang und die, die das schöne Wandbild verdeckt noch zu unterbieten wäre, aber eine neue Architektengeneration 20 Jahre später schafft das mühelos, Glückwunsch! Welche Glanzleistung die originale Prager aus DDR-Zeiten war, dürfte jetzt wohl auch anderen außer mir einleuchten und erklären, warum ich die Prager immer hochgehalten habe.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Derzeit arbeitet man am Riegel entlang der Prager Straße, der nunmehr als letztes seine charakteristische Fassade erhält.


    Blick von der Kreuzung zum Kopfbau am Wiener Platz.


    Blick in die parallel zum Wiener Platz verlaufende Gasse in Richtung Westen.


    Übergang zwischen der Wohnbebauung und dem ca. 12 Jahre alten Bürohaus.

    Bilder sind von mir.

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  • Mittlerweile fallen auch an der Prager Straße die Gerüste.


    Blick vom Prager Platz in das Südende der Prager Straße.


    Bei aller Kritik wurde das Minimalziel immerhin erreicht: die Schaffung einer hochurbanen Situation.

    Bilder sind von mir.

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  • Sehr ich anders. Nur weil das Loch gefüllt ist ist es noch lange nicht "hoch"urban. Es ist wie auch am Postplatz reine Abschreibearchitektur. Nichts von Dauer.

    Es ist architektonisch allenfalls als banal zu bezeichnen. Man kann aber auch billig sagen. Ich verstehe einfach nicht dass Architekten heute mit sowas zufrieden sind. Wo ist der Berufsethos geblieben? Früher waren Plätze wie der Bahnhofsvorplatz die Aushängeschilder der Städte wo man gezeigt hat wofür die Stadt steht oder stehen will. Daher ist diese Art von Bauen auch schon wieder ein Statement unserer Zeit.

    APH - am Puls der Zeit

  • Sehr ich anders. Nur weil das Loch gefüllt ist ist es noch lange nicht "hoch"urban.


    Obzwar Urbanität ein „Kaugummibegriff“ ist, weiß ich nicht, wie man diesen zu interpretieren vermag, um der vorliegenden Situation eben jene Urbanität absprechen zu können.
    Was wir hier vorfinden, ist ein hochverdichtetes Quartier, das von Handel, Gewerbe, Wohnen und Verkehr geprägt wird und damit entsprechend viel Publikumsverkehr anzieht. Was bitteschön ist daran nicht hochurban?
    Dass man die vorliegende Bebauung architektonisch als misslungen ansieht, kann jedenfalls kein Argument sein – oder?

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  • Der Kopfbau am Eingang der Prager Straße zeigt sich nunmehr frei von Gerüsten.

    Blick von der Petersburger Straße zum Eingang der Prage Straße.


    Blick vom Haltestellenbereich der Linien 7 und 10 zum Kopfbau.

    Bilder sind von mir.

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  • Oje...der Kopfbau sieht für mich aus, als haette jemand einen Marmorkuchen mit einem scharfen Messer durchgeschnitten. Ohne den herrlichen Hauptbahnhof sieht der Platz richtig gruselig aus und dabei scheint auf Bilderbuchs Fotos sogar noch die Sonne...und das obwohl der Platz so einen schönen Namen hat!

  • Das Prager Carrée strebt immer mehr seiner Vollendung entgegen und scheint, trotz aller berechtigten Kritik, für die Werdung des Stadtraumes ein wirklicher Meilenstein zu sein.


    Blick von der Petersburger- in die Prager Straße.


    Obwohl sich hier sicher jeder eine geschlossene Bebauung gewünscht hätte, schließt der Kopfbau den kleinen Platz am Eingang der Prager Straße durch seine Dominanz doch gut ab.


    An der Breslauer Straße kann man gut die Herabzonung der Gebäude vom Hochhauskranz bis hin zur niedrigen Bebauung vis-à-vis des Hauptbahnhofes nachvollziehen.



    Die parallel zum Wiener Platz verlaufende Gasse ist nun vollsändig gefasst und wird durch die mäandernde Architektur des Neubaukomplexes durchaus belebt.


    Das besagte Motiv wird auch im Wohnhof fortgesetzt.



    Die Prager Straße hat nun eine vollständige Fassung vom Wiener Platz bis zum Ring erhalten.


    Außerdem schlägt der Komplex gleichsam eine Brücke über die Bahnbögen hinweg, wo man eine stadträumliche Korrespondenz zum City Center aus den 90er Jahren erkennen kann.

    Bilder sind von mir.

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  • SZ, DNN, Deal-Magazin und Co. berichten über die aktuelle Entwicklung des Prager Carrée.

    http://www.sz-online.de/nachrichten/mi…ee-3363854.html

    http://www.dnn.de/Dresden/Lokale…rree-in-Dresden


    http://deal-magazin.com/news/1/54681/L…ARRE-in-Dresden


    Mitte 2016 soll das Bauvorhaben abgeschlossen sein.
    Als weiterer Ankermieter für die Gewerbeflächen wurde die Gastronomiekette L'Osteria gewonnen. Diese wird durch ihre Außenbestuhlung zu einer weiteren Belebung des quirligen Wiener Platzes beitragen.

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  • Bin auch der Meinung, dass sich der Drogenhandel dort verzieht, wenn eine Gastro-Kette und der Rewe an dem Kopf zum Wiener Platz eröffnen.

    Die verziehen sich dann wieder hinter die Ibis Hotels.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • @bilderbuch

    Dieses Zeugs ein "Meilenstein"???? Oh je - das meinst du jetzt doch etwa nicht ernst, oder?

    OK - 9/11 war auch ein "Meilenstein" - aber kein guter ......

  • Eine solch schlaue Frage kann man nur stellen, wenn man, wie du, meine Aussage vollkommen aus dem Zusammenhang reißt. Respekt! Lies, lieber Oktavian!

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